Unser Bankgeheimnis hat sieben Leben
Denn das, was die Deutschen in Liechtenstein taten, war nach deutschem Recht strafbar, nach liechtensteinischem aber nicht. Die Tat (Steuerhinterziehung) wurde in Deutschland verübt.
Bei der B"Bankgeheimnisgeschichte" ist es komplizierter (und deshalb ein Fall für Gerichte): Es gibt mehrer Beteiligte. Da ist zunächst der Bankangestellte, der Daten klaute. Das ist nach liechtensteinischem Recht, aber _auch_ nach deutschem Recht strafbar.
Nun gilt in D und den meisten Ländern wegen des Souveränitätsprinzips folgendes:
1. Wer in D eine in D strafbare Tat begeht, wird in D bestraft. Das ist einfach.
2. Wer im Ausland eine dort strafbare Tat begeht, kann in D nur bestraft werden, wenn die Tat auch in D strafbar ist. Dann wird er es auch (Deutscher), oder er wird ausgeliefert (Ausländer).
3. Wer im Ausland eine Straftat begeht, die dort strafbar ist, aber nicht in D, wird in D nicht bestraft.
4. Wer im Ausland etwas tut, was dort nicht strafbar ist, wohl aber in D, wird in D nicht bestraft.
5. Es gibt abweichende Regeln zwischen EU-Staaten und (bzgl. 4) bei bestimmten schweren Straftaten.
In Liechtenstein dürfte (abgesehen von den EU-Regelungen) das entsprechende gelten.
Der Datendieb könnte also wegen (2) in D bestraft oder ausgeliefert werden. Da dessen Tat auch hier strafbar ist, wäre auch Beihilfe dazu, begangen von einem deutschen Staatsangehörigen in Liechtenstein, in D möglicherweise strafbar. Die Dinge sind hier allerdings komplizierter, weil Ermittlungsbehörden in gewissen Fällen Dinge tun dürfen, die strafbar sind, wenn Normalbürger das tun. Deshalb ist die strafrechtliche Angelegenheit kompliziert.
Zu beachten wäre auch, daß es sich bei dem Komplex Datenklau vermutlich um eine grenzüberschreitende Tat mit Tatorten in beiden Ländern handelt.
- und das eines verschwenderischen deutschen Staates, der seine Einnahmen ineffizient einsetzt und seit Jahrzehnten politisch unfähig ist, sein konfuses Steuersystem zu reformieren.
Jetzt gehört geklärt, ob sich D bei LIE diplomatisch entschuldigen muss, "[...]weil Ermittlungsbehörden in gewissen Fällen Dinge tun dürfen, die strafbar sind, wenn Normalbürger das tun...", aber nicht die feine englische Art sind.
Lies den ersten Absatz meines Postings
http://www.ariva.de/...ektiven_Rechts_t320326?pnr=4014629#jump4014629
Gesetz ist Gesetz. Aber das darf einen nicht daran hindern, über die anderen Aspekte der Angelegenheit nachzudenken. Einige davon sind in dem Posting ebenfalls aufgeführt.
Es gehört geklärt, ob sich D bei LIE diplomatisch entschuldigen muss, "[...]weil Ermittlungsbehörden in gewissen Fällen Dinge tun dürfen, die strafbar sind, wenn Normalbürger das tun...", aber nicht die feine englische Art sind.
Des weiteren ist die Tatsache, dass zig Milliarden(!) durch staatsnahe Banken verschlampert wurden, absolut höher einzustufen, als die paar Millionen, die hinterzogen wurden. Da geh ich mit, siehe auch meine Thread: http://www.ariva.de/Mal_nur_so_ne_Frage_t320953
Die Sache, dass den Nasen, welche die Steuern hinterzogen haben, ordentlich auffe Finger geklopft wird, ist aber weiterhin (trotz Berücksichtigung der o.g. Punkte) voll in Ordnung.
