Prognosen um den Aktienmarkt
Seite 3 von 11 Neuester Beitrag: 06.03.09 12:20 | ||||
Eröffnet am: | 11.12.08 09:21 | von: Marlboroman. | Anzahl Beiträge: | 258 |
Neuester Beitrag: | 06.03.09 12:20 | von: Marlboroman. | Leser gesamt: | 60.162 |
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Swap-Konstruktionen in ETF haben keine Vor- sondern ausschließlich Nachteile, nämlich das Emittentenrisiko. Der angebliche Vorteil der Steuerfreiheit von reinvestierten Dividenden ist keiner, da Steinbrücks Mannen längst klargemacht haben, dass auch diese steuerpflichtig sind. Dass die Fondsmanager immer noch damit werben, zeigt nur, dass deren Bedürfnis, die Anleger übers Ohr zu hauen, unersättlich ist. Du gehörst doch hoffentlich nicht zu dieser Spezies?
http://www.fundresearch.de/...chtNr=175289&pkRubrikNr=485&blnArchiv=0
,,Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen." Träumereien kosten meistens das eigene Geld und man kommt zu der folgenden bitteren Erkenntnis: ,,Der Markt hat immer Recht."
Wer dem Markt Recht gibt und unbedingt jetzt noch in den Markt, der sollte sich folgende Produkte angucken:
1. ETF - hier nur auf Platz 1 Sahra ein mit eine guten Notiz einen vernünftigen ETF vorgestellt hat.
2. Wandelanleihen - meiner Meinung nach Platz 1 und das immer - mit denen sind Sie immer auf der richtigen Seite, aber haben eine nicht überdurchschnittliche Performance. Sie tappen in keine versteckten Fallen, wenn sie diese auch noch zusätzlich Versichern. Bei einer Wandelanleihe, kaufen sie eine Anleihe mit einem festen Zinssatz, welcher ihnen vom Unternehmen garantiert wird und sie haben die Option anstatt sich per Anleihe auch über eine feste Quote von Aktien auszahlen zu lassen. Denn sollte die Aktien mehr Wert geworden sein, dann haben sie durch die Option sich Aktien geben zu lassen, zu einem vorher fest vereinbarten Kurs, mehr Gewinn zu erzielen als mit der Anleihe.
3. Die großen Volatilitäten rücken Zertifikatefonds mit in die engere Auswahl, aber mit Platz 3 sind wir schon in der mittleren Risikoklassen für Fondliebhaber. Wirklich empfehlen würde ich diese nicht, sondern nur die rückversicherte Wandelanleihe gegen volles Ausfallrisiko.
,,Die Verbreitung eigener Analysen und Statements haben die Verleitung, die eigene Nase schöner zu malen als sie ist."
Deshalb sollten sie sich immer selber zu ihrem Produkt informieren und andere Meinungen arrogant auch mal ausblenden. Sein sie ein Egoist wenn es um Sie geht. Auch ich, hier Autor, habe Fehler gemacht und auch werde weiterhin Fehler begehen. Seien sie unkonventionell. Ich meine, dass Sie darauf pfeifen sollen, was andere sagen, wenn Sie einen eigenen Weg gehen.
Und wenn ihr Portfolio mal gegen sie läuft, aber sie genau wissen, was sie da tun, dann lasse Sie sich eine Wahrheit gesagt lassen: ,,Was man an einer Diät am schnellsten verliert, ist die Geduld.“
Also wenn Sie vor der 5 Elliotwave in den Markt gehen wollen, dann müssen sie auch den Mumm haben, die Zähne zusammen zu beißen und dann durch da. Komme an Nachrichten was wolle.
Wenn Sie eine Aktien kaufen wollen, wie ich vielen aus anderen Thread hier entnehme und sie nicht wissen welche, dann kann ich ihnen mal eine grobe Richtung geben.
Schauen Sie sich Aktien an, die schlechte Meldungen posten, vergessen sie die Aktien mit den guten Meldungen.
,,Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen", sage ich Ihnen.
Vergessen Sie den Gedanken das schlechte Firmen schlechte Meldungen vermelden und gute Firmen gute Meldungen vermelden. Das können Sie ihren Kindern erzählen oder dem Dorftrottel von nebenan. Das ist so, als wenn sie noch an den Weihnachtmann glaube. Auch hier sollte ihr Glauben durch Wissen bereits ergänzt worden sein.
Schauen Sie nach Aktienunternehmen die schlechte Meldungen verbreiten, aber keine reale Basis bieten, für eine schlechte Positionierung, nachdem sie mehrere Informationen zusammengetragen haben. Analysieren Sie die Firma für sich und rufen sie dort auch vielleicht mal an.
Die Daten die wir von einer Firma sehen, die sind fast immer gefälscht.
Was Sie an Daten sehen, sind Daten die durch ein externes Rechnungswesen verfasst wurden und dieses ist nur nach Außen gerichtet.
Nach außen gerichtet soll entweder:
1.eine hervorragende Unternehmenslage schlechter dargestellt werden, um zu hohen Gewinnausschüttungen an die Unternehmenseigner (Aktionäre) oder zu hohe Steuerzahlungen an das Finanzamt zu vermeiden, oder
2.eine schlechte Unternehmenslage besser dargestellt werden, um die Unternehmenseigner und Gläubiger ,,bei der Stange“ zu halten.
Für interne Auswertung dagegen soll die Unternehmenssituation realistisch aufgezeigt werden, um richtige Entscheidungen treffen zu können.
Wichtig ist, das man ordentliche von außerordentlichen Ergbenissen unterscheidet.
Leider kann man die interne Rechnungslegung nicht so einfach einsehen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen helfen.
Mit freundlichem Gruß
Marlboromann
Finanzkrise
Warum die Endzeitpropheten Unrecht haben20. Dezember 2008 Es herrscht Endzeitstimmung. Der pathetische Ton der Apokalyptik ist en vogue: Von einer „Zäsur wie im Wendejahr 1989/1990“ ist die Rede: Damals sei der Sozialismus untergegangen, heute der Kapitalismus. „Kann schon sein, dass im Lauf der Jahre die Euphorie über das Ende des Kommunismus teilweise in Überheblichkeit abgeglitten ist“, moniert Bundespräsident Horst Köhler und schimpft, man habe den Kapitalismus als Heilslehre verherrlicht.
Allenthalben hat die Theorie der Zäsur Konjunktur. Wer nicht 1989 als Referenzpunkt wählt, kann es mit „Nine-Eleven“ versuchen. Gerne genommen wird auch der Vergleich aus der Naturgeschichte, wenn vom „Finanztsunami“ die Rede ist, der völlig überraschend uns alle überflutet. Das Tsunami-Bild lieben auch die Leute der Finanzelite, Joseph Ackermann zum Beispiel, denn es malt die Katastrophe ohne einen Schuldigen.
Suche nach Schurken
Vorherrschend aber ist die Suche nach den Schurken. Darauf versteht die große Koalition der Endzeitpropheten sich prima. „Der Etatist in seiner gemäßigten Form macht eine mangelhafte Regulierung verantwortlich, in seiner extremen Form aber die marktwirtschaftlichen Freiheiten überhaupt, wo er sich dann mit dem Sozialisten trifft, der sich wiederum in der moralischen Verurteilung eines exzessiven Erwerbsstrebens, auch Gier genannt, mit dem Moraltheologen verbündet hat“, sagt der Hohenheimer Ökonom Hans-Peter Burghof. Kein Wunder, dass die Banker sich als Büßer verkleiden.
Je apokalyptischer die Zäsur gemalt wird, desto verderbter muss die Zeit davor davon abgesetzt werden: Kriminelle Finanzjongleure, destruktive Banker und verantwortungslose Geldpolitiker haben sich offenbar verschworen, die Welt in den Untergang zu treiben. Ein historisch einmaliger Vorgang. Wer das Ganze geschichtsphilosophisch überhöht, erklärt die schmerzhafte Krisenerfahrung als notwendigen Läuterungsprozess auf dem Weg zurück zur wirtschaftlichen Tugend.
Spekulationsblasen sind so alt wie der Finanzkapitalismus
Doch es geht auch ohne Apokalypse. „Geschichte ist nichts anderes als die Liste aller Verbrechen, Torheiten und Missgeschicke der Menschheit“, sagt Edward Gibbon, der Historiker des britischen Empire. Mit anderen Worten: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Spekulationsblasen sind so alt wie der Finanzkapitalismus. Sie unterliegen ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Erst wagen die Menschen gar nichts und scheuen jedes Risiko. Dann entdeckt plötzlich einer irgendwo ein neues Geschäft, und ein anderer ist bereit, ihm Geld zu leihen, weil er selbst daran mitverdienen möchte. Plötzlich machen alle mit, weil sie ziemlich dumm dastünden, wenn ihre Umwelt den großen Reibach ohne sie machen würde: ein Rausch, der lange gut geht. Doch dann bekommt ein wichtiger Spieler Angst und verweigert eine Zahlung. Plötzlich ist das Vertrauen dahin – die Blase platzt, und die Bankiers werden auf die Guillotine geschickt. Doch wenig später muss man sie wieder reanimieren: Die Welt braucht Geld.
„Die Geschichte des großen spekulativen Booms und seiner Folgen ändert sich nur in Kleinigkeiten. Viel, viel mehr bleibt gleich“, schrieb der amerikanische Ökonom John Kenneth Galbraith. Das klingt frivol vor dem Hintergrund der ständig sich übersteigernden Superlative, wie stark die Weltwirtschaft demnächst schrumpfen wird, wie lange das dauern wird und dass wir das alles zum ersten Mal erleben.
Immer nach dem Muster von Gier und Angst
Doch Galbraiths frivole These lässt sich historisch gut belegen. „This time is different“ – dieses Mal ist alles anders – rufen die Menschen immer, wenn sie wieder einen Zyklus durchleben. Wenn es aufwärts geht, können sie sich gar nicht mehr vorstellen, dass es je wieder schlechter wird, und erklären die Gegenwart zur New Economy. Und wenn die Kurse fallen, den Unternehmen die Aufträge wegbrechen und die Leute ihre Arbeit verlieren, heißt es wie heute: „Aus dieser Depression kommen wir nie mehr raus.“ Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff und seine Kollegin Carmen Reinhart haben die Weltgeschichte der Finanzkrise seit achthundert Jahren und in über sechzig Ländern untersucht, und es stellt sich heraus: Es geht immer nach dem Muster von Gier und Angst. Finanzkrisen folgen einem anthropologischen Impuls: „Animal Spirits“ hat sie John Maynard Keynes genannt: Animalische Leidenschaften.
