Die sich selbst beschleunigende Katastrophe
US-Regierung soll Nasa-Experten zensiert haben
Hat die Bush-Administration Angst vor den Forschungsergebnissen ihrer eigenen Wissenschaftler? In der "New York Times" erhob der Nasa-Klimaexperte James Hansen schwere Vorwürfe: Die Regierung wolle ihn mundtot machen.
New York - Erst letzte Woche hatte James Hansen erklärt, im vergangenen Jahr sei die höchste jährliche weltweite Oberflächen-Durchschnittstemperatur gemessen worden. Für die zunehmende Erwärmung machte der Klimaexperte der US-Raumfahrtbehörde Nasa vor allem Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan. Die Emissionen kämen hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe zustande.
REUTERSTemperaturkarte (2005): Politisch brisantes Thema Erderwärmung |
Gestern hat Hansen, der als Direktor des Goodard Instituts für Weltraumstudien bei der Nasa fungiert, in der "New York Times" die Bush-Regierung scharf angegriffen. Er sei von der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten unter Druck gesetzt worden. Das Nasa-Hauptquartier habe angeordnet, sowohl seine geplanten Veröffentlichungen und Vorlesungen als auch Einträge auf der Goddard-Website zu begutachten. Auch Interviewanfragen von Journalisten müssten abgesegnet werden. "Sie halten es für ihre Aufgabe, die an die Öffentlichkeit gehenden Informationen zu zensieren", erklärte Hansen in der "New York Times".
Dean Acosta, ein Koordinator des Öffentlichkeitsbüros der Nasa, widersprach umgehend. Es gebe keinerlei Bestrebungen, Hansen mundtot zu machen. Allerdings sollten politische Statements Politikern und ihren Sprechern überlassen werden. Letztlich gehe es aber nicht um Einzelthemen wie Erderwärmung, sondern um "Koordination" von Informationen.
Hansen widersprach deutlich: Solche Maßnahmen hätten schon zuvor verhindert, dass die Öffentlichkeit in vollem Ausmaß die Risiken des aktuellen Klimawandels erfassen könnte. "Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist wesentlich", sagte der Wissenschaftler dem Blatt. "Die öffentliche Besorgnis ist vielleicht das einzige, was die Durchsetzung von Einzelinteressen in dieser Sache verhindern kann."
Hansen ist unter anderem für Computersimulationen des globalen Klimas zuständig. Seit 1988 warnte er der Zeitung zufolge wiederholt öffentlich vor den Gefahren von Ausstößen, die zur Erderwärmung beitragen. Der Druck auf ihn habe nach einem Vortrag vor der Amerikanischen Union für Geophysik begonnen, in dem er erklärte, eine deutliche Verringerung der Emissionsmengen könnte mit bereits vorhandener Technik erreicht werden.
Nach Anrufen aus dem Nasa-Hauptquartier hätten ihn Vertreter der Abteilung für Öffentliche Angelegenheiten Konsequenzen angedroht, sollte er solche Aussagen wiederholen. Zu den Restriktionen, von denen Hansen der "New York Times" berichtete und die in einem der Zeitung zugänglichen Papier vorliegen, gehöre die Möglichkeit, den Wissenschaftler bei öffentlichen Auftritten zu ersetzen.
29. Januar 2006 / Quelle: Spiegel.de
Australian researchers found that sea levels rose by 19.5cm between 1870 and 2004, with accelerated rates in the final 50 years of that period.
The research, published in the journal Geophysical Research Letters, used data from tide gauges around the world.
The findings fit within predictions made by the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).
The IPCC's Third Assessment Report, published in 2001, projected that the global average sea level would rise by between 9 and 88cm between 1990 and 2100.
In an attempt to reduce the scale of uncertainty in this projection, the Australian researchers have analysed tidal records dating back to 1870.
The data was obtained from locations throughout the globe, although the number of tidal gauges increased and their locations changed over the 130-year period.
These records show that the sea level has risen, and suggest that the rate of rise is increasing.
Over the entire period from 1870 the average rate of rise was 1.44mm per year.
Over the 20th Century it averaged 1.7mm per year; while the figure for the period since 1950 is 1.75mm per year.
Although climate models predict that sea level rise should have accelerated, the scientists behind this study say they are the first to verify the trend using historical data.
Floods and surges
If the acceleration continues at the current rate, the scientists warn that sea levels could rise during this century by between 28 and 34cm.
Dr John Church, a scientist with the Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation based in Tasmania and an author of the study, said that higher sea levels could have grave effects on some areas.
"It means there will be increased flooding of low-lying areas when there are storm surges," he told the Associated Press.
"It means increased coastal erosion on sandy beaches; we're going to see increased flooding on island nations."
There is now a consensus among climate scientists that rising atmospheric concentrations of greenhouse gases such as carbon dioxide are the major factor behind rising temperatures.
Increased temperatures can lead to higher sea-levels through several mechanisms including the melting of glaciers and thermal expansion of sea water.
Through the 1997 Kyoto protocol, industrialised countries have committed to cut their combined emissions to 5% below 1990 levels by 2008-2012. But the US and Australia have withdrawn from the treaty.
Dr Church urged: ""We do have to reduce our emissions but we also have to recognise climate change is happening, and we have to adapt as well."
Q: http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/...D=29871&CFTOKEN=68949182
Gr.
Hitzerekorde, Dürre, abschmelzende EisdeckenRalf Streck 03.02.2006 Neueste Studien zeichnen dramatisches Bild über die immer deutlicheren KlimaveränderungenDie Meldungen über die bedenkliche Erwärmung der Erde reißen nicht ab. Letzte Woche hat die Nasa gemeldet, 2005 sei das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnung von Klimadaten gewesen. Eine Studie aus Großbritannien spricht unter anderem vor dem Abschmelzen der Eiskappe in Grönland, wodurch der Meeresspiegel sich deutlich erhöhen könnte. Im Vorwort warnt sogar der britische Premierminister Tony Blair vor den deutlichen Klimaveränderungen, während die US-Regierung offenbar versucht, den führenden Nasa-Klimaforscher mundtot zu machen, der für die Reduktion der Treibhausgase eintritt. Spanien bereitet sich derweil auf ein weiteres, noch schlimmeres Dürrejahr vor.
Letzte Woche hatte das Goddard Instituts for Space Studies (GISS) in New York festgestellt, dass 2005 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1873 war. Die Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde Nasa haben für ihre Studie weltweit die Temperaturdaten ausgewertet. Andere Forschergruppen hatten 2005 als zweitwärmstes Jahr nach 1998 eingestuft, sie hatten aber nicht die Werte für die Arktis einbezogen. Nach Angaben der NASA-Klimaforscher, war es gerade dort im letzen Jahr "ungewöhnlich warm", weshalb sie zu einem anderen Ergebnis gelangt sind. Analysiert hatten sie Daten von Wetterstationen an Land sowie Satellitenmessungen der Oberflächentemperatur der Meere. Nach Ansicht der Nasa-Wissenschaftler hält der starke Trend zur Erwärmung der Erde ungebrochen an. Zwischen 1880 bis 1925 seien die Durchschnittstemperaturen in etwa gleich geblieben. Zwischen 1925 und 1975 stieg die Temperatur um etwa 0,2 Grad Celsius an. Seit den 1970er Jahren geht es hingegen steil nach oben. Seither seien die Durchschnittstemperaturen global um rund 0,6 Grad Celsius gestiegen. "Die fünf wärmsten Jahre des letzten Jahrhunderts ereigneten sich innerhalb der letzen acht Jahre", erklärte James E. Hansen, Leiter des Goddard Instituts. "Das wärmste Jahr war 2005, dann folgen 1998, 2002, 2003 und 2004." Der bisherige Rekordhalter 1998 sei durch das Klimaphänomen El Niño (Sturmfluten im Sonnenstaat) geprägt gewesen. Dabei reißt der kalte Humboldtstrom ab und erzeugt besonders warme Strömungen im Pazifik. Das neue Rekordjahr 2005 kam aber sogar ohne derlei Sonderfaktoren auf noch höhere Werte, welche die Nasa-Wissenschaftler der "rapiden Erwärmung" zuschreiben. Aus indirekt bekannten Werten der Vergangenheit vermuten sie sogar, dass 2005 das wärmste Jahr seit mehreren tausend Jahren gewesen sein könnte. Weil die Erwärmung weiter gehe, werden neuerliche Rekordwerte nicht lange auf sich warten lassen, sagt die Nasa voraus. Schon 2006 oder 2007 könnte es einen neuen Rekord geben. Die globale Erwärmung erfolgt nicht gleichmäßig. Verstärkt betroffen waren in den vergangenen 50 Jahren Alaska, Sibirien, die Antarktis und die Weltmeere. Die Forscher unterstreichen, dass diese Regionen weit entfernt von großen Ballungsräumen liegen. Deshalb könne nicht der direkte Einfluss von dichter menschlicher Besiedelung, der so genannte "Wärmeinseleffekt", verantwortlich sein.
Bis zum Ende des 21. Jahrhundert erwarteten die Wissenschaftler einen Anstieg um drei bis fünf Grad Celsius. Dafür machen sie vor allem Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan und Ozon verantwortlich. Damit würden die Temperaturen auf Werte ansteigen, die es auf der Erde sicher seit einer Million Jahre nicht mehr gegeben habe. Erst kürzlich hatte James Lovelock vor einer Katastrophe bis zum Jahr 2100 gewarnt. Nach Ansicht des Wissenschaftlers und Vaters der "Gaia-Hypothese" könne sich die Temperatur sogar um 8 Grad Celsius erhöhen ("Die Rache Gaias": Liegt der Planet bereits im Fieber?). US-Regierung setzt Wissenschaftler unter Druck Doch die US-Regierung will von derlei Einschätzung weiter nicht viel wissen. Offenbar versucht man in Washington deshalb, den kritischen Klimaforscher Hansen mundtot zu machen. Das hatte die New York Times berichtet. Gegen ihn habe eine Kampagne begonnen, seit er am 6. Dezember öffentlich für die schnelle Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgas ausgesprochen habe, erklärte der Leiter des Goddard Instituts in einem Interview. Die PR-Abteilung der Nasa habe Anweisung erhalten, seine Redemanuskripte und Veröffentlichungen zu überprüfen. Er werde aber die Restriktionen nicht beachten und sich nicht "zensieren" lassen, kündigte Hansen an. Die Nasa bestritt die Vorwürfe. Allerdings wäre Hansen nicht der erste Wissenschaftler, der auf Druck der US-Regierung seinen Job verliert. Im April 2002 verlor der damalige Vorsitzende der Internationalen Expertengruppe für den Klimawandel (IPCC), Dr. Robert Watson seinen Job, der die Ablehnung des Kyoto-Abkommens seitens der USA kritisiert hatte (Ein kleiner Coup in Sachen Energiepolitik). Derweil warnt der britische Regierungschef Tony Blair ausdrücklich vor den Klimaveränderungen im Vorwort zu dem Bericht Avoiding Dangerous Climate Change, den die britische Regierung in Auftrag gegeben hat. "Die hier dargestellten Ergebnisse machen deutlich, dass die Risiken des Klimawandels deutlich größer sein könnten, als wir dachten", schreibt Blair. Das am Montag veröffentlichte Buch fasst Arbeiten zusammen, die bei einer Konferenz des Meteorologischen Instituts in Exeter vorgetragen wurden. Demnach hätten die Wissenschaftler nun "größere Klarheit und weniger Unsicherheit" über die Folgen des Klimawandels erlangt.