@gruenelinie: Plötmannsgehilfengehilfe ;o))
Das "Ermittlungsbehörden dürfen manchmal" bezog sich natürlich nur auf deren Tätigkeit im Inland. Nur dafür kann der deutsche Gesetzgeber einer Ermittlungsbehörde sowas mit rechtlich entlastender Wirkung erlauben. Wenn alles so war, wie es zur Zeit den Anschein hat, dann hat eine deutsche Behörde in Liechtenstein dadurch gegen liechtensteinisches Recht verstoßen, daß sie Beihilfe oder gar Anstiftung bei dem Diebstahl eines Betriebsgeheinisses geleistet hat. Aber so ganz genau ist das in den Einzelheiten noch nicht bekannt. Der BND sagt natürlich nichts und Steinbrück sagt außer "alles war in Ordnung" auch nichts näheres.
Das wird also vermutlich nur ein Thema des diplomatischen Schlagabtausches hinter den Kulissen.
Das ändert aber nichts daran, daß wir uns als Staatsbürger darüber Gedanken machen können (und sollten), ob sich unsere Behörden dabei so verhalten haben, wie es sich gehört. Ich meine, das haben sie nicht.
...also das wird schon noch spannend...
...insbesondere,ob der BND ggf.mit gewissen Maßnahmen etwas nachgeholfen hat (die sog. "Pädophilie-Falle")
...das ginge dann über die Tätigkeit eines einfachen Briefträgers doch ein bißchen hinaus...
http://www.kn-online.de/artikel/2313259/...ls_brisantes_Diebesgut.htm
Der hätte sich eben an den BND wenden sollen. Oder an Herrn Steinbrück. Da hätte er möglicherweise mehr bekommen, nur 10% Steuer darauf bezahlt und wäre straffrei davon gekommen.
*g*
Berlin hat mehrere Ingredienzen schlau gemischt und vermischt, die zum Teil nichts miteinander zu tun haben. Zu ihnen zählen der verbreitete Unmut über die Manager (und die Grossverdiener generell) sowie die Anprangerung der Steuerflucht als Staatsverbrechen. Dazu kommen die Bagatellisierung der Bedeutung der Privatsphäre und grosse Skepsis gegenüber jenem genossenschaftlichen Staatsverständnis, das nur in der Schweiz (und mit Abstrichen im monarchistischen Liechtenstein) noch heute halbwegs gelebte Wirklichkeit ist.
Der Pfeffer in diesem Gemisch ist die Arroganz eines grossen Staates, der Mühe hat, die Andersartigkeit eines Kleinstaates zu respektieren – noch dazu, wenn diese Andersartigkeit wie ein Stachel im Fleisch der eigenen Unzulänglichkeiten sitzt –, aber auch die Hypokrisie einer Staatengemeinschaft, in der von der Stiftung bis zum Bankgeheimnis praktisch alle «verwerflichen» Spezialitäten der Schweiz und Liechtensteins da oder dort auch zu haben sind.
Der ganze Artikel in der heutigen NZZ:
http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/...leitartikel_1.680937.html
Schönes Wochenende
quantas
Und dabei ist es in der Schweiz keineswegs so, dass beim Grenzübergang ach so liberal die Privatsphäre unangetastet bleibt. Wenn ein Schweizer aus Deutschland kommt: Haben sie was zu verzollen? Nee. Dann mal Kofferaum auf. Da fangen die in der Schweiz schon an, bei mehr als einem halben Kilo Fleisch Steuern zu erheben. Sonst nirgendwo in Europa der Fall. Man traut eben seinen Bürgern nicht - und deshalb kontrolliert man. Und wer erwischt wird, zahlt eben auch noch Zollstrafen.
kann der Zoll Dich auch fragen, haben Sie etwas zu verzollen.
Die Schweiz ist nicht EU Mitglied und hat keine Zoll-Union mit
den EU Staaten.
Der deutsche Zoll hat mich auch schon angehalten und den Wagen durchsucht.
Bargeld
Bei der Ein- und Ausfuhr von Bargeld bestehen keine Beschränkungen. Massnahmen im Bereich der internationalen Verbrechensbekämpfung bleiben vorbehalten.