Mit einer „Prise Marxismus“, merkt Hans Magnus Enzensberger an, komme man übrigens zum selben Ergebnis: „Was mich wundert, ist, dass die Leute von dieser Krise überrascht oder geschockt sind.“ Und dann erzählt der Schriftsteller von der Krise der Mississippi Company 1740 und den Währungs- oder Verschuldungskrisen in Mexiko oder Argentinien.
Bankenkrisen waren historisch die Regel des Kapitalismus
Vergessen hat man nur, dass gerade die Banken die Treiber eines Zyklus sind. Wer sagt denn, in deren Hochhäusern herrsche nur die kalte Rationalität? Auch dort sind „Animal Spirits“ zu Hause. In der Hochphase vergeben sie ihre Kredite zu großzügig und zu billig, im Abschwung knausern sie und verstärken damit die Rezession. Kein Wunder, dass Bankenkrisen historisch die Regel des Kapitalismus waren und nur in ein paar Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, bedingt durch eine hohe Regulierung, weniger häufig vorgekommen sind.
Noch nicht einmal eine originelle Deutung hat die heutige Krise bisher hervorgebracht, die es rechtfertigen könnte, an eine Epochenwende zu denken. Als vor achtzig Jahren die Große Depression ausbrach, gab es einen Mann, der angesichts dieser neuen Erfahrungen die Wissenschaft revolutionierte: John Maynard Keynes, ein Brite, entwickelte sein Konzept der „Depression Economy“. Was hat dagegen die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise aufzubieten? Keinen anderen als abermals den guten alten Keynes in Gestalt des Nobelpreisträgers Paul Krugman und seiner Freunde. Ein neuer Keynes steht – bislang – noch aus.
Später wird wieder reingeholt, was heute verloren geht
Längst ist nicht ausgemacht, ob uns die heutige Rezession langfristig Wachstum kosten wird. Die meisten Untersuchungen sprechen dafür, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten einer Rezession langfristig vernachlässigbar sind. Denn „zyklisch“ bedeutet seinem Begriff zufolge, dass später wieder reingeholt wird, was heute verlorengeht, wie schlimm auch immer die jetzige Krise ausfällt. „Tatsächlich könnte es sein, dass wir das langfristige Trendwachstum der Weltwirtschaft mit vier Prozent zu optimistisch angesetzt haben“, sagt der Kieler Konjunkturtheoretiker Carsten Patrick Meyer. Doch was folgt daraus? Nur ein Messproblem. Im Boom wurde der Trend überschätzt, weil das Wachstum über seine Möglichkeiten hinausgeschossen war. Langfristig pendelt es sich auf einem geringeren Niveau wieder ein.
Zynisch? Nein, bloß zyklisch. Der Abschwung ist ungemütlich, tut weh, führt Unternehmen in die Pleite und Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit. Allenfalls der „Thrill“ im nächsten Aufschwung entschädigt für die Pein. Dafür muss man das „Annus horribilis“, das 2009 auf die gesamte Weltwirtschaft zukommen wird, wirklich nicht schönschreiben. Bloß der Überraschungsgestus – „Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir nicht auf den Kapitalismus gesetzt“ – ist intellektuell ebenso unangebracht wie der Furor, der jetzt Schuldige (Banker, Hedge-Fonds-Manager oder Ökonomen) dingfest machen und am liebsten dem Strafrichter überantworten will. Welchen Verbrechens will man die Animal Spirits bezichtigen? Jeder hat es mit ein bisschen historischem Weitblick wissen und dann entscheiden können, lieber das Marktspiel nicht mitzuspielen. Die Plätze außerhalb dieses Spielfelds sind allerdings seit dem Ende des Kommunismus ziemlich überschaubar geworden.
http://www.faz.net/s/Rub58241E4DF1B149538ABC24D0E82A6266/Doc~E8DEE17CE3319411981E8C165AA50D7C2~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AFP
Allianz-Vorstand Achleitner
„Wir waren alle wie berauscht“20. Dezember 2008 Allianz-Finanzchef Paul Achleitner sagte noch im Juli, die schlimmsten Momente der Krise seien schon vorbei. „Voreilig“, so gibt er nun im Interview zu - und erklärt, wie Euphorie und Panik ausgeartet sind. Und warum schon jetzt wieder die nächsten Gefahren lauern.
Warum lernen wir nicht aus der Geschichte der Blasen?
Da wäre unsere Generation ja die erste. Wir sind leider nicht klüger als unsere Vorgänger. Allerdings hat diese Finanzkrise zwei einmalige Elemente: die Globalität des Finanzmarktes und die Globalität der Informationsverbreitung. Nachrichten erreichen binnen Sekunden jeden Fleck der Erde mit den entsprechenden psychologischen Wirkungen.
Panik ist leichter auszulösen.
Panik und Euphorie. Die Volatilität an den Kapitalmärkten ist eine Folge. Die Leute haben kaum Zeit, Informationen zu verdauen.
Das Dramatische ist nicht der Krisenherd, sondern der Multiplikatoreffekt durch die Verbreitung der Kriseninformation?
Ja. Nur ein Prozent des global angelegten Vermögens steckt in amerikanischen Subprimepapieren, die der Auslöser der Krise waren. Jetzt ist die ganze Welt infiziert.
Aktien und Rohstoffe
Geld anlegen wie Albert Hahn27. Dezember 2008 Albert Hahn (1889 bis 1968) war ein heute vergessener, zu seinen Lebzeiten aber sehr bekannter Frankfurter Privatbankier und Ökonom, der in seiner Jugend ein weitbeachtetes Buch über die volkswirtschaftliche Theorie des Kredits verfasst hatte. Hahn kokettierte gerne mit der Behauptung, er habe kein Händchen an der Börse besessen, aber die Tatsachen widersprechen dieser nicht ernstgemeinten Einschätzung.
Als in den Jahren 1920 bis 1923 zahllose Privatvermögen von der Inflation aufgezehrt wurden und Bankzusammenbrüche an der Tagesordnung waren, führte Hahn seine Bank mit Erfolg durch diese schwierige Zeit. Er wiederholte das Kunststück während der Rezessions- und Deflationsjahre 1930 bis 1933. Die Nationalsozialisten brachten Hahn um nahezu sein gesamtes Vermögen und zwangen ihn zur Emigration in die Vereinigten Staaten. Dort gelang es Hahn, in den durch die Wiederkehr der Inflation gekennzeichneten vierziger Jahren mehrere Millionen Dollar an der Börse zu machen. Kurz: Hahn war ein Großmeister der Kapitalanlage in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Was lässt sich in der aktuellen Krise von ihm lernen?
Das Credo: Der Monetarismus
Hahns Kernthese lautete, dass für die richtige Kapitalanlage das künftige gesamtwirtschaftliche Umfeld und hier vor allem die Geldpolitik eine überragende Rolle spielen. Der Volkswirt schlägt den Betriebswirt. Hahns ökonomisches Credo war der Monetarismus; also die Vorstellung, dass Inflation das Ergebnis einer überreichen Geldversorgung darstellt. Abhängig von der Lage der Konjunktur konnte es unterschiedlich lange dauern, bis auf den unmäßigen Gelddruck die Inflation folgen würde – aber folgen würde sie und damit die Stunde der Aktie.
Hahns Ansicht würde viele heutige Finanzanalysten arbeitslos machen, denn von der Analyse einzelner Aktien auf der Basis betriebswirtschaftlicher Daten hielt er gar nichts. Er erachtete die Suche nach besonders erfolgreichen Aktien für überflüssig: In einer Hausse steigen fast alle Kurse von Standardaktien, in der Baisse fallen fast alle. Sinnlos die Mühe, heute herauszufinden zu wollen, ob demnächst RWE besser laufen wird als Siemens, denn genau vorhersagen lässt sich das selbst mit den kompliziertesten theoretischen Modellen nicht.
Immer wieder mit großem Erfolg Aktien gekauft
Hahn vertrat allerdings die feste Überzeugung, dass sich Musteraussagen über die generelle Eignung von Anlageklassen in unterschiedlichen gesamtwirtschaftlichen Situationen treffen lassen. Als nach dem Ersten Weltkrieg die Inflation ausbrach, erlitt das Bürgertum in Frankfurt besonders herbe Vermögensverluste, denn in der alten Reichsstadt legte man seit je sein Geld vor allem in festverzinslichen Anleihen an. Aktien hingegen waren verpönt – Hahns Großvater hatte in seinem Testament den Nachfolgern ausdrücklich verboten, auf Rechnung der Bank Aktien zu erwerben. Albert Hahn hielt sich nicht an diesen Brauch, sondern erkannte, dass Festzinsanleihen in einer Inflation eine sehr schlechte Anlage sind, während die Aktie, die ja eine Beteiligung an der realen Wirtschaft verbrieft, zu den Gewinnern zählt. In seinem Büro notierte er auf einem Schaubild das umlaufende Bargeld sowie die Kurse von Standardaktien. Er sah, dass dem raschen Anwachsen des Bargeldes entsprechende Kursgewinne folgten – und kaufte Aktien.
Ein ähnliches Verfahren wandte Hahn nach dem Zweiten Weltkrieg in New York an. Während damals große Teile der Fachwelt eine Wachstumsschwäche ohne Inflation erwarteten, war Hahn sicher, dass alleine das für die Kriegsfinanzierung mobilisierte Geld für eine Wiederkehr der Inflation in Amerika sorgen würde. Ebenso sah er sehr früh den Aufschwung der deutschen Wirtschaft voraus und kaufte, wieder im Gegensatz zur herrschenden Meinung, auch in Deutschland mit großem Erfolg Aktien.
Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war die Geldpolitik so expansiv
Hahn betrachtete seinen Außenseiterstatus als einen Trumpf. „Eine wichtige Tatsache, die allzu leicht vergessen wird, ist die, dass Börsenprognosen nur zu Gewinnen führen können, wenn sie Minoritätsprognosen darstellen. Sobald eine Ansicht über künftige Entwicklungen und die Wirkung dieser Entwicklungen auf das Verhalten der Börseninteressierten allgemein als richtig betrachtet wird, ist beides in den Preisen eskomptiert“, schrieb er einmal.
Auch heute besteht eine Außenseiterposition darin, nicht auf Deflation, sondern längerfristig auf Inflation zu setzen. Alle ökonomischen Indikatoren sagen zwar für die nächste Zeit einen schweren Einbruch der Wirtschaft mit rückläufiger Inflationsrate voraus. Aber noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg ist die Geldpolitik so expansiv gewesen wie heute, zu der nun auch noch eine expansive Finanzpolitik tritt. Es wird Zeit brauchen, bis dieser Cocktail wirkt, aber er wird spätestens dann wirken, wenn die Banken ihre Bilanzen in Ordnung haben und wieder Kredite vergeben.
In einem solchen längerfristigen Szenario erscheint der Kauf von Staatsanleihen mit Renditen um 3 Prozent unattraktiv. Stattdessen sollte die Zukunft Anlagen in der Realwirtschaft gehören. 2009 kann daher ein Jahr werden, in dem spätestens von der Jahresmitte an Vorausschauende in Aktien und Rohstoffe investieren.
Längerfristig droht
Inflation, nicht Deflation. Das spricht für
Aktien und Rohstoffe.
„Ich fühle mich mit Aktien wohler als mit Anleihen"
25. Dezember 2008 Frank-Peter Martin hat das erste Halbjahr 2009 für die Wirtschaft abgeschrieben. Anders als viele andere Finanzmarktteilnehmer erwartet Martin, Partner im Frankfurter Bankhaus Metzler, von Ende 2009 an einen kräftigen, von hoher Inflation begleiteten Aufschwung.
Dieses Szenario erklärt seine Begeisterung für Aktien und seine Skepsis gegenüber Anleihen. „Der Dax kann bis Mitte 2010 um 20 bis 25 Prozent zulegen. Die Anleiherenditen steigen.“
Herr Martin, welche Frage stellen Ihre Kunden im Moment am häufigsten?
Das kontroverseste Thema lautet sicherlich: Bewegen wir uns in eine historische Rezession oder gar Depression?
Und was antworten Sie?
Wir sind positiv gestimmt. Zwar erwarten wir für die reale Wirtschaft eine grottenschlechte erste Jahreshälfte, in der wir Zahlen sehen, die auch in historischer Perspektive extrem sein werden. Wir sind aber der Meinung, dass wir in der Finanzbranche das Schlimmste hinter uns haben und dass die expansive Wirtschaftspolitik wirken wird. Das heißt nicht, dass wir keine Probleme mehr sehen werden. Aber der Gipfel der Finanzmarktkrise ist überschritten. Wir erwarten kein Systemrisiko mehr, denn die Zentralbanken und die Regierungen sind massiv eingeschritten, und es wird keinen zweiten „Fall Lehman“ mehr geben.
Reicht das?
Alle Maßnahmen der Zentralbanken zusammen, die Garantien eingeschlossen, belaufen sich auf 8,5 Billionen Dollar. Wir haben eine unglaubliche Liquidität im Finanzsystem. In der Realwirtschaft sehen wir etwas in der historischen Sicht Einmaliges: eine Art „Joint-Venture“ zwischen Monetarismus und Keynes.
Inwiefern?
Die Zentralbanken pumpen Liquidität in den Markt, aber das reicht in der aktuellen Situation nicht. Daher beschließen die Regierungen Konjunkturprogramme in nie gekanntem Ausmaß, die nach unserer Ansicht gegen Ende 2009 erste Effekte zeigen werden. Wir halten sogar einen ziemlich heftigen Aufschwung für denkbar.
Aber droht uns als Folge der Geldschwemme nicht irgendwann eine Inflation?
Allerdings. Die expansive Geldpolitik und die gewaltigen Konjunkturprogramme werden die Wirtschaft inflationieren. Aber es existiert in der aktuellen Situation keine Alternative. Wir gehen davon aus, dass in den Jahren von 2010 an in den Vereinigten Staaten die Inflationsrate bei mindestens rund 5 Prozent liegen wird und im Euro-Raum bei 3 Prozent. Vielleicht werden die Inflationsraten sogar noch mehr steigen. Im nächsten Jahr werden wir deflationäre Tendenzen beobachten, aber das wird nur vorübergehend sein. Das Jahrzehnt niedriger Inflationsraten ist vorüber.
In einem solchen Szenario ist es kaum attraktiv, Staatsanleihen zu kaufen.
Man kann durchaus inflationsindexierte Staatsanleihen kaufen. Aber Aktien sehen sehr viel attraktiver aus, da sie eine Teilhabe an der Realwirtschaft garantieren.
Ist angesichts solcher Aussichten die aktuelle Hausse am Markt für Staatsanleihen nicht grotesk?
Die Märkte spielen aktuell ganz klar ein Rezessions- und Deflationsszenario. Das tun wir im Unterschied zur Mehrheitsmeinung nicht. In unserem Szenario ist eine zehnjährige Bundesanleihe mit einer Rendite von 3,2 Prozent bei einer erwarteten Inflationsrate von 3 Prozent vom Jahr 2010 an kein attraktives Investment.
Das Rezessionsszenario, das an den Märkten gespielt wird, erklärt dann auch die hohen Renditen für Unternehmensanleihen?
Das ist ein Grund. Ein anderer Grund ist, dass am Markt für Unternehmensanleihen derzeit die Liquidität fehlt. Unternehmensanleihen sind aktuell sicherlich ein attraktiveres Investment als Staatsanleihen.
Wann sollte der Anleger in den Aktienmarkt einsteigen?
Innerhalb der kommenden zwölf Monate. Vielleicht sollte man einen Teil der Käufe wegen der Abgeltungsteuer noch in diesem Jahr vornehmen. Vom zweiten Quartal 2009 an dürfte der Aktienmarkt die Aussicht auf eine Erholung der Wirtschaft spiegeln. Mir sind angesichts der Aussicht auf steigende Inflationsraten von dem Jahr 2010 an Aktien viel lieber als Anleihen.
Welche Märkte sind besonders interessant?
Japanische Aktien sind extrem attraktiv, danach Aktien aus dem Euro-Raum und aus den Schwellenländern und erst danach Aktien aus den Vereinigten Staaten.
Aber gerade in den Schwellenländern, zum Beispiel in Russland, sehen wir schwere Verwerfungen. Sind Schwellenländer überhaupt noch interessant?
In Russland ist der Aktienmarkt in der Spitze um 70 Prozent gefallen. Das erklärt sich mit den niedrigeren Rohstoffpreisen. Wir gehen aber davon aus, dass reale Werte, und dazu gehören Rohstoffe, an Attraktivität gewinnen werden. Wir halten China und Russland für attraktiv, aber nur als Beimischung, nicht als Basis.
Ist der Fall der Rohstoffpreise nicht auch übertrieben?
Ja, und wir sehen etwas, das uns nicht gefällt. Viele Rohstoffunternehmen stellen derzeit aus Kostengründen die Suche nach neuen Förderstätten ein. Das kann zur Folge haben, dass Rohstoffe in der nächsten Erholung der Weltwirtschaft knapp werden. Das gilt etwa für Öl. Dann erleben wir wieder höhere Preise.
Was wird sich an den Devisenmärkten tun?
Das ist eine Gretchenfrage. Wir erwarten eher einen stärkeren Euro, weil ein schwächerer Dollar im Interesse der Vereinigten Staaten liegen dürfte. Er würde die Wettbewerbsfähigkeit Amerikas stärken und die Auslandsverschuldung ein Stück entwerten. Wir sehen aber keine dramatischen Veränderungen der Wechselkurse.
Wo steht der Dax Ende 2009?
Wir prognostizieren bis Mitte 2010 ein Aufwärtspotential von 20 bis 25 Prozent.
Ein zwischenzeitlicher Rückgang ist dabei einkalkuliert?
Es ist durchaus möglich, dass die Kurse in den ersten Monaten des nächsten Jahres erst noch einmal fallen werden.
Und was ist Ihre Prognose für zehnjährige Bundesanleihen?
Wenn sich unser Szenario einer Belebung der Wirtschaft von der zweiten Jahreshälfte 2009 an bestätigt, können die Renditen auf 4,50 bis 5 Prozent steigen.
Was halten Sie von Gold?
Gold ist ein schöner Schmuck, vor allem zu Weihnachten. Aber Gold als Anlage bringt im Unterschied zu Aktien keine Dividenden. Gold ist als reales Investment an sich gut, aber in dem jetzigen Umfeld sind Aktien wahrscheinlich besser.
Das Gespräch führte Gerald Braunberger
Text: F.A.Z.
Börsen-Historie
Chancen für zyklischen Bullenmarkt stehen gut23. Dezember 2008 Beim Zwischenhoch am 16. Dezember stand beim S&P 500 Index ein Plus gegenüber dem vorherigen Tief von 21 Prozent zu Buche. Das ist ein wichtiges Signal, gilt ein Anstieg von 20 Prozent doch traditionell theoretisch als Auftakt für einen neuen Bullenmarkt, wie Sam Stovall, Chefstratege beim Finanzdienstleister Standard & Poor´s in einer Studie erklärt.
Genährt wird diese Hoffnung durch die Börsen-Historie. Seit 1945 gab es zehn Bärenmärkte zu registrieren. Bis auf eine Ausnahme bedeutete ein zwanzigprozentiger Anstieg den Beginn eines neuen Bullenmarktes. Selbst im Oktober 2002 ging die Rechnung auf, als es nach einem Plus von 20 Prozent anschließend erst noch einmal bis März 2003 abwärts ging.