Das Klima in Teilen Europas könnte trotz Erwärmung kälter werden Eine globale Erwärmung um nur zwei Grad hätte demnach schon fatale Folgen. Das Eis auf dem Festland Grönlands würde womöglich komplett abschmelzen und den Meeresspiegel um sieben Meter ansteigen lassen. Das Eis der westlichen Antarktis könnte ins Meer abrutschen und den Meeresspiegel um weitere sechs Meter ansteigen lassen. Der letzte Klimabericht der IPCC ging 2001 noch davon aus, dass dieses Eis stabil sei. Nun sagte der Vorsitzende des British Antarctic Survey Chris Rapley: "Der letzte Bericht des IPCC beschrieb die Antarktis hinsichtlich des Klimawandels als schlafenden Riesen - ich würde sagen, jetzt ist sie ein erwachter Riese." Das sei wirklich beunruhigend. Für Europa wäre auch das prognostizierte Abreißen des Nordatlantikstroms fatal. Der Golfstrom hält den Kontinent bisher überdurchschnittlich warm. Doch in den letzten 50 Jahren sei er um etwa 30 Prozent schwächer geworden. Trotz Treibhausklima könnte es also in einigen Teilen Europas deutlich kälter werden. Diese seit längerem beschriebene Gefahr wird nun durch Strömungsmessungen untermauert. An dem Band waren auch Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt. Im letzten Jahr hatte das PIK bereits eine Studie über die Auswirkungen des Jahrhundertsommers 2003 auf die europäischen Ökosysteme vorgestellt. Vor allem die Alpinregionen und der Mittelmeerraum seien von den Klimaveränderungen stark betroffen (Spaniens schmutzige Klimapolitik). Bis zu 38% der Bevölkerung könnten dort bald unter "erhöhtem Wassermangel leben", weil häufiger und schwerere Dürreperioden erwartet werden. Portugal (Portugal: Der Sommer hat gerade erst begonnen) und Spanien litten im vergangenen Jahr unter der extremsten Dürre, seit mit der Aufzeichnung der Messdaten 1947 begonnen wurde (Extreme Dürre in Spanien). Derzeit zeichnet sich in Spanien eine noch heftigere Dürre ab. Schon im Dezember hatte das Umweltministerium gewarnt, dass dieses Jahr wegen fehlender Niederschläge "noch trockener" werden könne als das vergangene. "Das letzte Vierteljahr war schlechter als das Jahr zuvor", erklärte der Verantwortliche für Wasser im Umweltministerium, Jaime Palop. In Spanien habe damit das zweite Dürrejahr in Folge begonnen, weil das hydrologische Jahr jeweils mit den Herbstregen im Oktober anfängt. Tatsächlich sind die Wasserpegel in den Stauseen weiter gestiegen, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass sie nur zu 47,6 % gefüllt sind. Vor einem Jahr waren es zu diesem Zeitpunkt noch 57,7 %. Das Umweltministerium hat gerade Daten veröffentlicht, wonach in einigen Regionen die Speicher nur zu knapp 13 % gefüllt sind. |
Golfstrom mit künstlicher Pumpe
Florian Rötzer 09.02.2006
Mit der Klimaerwärmung würde es in Nordwesteuropa kälter werden, weil der Golfstrom schwächer wird – ein Wissenschaftler hat eine Idee entwickelt, unser gemäßigtes Klima auch dann zu erhalten
Die durchschnittlichen Temperaturen steigen. Die Ursache ist nach Meinung vieler Wissenschaftler die Klimaerwärmung, die sich dem Ausstoß von Treibhausgasen verdankt. Manche mögen sich im kalten nördlichen Europa denken, dass dann endlich angenehmere Zeiten und wärme Sommer kommen, auch wenn im Süden Dürre und Hitze herrscht. Aber Voraussagen nach wird die Klimaerwärmung im nördlichen Europa zu einem Kälteeinbruch führen. Ein kanadischer Wissenschaftler hat zur Lösung des Problems eine exotische Idee entwickelt.
Der Golfstrom ist ein Teil globalen thermohalinen Zirkulation. Bild: FTE info |
Die Klimaerwärmung verändert u.a. auch den Salzgehalt der Meere, wodurch die Zirkulation der Meeresströmungen sich verändern kann. So könnte durch eine größere Verdunstung in den wärmeren Regionen mehr Regen in den nördlichen Breiten entstehen, wodurch der Salzgehalt des Wassers sinkt, wozu auch das Schmelzwasser, verursacht vom Abtauen der Gletscher und des Eises, beiträgt. Das bislang stärker salzhaltige Wasser im Nordpolarmeer ist mitverantwortlich für die Existenz des Golfstroms, denn es drückt das kalte Wasser nach unten, so dass hier eine Meereströmung zurück in die Tropen und bis in die Antarktis entsteht, während das warme Wasser des oberflächigen Golfstroms "angezogen" wird und Europa von Lissabon bis Skandinavien anheizt.
Nach Messungen hat sich der Golfstrom in den letzten Jahrzehnten bereits verlangsamt. Der Rückgang der kalten Strömung in der Tiefe hat sich in den letzten Jahren weiter beschleunigt, während der Salgehalt des Wassers abgenommen hat. Sollte sich dieser Trend weiter fortsetzen, bestünde die Gefahr, dass der Motor der Meeresströmungen ins Stottern gerät und der Golfstrom, wie beispielsweise schon während der Eiszeit vor 120.000 Jahren, nicht mehr so weit in den Norden reicht. In Nordwesteuropa könnte der dadurch erfolgende Rückgang der Temperaturen um mehrere Grad und die sich verlängernden Winter tiefgreifende Folgen verursachen.
Peter Flynn von der University of Alberta, hatte sich eigentlich mit der Frage beschäftigt, ob das kalte Wasser, das in die Tiefe sinkt, mehr Kohlendioxid in die Tiefsee transportieren kann. Dabei spielten er und sein Kollege mehrere Möglichkeiten durch, wie man die in die Tiefe absinkende kalte Meeresströmung eventuelle benutzen könnte, um Kohlendioxid zu "entsorgen". Das Ergebnis der Studie war, dass dies praktisch nicht möglich bzw. unbezahlbar teuer sein würde.
Im Zuge seiner Forschung konnte er auch bestätigen, dass die gigantische Umwälzpumpe schwächer geworden ist. Erst unlängst haben britische Forscher nachgewiesen, dass die Zirkulation erheblich nachgelassen hat. Flynn ist Ingenieur, aus diesem Grund wohl hat er die zuvor entwickelten theoretischen Möglichkeiten, Kohlendioxid in die Tiefsee zu pumpen, daraufhin geprüft, ob sie möglicherweise tauglich sein könnten, um das "Ozeanischen Förderband" wieder schneller laufen zu lassen und so Nordwesteuropa vor zunehmender Kälte zu schützen.
Eine der Methoden, die er sich überlegt hatte, war zugleich die kostengünstigte gewesen. Um mehr Wasser in die Tiefe zu befördern (mit der vergeblichen Hoffnung, dass damit auch mehr Kohlendioxid auf den Meeresboden gelangt), müsste man einfach den Salzgehalt erhöhen. Die daraus folgende Idee zum Antreiben der riesigen Umwälzpumpe: Im Herbst müssten an die 8.000 Schiffe in den Norden fahren und die Bildung von Meereseis beschleunigen. Sie könnten, so Flynn, Wasser aus dem Meer pumpen und in die Luft blasen. Haben sich die ersten Eisschichten gebildet, wird Wasser darauf gepumpt, so dass die Eisschicht mehrere Meter dicht wird. In ihr wäre dann auch das Meeressalz enthalten. Im Frühjahr könnte man dann wiederum zum Auftauen Wasser über das Eis pumpen, so dass nun eine große Menge kaltes, salzhaltiges Wasser zusätzlich entsteht, dass die in die Tiefe gehende Strömung verstärkt, wodurch dann wiederum die warme Strömung des Gulfstroms stärker angezogen würde.
Das wäre nach Flynns Berechnungen alles für 50 Milliarden Dollar zu haben. Das klingt viel, aber wenn man die Kosten beispielsweise damit vergleicht, dass das Pentagon für die Einsätze im Irak und Afghanistan dieses Jahr 70 Milliarden Dollar zusätzlich fordert, erscheinen schon in einem anderen Licht. Flynn rechnet ein wenig anders, um die Höhe der Kosten zu relativieren:
Sagen wir einmal vorsichtig, dass in Europa 100 Millionen von dieser Meeresströmung betroffen sind. Dann würden 50 Milliarden Dollar pro Person 500 Dollar bedeuten. Wir denken nicht, dass dies ein unvernünftiger Preis ist, wenn die Gletscher sich schon an der Hintertür befinden und die eigene Lebensweise zu verschwinden droht.
Viele Menschen würden wegziehen müssen (und kämen dann mit den Menschenströmen zusammen, die von den überfluteten Küsten fliehen), Landwirtschaft und Industrie würden einbrechen. Wie auch immer die Szenarien aussehen würden, die Kosten wären jedenfalls hoch, höher vermutlich als diejenigen, die durch die künstliche Verstärkung der sich verlangsamenden Pumpe entstünden, wenn dies denn überhaupt funktionieren würde.
Flynn betont natürlich, dass man nie weiß, welche unvorhersehbaren Folgen ein solcher geo-ingenieursmäßiger Großeingriff in die Natur haben könnte. Überdies würden mit den Schiffen und Pumpen wiederum große Mengen an Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben, die vielleicht den Effekt der Aktion kompensieren könnten. Flynn rät erst einmal dazu, nicht an den Symptomen herumzukurieren, sondern die Ursachen zu bekämpfen, also den Ausstoß der Treibhausgase zu reduzieren: "Aber wenn unsere Bemühungen scheitern, die Kohlendioxid-Menge in der Atmosphäre zu kontrollieren und in eine Krise schlittern, dann könnten wir Notfallmaßnahmen in Betracht ziehen."
Klimatische Warnsignale
Thorsten Stegemann 18.02.2006
Wie extrem ist das Wetter wirklich?
Im Zeitalter der Jahrhundertfluten, Todesstürme und Monsterwellen haben es seriöse Wissenschaftler schwer, mit Anstand über das Wetter zu reden, ohne die bedrohlichen Aspekte des Klimawandels unnötig zu dramatisieren oder fahrlässig herunterzuspielen. Insofern tat das Max-Planck-Institut für Meteorologie gut daran, die erste Tagung, die sich umfassend mit den Witterungsturbulenzen der letzten Zeit beschäftigen sollte, ganz einfach Extremwetter-Kongress zu nennen.
Da es sich – pünktlich zum Jahrstag der großen Hamburger Sturmflut von 1962, die jetzt auch von einem großen deutschen Privatsender gewürdigt wird – um eine Veranstaltung für rund 450 "Laien, Hobbymeteorologen, Medien und Experten" handelte, war nicht viel Neues zu erwarten. Kein Wunder also, dass die Organisatoren es zunächst nicht für angezeigt hielten, auf ihrer Homepage über Zwischenergebnisse oder abschließende Resultate zu berichten. Unter dem Menüpunkt "Presse" war noch am späten Abend des zweiten und letzten Kongresstages zu lesen:
Da wir noch keine Pressemitteilung über den Kongress veröffentlicht haben, finden Sie hier eine spannende Meldung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Die stammte allerdings vom 10. August 2005, und so diente der Aufmarsch respektive die Unterstützung prominenter Warner und Mahner wie Mojib Latif, Jörg Kachelmann, der sich mit dem Deutschen Wetterdienst über ein Monopol oder Nicht-Monopol für Unwetterwarnungen streitet, oder Arved Fuchs, der eingefrorene Schiffe gern mal in größere klimatische Zusammenhänge stellt, zum nicht geringen Teil der Werbung in eigener Sache.
Für das Max-Planck-Institut stand alles Wesentliche ohnehin schon vor Beginn der Konferenz fest. In den Klimaprojektionen für das 21. Jahrhundert wurden die wichtigsten Ergebnisse bereits im Januar kompakt zusammengefasst. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die globale Mitteltemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um weitere 2,5 bis 4,1 Grad Celsius erhöhen wird. Durch die thermische Ausdehnung der Ozeane steigt der Meeresspiegel um 20 bis 30 Zentimeter, weitere 15 Zentimeter könnten durch das Abschmelzen von grönländischem Eis hinzukommen.