Hier kannst Du Dich weiter informieren:
http://www.ezv.admin.ch/zollinfo_privat/index.html?lang=de
Von wegen seinen Bürgern nicht trauen, wenn Du den Artikel in der NZZ gelesen hast, kannst Du selbst sehen, wer wem nicht traut.
http://tages-anzeiger.ch/dyn/news/schweiz/844795.html
Wenn ein schweizer Bürger Steuern hinterzieht hat die schweizer Finanzverwaltung die Möglichkeit dies über viele nur ihr zugänglichen Indizien zu merken. Der Bürger wird dann einfach sehr hoch geschätzt und er bringt dann freiwillig alle Bankbelege ran um nicht zuviel zu zahlen. Die Schweiz stellt den ausländischen Finanzverwaltungen derartige Informationen nicht zur Verfügung. Wieso?
Es ist offensichtlich, dass mit den Steuerbetrügern viel Geld verdient wird. Würden diese Einkünfte fehlen würden in der Schweiz die Steuern steigen müssen. Alles in Allem eine verlogene Verteidigung ohne Zukunftsperspektive. Jedes Land kann natürlich auf seine Souveränität pochen - auch Deutschland und darüber den Finanzverkehr mit den Steueroasen stark ausbremsen. Oder steht nur den Steueroasen Souveränität zu?
Schau nach den Finanzplätzen in London, Luxemburg, Wien oder
in andere EU-Länder, sind das keine Steueroasen?
Letztlich wird es der EU nicht
gelingen in Steuersachen Harmonisierung im eigenen Hause
zu bekommen, mag der Druck aus Deutschland noch so gross sein,
solche Beschlüsse erfordern aus allen Ländern Zustimmung.
Zur Steuerhinterziehung in der Schweiz, die gibts natürlich auch,
ich denke aber viel weniger als in Deutschland. Schwarzarbeit ist auch
Steuerhinterziehung und die ist in Deutschland viel stärker verbreitet
als bei uns. Warum?
In Sachen Steuern haben wir mit der EU die Bilateralen II.
Hier ein treffender Artikel aus der heutigen NZZ:
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/...nis_1.680935.html
SP will fünf Mal mehr Steuerfahnder
SP Schweiz: Ist doch die gleiche Gurkentruppe wie in Deutschland!
Abzocker eben!!
MfG
quantas
Es ist absolut uninteressant ob irgendwo die Steuerhinterziehung irgendwo stärker oder weniger stark verbreitet ist. Wie stark weiß eh keiner. Ich bin der Meinung, dass Deutschland die gleichen Rechte wie die USA haben soll. Deutschland sollte deshalb die Rechtslage schaffen vergleichbare Drohungen gegen die entsprechenden Banken absetzen zu können und damit das Schmarotzertum einzudämmen.
Die moralisierende Proteste finde ich einfach nur verlogen. Oder wie erklärt man sonst die Meldungen in die USA. Da gibt es plötzlich kein Bankgeheimnis mehr. Du musst Dir mal die Formulare ansehen die inzwischen ein Ausländer der in der Schweiz ein Konto eröffnen will, unterschreiben muss. Da wird sich die Freiheit von Meldungen zusichern gelassen. Es ist also nicht mehr weit mit her mit dem Bankgeheimnis. Wieso gibt es kein Gesetz das den Banken derartige Auskünfte verbietet?
Wenn die schweizer Banken Einkünfte ihrer Kunden melden (USA) ist das scheinbar nicht verwerflich. Dabei geht es in dem Falle genau so um Geld wie bei den "bösen" Informanten und dem BND. So wie die Polizei Prämien zur Aufklärung von Straftaten einsetzt sollten die Finanzverwaltungen offiziell Prämien für die Aufklärung von Steuerhinterziehung, Sozialhilfebetrug und Schwarzarbeit einsetzen. Steuerhinterziehung ist kein Menschenrecht! Und wenn zukünftig in der Schweiz eh alles in Ordnung ist, wird sie auch nicht von derartigen Fällen betroffen werden.