Das einzige Mal, bei dem es sich lediglich um eine Rally im Bärenmarkt handelte, war in der Phase nach den Anschlägen vom 11. September. Damals wurden nach einem zwischenzeitlichen Anstieg noch einmal neue Tiefs markiert. Doch da in den zehn anderen Fällen das Signal richtig war, stehen die Chancen laut Stovall gut, dass auch jetzt wieder zumindest ein neuer kleiner Bullenmarkt geboren wurde. Allerdings können die Skeptiker immer noch auf die 20er Jahre verweisen, als zwanzigprozentige Kursrallys des Öfteren nicht das Ende eines Bärenmarktes bedeuteten.
Langfristig Seitwärtsbewegung denkbar
In der aktuellen Situation geht Stovall davon aus, dass es sich nicht um mehr als einen zyklischen oder kurzfristigen Bullenmarkt handelt. Für diese Einschätzung spricht ebenfalls die historische Erfahrung. Denn im Oktober hat die Wall Street erstmals seit 30 Jahren ein verlorenes Jahrzehnt markiert, was nichts anderes bedeutet, als das die Kurse in einem Zeitraum von zehn Jahren nicht vorwärts gekommen sind. Solche Phasen wurden nachfolgend von zyklischen Bullenmarkt in zyklischen Bärenmärkten begleitet, was dann über einen längeren Zeitraum in einer Seitwärtsbewegung resultierte.
Nachdem der S&P 500 Index im Zehnjahresvergleich ins Minus gerutscht ist, spricht nun aber zumindest ebenfalls historisch betrachtet vieles dafür, dass wir das Schlimmste hinter uns haben. Seit 1923 gab es drei Phasen zu verzeichnen, in denen die rollierende Zehnjahresperformance des S&P 500 Index gestiegen und drei, in denen sie gefallen ist. Zwei Mal gab es in dieser Zeit Seitwärtsbewegungen zu verzeichnen. In den Phasen einer steigend rollierenden Zehnjahresperformance verzeichnete der S&P 500 ein jährliches Plus von 15,3 Prozent. Und nur in 19 Prozent der Falle kam es auf Jahresbasis zu Verlusten.
Zyklische Konsumgüter, Versorger und Gesundheitssektor vor Outperformance
In Zeiten einer fallenden rollierenden Zehnjahresperformance betrug die durchschnittliche jährliche Wertentwicklung dagegen minus acht Prozent- Zudem gab es in 59 Prozent der Fälle auf Jahresbasis Verluste zu beklagen. In Seitwärtsperiode kletterte der S&P 500 im Schnitt um 9,4 Prozent und es setzte in 34 Prozent der Fälle jährliche Verluste. Das ist aber immer noch besser als das Durchschnittsergebnis von 1923 bis 2008. Denn da steht ein Plus von im Schnitt 7,4 Prozent zu Buche und in 33 Prozent der Fälle Jahresverluste.
Stovall geht davon aus, dass sich der rollierende Zehnjahreswert Anfang 2010 wieder verschlechtert, doch eine derartige Entwicklung wäre nichts Neues, kam es doch auch von 1966 bis 1982 zu häufigen Rotationen. In dieser Zeit schlugen sich auf Branchenebene defensive Aktien von Herstellern zyklischer Konsumgüter ähnlich gut wie Versorger und Titel aus dem Gesundheitssektor vergleichsweise gut. Relativ schlecht schnitten dagegen Produzenten von Nicht- Basiskonsumgütern, Finanzwerte, Industrieaktien, Baustoffhersteller und Anbieter auf dem Informationstechnologiesektor ab.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.
Amazon jubelt
Amazon hat inmitten der Wirtschaftsflaute ein Rekordweihnachtsgeschäft vermeldet. Am Spitzentag, dem 15. Dezember, seien mehr als 6,3 Millionen Artikel bei Amazon weltweit bestellt worden. Bei der deutschen Tochter Amazon.de wurde demnach am selben Tag ebenfalls ein Rekord aufgestellt: Hier gingen mehr als 1,2 Millionen Bestellungen ein und damit 37 Prozent mehr als am Spitzentag des Vorjahres, wie Amazon.de in München mitteilte. Insgesamt seien vor Weihnachten weltweit mehr als 185 Millionen Produkte bei Amazon bestellt worden. Der Konzern habe in über 210 Länder geliefert.
Einzelheiten zu seinem Weihnachtsumsatz und zur erzielten Gewinnspanne im aktuellen Preiskampf des Einzelhandels nannte Amazon jedoch nicht. Analysten sehen in den USA ein Bestellungsplus am Spitzentag von 17 Prozent. Die Experten hatten auf Amazon als einen der wenigen Lichtblicke im diesjährigen Weihnachtsgeschäft getippt. Durch seine Größe und Flexibilität sei Amazon während der gegenwärtigen Rezession im Vorteil. In den USA konnte Amazon zudem von schweren Schneestürmen profitieren, die am letzten Haupteinkaufswochenende vor Weihnachten viele Verbraucher an den heimischen Computer statt in die Läden trieben.
Sind die Lager erstmal Leer, dann müssen sie wieder gefüllt werden und dazu muss man auch wieder Produzieren.
Das wird ein schöner Start fürs Jahr 2009.
Syrien ,lybien u.der Iran einmischen u.damit ein flächenbrand entsteht
dieses szenario sollte m.M.nicht ausgeschlossen werden molly malon
Im Gespräch mit Robert Shiller
„Finanzkrisen sind wie Kriege: Man kann sie nicht verhindern“29. Dezember 2008 Keiner weiß mehr über die Krise: Der Yale-Ökonom Robert Shiller prophezeite schon im Jahr 2005, was auf uns zukommt. Im Interview erklärt er, warum keiner auf ihn gehört hat, was wir in Zukunft anders machen müssen - und was Finanzkrisen mit Ehekrisen gemeinsam haben.
Herr Shiller, wer ist schuld an der Finanzkrise?
Dafür kann man keine einzelne Person verantwortlich machen. Ich glaube, letztlich war die Ursache eine Seuche in der ganzen Gesellschaft. Zehn oder 15 Jahre lang haben die Menschen ziemlich euphorisch investiert, sowohl in Aktien als auch in Immobilien. Das hat sich ausgebreitet wie ein Virus.
Ein Virus an der Börse?
Auch Fehleinschätzungen können ansteckend sein, denn die Leute achten aufeinander, wenn sie nach Informationen und Einschätzungen suchen. Und sie hatten den Eindruck, dass das alles tolle Geldanlagen waren: die Aktien, die Immobilien und auch die verbrieften Subprime-Kredite. Es herrschte eine große Euphorie, und deshalb hat jeder seine eigenen Zweifel unterdrückt ...
... hatten denn viele Menschen Zweifel?
Das glaube ich schon, ja. Aber die Menschen achten eben nicht immer auf ihre Zweifel. Auch da ist es wieder so wie bei einer Krankheit: Der Arzt empfiehlt Ihnen eine bittere Arznei, und Sie sagen: Die Arznei schmeckt nicht gut, sie ist zu bitter. Sie nehmen sie aber trotzdem, denn der Arzt hat es ja angeordnet.
Waren nicht einfach einige Leute viel zu gierig?
Die Gesellschaft hat sich in den vergangenen 20 Jahren geändert. Die Leute achten heute viel mehr auf den Erfolg des Einzelnen und weniger auf gesellschaftliche Werte. Es scheint so, als sei die Solidarität vor 20 oder 40 Jahren größer gewesen als heute. In einfachen Worten gesagt: Früher waren die Leute eher stolz auf ihre Arbeit als auf ihren Erfolg. Mir fällt auch auf, wie viele unserer Studenten heute als Berufsziel angeben, in die Finanzwelt gehen zu wollen. Ich würde das nicht mit Gier gleichsetzen. Aber der wichtige Punkt ist: Um gesellschaftliche Anerkennung zu bekommen, reicht es nicht mehr, ein guter Mensch zu sein. Man muss auch erfolgreich sein.
Finden Sie das schlecht?
Nein. Dieser Geist begünstigt auch das Unternehmertum. Aber wir sind ein bisschen zu weit gegangen. Unternehmer sollten zum Beispiel wirklich Wissenschaftler sein, die neue Chips entwickeln oder neue Stammzellen, anstatt sich nur aufs Geld zu konzentrieren. Ich bin schon entsetzt darüber, wie viele Studenten aus den Naturwissenschaften inzwischen vergessen, dass sie Chemie oder Biologie studiert haben, und stattdessen als Banker oder Manager in die Finanzwelt wechseln. Ich dachte, Physik, Chemie und Biologie seien ehrenwerte Wissenschaften.
In der New-Economy-Zeit sind viele Studenten aus allen Fächern in die Internet-Wirtschaft gegangen.
Und jetzt haben viele gedacht: In der Finanzwelt verdiene ich irrsinnig viel Geld, da gibt es 150 Millionen Dollar Bonus. Dabei sollten Finanzleute eigentlich bescheidene Diener für die Unternehmer sein, die neue Firmen gründen. Sie sollten Risiken kontrollieren und sinnvolle Anreize ausarbeiten. Aber viele sehen die Finanzwelt heute als einen Ort, an dem man das große Geld machen kann. Jetzt nach der Finanzkrise kann sich das wieder auf ein normales Maß zurückdrehen.
Wir haben gedacht: Wenn sich jeder um seine eigenen Interessen kümmert, profitiert davon am Ende die ganze Gesellschaft. Ist das überholt?
Nein. Aber wie gesagt: Wir sollten es nicht zu weit treiben. Freie Märkte müssen reguliert werden, sonst funktionieren sie nicht. Sie sind für eine Gesellschaft wichtig, daran ändern auch die aktuellen Ereignisse nichts. Was wäre denn die Alternative zu freien Märkten? Die Regierung müsste alles steuern. Das würde auch nicht funktionieren. Darum dürfen alle Maßnahmen des Staates, die jetzt Firmen retten sollen, auch nur vorübergehend sein. Die Regierung darf nicht dauerhaft die Kontrolle übernehmen.
Wie können wir solche Krisen aber für die Zukunft verhindern?
Zuerst mal: Spekulationsblasen und die anschließenden Krisen sind nicht das Ende der Welt. Sie sind sogar ein Zeichen für eine dynamische Wirtschaft. Blasen kann man nicht verhindern. Nur in totalitären kommunistischen Staaten gibt es keine Blasen, weil die Menschen dort so gegängelt werden.