Die Kontinente erwärmen sich dabei schneller als die Ozeane, die Intensität der Niederschläge steigt und mit ihr naturgemäß die Hochwassergefahr. Gleichzeitig drohen Hitzewellen, wie sie Europa im Sommer 2003 schockierten, zur Normalität zu werden, und im Mittelmeerraum, im südlichen Afrika oder in Australien werden Trockenheit und Dürre an der Tagesordnung sein. Wer noch knapp 100 Jahre ausharrt, muss im winterlichen Europa nur noch gut 10% der jetzigen Schneemenge ertragen, dafür in der kalten Jahreszeit aber umso heftigere Stürme über sich ergehen lassen.
Die Voraussagen des Max-Planck-Instituts basieren auf einer Serie von hochkomplexen Modellrechnungen, die am Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg durchgeführt wurden. Sie sollen in den vierten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change einfließen, der 2007 erscheinen und nach Meinung der Experten alle bisherigen Prognosen an Umfang und Detailgenauigkeit in den Schatten stellen wird. Um möglichst viele Variablen zu berücksichtigen, wurden die Berechnungen für drei Zukunftsszenarien (A2, A1B und B1) mit sehr unterschiedlichen sozioökonomischen Annahmen durchgeführt. Daraus erklärt sich die Spannbreite der Prognosen, beispielsweise im Hinblick auf die Erderwärmung. Die Erhöhung kann je nach Modell "nur" 2,5 (B1), 3,7 (A1B) oder sogar 4,1 Grad (A2) betragen. Grundsätzlich können bislang unbekannte Einflussfaktoren wie die Senkung oder Erhöhung der Schadstoffemissionen oder auch natürliche Klimaveränderungen, welche die durch den Menschen verursachten Trends überlagern, zu weiteren Schwankungen führen.
Zeitliche Entwicklung des globalen Meeresspiegels in den Szenarien A2, A1B und B1 relativ zum Mittelwert der Jahre 1961-1990. Grafik: Max-Planck-Institut für Meteorologie |
Dass die Tendenz nicht gut aussieht, lässt sich freilich auch vermuten, ohne das Höchstleistungsrechnersystem in Hamburg 400.000 CPU-Stunden lang zu beanspruchen. So geht etwa die Münchner Rück im Nordatlantik von einer "systematischen Veränderung der Gefährdungssituation" und deshalb auch von einer "Verschiebung der Schadenverteilung und ihrer Parameter" aus. Grund für diese Annahme ist die erhöhte Hurrikan-Frequenz in den vergangenen beiden Jahren. Nachdem 2004 der bis dahin höchste Versicherungsschaden aus tropischen Wirbelstürmen verursacht wurde, steigerten Katrina, Rita oder Wilma die Schadensbilanz 2005 noch einmal deutlich.
Selbstredend wird diese auch durch die größere Bevölkerungsdichte, die allgemeine Anfälligkeit hochzivilisierter Industriegesellschaften oder auch fehlende Frühwarnsysteme beeinflusst. Das Max-Planck-Institut gibt überdies zu bedenken, dass realistische Voraussagen derzeit noch schwierig zu treffen sind, weil die Maschenweite der aktuell verfügbaren Klimamodelle nicht über 100 bis 200 Kilometer hinausreicht und tropische Stürme so nur bedingt simuliert werden können.
Das Auge von Rita am 22. September 2005. Bild: ESA |
Aber es müssen schließlich auch nicht unbedingt die Überschwemmungen, Schneekatastrophen, Erdbeben, Tsunamis oder Vulkanausbrüche herbeizitiert werden, um die Folgen des Klimawandels zu erkennen. Sie zeigen sich auch im klimatischen Mikrokosmos.
Indikatoren auf der Basis von globalen Beobachtungsdaten der letzten 50 Jahre zeigen generell eine Zunahme der Nachttemperaturen und der Dauer von Hitzewellen, eine Abnahme der Frosttage sowie eine Zunahme der nassen Tage bzw. der maximalen 5-Tages-Niederschlagsmengen während eines Jahres. Die Berechnung der genannten Indikatoren mit dem IPCC-Klimamodell bestätigen diese Veränderungen für das 20. Jahrhundert.
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Unter diesen Umständen darf ernsthaft daran gezweifelt werden, ob sich der Begriff "Extremwetter" einfach als Teil der üblichen Schwankungsbreite und subjektive Empfindungskategorie abheften lässt, wie das der Heidelberger Wetterforscher Bernold Feuerstein in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur andeutete.
Denn die Folgen sind bereits jetzt für jeden spürbar. Das behauptet zumindest die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Unter Berufung auf Zahlen des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen" (WBGU) schätzt sie, dass ein weltweiter Temperaturanstieg um zwei Grad Celsius auch die deutsche Volkswirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Organisation geht von drei bis fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, was einem Jahresdurchschnitt von 870 bis 1500 Euro pro Person entsprechen würde.
Schon von 1990 bis 2000 hätten die Bürgerinnen und Bürger alljährlich sieben Euro für die Folgekosten der Wetterextreme bezahlt. Seitdem sei dieser Betrag – innerhalb von nur fünf Jahren - auf etwa 24 Euro gestiegen.
Über die Frage, ob sich die Entwicklung noch einmal umkehren lässt, kann natürlich mit ähnlichem Einsatz gestritten werden. Eine drastische Reduzierung der Schadstoffemissionen wird Umwelt und Klima allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zum Nachteil gereichen. Gleiches gilt für die Maßnahmen, die jeder Einzelne in seinem privaten Umfeld ergreifen kann, also das gute alte Sprit- und Energiesparen, den Einsatz von erneuerbaren Energien oder den konsequenten Boykott von Tropenholz.
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Abstimmungsende Montag, 13.3.06, 24.00 Uhr
Zwischenergebnis nach 83 Abstimmungen
15,66%...peematz
10,84%...ottifant 12,79%
07,23%...montana
07,23%...BackhandSmash
06,02%...denkidee
04,82%...Dope4you
04,82%...utscheck
04,82%...Antonie
Zwischenergebnis nach 86 Abstimmungen
15,12%...peematz
12,79%...ottifant
06,98%...montana
06,98%...BackhandSmash
05,81%...denkidee
04,65%...Dope4you
04,65%...utscheck
04,65%...Antonie
Nach 86 Abstimmungen kämpfen
peematz und ottifant um den 1.Platz
montana und BackhandSmash kämpfen um Platz 3
denkidee Platz 5
Dope4you, utscheck und Antonie
belegen gemeinsam mit je 4,65% Platz 6
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Zwischenergebnis nach 100 Abstimmungen
15,00%...ottifant
13,00%...peematz
06,00%...montana
06,00%...BackhandSmash
05,00%...denkidee
05,00%...HappyEnd
04,00%...Dope4you
04,00%...utscheck
04,00%...Antonie
04,00%...joker67
04,00%...Palmengel
04,00%...moya
Nach 100 Abstimmungen
führt ottifant
Platz 2: peematz
montana und BackhandSmash gemeinsam auf Platz 3
denkidee und HappyEnd gemeinsam auf Platz 5
Dope4you, utscheck, Antonie. joker67, Palmengel und moya
belegen gemeinsam Platz 7
Abstimmungsende: Montag, 13.3.06, 24.00 Uhr
Gruß denkidee
Wenige Gletscher, mehr Hochwasser und Dürren
Wolfgang Pomrehn 29.04.2006
Hamburger Meteorologen haben eine Prognose für das Klima in Deutschland zum Ende des 21. Jahrhunderts vorgelegt
Der Klimawandel wird teuer, ist sich das Umweltbundesamt (UBA) sicher. Nicht nur in den ärmsten Ländern, die in den Tropen oder als kleine Inselstaaten den Unbillen des Wandels im besonderen Maße ausgesetzt sehen. Auch in Mitteleuropa ist mit drastischen Änderungen der Niederschlagsmuster, Durchschnittstemperaturen und Hochwassergefahren zu rechnen, sollte die Konzentration der atmosphärischen Treibhausgase weiter zunehmen. Erstmalig haben Hamburger Meteorologen eine detaillierte Prognose für die Zeit gegen Ende des 21. Jahrhunderts gewagt, die am 25. April auf einem gemeinsamen Workshop von UBA und dem Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie vorgestellt wurde.
An Warnungen vor dem Klimawandel gibt es keinen Mangel. Im Jahre 2003 hieß es zum Beispiel in einer gemeinsamen Erklärung der Meteorologischen Gesellschaften der Schweiz, Österreichs und Deutschlands:
Auch wenn die Ursachen der beobachten Klimaänderungen kompliziert sind und die Rolle der natürlichen Klimaänderungen noch keinesfalls ausreichend geklärt ist, geht die globale Erwärmung der letzten 100 - 150 Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit auf menschliche Aktivitäten zurück, insbesondere auf den ständig gestiegenen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und anderen klimawirksamen Spurengasen in Zusammenhang mit der Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl und Erdgas, einschließlich Verkehr) und Waldrodungen. Falls die Emission dieser Gase weiterhin ähnlich stark ansteigt wie bisher, wird für die kommenden 100 Jahre im globalen Mittel ein Temperaturanstieg (bodennah) von 1,4 bis 5,8 °C befürchtet.
Inzwischen wissen wir es noch ein bisschen genauer. Mit einem regionalen Klimamodell wurde in Hamburg errechnet, dass es vor allem im Süden und Südosten Deutschlands wärmer wird, insbesondere in den Alpen. Dort werden die Winterniederschläge deutlich zunehmen, allerdings wird davon aufgrund der höheren Temperaturen weniger als Schnee fallen. Da Regen sofort abfließt, bedeutet das eine erhöhte Hochwassergefahr. In den Sommermonaten wird hingegen der Niederschlag weniger werden, worunter in vielen Gegenden Land- und Forstwirtschaft erheblich leiden wird. Entsprechend sieht man im UBA schwarz, was die Höhe der Klimaschäden angeht:
Allein in den vergangenen zehn Jahren beliefen sich die Schäden durch die großen Hochwasser von Isar, Lech, Iller und Inn (1999 und 2005), an der Elbe und der Mulde (2002), an der Oder (1997) sowie an Rhein, Mosel, Saar und Maas (1993 und 1995) auf rund 13 Milliarden Euro. Hitze und Dürre verursachten etwa eine Milliarde Euro Schäden. Durch die Stürme Jeanette, Daria, Vivian, Wiebke, Lothar und Martin entstanden Kosten von insgesamt etwa 2,5 Milliarden Euro4. Als Folge dieser Extremereignisse waren in Deutschland schätzungsweise mehr als 7.000 Todesfälle zu beklagen. Die wetter- und kimabedingten Schadenskosten dürften zukünftig exponentiell steigen und könnten bis zur Mitte des Jahrhunderts jährlich etwa 27 Milliarden Euro betragen.
Künftige Klimaänderungen in Deutschland
Die 7.000 Toten waren ganz überwiegend Opfer der Hitzwelle im Jahre 2003. Nach Angaben der Weltmeteorologie Organisation (WMO) gab es seinerzeit rund 21.000 Tote in Westeuropa. Das UBA weist daraufhin, dass die hitzebedingten Gesundheitsprobleme Deutschland relativ unvorbereitet trafen. "Es fehlte an medizinischem Wissen, Aufklärungs- und Vorsorgemaßnahmen sowie an Warnsystemen."
Eine Grundlage für Aufklärung und auch Warnsysteme könnten künftig Computermodelle wie das Hamburger REMO legen. Das ungewöhnliche an den Berechnungen der Hamburger Meteorologen, auf die sich die UBA-Schadensprognosen stützen, ist ihre Kleinräumigkeit. Für gewöhnlich sind die Computermodelle, mit denen Meteorologen und andere Klimawissenschaftler einen Blick in die Zukunft unseres Klimas werfen notgedrungen grob gestrickt. Das liegt an der ungeheuren Fülle an Rechenoperationen, die nötig sind, um die komplexen Prozesse abzubilden. Bildlich gesprochen wird über den Erdball ein Gitter gelegt, an dessen Knotenpunkten für jeden Zeitschritt die Bewegungsleichung der Atmosphäre berechnet werden. Kleinräumigere Prozesse wie Wolkenbildung, Niederschläge sowie Impuls-, Energie- und Wasserdampfaustausch mit den Wasser-, Land- und Eisoberflächen müssen parametrisiert werden. Entsprechend sind die Prognosen, die mit den Modellen errechnet werden können, bestenfalls Mittelwerte für größere Regionen.