Die Gefahr, dass bei seriösen Verhältnissen in Europa, Gelder verstärkt in die Karibik oder an den Golf oder nach Asien abwandern ist gegeben. Es wird aus ganz praktischen Gründen allerdings wesentlich weniger sein. Sollte Obama der nächste US-Präsident werden, wird sogar ein Vorgehen gegen derartige Gebiete erfolgsversprechend. Die Zeiten von diesem kriminellen Schmarotzertum werden enden. Besser man stellt sich darauf ein.
Und das auch gerade zur richtigen Zeit, wo sich so viele dafür auch interessieren, was eben diese sogenannten "Steuerflucht"-Länder dazu meinen.
In der Tat scheinen Deutsche Politiker und Finanzsleute nicht richtig klar zu sein, dass Deutscher Massstab und deutsches Recht keine Richtlinie für andere soveräne Länder sein kann!
Da hat Quantas echt ein gutes Thema, mit allgemeinem Intersse und breiter Zustimmung, wie man schon an den Bewertungen sehen kann, aufgebracht!
Gut gemacht!
Doch, so richtig das auch ist, ist es dennoch so, dass wir schon dafür sorgen müssen, dass jeder seine Steuern in korrekter zahlt. Es kann nicht angehen, dass steuerehrlich nur der Dumme ist und das "Schlitzohr" in die Schweiz oder sonstwo was bringt, um dem Staat seinen Anteil vor zu enthalten.
Die Schweiz und LIchtenstein sind soveräne Staaten, mit eigenen Gesetzen und Steuer- und Strafhoheit.
Dennoch sollten wir nicht verkennen, dass beide, wohl LIchtenstein in einem unverhältnismässig höheren Rahmen, von ihrer "anderen" Gesetzgebung was das Bankgeheimnis und die Steuergesetzgebung, massiv profitieren!
Wenn ich Geld zu mir locken kann, indem ich es gar nicht oder gering versteuere, werde ich im Zweifel immer Leute anziehen zu Lasten der Länder mit höheren Steuern.
Lernen sollte Deutschland echt daraus, dass unser Steuersystem endlich einfacher und vor allem damit auch gerechter wird. Aber auch gerecht sein zu wollen führt auch zu vielen Steuerregeln!
So schlimm ein Überwachungsstaat sein mag, so ungern alle Überwachungen und Kontrollen sehen, so sehr muss uns aber auch bewusst sein, dass nicht alle Menschen "gut" sind.
Es ist doch unerträglich, wenn die Zumwinkels, die Flicks, die Schumacher, die Beckers und wie sie alle heissen mögen, mit ihren hohen und höchsten Einkommen und Vermögen sich zusätzlich zu den gestzlich möglichen Steuer-"tricksereien" auch noch weiter mehrere Millionen der Solidargemeinschaft vorenthalten!
Und da habe ich kein Verständnis!
Wenn der Familienvater der netto 1,500 Euro hat, schon 400 EUro Sozialabgaben und 200 Euro Einkommenssteuer zahlt, dann kann einer mit 10 Milionen Jahreseinkommen auch locker 400 tsd zahlen: Und wenn er das kriminellerweise nicht macht, so gibt es für den nur einen Platz in Deutschland -das Gefängnis!