Aber das ganze Leid, das mit einer Wirtschaftskrise kommt, ist diesen Staaten erspart geblieben.
Wir stecken in der größten Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre - aber in historischer Perspektive war nicht einmal die Weltwirtschaftskrise sonderlich schlimm. In allen Ländern der Welt funktionierte der Staat noch. Es sind kaum Leute verhungert, denn es gab Essen aus Suppenküchen. Kriege sind viel schlimmer als Wirtschaftskrisen.
Als Folge der Weltwirtschaftskrise konnten in Deutschland die Nationalsozialisten die Macht ergreifen.
Richtig. Die Weltwirtschaftskrise könnte zu Änderungen in der Gesellschaft und damit indirekt auch zum Zweiten Weltkrieg geführt haben. Aber es glaubt kaum jemand, dass es dieses Mal so schlimm wird wie damals. Schwieriger vorherzusehen sind aber die gesellschaftlichen Veränderungen nach dieser Krise: Die Regulierung könnte rigider werden. Die Firmen könnten aufhören, neue Dinge auszuprobieren. Ich glaube aber, die größten direkten Kosten der Weltwirtschaftskrise waren andere: Die Menschen hatten damals das Gefühl, Chancen für ihr Leben zu verlieren. Viele verzichteten auf ein Studium, und deshalb prägte die Krise ihr ganzes Leben. So etwas könnte auch dieses Mal wieder passieren.
Das ist schlimm genug. Ist eine freie Gesellschaft dieses Unglück wert?
Das denke ich schon. Wir haben keine gute Alternativen zu freien Märkten, die richtig reguliert sind.
Also kommen wir zurück zur Frage: Sie haben die letzten beiden Krisen vorhergesehen. Da muss man sie doch auch verhindern können?
Das ist ähnlich wie der Versuch, Kriege zu verhindern. Ich hätte auch gern ein System, das Kriege verhindert. Aber dummerweise gibt es trotzdem Terroristen, die Hotels in Bombay überfallen. Sie wollen den Krieg nicht verhindern. Die menschliche Psyche ist schwer zu regulieren. Und so richtet die gleiche Psyche, die neue Unternehmen schafft, eben auch großen Schaden an.
Aber es will doch kaum jemand eine Wirtschaftskrise. Warum hat keiner auf Sie gehört?
Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass die Leute Warnungen in den Wind geschlagen haben. Ich glaube, ein wichtiger Grund ist, dass man mit solchen Warnungen kaum Geld verdienen kann. Ich habe geredet und geredet, aber die meisten Leute bekommen ihre Finanzberatung ja von den Verkäufern bei den Banken, nicht von unabhängigen Fachleuten. Und wer Dinge verkauft, verdient daran Geld. Deswegen hatten die Verkäufer auch viel Geld für Werbekampagnen übrig. Es gab in Amerika zum Beispiel ein sogenanntes „Verbraucher-Bildungsprogramm“ von Immobilienmaklern. Die erzählten den Menschen einfach, dass Häuser schon immer eine tolle Geldanlage waren. Ich dagegen habe nicht genug Geld, um bei so etwas dagegenzuhalten. Das ist ein Problem.
Was kann man dagegen tun?
Wir brauchen unabhängige Finanzberater, die vom Staat bezuschusst werden. Die sollten keine zusätzlichen Provisionen bekommen, sondern nur pro Beratungsstunde von den Kunden bezahlt werden. Sie brauchen einen Kodex, ähnlich wie die Mediziner mit dem Eid des Hippokrates. Außerdem müssen wir die Folgen von Blasen lindern, indem wir zusätzlich Märkte einrichten.
Noch mehr Märkte, obwohl die uns in den Abgrund gerissen haben?
Ich weiß, dass es das Gegenteil von dem ist, was jetzt alle wollen. Aber wir brauchen Märkte mit einfachen Produkten, die die Menschen vor den Auswirkungen von Wirtschaftskrisen bewahren. Ich denke zum Beispiel an Versicherungen, die Geld zahlen, wenn der Wert des Eigenheims sinkt. An Kredite, die gegen Risiken abgesichert sind. Ich finde es schockierend, dass Firmen ausgefeilte Risikokontrollmechanismen verwenden, aber Hausbesitzer so etwas nicht haben.
Glauben Sie, die Leute wollen solche Versicherungen wirklich haben?
Ich habe darüber ein ganzes Buch geschrieben. Weil ich gerade nicht glaube, dass die Idee jetzt schon in allen Köpfen steckt. Ich habe auch einen Brief an den künftigen Präsidenten Barack Obama geschrieben. Allerdings habe ich noch nicht gehört, ob er meinen Vorschlag aufgegriffen hat. Immerhin: Sechs Leute haben mir erzählt, dass sie ihm auch mein Buch geschickt hätten. Obama hat ein gutes Team, vielleicht hören die ja auf mich.
Was können Regierungen denn jetzt tun, um den Schaden zu beheben, der schon entstanden ist?
Kurzfristig ist es wichtig, dass es wieder Kredite gibt. Die Banken verleihen kaum noch Geld. Das hält die Wirtschaft zurück. In den Vereinigten Staaten und anderswo haben die Regierungen schon einige Dinge getan: In Amerika zum Beispiel hat die Regierung erst kürzlich ein neues Programm angekündigt, mit dem sie die Kreditvergabe stärken will. Auch die Zentralbank ist in dieser Richtung sehr aktiv. Wir müssen abwarten, wie das alles wirkt. Amerikas Notenbankchef Ben Bernanke hat jedenfalls ziemlich gut gehandelt. Aber es kann sein, dass er noch viel mehr tun muss. Und es kann sein, dass das Problem seine Macht übersteigt.
Welche Macht fehlt Ben Bernanke denn?
Es fehlt an Vertrauen in der Wirtschaft. Und es ist schwierig, das wiederzubekommen. Das ist wie in der Eheberatung: Ein Mann und eine Frau wollen sich scheiden lassen, und der Berater redet mit ihnen. Sie scheinen einander richtig zu hassen. Aber man denkt: Die beiden müssen einander doch einmal geliebt haben, können sie das nicht wieder schaffen? Manchmal können sie das. Aber es hilft nichts, den Parteien, die sich jetzt in der Wirtschaft misstrauen, einfach einen billigen Kredit anzubieten. Die Zentralbanken probieren es aber auf diese Weise.
Wir dachten eher, es hätte zu viel Vertrauen gegeben?
Ich glaube, wir haben den falschen Dingen vertraut. Wir hatten zum Beispiel Vertrauen in den Aktienmarkt und den Immobilienmarkt. Das war falsch. Die Leute dort haben falsche Entscheidungen getroffen. Jetzt schwindet das Vertrauen. Aber die Arbeitslosenquote in Amerika liegt bisher nur bei 6,5 Prozent. Das ist mehr als in der letzten Rezession, aber nicht viel mehr. Ich fürchte aber, dass es noch viel schlimmer wird.
Die Krise verschärft sich, weil die Menschen nicht mehr konsumieren, sondern sparen.
Sie sparen nicht nur, sie verabschieden sich auch von ambitionierten beruflichen Zielen. Sie sagen sich: Das kann ich in dieser Situation nicht schaffen. Deshalb gehen sie auch keine Risiken mehr ein. Am Flughafen habe ich gerade erst einen Geschäftsmann sagen hören: In diesen schwierigen Zeiten können wir unser neues Projekt nicht starten. Auf diese Weise werden die unterschiedlichsten Pläne gestoppt. Wenn Sie etwa eine tolle Geschäftsidee haben, sagen Sie sich: Jetzt ist nicht die richtige Zeit dafür. Ich mache lieber eine Wandertour in den Bergen.
Achtung: Gegenteilige Fakten sind dazu das weltweite Absatzplus von Amazon.
Zu den Firmen: Richtig ist, dass Firmen gezielter Investieren, man sollte seine Augen nicht verschliessen, denn es wird viel in Innovationen investiert.
Wie kann das Vertrauen wiederhergestellt werden?
Man muss das große Desaster verhindern, die Menschen bekommen sonst Angst. Und man muss große Ungerechtigkeiten verhindern. Wir müssen darauf achten, dass die Menschen jetzt gut behandelt werden. Da könnte zum Beispiel eine Idee von Elizabeth Warren von der Harvard Law School helfen: Wir brauchen eine Behörde, bei der man sich über Finanzprodukte beschweren kann und die etwas dagegen unternimmt. Wir müssen aufpassen, dass nicht noch mehr Schäden entstehen.
Und wie bringt man die Firmengründer von ihren Wanderplänen ab?
Man sollte die Kreditgeschäfte wieder zum Laufen bringen. Dabei hilft es auch, den Hausbesitzern direkt zu helfen. Bisher haben wir nur Finanzfirmen gerettet, nicht aber die einzelnen Hausbesitzer.
-- Die Zentralbank von USA ist ja dabei die 10jährigen und 30jährigen Zinssätze zu senken, dazu brauchen sie sich nur die Entwicklung der Bonds angucken. ---
Wie rechtfertigen Sie das vor den Leuten, die von Anfang an vorsichtig genug waren und jetzt für die Rettung der anderen zahlen sollen?
Das ist bedauerlich, aber ich kann das leider nicht komplett vermeiden. Wir retten Leute, die unverantwortlich waren. Das war beim Hurrikan Katrina in New Orleans ähnlich. Wir hätten damals auch sagen können: Ihr hättet wissen müssen, dass eure Stadt gefährdet war - jetzt müsst ihr eben für euren Leichtsinn bezahlen. Aber ich glaube, in einer zivilen Gesellschaft müssen in solchen Situationen alle mithelfen.
Rettungspläne als Wohltaten?
Der deutsche Ökonom Gustav von Schmoller hat gesagt: Eine der wichtigsten Neuerungen im 19. Jahrhundert war, dass Versicherungen als Ersatz für einfache Wohltätigkeit entwickelt worden sind. Denn großangelegte Rettungsaktionen und Wohltätigkeit sind immer von politischem Willen abhängig. Das funktioniert nicht gut. Sehen Sie, wenn ein kleines Kind in einen Brunnen fällt, werden die Leute Millionen ausgeben, um das Kind herauszuholen, weil sie die Anschauung haben, dass dem Kind geholfen werden muss.