Drei unterschiedliche Szenarien für die Entwicklung der Emissionen des CO2, des wichtigsten Treibhausgases, (die anderen Treibhausgase werden gewöhnlich in CO2-Aäquivalente umgerechnet) und die Entwicklung der Schwefeldioxid-Emissionen (SO2). SO2 bildet in der Atmosphäre kleine Schwebteilchen (Aerosole), die zu den Verursachern des sauren Regens gehören, aber zugleich einen kühlenden Effekt auf das Klima haben. Quelle: Klimaprojektionen für das 21. Jahrhundert |
Die Hamburger Klimaforscher verwenden für ihre globale Prognosen zwei miteinander gekoppelte Modelle: Zum einen ECHAM5, das Atmosphäre und Landoberflächen simuliert, und zum anderen das Ozeanmodell MPI-OM. Die horizontale Auflösung des Atmosphärenmodells beträgt 1,875 Grad, was am Äquator einem Gitterabstand von etwa 200 Kilometer entspricht. Das Ozeanmodell rechnet mit Abständen von 1,5 Grad entsprechend etwa 160 Kilometer am Äquator.
Mit derartigen Modellen kann man untersuchen, wie sensibel das globale Klima auf Veränderungen in der Konzentration der Treibhausgase reagiert. Für verschiedene Szenarien des Anstiegs von CO2 kann eine grobe regionale Temperaturverteilung und auch der Bedeckung mit Schnee und Eis berechnet werden. Die Hamburger haben vor einem guten Jahr mehre Szenarien durchgerechnet, die in den nächsten Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschuss der Vereinten Nationen für den Klimawandel (IPCC) einfließen werden, der im nächsten Jahr erscheint.
Die günstigste Variante sieht einen Anstieg der Treibhausgasemissionen bis 2040 um 50 Prozent vor und einen nachfolgenden Rückgang auf die Hälfte des heutigen Niveaus bis zum Jahre 2100. Letzteres wäre voraussichtlich gleichbedeutend mit einer Stabilisierung der Konzentration in der Atmosphäre, denn zumindest unter heutigen Bedingungen nehmen Ozeane und Biosphäre in etwa die Hälfte der Emissionen auf und nur 50 Prozent dessen, was aus Verbrennungsmaschinen und Entwaldungsprozessen in die Atmosphäre gelangt, bleibt dort auch längerfristig um zum Treibhauseffekt beizutragen. Selbst in diesem, gemessen an den gegenwärtigen politischen Realitäten optimistischen Szenario wird die Temperatur gegen Ende des 21. Jahrhunderts im globalen Mittel noch um 2,5 Grad steigen (Referenzperiode sind die Jahre 1961 bis 1990). Für die ungünstigeren Varianten sagen die Hamburger einen Anstieg um 4,1 Grad voraus. In allen Fällen wird sich die Arktis besonders stark erwärmen und das dortige Meereis im Sommer je nach Szenario nahezu oder vollständig verschwinden.
Das Polarmeer. Oben der heutige Zustand darunter, darunter Prognosen für das Ende des Jahrhunderts. Das (weitgehende) Verschwinden des ganzjährigen Eises wird das Auftauen der Permafrostböden erheblich beschleunigen. Dadurch werden große Mengen CO2 und vor allem des noch wesentlich effizienteren Treibhausgases Methan (CH4) freigesetzt werden, eine positive Rückkoppelung, die in den Klimamodellen bisher nicht berücksichtigt wird. Quelle: Klimaprojektionen für das 21. Jahrhundert |
Was man it diesen grobmaschigen Modellen nicht kann, ist genauere Vorhersagen für so kleine Gebiete wie die Schweiz oder Deutschland zu berechnen. Daher hat man in Hamburg in Zusammenarbeit mit anderen ein sogenanntes Regionalmodell (REMO) entwickelt, das wie mit einer Lupe Teilbereiche in genaueren Augenschein genommen werden können. In diesem REMO können die Gitterabstände je nach Bedarf auf 50 oder gar 10 Kilometer reduziert werden. An den Rändern werden dann die vom oben beschriebenen Basismodell errechneten Werte eingegeben, wozu unter anderem auch die Meeresoberflächentempertaur gehört. Mit diesem verfeinerten Modell hat die Hamburger REMO-Gruppe berechnet, dass in Deutschland bsi zum Ende des Jahrhunderts die mittleren Temperaturen je nach Scenario um 2,5 bis 3,5 Grad Celsius steigen werden. Die Erwärmung variiert allerdings geographisch und saisonal stark. Am stärksten wird sich der Winter im Süden erwärmen, und zwar um bis zu vier Grad. Gleichzeitig werden die sommerlichen Niederschläge im ganzen Land abnehmen. Besonders ausgeprägt wird dieser Rückgang allerdings im Süden und Südosten (um 30 Prozent) und im Nordosten (um 25 Prozent) sein. Zusammen mit der Erwärmung wird das die ohnehin schon seit Jahrzehnten vom sauren Regen gebeutelten Wälder unter enormen Stress setzten. Die Klimazonen verschieben sich nordwärts und viele Pflanzenarten werden nicht schnell genug hinterher wandern können.
Veränderung der Wintertemperaturen. Quelle: UBA |
Das REMO ist an verschiedenen realen Wettereignissen der Vergangenheit getestet worden, die ganz gut reproduziert werden konnten. Solche Tests sind notwendig, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie gut die Computermodelle die realen Verhältnisse nachbilden. Zu diesem Zweck nimmt man sich die Beobachtungsdaten und lässt dann das Modell mit diesen einen gewissen Zeitraum das Wetter bzw. Klima einer bestimmten Region ermitteln. Das hat man beim REMO zum Beispiel mit dem Oderhochwasser vom Juli 1997 gemacht und kam auf eine Abflussmenge der Oder – das ist in diesem Falle für die Hydrologen der kritische Wert – auf einen Betrag, der nur um rund zehn Prozent unter dem tatsächlich eingetroffenen lag. Das ist für ein Klimamodell, das eigentlich nur Mittelwerte über einen längeren Zeitraum berechnen soll, eine ansehnliche Genauigkeit.
Abnahme der Sommerniederschläge. Quelle: UBA |
Die Schlussfolgerungen, die das UBA aus den Ergebnissen der Hamburger REMO-Gruppe zieht, sind nicht unbedingt neu, aber für eine Bundesbehörde in ihrer Konsequenz immerhin bemerkenswert: Die Konzentration des atmosphärischen CO2 muss auf einem Niveau von unter 400 Millionstel Volumenanteilen (ppm, parts per million) stabilisiert werden (derzeit beträgt der mittlere CO2-Gehalt der Atmosphäre 381 ppm, 1880, als die industrielle Revolution noch in den Kinderschuhen steckte, waren es 280 ppm).
Um die Stabilisierung zu erreichen, müssen bis Mitte des Jahrhunderts weltweit die Treibhausgasemissionen auf die Hälfte des 1990er Niveaus reduziert werden. Die Industriestaaten, so das UBA, sind in besondere Verantwortung, da sie den Entwicklungsländern Raum lassen müssen. Ihre Emissionen müssten folglich in den nächsten 44 Jahren um 80 Prozent zurückgehen. Für Deutschland sei eine Reduktion um 40 Prozent bis 2020 und um 80 Prozent bis 2050 "technisch möglich und wirtschaftlich tragfähig".
Jedes Zögern beim Klimaschutz wird teuer, da die Schadenskosten für Klimafolgeschäden progressiv wachsen dürften: Die weltweiten Kosten für anspruchsvollen Klimaschutz liegen bei durchschnittlich einem Prozent der globalen Wirtschaftsleistung – und damit weit unter den ökonomischen Folgen eines ungebremsten Klimawandels, dessen Schäden bis zu zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung ausmachen könnten. Deutschland hat das nötige Wissen und Können, um dem Klimawandel rasch zu begegnen. Eine schnelle sowie deutliche Steigerung der Energieeffizienz in Kraftwerken und bei der Energienutzung sowie die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien sind hierfür entscheidend.
Das UBA in einer Zusammenfassung der Ergebnisse des erwähnten Workshops
Bleibt anzumerken, dass selbst das Ziel, die CO2-Konzentrationen unter 400 ppm stabilisieren zu wollen, das heißt mehr oder weniger auf dem gegenwärtigen Niveau von 381 ppm, noch eine weitere Erwärmung nach sich ziehen wird. In den letzten 100 Jahren hat sich die über den ganzen Erdball und das ganze Jahr gemittelte Temperatur der bodennahen Atmosphäre um 0,6 Grad erhöht. In Deutschland betrug der Anstieg 0,9 Grad.
Selbst wenn man von heute auf morgen die Treibhausgaskonzentration einfrieren könnte, würde der Temperaturanstieg noch um einige Zehntel Grad weitergehen und damit die Verschiebung der Klimazonen und Veränderungen der Niederschlagsverteilung und vermutlich auch die Zunahme von Extremereignissen. Ursache hierfür ist die Trägheit einiger Komponenten des Klimasystems. Bis sich die ganze Deckschicht der Ozeane den neuen Randbedingungen angepasst hat, dauert es Jahrzehnte. Ebenso werden die Gletscher der Hochgebirge mehrere Jahrzehnte brauchen, bis sie ein neues Gleichgewicht gefunden haben. Besonders träge sind das Tiefenwasser der Ozeane und die Gletscher der Antarktis, die eher in Jahrtausenden rechnen.
Höhere Temperaturen, schmelzende Gletscher und ein geringerer Salzgehalt im Atlantik: Die Thesen des US-Meteorologen Michael Schlesinger setzen die Bush-Regierung unter Druck.
Der US-Meteorologe Michael Schlesinger gilt als renommierter Wissenschaftler und als Warner vor einer möglichen Klima-Katastrophe: Jetzt hat der Professor der Universität von Illinois erneut Thesen bei „Cambridge University Press“ publiziert, die den Einfluss des Menschen auf die globale Erwärmung belegen sollen. „Wir haben Daten, die bis 1965 zurückreichen und eine Abnahme des Salzgehaltes im Nord-Atlantik nahe legen“, sagt Schlesinger. „Bis jetzt ist die Veränderung gering. Aber wir stehen an der Schwelle zu einem irreversiblen Klimawandel.“
Höhere Lufttemperaturen, die durch die globale Erwärmung verursacht werden, lassen Gletscher und das Grönland-Eis schmelzen, so die Annahme Schlesingers. Dies führe zu einem Eintrag an Süßwasser in den Nordatlantik und einem verringerten Salzgehalt des Oberflächenwassers. Dadurch sinke die Dichte des Meerwassers, die wiederum die tiefe Umwälzung der Ozeane beeinflusse (thermohaline Zirkulation). Neben Wind und Temperatur gelten die Dichteunterschiede des Meerwassers als Hauptursache für Meeresströmungen.
„Die Temperatur-Erhöhung der Meere zwischen 1856 und 1990 war hauptsächlich vom Menschen beeinflusst“, so Schlesinger. Das Gleiche gelte für das Schmelzen der alpinen Gletscher, sowie der Eisdecken auf Grönland und der West-Antarktis. „Nicht nur dass die Gletscher viel schneller schmelzen als angenommen – unsere Messungen zeigen einen signifikanten Eintrag von Süßwasser in den nordatlantischen Ozean“. Dies habe in den vergangenen 50 Jahren zu einem 30-prozentigen Rückgang der thermohalinen Zirkulation geführt. „Was wir beobachten ist sehr beunruhigend. Es ist klar: Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen sofort handeln.“
Mit seinen Warnungen ist Schlesinger nicht allein: Erst vor ein paar Tagen hat das von der US-Regierung eingesetzte „Climate Change Science Program“ (CCSP) seinen ersten Bericht vorgelegt. Er spricht von „klaren Beweisen“, dass der Mensch für die globale Erwärmung verantwortlich ist – eine Aussage die laut amerikanischer Regierung bislang als unbewiesen gilt.