HANDELSBLATT, Freitag, 29. Februar 2008, 21:07 Uhr |
Laut „El País“ |
Banden und Drogenkartelle nutzen Liechtenstein zur Geldwäsche |
Mindestens vier große in Spanien zerschlagene Rauschgift- und Betrügerbanden haben Liechtensteiner Banken einem Pressebericht zufolge zur Geldwäsche genutzt.dpa VADUZ/MADRID. Die Kriminellen hätten dazu Stiftungen gegründet, die in dem Fürstentum Bankkonten eröffneten, berichtete die Madrider Zeitung „El País“ am Freitag. Auch kolumbianische Drogenkartelle hätten so große Geldmengen vor den Behörden versteckt. Über Liechtensteiner Bankkonten hätten die in den vergangenen Jahren ausgehobenen Banden Schiffe bezahlt, die Kokain von Kolumbien nach Spanien brachten. Das Fürstentum teilte mit, dass das Land einen Missbrauch seines Finanzplatzes besonders konsequent bekämpfe. Geldwäsche sei ein weltweites Phänomen, hieß es in einer Erklärung von Justizminister Klaus Tschütscher als Reaktion auf spanische Medienberichte. „El País“ berichtete weiter, auch Gelder aus dem großen Betrugs- und Korruptionsskandal im südspanischen Marbella seien in das Fürstentum geflossen. Im Zuge der Affäre waren vor zwei Jahren die gesamte Stadtverwaltung des Nobel-Badeortes abgesetzt und Dutzende Politiker festgenommen worden. Der Schaden durch Bestechung und Veruntreuung im Zusammenhang mit der Vergabe von Baugenehmigungen wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. In der Liechtensteiner Steueraffäre gehen die Finanzbehörden in Madrid inzwischen Hinweisen aus Deutschland zu mutmaßlichen Steuersündern in Spanien nach. Um wie viele Verdächtige und welche Summen es sich handelt, ist bislang nicht bekannt. |
Steuerbetrug in der Steueroase
In der Karibik läuten die Alarmglocken
Je nach gesellschaftlichem Standort wird das englische Wort "Whistleblowing" mit ,,Alarmglocken-Läuten‘‘ oder "Verpfeifen" übersetzt. "To blow the whistle" - das steht für den korrekten und für den falschen Schiedsrichterpfiff. Der frühere "Chief Operational Officer" der Schweizer Bank Julius Bär & Trust Co Ltd. Cayman Islands, Rudolf Elmer, 53, bezeichnet sich selbst als "Whistleblower".
In seinem "ersten Whistleblower-Brief", den er im vergangenen Monat in den virtuellen Raum des World Wide Web stellte, klagt der frühere Direktor die Schweizer Privatbank an: "Es wurde von mir verlangt, unethische und unmoralische Geschäfte für die Bank zu tätigen. Tatsache ist, dass Steuerhinterziehung und massive Beihilfe dazu in das Repertoire dieser Cayman-Bank im schweizerischen Besitz gehören."
Er wolle mit seinen Veröffentlichungen dazu beitragen, "dass Steuerumgeher, -hinterzieher und -betrüger damit rechnen müssen, dass ihre Praktiken offengelegt, gestoppt und nicht mehr als Gentleman-Delikt abgegolten werden". Elmer kündigte schon zwei weitere Whistleblower-Briefe zum Thema "Tax Ruling" und "Praktiken" an.
So einer wie Elmer hat in der aufgeheizten Debatte über den Informanten des Bundesnachrichtendienstes, über reiche deutsche Steuerhinterzieher, ihre Verstecke in Liechtenstein und ihre Depots in der Schweiz noch gefehlt. Und es waren ausgerechnet Strategen des helvetischen Geldhauses, die dafür sorgten, dass die internationale Öffentlichkeit die Affäre nicht übersehen konnte.
Die Sache mit der Internetseite
Auf der von Journalisten und Dissidenten gegründeten Enthüllungsseite "Wikileaks.org" waren Ende Januar vertrauliche Unterlagen der Cayman-Bank veröffentlicht worden. Sie sollten die Verstrickung des Geldhauses in Geldwäsche und Verstöße gegen Steuergesetze beweisen. Mitte Februar stoppte der US-Bundesrichter Jeffrey White auf Antrag der Bank die Veröffentlichung von Kundendaten und ordnete die Sperre der Webseite an. Der Grund: Wikileaks war nicht vor Gericht erschienen. Die Entscheidung sorgte für Empörung.
Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen solidarisierten sich mit der gesperrten Seite, die Los Angeles Times und auch die New York Times sahen die freie Meinungsäußerung bedroht.