Finden Sie das schlecht?
Nein, aber in der Zwischenzeit sterben viele Kinder an Krankheiten, gegen die niemand etwas unternimmt. Auf die Wohltätigkeit und auf Rettungsaktionen kann man sich also nicht verlassen. Sie sind nicht gut durchdacht. Versicherungen sind besser, denn sie wurden erfunden, um mit Risiken umzugehen. Nur gibt es auch verschiedene Risiken, die nicht gut verwaltet werden. Dieses System müssen wir verbessern.
Sie haben schon Versicherungen gegen sinkende Immobilienpreise vorgeschlagen. Aber Versicherung hin oder her - die Leute waren einfach überschuldet.
In der jüngsten Blase stieg die Verschuldung der amerikanischen Verbraucher. Das war falsch und musste korrigiert werden. Aber Verbraucherkredite sind grundsätzlich eine gute Sache, wenn sie richtig gemacht sind, zum Beispiel über unabhängige Finanzberater. Natürlich haben auch die meisten Berater die Blase nicht gesehen. Aber sie klopfen schon aus Routine die Kreditsumme ab und mahnen ihre Kunden, nachzudenken, ob sie zu viel Kredit aufnehmen. Das eigentliche Problem war ja, dass die Leute in Amerika sich viel Geld liehen und niemanden hatten, mit dem sie darüber sprechen konnten. Sie fühlten sich sicher, weil es jeder andere ja genauso machte.
Wie könnten wir so einen Finanzberater bekommen? Und warum sollten die Leute auf ihn hören?
Das würden sie tun, wenn sein Rat einfach zugänglich wäre, und das zur richtigen Zeit. Sie gehen ja schließlich auch zum Arzt. Die Beratung müsste auf jeden Fall preiswert sein. Vielleicht könnte die erste Stunde sogar kostenlos sein. Ich sehe zum Beispiel vor mir, wie sich ein Ehepaar spätabends über die Finanzen streitet. Meine Frau ist Psychologin, sie weiß, dass Geld oft ein Streitgrund ist. Wenn diese beiden nun selbst am späten Abend einen Berater anrufen könnten, könnten sie ihren Streit durch einen Anruf schlichten. Und der Berater könnte sie an ganz einfache Dinge erinnern - zum Beispiel daran, dass Kredite mit variablen Zinsen furchtbar teuer werden können. Das war übrigens eine der wichtigsten Ursachen der Krise.
Was empfehlen Sie der deutschen Regierung? Sollte sie ein größeres Konjunkturprogramm auflegen?
Ja, wahrscheinlich. Ich habe wenig von Deutschland mitbekommen - tut sie das etwa nicht?
Sie hat ein Programm gestartet, aber es wird von vielen als zu klein kritisiert.
Warum will die Regierung nicht mehr machen? Aus Angst vor den Schulden?
Auch.
Das klingt ziemlich deutsch.
Können Sie die nächste Spekulationsblase vorhersagen?
Zurzeit nicht. Jetzt ist nicht die Zeit für eine neue Blase. Erst in der nächsten Generation wird es eine neue große Blase geben und zwischendurch einige kleine hier und da: Ein paar Aktien werden wieder zu weit steigen wie damals in der New Economy. Und es wird regionale Immobilienblasen geben. Das wird weitergehen. Aber ich kann nicht sagen, wo.
Gibt es denn irgendetwas Positives an Krisen wie an dieser?
Ja, sie geben uns die Chance, die Organisation unserer Wirtschaft zu überdenken. Es ist schwierig, etwas zu ändern, solange es keine Krise gibt. Deshalb ist die Krise eine Chance. Mit Firmen ist es ähnlich: In guten Zeiten gelten große Änderungen als viel zu riskant. Aber wenn die Krise erst mal da ist, bleibt ja nichts anderes übrig. Die amerikanischen Autofirmen denken jetzt sehr intensiv darüber nach, wie sie in Zukunft weiterarbeiten können. Ich weiß nicht, ob es klappt, aber sie denken immerhin nach.
--- Und sie versuchen ihre Produktpaletten auf Verbraucharme Autos umzustellen. Dank des angepeilten Bauvorhabens von mehreren neuen Energieerzeugern, werden die neuen Autos auch genug Energie zu iherer Verfügung haben.--
Das Gespräch führten Patrick Bernau und Carsten Germis.
Text: F.A.S.
Bildmaterial: Isabel Klett
Guck man sich die globale Situation an, so sind die meisten Länder ausgekontert worden.
China hat genug eigene Probleme und kann im Kampf um das Öl nicht mehr mit den USA konkurieren. Der Kampf st für China verloren. Sie benötigen eine Bodenreform, um die Unruhen im eigenen Land zu stoppen und Investoren zurückzugewinnen.
Rußland hat ein großes Defizit, eigentlich bedingt durch seine starke Fokussierung auf Rohstoffe. Fallen weiterhin die
Rohstoffpreise muss Rußland seinen Rubel mehr und mehr abwerten und die Börsen verlieren dort mehr und mehr an Werte.
Israel könnte mit einer Säuberung des Gazastreifens und der Übergabe an die offizielle Fatah-Palästinenserregierung für einen Eklat in der arabischen Welt sorgen. Die Zwietracht zwischen armen und reichen islamischen Ländern könnte zu einer Zerreißprobe für die Arabische Liga führen.
Unterdessen ist Israel ja der Schutz durch USA und ihren Partnern, in diesem Falle auch Deutschland so gut wie sicher.
Wir hatten noch nie bessere Bedingungen um gegen Iran, Pakistan, Syrien, Hamas und Konsorten vorzugehen und das mit großer Chance eines UN-Mandates. Man soll sich das mal vorstellen.
Die RAND-Gruppe will ja einen Krieg von Indien gegen Pakistan und einem Embargo gegen den Iran. Investoren würden derartige Krisenherde meiden und ihre Standorte verlagern. Kapital würde von außen in die USA fließen, durch Waffenverkäufe, sowie auch nach Europa, China und Rußland.
Die neuen Hoffnungsträger für steigende Kurse sind die alten Bekannten: Zement, Waffen und Logistik.
Außerdem kommt jetzt die Zeit der Spekulanten erst Richtig auf. Ich werde mal ein Artikel zu den Spekulanten posten, um zu verdeutlichen was ich damit meine.
Die Finanzmärkte werden als großes Kasino denunziert, die Attraktivitätskurse der Handelsplätze purzeln. Warum Wetten auf die Zukunft dennoch kein Glücksspiel sind – und mit welchen Chancen Frankfurt, London und New York aus der Krise hervorgehen.
Bild vergrößern Die 300 Banker im Saal „Harmonie“ des Frankfurter Kongresszentrums schauten betreten auf ihre blank polierten Schuhe. Jürgen Heraeus, Eigner des gleichnamigen Edelmetallkonzerns und als Chef von Unicef Deutschland sozusagen von Amts wegen der Moral verpflichtet, erinnerte an den Anstieg der Nahrungsmittelpreise Mitte des Jahres und bezichtigte die Spekulanten der Verbreitung von Not und Elend: „Der Anstieg des Weizenpreises hatte nichts mit wachsender Nachfrage zu tun, sondern mit Spekulation“, sagte Heraeus während der „Euro Finance Week“ und: „Wir müssen überlegen, wie wir das einschränken können.“
Schon einmal, vor fast 120 Jahren, zog in Deutschland eine Bewegung gegen die Spekulation zu Felde. Großgrundbesitzer rebellierten gegen Wetten auf fallende Weizenpreise, forderten ein Verbot von Termingeschäften. 1896 wurde aus dem Protest ein Gesetz – sehr zum Verdruss des Nationalökonomen Max Weber.
Der Sachverständige im „provisorischen Börsenausschuss“ sah „die Hebung“ Deutschlands „im Wettbewerb der Staaten“ aufs Spiel gesetzt: Als kapitalarmes Land könne das Reich nur dann eine Rolle auf den weltweiten Märkten spielen, wenn Termingeschäfte zugelassen würden. Es gehe nicht um Fragen der „Moralität“, sondern „um die technische Frage der Sicherung korrekter Preisbildung und um die politische Frage der Stärkung der deutschen Märkte auf Kosten anderer“.
Dreieinhalb Generationen später ist der nationalistische Zungenschlag aus der Diskussion verschwunden, die Frage nach der Moral der Märkte in einer internationalen Konkurrenzsituation aber offener denn je. Das plötzliche Verblühen des Investmentbanking an der Wall Street verändert New York so gut wie das Welken der Hedgefonds-Branche die britische Finanzmetropole London. Das Selbstverständnis der Bankmanager ist verkümmert; die selbst ernannten Leitwölfe der Weltwirtschaft ziehen waidwund ihre Köpfe ein.
680 Billionen Dollar an Derivaten haben Spekulanten im Juni 2008 um die Welt geschickt – elfmal so viel wie das Welt-Bruttoinlandsprodukt. „Absicherung von Risikogeschäften“ haben sie das genannt – und die Absicherung mit immer höheren Risiken erkauft. Jetzt steht die Zukunft der Spekulation auf dem Spiel – und mit ihr die Zukunft der Finanzplätze. Welche Form der Spekulation hat also noch eine Zukunft – und wo?
Frankfurt profitiert und leidet weniger als andere Börsen
Frankfurt hat weniger vom Boom der Spekulation profitiert als seine Rivalen, also leidet es auch heute nicht so stark. Ihre Investmentteams haben die Banken im Boom nach London und New York ausgelagert; dort reagieren die Institute heute mit Entlassungen. „Wir erwarten im Investmentbanking einen Stellenabbau von 5 bis 15 Prozent – in London und New York mehr, in Frankfurt weniger“, sagt Olaf Lang, Manager bei der Unternehmensberatung Towers Perrin.