Quelle ''Focus''
NEW YORK afp Die Schwellenländer China und Indien sind für einen drastischen Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zwischen 1992 und 2002 seien die für den Treibhauseffekt verantwortlichen Gase allein durch den Ausstoß der beiden Länder um 15 Prozent angestiegen, heißt es im jährlichen Bericht der Weltbank. Hauptverantwortlich für den Ausstoß der Gase sind weiterhin die Industriestaaten, angeführt von den USA. Weltweit betrug der Ausstoß an CO2 im Jahr 2002 mehr als 24 Milliarden Tonnen. Die USA haben daran einen Anteil von 24 Prozent. China ist nach den USA bereits der zweitgrößte Produzent von CO2. In China stiegen die Emissionen zwischen 1992 und 2002 um 33 Prozent, in Indien im gleichen Zeitraum um 57 Prozent. Dieser Trend werde sich noch verstärken, da die wirtschaftlichen Aktivitäten beider Länder noch zunehmen würden, heißt es in dem Bericht. Er erhebt anhand von 48 Indikatoren Daten aus 222 Ländern, Territorien und Regionen und bietet so das umfangreichste Material zum Klima.
taz vom 11.5.2006, S. 8, 36 Z. (Agentur)
www.taz.de
Globale Erwärmung belegt und geleugnet
Von Stefan Schmitt
Der Klimaforscher Michael Mann war kurz das Maskottchen der Warner - und die Zielscheibe der Leugner eines menschgemachten Klimawandels. Längst belegen bessere Daten die beispiellose Erwärmung, sagt eine Studie für den US-Kongress. Doch auch Klima-Skeptiker schlachten das Papier aus.
Der einzige deutsche Forscher, der an der Studie für den Umweltausschuss des US-Kongress mitgewirkt hat, ist zufrieden. Endlich werde klar zwischen zwei Dingen unterschieden: Einerseits der Debatte um Michael Mann und andererseits der Sicherheit der veröffentlichten Schätzungen über die Temperaturschwankungen der letzten 1000 bis 2000 Jahre.
DPA
Schmelzender Eisberg in Grönland: Breiter Konsens über eine menschgemachte Klimawerwärmung
"Bisher wurden die Kritik an Mann und am Klimawandel in eine Kiste gesteckt", sagte Hans von Storch zu SPIEGEL ONLINE. Stoch arbeitet als Klimatologe an der Universität Hamburg und am GKSS-Forschungszentrums in Geesthacht.
Ende der neunziger Jahre hatte Michael Mann mit zwei Kollegen in den Fachzeitschriften "Nature" und "Geophysical Research Letters" Temperatur-Rekonstruktionen vorgestellt, aus denen er unter anderem gefolgert hatte, das Jahr 1998 das wärmste Jahr des Jahrzehnts gewesen sei, und die neunziger Jahre das wärmste Jahrzehnt des Jahrtausends waren.
Geführt von zwei kanadischen Kritikern, dem Statistiker und Bergbau-Berater Stephen McIntyre und Ross McKitrick, einem Ökonom, hatten unterschiedliche Wissenschaftler die Methode von Manns Arbeit untersucht - und angezweifelt. Dieser hatte unter anderem Baumringe als Belege für Temperaturschwankungen gelesen. McIntyre und McKitrick warfen ihm vor, er habe diese sogenannten Proxies selektiv ausgewertet.
Überinterpretiert schon, manipuliert nicht
Die gestern veröffentlichte Studie " Surface Temperature Reconstructions for the Last 2,000 Years" des Forschungsrats der renommierten National Academy of Sciences (NAS), sprach Mann und seine Kollegen vom Verdacht der Manipulation und selektiven Darstellung frei. Methodische Fehler und Unzulänglichkeiten bemängelte das Forschergremium aber durchaus.
Der Abgeordnete Sherwood Boehlert, Vorsitzender des Umweltausschusses im US-Kongress, kommentierte: Es gebe nun "keinen Zweifel" mehr daran, "dass irgendein Fachaufsatz zur Temperaturrekonstruktion seriöse wissenschaftliche Arbeit war".
In Europa hat sich die Klimadebatte von dem Streit um Manns Grafik vom Hockeyschläger - so bezeichnet, weil in ihr die Temperaturkurve des zwanzigsten Jahrhunderts steil anstieg, wie das krumme Ende eines Hockeyschlägers - weitgehend emanzipiert. In den USA hingegen wurden und werden oft mit Mann auch alle anderen Warner vor einer globalen Erwärmung diskreditiert: Panikmache, selektive Darstellung, politische Agitation - so lautete der Generalverdacht.
"Ändert nichts an Hauptschlussfolgerung"
"Die Situation ist dort eine andere", sagte der Hamburger Wissenschaftler Storch, "da haben Skeptiker des Klimawandels direkten Kontakt zu einflussreichen Mitgliedern des Senats und des Repräsentantenhauses." Auch die mediale Darstellung sei anders als in Europa. "Da wird gerne der Eindruck erweckt, als gäbe es in der Klimaforschung zwei gleich starke Seiten - und die werden dann auch beide ausgewogen angehört."
Auch deswegen hatte wohl die Hockeystick-Thematik in der Anfrage des Abgeordneten Boehlert deutlich größeres Gewicht als in der darauf folgenden Projektbeschreibung zur NAS-Studie. Beide liegen SPIEGEL ONLINE vor.
Mann und seine Kollegen, so hatte das Panel befunden, hätten methodologisch unzulänglich gearbeitet. Ihre Schlussfolgerungen für einzelne Jahre seien eine Überinterpretation der Daten.
"Aber das ändert nichts an der Hauptschlussfolgerung", sagte Storch. Der Wissenschaftler hatte Anfang dieses Jahres in der Fachzeitschrift "Geophysical Research Letters" vorgerechnet, das die Temperaturentwicklung im 30-jährigen Mittel Ende des zwanzigsten Jahrhunderts über dem historischen Mittel liegt - unabhängig welche Proxy-Werte man für die Rekonstruktion verwendet. Storch gelang dieser Befund auch mit Daten von Manns schärfstem Kritiker Steve McIntyre.
Neues Propaganda-Futter für die Skeptiker
Die Datenlage für die Rekonstruktion von Oberflächentemperaturen hatte das Gremium abgestuft beurteilt: Mit Sicherheit könne man die Temperaturverläufe für die letzten 400 Jahre rekonstruieren - und sagen, dass die gegenwärtige Erwärmung beispiellos sei.
Für die zurückliegenden 1000 Jahre seien die Daten nicht so eindeutig, für die letzten 2000 Jahre noch weniger. Kritiker verweisen gerne und genüsslich darauf, dass zwischen 1500 und 1850 eine "kleine Eiszeit" (LIA für little ice age) genannte Kaltperiode herrschte. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Leugner eines Klimawandels das nutzen werden", sagte Storch.
Sie tun es bereits. Einer der Klimahardliner, der republikanische Senator James Inhofe aus Oklahoma sagte: "Versuchte man eine menschgemachte globale Erwärmung zu beweisen, indem man die wohlbekannte Tatsache, dass es heute wärmer ist als zum Ende der kleinen Eiszeit, ist das genau so, als würde man Sommer mit Winter vergleichen um einen katastrophalen Temperaturtrend zu belegen."
Erwärmungs-These fußt nicht nur auf Temperaturkurven
Storch sagte, nicht die absoluten Temperaturschwankungen seien wichtig für die Klimaforschung, sondern die Veränderungen. Und einen so starken Anstieg wie gegenwärtig habe es noch nicht gegeben.
Der Ausschussvorsitzende Sherwood Boehlert sagte der Zeitung "New York Times": "Es gibt nichts im gesamten Report, das irgendeinen Zweifel am breiten wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel wecken könnte - der ohnehin nicht in erster Linie auf den Temperaturrekonstruktionen fußt."
Ob das 155-seitige Dokument, das Boehlert von dem Wissenschaftler-Gremium überreicht wurde, den allgemeinverbindlichen Kenntnisstand bei Washingtons Politikern nun anhebt, ist zumindest fraglich. Nicht nur geht Boehlert, der Klima-Dissident im Lager der Republikaner, am Ende des Jahres in den Ruhestand.
Sein Gegenspieler, der Ausschussvorsitzende für Handel und Energie, Joe Barton, hat auch bereits ein eigenes Gremium aus Statistikern auf die Arbeiten von Michael Mann und seinen Kollegen angesetzt. Es ist vorhersehbar, dass sie sich weiter an dessen Hockeystick abarbeiten werden.
Das Jahrhundert der Jahrtausendkatastrophen.
Ob es das war, läßt sich jedoch erst im Jahre 2999 beantworten.
Begnügen wir uns daher mit der Formulierung:
Jahrhundert der Rekordkatastrophen.
Warum aber - anders als in Europa- viele Menschen in den USA noch am Treibhauseffekt zweifeln, erklärt der Film auch. Während sich Wissenschaftler in den letzten zehn Jahren einig sind, dass es einen Klimawandel gibt, wird die Erderwärmung in 50 Prozent aller Artikel angezweifelt, die in amerikanischen Tageszeitungen zu dem Thema erschienen sind. Die Bush-Administration hat das Thema lange ignoriert oder verharmlost. Al Gore weiß auch, dass sich George Bush weigert, "Eine unbequeme Wahrheit" anzusehen. Genau deshalb habe er ja ein Buch geschrieben, für den Fall, dass George Bush liest, meint er ironisch.Obwohl Gore Kyoto 1997 mit aushandelte, gelang es ihm damals nur, einen von 100 Senatoren von dem Protokoll zum Klimaschutz zu überzeugen.
"Der Stern Report ist ein Weckruf an die Welt," sagt Hans Verolme, Direktor des Der World Wide Fund For Nature (WWF) i...
Der Stern Report zeigt die immensen Kosten, die auf die Welt zukommen, wenn wir uns bei der Bekämpfung des Klimawandels nicht beeilen. Das muss sich nun in konkreten Maßnahmen niederschlagen, die die Länder sofort ergreifen müssen.
Der Bericht dürfte auch bei den Klimaverhandlungen, die nächste Woche in Nairobi beginnen, für neue Dynamik sorgen. Der WWF drängt die 189 Regierungen, die sich in der kenianischen Hauptstadt treffen werden, einen klaren Plan für ein KYOTO PLUS Abkommen für die Emissionsreduktion nach 2012 zu fassen. Die Minister müssen sicherstellen, dass die am wenigsten entwickelten Länder Zugriff auf das bereits zugesagte Geld haben, um Schritte gegen die Auswirkungen den Klimawandel ergreifen zu können.
The dangers
· All countries will be affected by climate change, but the poorest countries will suffer earliest and most.
· Average temperatures could rise by 5C from pre-industrial levels if climate change goes unchecked.
· Warming of 3 or 4C will result in many millions more people being flooded. By the middle of the century 200 million may be permanently displaced due to rising sea levels, heavier floods and drought.
· Warming of 4C or more is likely to seriously affect global food production.· Warming of 2C could leave 15-40% species facing extinction.
· Before the industrial revolution level of greenhouse gases in the atmosphere was 280 parts per million (ppm) CO2 equivalent (CO2e); the current level is 430ppm CO2e. The level should be limited to 450-550ppm CO2.
· Anything higher would substantially increase risks of very harmful impacts. Anything lower would impose very high adjustment costs in the near term and might not even be feasible.
· Deforestation is responsible for more emissions than the transport sector.
· Climate change is the greatest and widest-ranging market failure ever seen.
Recommended actions
· Three elements of policy are required for an effective response: carbon pricing, technology policy and energy efficiency.
· Carbon pricing, through taxation, emissions trading or regulation, will show people the full social costs of their actions. The aim should be a global carbon price across countries and sectors.
· Emissions trading schemes, like that operating across the EU, should be expanded and linked.
· Technology policy should drive the large-scale development and use of a range of low-carbon and high-efficiency products.