Am vergangenen Freitag hob Richter White seine Anordnung aus verfassungsrechtlichen Gründen wieder auf. Der Richter wies auch auf die offensichtliche Nutzlosigkeit einer solchen Sperre hin. Unter anderem Namen waren Elmer-Dokumente im Internet abrufbar gewesen: "Es gibt viele Hinweise, dass die Katze aus dem Sack ist", urteilte der Richter.
Privatdetektive und ein Schweigegeldangebot
Der Wikileaks-Streit markiert einen neuen Höhepunkt der schon Jahre dauernden Auseinandersetzung zwischen Bär und Elmer, der Mitte der neunziger Jahre als eine Art Chefbuchhalter zu der Bär-Filiale in der Karibik gewechselt war. Das Geldhaus hatte 2002 dem stellvertretenden Leiter der Dependance in der Steueroase gekündigt, als der in Zürich an der Wirbelsäule operiert wurde.
Elmer beschuldigte danach die Bank diverser Unkorrektheiten, und das Geldhaus wiederum setzte Privatdetektive auf ihn an, um ihn (und auch seine Familie) observieren zu lassen. Das war unappetitlich. Eine hohe Abfindung sollte er erhalten, aber Elmer lehnte das Schweigegeld "aus moralischen Gründen" ab.
Er besaß, das war den Beteiligten klar, eine Kundendatei mit den Namen vieler Herrschaften. "Als Verantwortlicher für die Bank in Cayman musste ich jeden Abend ein Tape nach Hause nehmen, um im Fall eines Brands des Bankgebäudes die Bankdaten schnell wieder rekonstruieren zu können" (Elmer). "Dies galt auch im Falle eines Hurrikans; in diesem Fall hätte ich die Daten sogar von der Insel wegfliegen müssen, was ich mehrmals getan habe".
Nach seinem Ausscheiden gab er die Daten nicht zurück, und nach der Bespitzelung schickte er Kostproben an Bankkunden (Absender: "Teddy Bär"), an Zeitungen oder an Steuerbehörden. Im Sommer 2005 erschien im New Yorker Wall Street Journal ein Bericht, wonach amerikanische Steuerermittler über Kundenlisten und Kontoauszüge der Bank verfügten.
Plumpe Fälschungen?
Auch deutsche Steuerbehörden sollen in kleinen Prisen Proben bekommen und die ersten Verfahren eingeleitet haben. Der Ex-Chefbuchhalter verbreitet sich in seinem ersten Brief über "Schattenbuchhaltung" der Bank.
Nach seiner Darstellung soll die Bank, die sich zu den Details bislang noch nie ausführlich äußerte, angeblich auch Darlehen fingiert haben; die Kunden konnten dann die Zinsen von der Steuer absetzen.
Wie groß die Kundendatei ist, die in den nächsten Wochen veröffentlicht werden soll, ist nicht klar. Auch muss in jedem Fall geprüft werden, ob das Material echt ist. Bei Wikileaks finden Leser beispielsweise angebliche Dokumente über einen deutschen Dax-Vorstandsvorsitzenden, dem "Steuerbetrug" in Höhe bis zu 25 Millionen Euro vorgeworfen wird. Es handelt sich bei den Unterlagen ersichtlich um plumpe Fälschungen.
Elmer hingegen soll über viele echte Kundendaten vermögender Steuerhinterzieher aus den Jahren 1997 bis 2003 verfügen. Die Webseite Wikileaks, auf der Dokumente über Guantanamo, über Bestechungen in Afrika und vertrauliche Berichte aus dem Bundesverteidigungsministerium zu finden sind, wird in den nächsten Wochen sicherlich auch von Steuerfahndern und Steuerprüfern angeklickt werden.
Elmer möchte, dass die "Schweizer Finanzwelt ehrlicher, moralischer und ethischer wird". Ein echter Whistleblower. Der deutsche Bundesrichter Dieter Deiseroth, Kenner der Materie, verwendet für Hinweisgeber wie Elmer gern die Bezeichnung "ethische Dissidenten". Das scheint zu passen.
(SZ vom 3. 3. 2008/odg) www.sueddeutsche.de/finanzen/artikel/706/161263/