New York trifft es besonders hart. Fünf Prozent der Beschäftigten waren dort 2007 im Wertpapiergeschäft tätig, verdienten im Schnitt 400.000 Dollar, bescherten der Stadt ein Viertel ihrer Einkünfte. An jeder dieser Stellen hängen statistisch 2,3 weitere Jobs. Anwälte und Immobilienmakler haben vom Boom profitiert, ebenso Beschäftigte in Restaurants. Prognosen zufolge werden bis Ende 2009 bis zu 220.000 Arbeitsplätze wegfallen.
Die USA haben sich als spekulative Nation der fortwährenden Zukunft erfunden. Schon die Entdeckungsreise von Christoph Kolumbus war eine „kolossale Spekulation“ (Historiker George Gibson); in der Figur des frontierman verbinden sich Risikofreude und Pioniergeist zum Idealtyp des US-Bürgers, der zuversichtlich aufbricht zu neuen Ufern. „Wenn die Spekulation stirbt, stirbt dieses Land auch“, so William P. Hamilton, der Gründer des „Wall Street Journals“.
Vorerst sterben Träume; wie der von Jim Arenson, 61 Jahre, ehemaliger Bauunternehmer aus Maine. Jim beobachtet Verluste in seinem Aktiendepot mit einer Mischung aus Resignation und Trotz. Die nächste Welle wollte er erwischen, investierte in Solaraktien, Umweltwerte. Einige Papiere haben im November an einem einzigen Tag 40 Prozent verloren. „Jetzt halte ich sie fest“, sagt er, „ihre Zeit wird schon noch kommen.“
Jim verhält sich lehrbuchgerecht. Nach der klassischen Definition des US-Juristen Oliver Wendell Holmes liegen Kraft und Wert der Spekulation in der „Selbstanpassung der Gesellschaft an das Wahrscheinliche“, das heißt: Die Spekulation repräsentiert das Künftige als gegenwärtige Wahrscheinlichkeit – und steigert aus sich selbst heraus die Chance, dass eintrifft, über was sie Vermutungen anstellt.
Entsprechend zeichnet hoffnungsfrohe Beobachtung an der Börse den Spekulanten aus: Wie durch ein Fernglas beobachtet er Firmen, schätzt ihre Aussichten ein, erwirbt ihre Aktien, um sie beizeiten zu verkaufen. Damit entspricht der Spekulant der klassischen Denkfigur des Homo oeconomicus: Er investiert aus Eigennutz – und entfesselt Innovation.
Mehr noch: Einmal eingeführt als rational handelndes Wirtschaftssubjekt, ist der Spekulant immun gegen den Vorwurf, ein Glücksritter zu sein. Als konservativer Bearbeiter von Risiken besetzt er ganz im Gegenteil einen wichtigen Platz im ökonomischen System: Er spekuliert nicht, er kalkuliert. Gefährlich wird es für den Anleger erst, wenn er seine Beobachtungen einstellt – und sich blind dem Menschheitstraum vom leistungslosen Einkommen hingibt.
Larry aus New York zum Beispiel kaufte Wohnungen auf Kredit, wollte flippen, so heißt das in Amerika, schnell kaufen und verkaufen, mit Gewinn. Seine Geschäftsidee: 25.000 Dollar Anzahlung für eine Luxuswohnung, 800.000 für den Erwerb, 1,5 Millionen für den Verkauf zwei Jahre später – und das alles vor der Fertigstellung des Gebäudes.
Nun, Larry kam zu spät, spekulierte in die Finanzkrise hinein, konnte die Wohnung nicht mehr mit Gewinn abstoßen. Jetzt sitzt ihm die Bank im Nacken. Larry hat sich gerade scheiden lassen, seine Ex drängt auf den Verkauf. Also sitzt er jetzt jeden Samstag in seinem SUV vor dem Eingang des Verkaufsbüros und spricht potenzielle Käufer auf der Straße an. „Sie sparen mehr als 40.000 Dollar“, sagt er. Doch niemand beißt an. Larry läuft die Zeit davon. Die Spekulationsblase frisst ihre Kinder.
In London ist die Lage nicht besser. Nachdem die Hauspreise binnen Jahresfrist um 15 Prozent gefallen sind, wird 2009 mit einem Preissturz von bis zu 35 Prozent gerechnet. Investmentbanker, Händler und Finanzjongleure waren die Lokomotive der britischen Wirtschaft; 15 Jahre lang wuchs die Finanzbranche durchschnittlich 5,5 Prozent; jetzt erst melden sich Stimmen zu Wort, die eine Wiederbelebung der vernachlässigten Industrie fordern. Finanzkrise und Immobilienbaisse reißen die britische Wirtschaft nach unten. 70.000 von 350.000 Jobs in der City dürften wegfallen.
Ed Church hat das Feld schon geräumt. Er arbeitete zuletzt für Merrill Lynch, es war ein aufregendes Leben, „mit 24 flog ich Concorde und verdiente mehr als der Premierminister“. Heute ist er Lateinlehrer. Church ist kein Einzelfall.
Seit Beginn der Finanzkrise hat die Zahl der Anfragen bei der britischen Lehrer-Ausbildungsagentur um ein Drittel zugenommen. Als ein Karriereberater der Schulbehörde kurz nach der Lehman-Pleite seinen Stand in einem Hotel nahe der Finanzmeile Canary Wharf aufbaute, sah er sich schon um sieben Uhr früh von mehr als 100 Bankern umringt.
Die Krise könne „zu einem fundamentalen Umdenken führen“, sagt Ian Brinkley, stellvertretender Leiter des Londoner Thinktanks „The Work Foundation“. Die Aufsichtsbehörde FSA, einst eifrig bemüht, die Spekulanten bei ihren Geschäften bloß nicht zu stören, will in Zukunft gründlicher kontrollieren – und stellt mehrere Hundert neue Fachleute ein; ein neues Bankengesetz sieht einen Verhaltenskodex und die straffere Regulierung des Finanzsektors vor; von den G20-Treffen der internationalen Politik sind auch keine Erleichterungen zu erwarten. Kurzum: Die Profession der Spekulanten ist in Misskredit geraten. Zu Recht?
Schon im 17. Jahrhundert lockten Termingeschäfte mit ungefangenen Heringen
Vieles spricht dagegen. Wie der Aktienhandel hat auch der Handel mit Derivaten, zuletzt der bevorzugte Tummelplatz von Investmentbanken und Hedgefonds, in nüchterner Kalkulation seinen Ursprung: Warenterminbörsen sind aus Vereinbarungen über künftige Lieferungen von Agrarprodukten entstanden. Sie sicherten Verkäufer und Käufer gegen Preisrisiken ab, machten den Handel mit verderblicher Ware buchstäblich berechenbar.
Doch schon im 17. Jahrhundert lockten Termingeschäfte mit ungefangenen Heringen oder ungesätem Getreide Spekulanten an, die an der Realisierung dieser Future-Geschäfte nicht interessiert waren. Sie kauften, was niemals in ihren Besitz gelangen würde, sie verkauften, was ihnen nicht gehörte – und sie verdienten an den Preisdifferenzen.
Die Kritik an Agiotage (Ausnutzen von Kursschwankungen) und Termingeschäften fiel früher nicht weniger heftig aus als heute. In Amsterdam klagten sie über den „Windhandel“, in London über die „Pferderennen“ – und die Börsenhändler in den Kaffeehäusern der Exchange Alley wurden bereits 1689 bezichtigt, „die Menschen zu verschlingen wie weiland die Heuschrecken die Fluren Ägyptens“.
Entsprechend heißt es in einem Erlass aus dem Jahre 1785, der den Terminhandel in Paris verbietet, dass Differenzgeschäfte „Kapital von solideren... Anlagen“ abziehen und „die Begierde nach unmäßigen... Gewinnen“ wecken.
Die Politik hat seither immer wieder versucht, den Derivatehandel auf echte Future-Geschäfte zu beschränken, das heißt auf Kontrakte, die die „Absicht“ eines Kaufs oder Verkaufs erkennen lassen. So stellte der Supreme-Court in den USA 1889 Differenzgeschäfte unter Verbot. Das Deutsche Reich zog 1896 nach – vor allem auf Druck der ostelbischen Junker.
Der Vorsitzende des Bundes der Landwirte, Berthold von Ploetz, empörte sich über die „Geldmänner an der Börse“ und ihr „räuberisches Vorgehen“, um „die Landwirtschaft zu ruinieren und auszusaugen“ – ein frühes Beispiel erfolgreicher Lobbyarbeit: Die Saat für Garantiepreise und Zölle war gelegt – und konnte nach dem Zweiten Weltkrieg in einer hochsubventionierten europäischen Landwirtschaft aufgehen.
Dennoch hatten die Großbauern einen wunden Punkt der Spekulation getroffen. Das Verhältnis von effektivem Warenumsatz zu Differenzgeschäften stand an der Berliner Getreidebörse bereits in den 1860er-Jahren bei 1 zu 20. Ein zeitgenössisches Lexikon stellte fest, dass Differenzgeschäfte sich „sehr stark dem Hasardspiel und der Wette“ näherten.
Einen Weg aus der Kontaminierung der Spekulation durch das Glücksspiel wies dann 1894 Max Weber. Er wollte den Kleinspekulanten von der Börse ausschließen weil er „keinen volkswirtschaftlichen Zweck“ erfülle: „Das, was für ihn an Verdienst abfällt, zahlt die Volkswirtschaft ganz unnötigerweise an einen überflüssigen Schmarotzer.“
Weber ging es darum, die Spekulation als ökonomische Fakultät zu rehabilitieren. Seine Strategie hatte bis zuletzt Erfolg: Die Selbstbestimmung der Finanzmärkte als „Preisproduzenten“ und „kollektive Intelligenz“ von Marktteilnehmern, die als „Auge der Ökonomie“ künftige Risiken einschätzen und Knappheiten anzeigen, wurde erst erschüttert, als Anfang dieses Jahres die Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise explodierten und Ende des Jahres die Finanzmarktkrise das Vertrauen in die „unsichtbare Hand“ des Marktes untergrub.
Das Schöne an beiden Krisen ist, dass sie ziemlich genau die Grenze zwischen nützlicher und schädlicher Spekulation beschreiben – und das heißt: zwischen einer Spekulation, die künftige Risiken beobachtet und bearbeitet – und einer Spekulation, die Risiken versteckt und verkleidet.