· Globally, support for energy research and development should at least double; support for the deployment of low-carbon technologies should be increased my up to five times.
· International product standards could be introduced.
· Large-scale international pilot programmes to explore the best ways to curb deforestation should be started very quickly.
· Climate change should be fully integrated into development policy, and rich countries should honour pledges to increase support through overseas development assistance.
· International funding should support improved regional information on climate change impacts.
· International funding should go into researching new crop varieties that will be more resilient to drought and flood.
Economic impacts
· The benefits of strong, early action considerably outweigh the costs.
· Unabated climate change could cost the world at least 5% of GDP each year; if more dramatic predictions come to pass, the cost could be more than 20% of GDP.
· The cost of reducing emissions could be limited to around 1% of global GDP; people could be charged more for carbon-intensive goods.
· Each tonne of CO2 we emit causes damages worth at least $85, but emissions can be cut at a cost of less than $25 a tonne.
· Shifting the world onto a low-carbon path could eventually benefit the economy by $2.5 trillion a year.
· By 2050, markets for low-carbon technologies could be worth at least $500bn.
· What we do now can have only a limited effect on the climate over the next 40 or 50 years, but what we do in the next 10-20 years can have a profound effect on the climate in the second half of this century.
Sir Nicholas Stern, Head of the Government Economics Service and Adviser to the Government on the economics of climate change and development
Read the Stern review here. http://www.hm-treasury.gov.uk/independent_reviews/...s_climate_change
Die eindringliche Warnung aus Großbritannien scheint begründet: Ebenfalls am Montag wurde bekannt, dass die Industrieländer die im Kyoto-Abkommen verankerten Klimaschutzziele bislang deutlich verfehlt haben. Statt weniger Treibhausgase in die Luft zu blasen, emittieren sie mehr als zuvor, wie neue Daten der UNO belegen.
In den Jahren 2000 bis 2004 stiegen die Emissionen in den ost- und mitteleuropäischen Ländern um 4,1 Prozent, in den westlichen Industrieländern um 2 Prozent, teilte das UN-Klimasekretariat am Montag in Bonn mit. UN-Exekutivsekretär Yvo de Boer rief die Staaten der Welt auf, sich stärker als bislang für den Klimaschutz ins Zeug zu legen. Besonders im Transportwesen müssten der Ausstoß an Treibhausgasen dringend gesenkt werden, sagte er.
Auch Sir Nicholas Stern fordert, sich weit ambitioniertere Ziele zur Reduktion der Treibhausgase zu setzen als bisher. Auch die USA, China und Indien müssten sich an globalen Initiativen mit diesem Ziel beteiligen. Ländern wie Brasilien, Papua-Neuguinea und Costa Rica müsse geholfen werden, weite Teile ihrer tropischen Regenwälder aufzuforsten. Um ärmere Staaten im Klimaschutz zu unterstützen, solle die Weltbank rasch einen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Dollar auflegen, schlug er vor.
Der britische Premierminister Tony Blair und sein Schatzkanzler Gordon Brown appellierten an die internationale Gemeinschaft, sofort gemeinsam gegen den Klimawandel zu handeln. Die Folge weiterer Inaktivität wäre "im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal", sagte Blair. "Und dieses Desaster droht nicht in einer fernen Science-Fiction-Zukunft, sondern in unserer Lebenszeit." Nicholas Stern schloss sich den Appellen an: "Wir haben noch die Zeit und das Wissen, um zu reagieren", erklärte er. "Aber nur, wenn wir weltweit entschlossen und rasch handeln." Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte vor der heraufziehenden Bedrohung. "Wir müssen jetzt handeln – auf nationaler und internationaler Ebene. Die nächsten 10 bis 15 Jahre entscheiden darüber, ob wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch verhindern können oder sie unseren Kindern und Enkeln einfach zumuten." http://www.zeit.de/online/2006/44/Klimawandel-Studie-Rezession?page=2
What Sir Nicholas Stern is essentially saying is that global warming, and all those carbon emissions, represent the biggest market failure imaginable, with dire consequences if serious action is not taken soon.Guardian
Meteorologen ziehen Bilanz
Wolfgang Pomrehn 25.12.2006
Wieder geht ein Jahr voller Wetterrekorde zu Ende, inzwischen gibt es keinen Zweifel mehr, dass wir uns bereits mitten im Klimawandel befinden
Das alte Jahr ist noch nicht ganz ausgelaufen, aber bei der Weltmeteorologieorganisation WMO wagt man schon einmal einen Rückblick. Das Jahr 2006 rangiert hier auf Platz sechs der Hitliste der wärmsten Jahre. Das hört sich zunächst nicht dramatisch an. Wenn man sich allerdings vergegenwärtigt, dass die anderen fünf Jahre alle in den Zeitraum seit 1999 fallen, wird deutlich, dass kein Grund zur Entwarnung vorliegt. Die Kurve der globalen Temperatur zeigt vielmehr, dass wir inzwischen mitten im Klimawandel stecken. Seit Ende der 1970er Jahre hat sich der Temperaturanstieg deutlich beschleunigt und beträgt jetzt 0,18 Grad Celsius pro Dekade. Mit 14,42 Grad Celsius war 2006 nur sehr geringfügig kühler als die Vorjahre und ist von diesen, wie die Fehlerbalken zeigen, statistisch nicht signifikant zu unterscheiden.
Über den ganzen Globus und das ganze Jahr gemittelte Temperatur der bodennahen Luft. Zu besseren Übersichtlichkeit werden die absoluten Daten als Abweichungen vom Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990 ausgedrückt. Gezeigt werden auch die Fehlerbalken, die die Ungenauigkeiten aufgrund von Messfehlern und fehlenden Daten ausdrücken. |
Man könnte es also auch so sehen, dass sich das Klima ein wenig "ausruht", bevor es weiter aufwärts geht. Überhaupt hat der Anstieg eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Treppenfunktion, was angesichts des nichtlinearen Charakters des Klimasystems eigentlich auch keine Überraschung ist. Nichtlineare Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Falle einer äußeren Störung – bei der Erde ist es die Veränderung des Strahlungshaushaltes durch den Eintrag von Treibhausgasen in die Atmosphäre – sich schnell verändern und einem neuen Gleichgewichtszustand zustreben.
Wie dem auch sei: 2006 hat, wie schon die Vorjahre, viele regionale Rekorde gebrochen. Der Jahresanfang war in Nordamerika ungewöhnlich milde, während Russland und Nordchina unter einem sehr harten Winter zu leiden hatten. In Kanada verzeichnet man hingegen den wärmsten Winter seit Beginn der systematischen Wetterbeobachtungen. Auf der Südhalbkugel stöhnten zur gleichen Zeit in Australien und Brasilien die Menschen unter Hitzewellen. In Sydney kletterte das Thermometer am 1. Januar auf 44.2 Grad Celsius, was der zweitheißeste dort je gemessene Tag war. Vier Wochen später, am 31. Januar zeigte im südbrasilianischen Bom Jesus das Thermometer 44,6 Grad Celsius an. Das war nach Angaben der WMO eine der heißesten je gemessenen Temperaturen in ganz Brasilien.
In Europa war der Juli mit 2,7 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel der wärmste je gemessene. In Deutschland fiel er sogar noch extremer aus: Hier lag der Juli 5,2 Grad über dem Soll. Am 19. und 20. Juli kletterten die Thermometer an einigen Orten zwischen Alpen und Ostsee auf 39 Grad. Passend dazu waren Juni und Juli in Deutschland sehr trocken. Gebietsweise fiel nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in beiden Monaten zusammen nicht einmal ein Viertel der üblichen Niederschlagsmenge. Dafür gab es im ungewöhnlich kühlen August verheerende Regenfälle. An vielen Wetterstationen des DWD wurden mehr als 300 Prozent der üblichen Niederschlagsmenge registriert, was oft neue örtliche Rekorde darstellte.
In den USA war 2006 nach Angaben der US-Behörde für Ozean und Atmosphäre (NOAA) das wärmste je gemessene Jahr. Während der Süden und der südliche Teil des Mittleren Westen unter einer schweren Dürre litten, gab es im Nordosten des Landes den feuchtesten Sommer seit Menschen Gedenken. Andere Teile des Landes wurden hingegen von Hitzewellen und rekordverdächtige Wald- und Buschbränden heimgesucht. Die Hurrikansaison fiel hingegen ganz im Gegensatz zum Vorjahr durchschnittlich aus.
Schwere Dürren wurden auch aus dem Süden Brasiliens, aus Nordostchina und aus Südostaustralien gemeldet. Dort gilt die Dürre vielerorts als die schlimmste je beobachtete. Laut WMO hat sich die Region noch nicht von den Dürren der Jahre 2002/2003 und 1997/98 erholt gehabt. Mancherorts gibt es bereits erhebliche Probleme für die Landwirtschaft. Doch Australien ist ein reiches Land, das mit derlei Krisen fertig werden kann. Schlimmer traf es da Ostafrika. Das vom Bürgerkrieg und einem neuerlichen Krieg mit Äthiopien zerrissene Somalia wurde 2006 von der schlimmsten Trockenheit seit zehn Jahren gebeutelt. Betroffen waren auch Teile von Burundi, Djibouti, Eritrea, Äthiopien, Kenya und Tansania. Mindestens elf Millionen Menschen mussten aufgrund der Dürre hungern.
Gegen Ende des Jahres wurde die gleiche Region von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Die ausgetrocknete und verhärtete Erde war vielerorts nicht in der Lage im ausreichenden Ausmaß den Niederschlag aufzunehmen. In Äthiopien starben 600 Menschen in den Fluten. In Somalia handelt es sich um die schlimmsten Überschwemmungen der jüngeren Geschichte.
Schlimme Verwüstungen hat auch die diesjährige Taifun-Saison in Ostasien angerichtet, die laut WMO die schlimmste seit zehn Jahren war. 14 Taifune haben dort vor allen in China und auf den Philippinen Zerstörungen angerichtet. In der Volksrepublik starben 1000 Menschen. Der ökonomische Schaden betrug zehn Milliarden US-Dollar. Auf den Philippinen starben mindestens 500 Menschen und mehrere hundert wurden Mitte Dezember noch vermisst.
Veränderungen in den Meeren
Unterdessen beginnt der Klimawandel auch seine Spuren in der Natur zu hinterlassen. Aus Westeuropa gibt es verschiedene Berichte über Zugvögel, die in diesem Jahr im Lande geblieben sind, und – für den Durchschnittsbürger sicherlich weniger offensichtlich – auch in den Meeren zeigt die Erwärmung Auswirkungen auf die Fauna: Eine Untersuchung an 57 marinen Arten in den britischen Gewässern zeigt, wie sich vor allem entlang der schottischen Küste wärmeliebende Arten nord- und ostwärts in bisher kältere Gewässer ausbreiten und sich andere Arten, die es lieber kalt mögen, zurückziehen. Um rund 85 Kilometer sind die maritimen Klimazonen an den nordwestschottischen Küsten in den letzten 15 Jahren gewandert. Bisher sind die Veränderungen graduell verlaufen, das heißt, ohne größere Umbrüche in den Ökosystemen. Dass das allerdings auch in Zukunft so bleibt, ist alles andere als gewiss. "Die Veränderungen sind recht subtil, aber irgendwann werden wir schließlich große Veränderungen und auch eine Zunahme invasiver Arten sehen", zitiert die britische Zeitung "The Scotsman" die Leiterin des Forschungsprojektes, Nova Mieszkowska.
Die genannten invasiven Arten, das heißt Schnecken, Muscheln, Quallen, seltener auch Fische aus fremden Meeren, treten in den letzten Jahrzehnten gehäuft in vielen Küstengewässern rund um den Globus auf. Das ist allerdings eher eine Folge des rasch zunehmenden Schiffsverkehrs als klimatischer Veränderungen. Meeresbewohner entwickeln sich in den Ballasttanks der Ozeanriesen zu Ferntouristen. Problematisch wird es, wenn die Ökosysteme, auf die die Einwanderer treffen, durch Überfischung, lokale Verschmutzungen oder eben klimatische Veränderungen, wie sie für die nächsten Jahrzehnte vermehrt erwartet werden, geschwächt sind. Dann kann es schon mal zur Verdrängung und zu massiver Ausbreitung der Neulinge kommen.
Die Rippenqualle Mnemiopsis leidyi in der Kieler Förde. Foto: J. Javidpour, IFM-Geomar |
Entsprechend hatten Kieler Meeresforscher vom IFM-Geomar ungute Vorahnungen, als sie im Wasser der Kieler Förde auf einen neuen Eindringling stießen. Jamileh Javidpour, iranische Gastwissenschaftlerin in Kiel, entdeckte Mitte Oktober bei einer routinemäßigen Probenentnahme die dort bisher unbekannte Rippenqualle Mnemiopsis leidyi. In den Wochen darauf nahm in weiteren Proben die Dichte der Eindringlinge rasch zu. Das Problem: Die neue Qualle ist nicht nur Nahrungsmittelkonkurrent vieler Nutzfische, sondern zugleich auch Fressfeind ihres Nachwuchses, so der Kieler Meeresbiologe Ulrich Sommer gegenüber "Telepolis". Da die ursprünglich an der US-Atlantikküste beheimatete Art in der Ostsee bisher keine Feinde habe, könne sie sich im nächsten Jahr zu einer erheblichen Bedrohung der Fischbestände entwickeln.
Ähnliche Erfahrungen hatte man mit Mnemiopsis leidyi vor etwa 20 Jahren im Schwarzen Meer gemacht, wo die Fischschwärme nach der Einschleppung der Rippenqualle dramatisch dezimiert wurden. Ende November hatte man im Wasser der Kieler Förde bereits ein Drittel der seinerzeit 1989 im Schwarzmeer gemessenen maximalen Dichte dieser aggressiven Quallenart registriert. Kurz- und mittelfristig könnten für die Fischerei erhebliche Schäden entstehen, langfristig macht Sommer sich allerdings wenig Sorgen: "Für gewöhnlich treten in solchen Fällen irgendwann Fressfeinde auf, mit denen man zunächst nicht gerechnet hatte. Im Laufe der Zeit werden diese Arten dann normaler Bestandteil des Ökosystems. Meistens sind größere Schäden nur ein Übergangsproblem." Etwas anders stellt sich das naturgemäß für die betroffenen Fischereibetriebe dar, denen ein zeitweiliger Einkommensausfall schnell die Luft abdrücken kann.
Arktisches Eis schwindet
Kein Übergangsproblem dürfte sein, was sich im hohen Norden anbahnt. Dort, in der Arktis, wird bereits seit einigen Jahrzehnten der Rückgang verschiedener Parameter des Meereises registriert. Die Dicke des mehrjährigen Packeises nimmt ab und auch die Eisbedeckung geht zurück, besonders im Sommer. Am niedrigsten ist sie gewöhnlich Ende September, wenn es kühler wird und die Bildung von Neueis das Auftauen zu überwiegen beginnt.
Im Sommer 2005 hatte es nach Angaben der NASA nur noch eine Ausdehnung von 5,32 Millionen Quadratkilometer. Das US-amerikanische National Snow and Ice Data Center schlug seinerzeit Alarm. So weit war das Meereis nie zuvor zurückgegangen, seit man es mit Satelliten beobachten kann. Die Daten würden sich nahtlos in einen negativen Trend einfügen, der die Arktis bereits in wenigen Jahrzehnten im Sommer zu einem offenen Ozean ohne Meereis machen könne, meinten die Wissenschaftler. Nach Aussagen des diesjährigen WMO-Jahresrückblicks zieht sich das sommerliche Meereis inzwischen mit einer Rate von 8,59 Prozent pro Dekade zurück.
Minimum der Ausdehnung des Meereises 2005 und 2006. Auch in diesem Jahr zog sich das Meereis deutlich weiter als im langjährigen Mittel zurück. |
In diesem Jahr war das Septemberminimum der Ausdehnung zwar nicht ganz so ausgeprägt wie im Vorjahr, aber dafür war die Ausdehnung in der ersten Jahreshälfte sogar noch niedriger als im Rekordjahr, wie man obiger Grafik entnehmen kann. Außerdem könnte die Eisdecke eventuell noch deutlich kleiner als im Vorjahres Sommer gewesen sein. Der vom Satelliten gemessene Wert der Ausdehnung umfasst nämlich alle Meeresregionen, in denen das Wasser mit mindestens 15 Prozent Eis bedeckt ist. Das heißt die Satellitendaten geben keine Auskunft darüber, wie hoch innerhalb der Eisgrenze der Bedeckungsgrad des Meeres mit Eis ist.
In diesem Sommer taten sich im arktischen Eis ungewöhnliche Löcher auf. Nördlich von Spitzbergen riss Ende August das Eis auf einer Fläche größer als die britischen Inseln auf. Derlei hatte man bis dahin noch nie beobachtet. Normalerweise sind diese Gewässer auch im Sommer vom Packeis blockiert. Nun war das Eis bis zum Nordpol fragmentiert, wie Satellitenaufnahmen der Europäischen Raumfahrtagentur ESA zeigten, und vermutlich hätten Schiffe problemlos bis 90 Grad Nord vordringen können.
Auch auf der anderen Seite des arktischen Ozeans tat sich Ungewöhnliches. In der Beaufort-See nördlich von Alaska zeigten Satellitenaufnahmen im August und September eine Polynya nie gesehener Größe. Mit dem russischen Begriff bezeichnet man Flächen offenen Wassers in einer ansonsten geschlossenen Eisdecke. Die Polynya hatte sich ab Mitte August geöffnet und wuchs bis auf eine Größe von knapp 100.000 Quadratkilometern an. Das arktische Eis hatte also für mehrere Wochen ein Loch von fast der Größe Ostdeutschlands. Ähnliches war zuvor erst ein einziges Mal beobachtet worden, und zwar im Jahre 2000, allerdings in einer deutlich kleineren Form.
Auf Spitzbergen, Norwegens Außenposten in der Arktis, der sogar über eine kleine Universität verfügt, wird man sich wahrscheinlich über diesen Sommer gar nicht mehr besonders gewundert haben. Das Jahr hatte nämlich schon mit Rekordwetter begonnen. Der Januar 2006 war auf Spitzbergen nicht nur der wärmste seit 1911 gemessene, sondern auch wärmer als jeder bisher gemessene April (mit Ausnahme 2006). Der ganze Winter war auf Spitzbergen für dortige Verhältnisse extrem warm. Der Dezember lag mit 9,6 Grad Celsius über dem Mittel der Jahre 1961 bis 1990. Der Januar um 12,6, der Februar um 6,5, der März um 2,7 und der April um 12,4 Grad. Die Abweichungen vom Mittelwert liegen weit über den Standartabweichungen, das heißt dieser warme Winter auf Spitzbergen war viel zu unwahrscheinlich, als dass er als Ergebnis einer natürlichen Schwankung interpretiert werden könnte. Wesentlich näher liegt aus statistischer Sicht die Annahme, dass er Ausdruck eines positiven Trends war.
Satellitenbilder der NASA zeigen die Ausdehnung des Meereises: September 1979 |
Meereis September 2005 |
Passend zu all diesen negativen Meldungen aus dem hohen Norden sind Ergebnisse, die Marika Holland vom US National Center for Atmospheric Research (NCAR) auf der Herbsttagung der American Geophysical Union vorstellte. Nach ihren Berechnungen könnte die Arktis schon ab 2040 im Sommer im wesentlichen eisfrei sein. Voraussetzung: Die atmosphärische Konzentration der Treibhausgase steigt wie bisher weiter an. Irgendwann in naher Zukunft – vielleicht 2015, vielleicht 2024 oder etwas später – wird sich der sommerliche Eisrückgang dramatisch beschleunigen. Innerhalb von nur einem Jahrzehnt wird dann das sommerliche Minimum der Eis-Ausdehnung von den derzeitigen etwa sechs Millionen Quadratkilometern auf zwei Millionen zurückgehen. Lediglich nördlich von Grönland und der kanadischen Inselwelt würde dann im Juli und September noch Eis auf dem Meer zu finden sein.
Das Bemerkenswerte an Hollands Ergebnissen ist nicht nur der frühe Rückgang des Eises – die meisten Wissenschaftler hatten bisher erst für Ende des Jahrhunderts mit einem sommerlich eisfreien Polarmeer gerechnet –, sondern auch die sprunghafte Entwicklung. Offensichtlich ist damit zurechnen, dass sich der Eis-Schwund nicht graduell vollzieht, sondern vielmehr eine Sache von wenigen Jahren sein wird, wenn erst einmal ein bestimmter Schwellenwert überschritten ist. Die Arbeit der US-amerikanischen Wissenschaftlerin ist also ein neuer Hinweis darauf, dass sich das Klimasystem nichtlinear verhält, was uns in den kommenden Jahrzehnten noch manche böse Überraschung bescheren dürfte.
Außergewöhnlicher Herbst
Nun könnte man leicht auf den Gedanken kommen, der gerade zu Ende gehende, ganz außerordentliche Herbst war auf den Rückgang des Eises im hohen Norden zurückzuführen. Doch der Schluss wäre etwas gewagt. Beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach wollte man sich auf derlei Spekulationen nicht recht einlassen. Die milde Witterung sei eine Folge ungewöhnlich häufiger Südwestlagen, die warme Luft aus dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa führen, meint DWD-Meteorologe Gerhard Lux gegenüber Telepolis. In den letzten Monaten seien Tiefdruckgebiete in rascher Folge über den Norden Europas hinweggezogen, deren Warmfronten uns das jahreszeitlich viel zu warme Wetter bescherten.
Diese atmosphärischen Wirbel bilden sich über dem Nordatlantik und ziehen entlang der Polarfront, die die kalten arktischen Luftmassen von den deutlich wärmeren der gemäßigten Breiten trennt. In diesem Herbst verlief diese Grenze meist ungewöhnlich weit nördlich. Ob das aber mit dem Grad der Eisbedeckung oder der Lage der Eisgrenze im Zusammenhang steht, ist unklar, so Lux. Die Wechselwirkungen zwischen den Zyklonen, wie die Meteorologen die Tiefdruckgebiete nennen, und der Polarfront sei komplex und die Lage der Front sehr variabel. Lux verwies darauf, dass sich das Wetter chaotisch verhalte. Eine kleine Änderung der Anfangsbedingungen könne schon zu erheblich unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Fest steht jedenfalls, dass die Monate September bis Oktober für große Teile Europas ganz außerordentlich waren. Von nördlich der Alpen bis nach Südnorwegen war es im Mittel um drei Grad Celsius zu warm, gemessen am Durchschnitt der Jahre 1971 bis 2000, heißt es bei der Weltmeteorologieorganisation (WMO) in Genf. In Großbritannien, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und der Schweiz sowie in Südschweden, Südnorwegen, großen Teilen Österreichs sowie in Teilen Irlands war es der wärmste je gemessene Herbst. Und das will etwas heißen, denn in Zentralengland reichen die Aufzeichnungen ins Jahr 1659 zurück, in den Niederlanden bis 1706 und in Dänemark bis 1768. Normalerweise variiert die mittlere Herbsttemperatur in diesen Regionen Europas von Jahr zu Jahr um maximal zwei Grad Celsius, womit der diesjährige Herbst zu einem ganz ungewöhnlichen Ereignis wird.
"Würde man annehmen", heißt es in einer WMO-Mitteilung vom 11. Dezember, "dass es keinen Klimawandel gibt, dann könnte ein derartig warmer Herbst noch etwas seltener als einmal als in 10.000 Jahren auftreten." Oder mit anderen Worten: Die derzeitigen Temperaturen sind ein weiteres starkes Indiz dafür, dass wir uns bereits mitten im Klimawandel befinden.
Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24291/1.html
Werde dieses Wochenende Probe liegen.