Auf dem Höhepunkt der „Hungerhausse“ im Juni 2008 forderte ausgerechnet Ex-Großspekulant George Soros, Geschäfte an Warenterminmärkten einzuschränken. Hintergrund waren die dramatisch angestiegenen Rohstoff- und Lebensmittelpreise: Der Ölpreis hatte sich seit 1998 versechsfacht; der Reispreis binnen Jahresfrist verdreifacht, Weizen fast verdoppelt.
Auf der Suche nach Schuldigen zeigte man auf Chinesen (gestiegene Nachfrage), Amerikaner und Europäer (Preistreiber Biosprit) – und auf die Spekulanten weltweit, die Anlegergeld preistreibend in Rohstoff- Zertifikaten handelten.
Tatsächlich sind die Rohstoffmärkte heute so eng verbunden mit den Finanzmärkten wie noch nie. Der Terminhandel mit Öl hat sich seit 1998 versiebenfacht, der Börsenumsatz mit Optionen auf Weizen verfünffacht. Hatten Non-Commercials – Spekulanten ohne Interesse an Verbrauch oder Lagerung von Rohstoffen – 2004 noch 15 Milliarden Dollar im Markt investiert, so stecken vier Jahre später rund 300 Milliarden in Indexpapieren. Hedgefonds und US-Pensionskassen suchten auf den Rohstoffmärkten hohe Renditen und nährten die Hausse.
Versteckte Risiken waren an konkrete Kreditversprechen geknüpft.
Heute sind die Preise wieder unten – und die Ansicht setzt sich durch, dass die Spekulanten allenfalls als Verstärker des Trends, nicht als dessen Auslöser wirkten: Sie trieben die Preise, sie verursachten sie nicht. Nach sechs Jahren Rekordwachstum zahlte die Weltwirtschaft den Preis für zunehmend knappe Güter – und die Spekulanten machten uns darauf schmerzlich aufmerksam.
Grundsätzlich gilt: Weil das Geschäft des Spekulanten im Ausnutzen von Preisdifferenzen besteht, er also an Kursschwankungen verdient und nicht nur an Kurssteigerungen, korrigiert er seine Übertreibungen systembedingt selber. Es gehört daher zu den Vorzügen des Derivatehandels, dass er langfristig zur Mäßigung und Stabilisierung von Märkten beiträgt, die kurzfristig zum Überschießen neigen. Kurzum: Die Spekulation als Marktbeobachtung erfährt im Derivatehandel ihre – in Einzelfällen zu regulierende – Verfeinerung.
Die Grenze zum Schwindel wird erst überschritten, wenn die Spekulation ihre Beobachterposition einbüßt, Risiken verschleiert und sehenden Auges in die Krise steuert – beispielsweise durch den Vertrieb von undurchsichtigen Kreditverbriefungen. So gesehen, unterscheidet sich die Finanzmarktkrise von den legendären Kanalbau-, Eisenbahn- und Internet-Blasen.
Im Gegensatz zu jener entfesselten die historischen Spekulationswellen Innovationszyklen, die von realwirtschaftlichen Erwartungen getrieben waren. Als die Blasen platzten, hat das vielen Anlegern wehgetan, aber ihr offensichtliches (!) Risiko war an Gewinnerwartungen geknüpft: Anlegerpech. Bei der Finanzmarktkrise war es genau umgekehrt. Hier waren versteckte (!) Risiken an konkrete Kreditversprechen geknüpft. Vor allem aber stand hier keine Innovation am Ende einer Krise. Sondern eine Krise am Ende der Innovationen.
Der britische Kaufmann und Schriftsteller Daniel Defoe hat seine Spekulationskritik („Täuschung und Lüge“) 1719 unter dem Eindruck der Südsee-Hausse verfasst, einer der ersten Spekulationsblasen der Moderne.
Die Lektüre ist bezwingend, denn Defoe ging es darum, die transparente Welt des Handels und Kreditwesens trennscharf abzugrenzen gegen „unverantwortliche Menschen“ und ein wohlgeordnetes Wirtschaftssystem zu schützen vor dem Voluntarismus einiger, die nach Lust und Laune Preise tanzen und Kurse tollen lassen.
Nicht die Spekulation war für Defoe die Gefahr, sondern die Selbstbereicherung einer Geldelite im Namen der Spekulation. Als Bonus-Jäger, so darf man ihn modern übersetzen, verwirkt der Spekulant seine Existenzberechtigung: Er versteckt künftige Risiken, statt sie auszuspähen (lat. spekulieren) und sich so verdient zu machen.
Die Täuschung, von der Defoe spricht, entstand jedoch nicht an der Börse allein; sie geschah unter der billigenden Aufsicht des Staates: Die britische Regierung verkaufte ihre Schulden an die South Sea Company – und ermunterte das Unternehmen, immer neue Aktien unters Volk zu jubeln.
Die Regierungschefs der G20-Länder täten deshalb gut daran zu denken, dass auch die aktuelle Krise ihren Ursprung nicht etwa in „Exzessen der Märkte“ hat (Bundeskanzlerin Angela Merkel), sondern im Doppelpassspiel von libertärer Wirtschaftsideologie und ungehemmter Geldschöpfung.
In den USA wurde die Mittelschicht mit billigen Hypotheken und Kreditkarten über den Ernst ihrer realen (Lohn-)Lage hinweggetäuscht; so ließ sich elegant die nächste Wahl gewinnen – und am oberen Ende der Gesellschaft prächtig Geld verdienen.
Es hat in Washington nicht zu wenig staatliche Aufsicht gegeben, sondern zu viel staatlichen Einfluss: Die Politik hat die Finanzmärkte nicht etwa in Ruhe gelassen, sondern ostentativ weggeschaut. Und die Labour-Partei in Großbritannien setzte darauf, dass eine Nation der Hausbesitzer sich bei steigenden Immobilienpreisen den Wohlfahrtsstaat sparen könne.
Die Folge war, dass die Verbraucher sich überschuldeten – und England sich so lange aus milden Rezessionen hinaus konsumierte, bis die Finanzkrise zuschlug.
Die Finanzmärkte können stabilisiert werden
Die Konsequenz, die daraus zu ziehen ist, heißt nicht blinde staatliche Regulierung, sondern strikte Neutralität bei der Beobachtung der Märkte. Die Politik sollte sich nicht anmaßen, Richtlinien zu beschließen, ohne die richtige Richtung zu kennen.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat ein unabhängiges Gremium aus namhaften Ökonomen gefordert, das die Finanzmärkte im Auftrag aller Teilnehmer fachlich aus nächster Nähe und institutionell aus größtmöglicher Distanz begutachtet. Ein solches Gremium könnte, mit einem politischen Mandat ausgestattet, am ehesten im Sinne Defoes die Grenze markieren, die Spekulation von Geldschneiderei trennt – und all die Vorschriften zu Eigenkapitaldeckung, Zweckgesellschaften, Ratingagenturen und Managervergütung nicht nachholend oder vorauseilend, sondern laufend einfordern.
Die Finanzplätze würden dadurch nicht geschwächt, sondern stabilisiert – zumal sich der Schwerpunkt des Geschäfts derzeit ohnehin weg von der Spekulation bewegt. Künftig müssen Institute mit starkem Investmentbanking mehr Eigenkapital vorhalten; auch müssen mindestens fünf Prozent von verbrieften Kreditpaketen im Institut verbleiben.
Die Deutsche Bank wendet sich wieder verstärkt dem traditionellen Privatkundengeschäft zu. Während das Institut im „Global Markets“-Team in New York und London 900 Stellen abbaut, will es in Deutschland neue Filialen aufmachen und 2500 Kundenberater einstellen.
Die Hedgefonds-Branche ist von diesem Umbruch noch stärker betroffen: Jeder Dritte wird die Krise nicht überleben, sagt Emmanuel Roman, Co-Chef des britischen Hedgefonds GLG – und wenn das Geschäft der Gescheiterten nicht auf die Gewinner der Krise übergehe, „müssten Investmentbanken ihr Personal um bis zu 25 Prozent reduzieren“, sagt Berater Lang.
Kein Wunder, dass Insider wie Sy Schlüter die ehemals begehrtesten Jobs in der Finanzbranche nicht mehr für attraktiv halten. „Ich rate jungen Leuten davon ab, zu Investmentbanken zu gehen“, sagt der 40-jährige Gründer der Hedgefonds-Gesellschaft CAI: „Die Hälfte der Leute dort wird in drei Jahren keinen Job bei einer Investmentbank mehr haben.“
Vor allem Prime-Broker dürfte es treffen: Bankabteilungen, die im Auftrag von Hedgefonds arbeiten und ihnen Geld leihen. Weil Hedgefonds häufiger Aktien und Derivate handeln als andere Investoren, zahlen sie hohe Gebühren; auf dem Höhepunkt ihrer Macht trugen sie mehr als ein Viertel zum Gewinn der Investmentbanken bei. Frankfurt verschlief das lukrative Geschäft – anders als London – und darf sich heute darüber freuen: Die Investmentbanken reduzieren ihr Risiko, verlangen mehr Sicherheiten – und zwingen die Fonds zur Aufgabe.
Für die Zukunft der Spekulation ist es ein Glück: Jetzt wird sich zeigen, wer nur ein guter Bonusjäger war – und wer ein guter Spekulant. Die Gewinner in der Finanzkrise sind die Contrarians, also die, die gegen die Herde wetteten, die den Wahnsinn des politisch aufgepumpten US-Immobilienmarkts früh erkannten – und rechtzeitig dagegenhielten.
So wie John Paulson, dessen Hedgefonds, in dem er selbst investiert ist, heute 36 Milliarden Dollar schwer ist. „2005 wurden wir sehr besorgt wegen der schwachen Kreditvergabestandards und der falschen Bewertung der Risiken“, sagte er jüngst bei einer Anhörung des US-Kongresses. Und was tat Paulson? Er kaufte Versicherungen gegen den Ausfall von Kreditpapieren, die er für faul hielt – und strich persönlich 3,7 Milliarden Dollar ein.
thema ,es scheint bei etlichen emotionen auszulösen u. das wollte ich
vermeiden molly malon