Grünen-Landeschefin Katrin Vohland verlangte von der Landesregierung stärkere Anstrengungen zum Klimaschutz. Das Land müsse ein ehrgeiziges Konzept zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf den Weg bringen. Bislang drücke sich die Regierung davor, den "Klimakiller Braunkohle" anzugehen. Die Produktion von Strom aus Braunkohle verursache mit 40 Millionen Tonnen einen Anteil von mehr als 60 Prozent der gesamten jährlichen Kohlendioxid-Emissionen in Brandenburg. Das Land habe damit einen höheren Pro-Kopf-CO2-Ausstoß als die USA.
aus:
http://www.tagesspiegel.de/brandenburg/...woidke-braunkohle/95030.asp
Winter 2006/2007 bricht Wärmerekord
Wolfgang Pomrehn 18.03.2007
Umweltminister der G-8-Staaten haben in Potsdam mit Kollegen aus Schwellenländern über internationalen Klimaschutz gesprochen und erzielten einen vagen Kompromiss - ohne USA
In Potsdam haben sich von Donnerstag bis Samstag die Umweltminister der G-8-Staaten gemeinsam mit Kollegen aus den wichtigsten Schwellenländer getroffen, um über internationalen Klimaschutz zu beraten. Konkrete Ergebnisse gab es nicht. US-Meteorologen bestätigen unterdessen, dass der zurückliegende Winter auf der ganzen Nordhalbkugel der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen war.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hatte schon im Vornherein die Erwartungen niedrig gehängt. Konkrete Ergebnisse, ließ er am Mittwoch verlauten, seien vom Treffen der G-8-Umweltminister nicht zu erwarten. Diese hatte Gabriel zu einem informellen Treffen nach Potsdam eingeladen. Mit von der Partie waren die Umweltminister Mexikos, Chinas, Brasiliens, Südafrikas, Indiens sowie die Chefs der UN-Umweltorganisation UNEP, Achim Steiner, und des Sekretariats der UN-Klimarahmenkonvention, Yvo de Boer. Dass man das Treffen als informell klassifizierte, hatte den Vorteil, dass es keinen Zwang zu einem gemeinsamen Abschlusskommuniqué gab. Das könnte uns manche Leerformel erspart haben.
Es sollte über die Erhaltung der biologischen Vielfalt und vor allem über Klimaschutz gesprochen werden. Die meisten Staaten haben inzwischen die Klimarahmenkonvention unterschrieben und ratifiziert, selbst die USA. Damit haben sie sich verpflichtet, gefährliche Klimaveränderungen abzuwenden. So weit die Theorie. Das etwas später ausgehandelte Kyoto-Protokoll enthält die ersten, aber unzureichenden Ausführungsbestimmungen. Die Industriestaaten sollen bis zur Periode 2008-2012 ihre Emissionen um durchschnittlich 5,2 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 reduziert haben. Da ist angesichts des Problems weniger als wenig, und es ist vor allem befristet. Das Kyoto-Protokoll läuft in knapp sechs Jahren aus, und es ist noch kein Nachfolgeabkommen in Sicht.
Darüber wollte Gabriel mit seinen Kollegen sprechen. Allgemein wird gehofft, dass der G-8-Gipfel, der im Sommer im Ostseebad Heiligendamm in der Nähe Rostocks stattfinden wird, den Klima-Verhandlungen einen neuen Schub gibt. Die Umweltminister sollten das ein wenig vorbereiten. Gabriel gab sich nach dem Treffen in Potsdam optimistisch:
Bei dem Treffen wurde deutlich, dass für einen echten Durchbruch die Bandbreite internationaler Umweltverhandlungen vergrößert werden muss. Wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Armutsbekämpfung oder der Zugang zu bezahlbarer Energie und Rohstoffen gehören mit in ein Gesamtpaket. Bundesumweltminister Gabriel: "Wir können die Blockaden bei den internationalen Verhandlungen aufbrechen, wenn wir nicht mehr übereinander, sondern miteinander reden. Gegenseitige Schuldzuweisungen wurden in Potsdam außen vor gelassen."
Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums
Außenseiter US-Regierung
Das ist immerhin ein deutlich anderer Ton, als jener, der von der US-Delegation in Potsdam zu hören war. Die Vertreter der US-Regierung zeigten sich nicht bereit, die Verantwortung der Industrieländer für den Klimwandel zu akzeptieren. Vor allem mochte man nicht anerkennen, dass auch in vielen Entwicklungsländern schon manches für den Klimaschutz unternommen wird, auch wenn es dort keine Verpflichtung zur Reduktion der – vergleichsweise niedrigen – Treibhausgasemissionen gibt. In Washington hat man offensichtlich immer noch Schwierigkeiten, ein wesentliches Prinzip der Rahmenkonvention zu akzeptieren. Demnach haben die Länder eine "gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung". Das konnten die Entwicklungsländer seinerzeit zum einen durchsetzen, weil ihre Emissionen gemessen an der Bevölkerungszahl wesentlich niedriger als die des Nordens sind und weil sie Spielraum brauchen, um sich wirtschaftlich entwickeln zu können.
Aber wie es aussieht, standen die USA mit ihrer Position in Potsdam allein auf weiter Flur. Die israelische Zeitung Ha'aretz fasste die widersprüchlichen Ergebnisse in ihrer Schlagzeile folgendermaßen zusammen: "G8 climate consensus emerging, U.S. odd man out". Ob man allerdings von einem Konsens sprechen kann, wenn der weltgrößte Produzent von Treibhausgasen, dessen Emissionen zudem noch immer kräftig wachsen, außen vor steht, ist fraglich. Allerdings besteht mit der neuen öffentlichen Debatte in den USA über die drohende Klimakatastrophe und dem Wahlsieg der Demokraten eine gewisse Chance, dass in Washington demnächst eine Regierung antritt, die nicht mehr an die kurze Leine des Big Oil gelegt sein wird.
Sündenbock China
Eines wird sich die US-Politik aber wahrscheinlich nicht so bald abgewöhnen können: das Vorführen Chinas als Sündenbock. Die Volksrepublik muss nicht nur herhalten, wenn mal wieder irgendwo zwischen Atlantik und Pazifik Jobs verloren gehen. Sehr beliebt ist bei der US-Regierung auch, immer wieder darauf zu verweisen, dass China die USA irgendwann demnächst als größter Verursacher von Treibhausgasen überholen wird. Wenn nur die USA die Treibhausgase verringern müssten, aber China nicht, sei das unfair. Dass in China 1,32 Milliarden Menschen leben, in den USA aber bloß knapp 300 Millionen, wird dabei natürlich geflissentlich übersehen.
Derweil hat nach einem Bericht Chinas Umweltminister Xie Zhenhua in Potsdam angekündigt, seine Regierung werde demnächst einen nationalen Plan zur Bekämpfung des Klimawandels vorlegen. Zu allererst solle die Energieeffizienz der chinesischen Wirtschaft bis 2010 um 20 Prozent erhöht werden. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger werde bis dahin auf zehn Prozent steigen. Außerdem soll das Methan aus den Kohlegruben besser genutzt werden, das bisher meist in die Atmosphäre entweicht, wo es als wesentlich effektiveres Treibhausgas wirkt als das Kohlendioxid (CO2).
Ein Teil dieser Ziele ist bereits im derzeit gültigen Fünf-Jahresplan enthalten. Hochrangige Regierungsmitglieder haben allerdings in letzter Zeit wiederholt eingestanden, dass man bei der Erfüllung der Ziele nicht im Zeitplan liegt. Besonders beim sparsameren Einsatz der Energie scheint es zu hapern. Man darf also gespannt sein, ob der nationale Aktionsplan Anhaltspunkte bieten wird, wie diese Blockaden überwunden werden können. Am politischen Willen scheint es dafür in Peking jedenfalls nicht zu mangeln. Dass auch China durch den Klimawandel sehr viel zur verlieren hat, ist der Regierung der Volksrepublik durchaus bewusst.
Eine Antwort auf die Frage, ob China für die Nach-Kyoto-Zeit Reduktionsziele für Treibhausgase akzeptieren würde, vermied Xie allerdings, berichtet Reuters. Mit gutem Grund. Während in Deutschland die jährlichen Pro-Kopf-Emissionen immer noch bei rund zehn Tonnen CO2-Äquivalenten (die anderen Treibhausgase wie Methan werden in CO2 umgerechnet) liegen und in den USA gar bei etwas über 20, so beträgt in China dieser Wert nur über drei oder auch über vier Tonnen Pro Kopf und Jahr. Die Angaben über die chinesischen Emissionen schwanken etwas. Die höchsten sind die der Internationalen Energie Agentur, die für 2004 Pro-Kopf-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger von 3,65 Tonnen angibt. Dazu würden dann noch die Emissionen aus der Zementproduktion hinzu kommen, die den Wert auf über vier Tonnen pro Kopf und Jahr drücken dürften. Das ist aber immer noch wesentlich weniger als in den meisten Industrienationen. Vor allem hat China bis vor kurzem noch deutlich niedrigere Emissionen gehabt und hat somit im Gegensatz zu den reichen Ländern nichts zur bisherigen Akkumulation der Treibhausgase in der Atmosphäre beigetragen.
Weltweit waren die letzten drei Monate viel zu warm
Temperaturanomalien im Winter 2006/2007. Gezeigt werden die Abweichungen vom Mittel der Jahre 1961 bis 1990. Nur ganz vereinzelt war es in einigen Regionen kälter als normal, während es überall sonst, nicht zuletzt in Europa und im hohen Norden, deutlich zu warm war. In den USA heben sich übers ganze Land gemittelt die Abweichungen in etwa auf. Das verstellt allerdings den Blick auf die Extreme: Im Nordosten der USA war es zunächst viel zu warm, im Februar sackte dann allerdings die Quecksilbersäule drastisch ab, so dass im Nordosten und im Gebiet um die Großen Seen die Temperaturen weit unter den Durchschnitt fielen. Grafik: NOOA |
Unterdessen meldet die US-Behörde für Meteorologie und Ozeanographie NOAA, dass der Winter 2006/2007 im globalen Maßstab der mildeste war, der jemals beobachtet wurde. Astronomisch endet der Winter zwar erst in ein paar Tagen mit der Tag-und-Nacht-Gleiche am 21. März, der meteorologische Winter umfasst jedoch die Monate Dezember, Januar und Februar.
In diesen drei Monaten war es im globalen Mittel um 0,72 Grad Celsius zu warm, wenn man das Mittel der Jahre 1961 bis 1990 zum Maßstab macht. Besonders der Januar fiel aus dem Rahmen. Beigetragen hat dazu auch El Niño, ein Wetterphänomen im tropischen Pazifik, das alle paar Jahre auftritt. Während eines El-Niño-Ereignisses erwärmt sich die Wasseroberfläche des Pazifiks entlang des Äquators. In normalerweise extrem trockenen Küsten Perus und Nordchiles kommt es zu katastrophalen stark Niederschlägen, während am anderen Ende des Pazifiks der Regen in sonst niederschlagsreichen Gebieten ausbleibt. El-Niño-Jahre sind gewöhnlich im globalen Maßstab überdurchschnittlich warm. Allerdings hat sich El Niño laut NOAA bereits im Februar schon abgeschwächt – was ungewöhnlich früh wäre –, so dass sich die Bedingungen im Pazifik bereits wieder normalisiert haben.
Ausgewählte Unwetter im Februar. Die schweren tropischen Wirbelstürme im indischen Ozean – vergleichbar mit den Hurrikanen im südlichen Nordatlantik – schafften es hierzulande kaum in die Schlagzeilen, obwohl sie insbesondere in Mosambik erhebliche Verwüstungen und Überschwemmungen verursachten. Grafik: NOAA |
Doch auch ohne El Niño war der vergangene Winter global gesehen ganz ungewöhnlich warm. Was hierzulande manchen den Kopf über das Wetter schütteln ließ, war kein regionales Phänomen, sondern erstreckte sich über fast alle gemäßigten und arktischen Regionen der Nordhalbkugel. Nur im Mittleren Westen der USA, auf der arabischen Halbinsel und im Irak war es etwas zu kühl. Selbst auf der sommerlichen südlichen Halbkugel war es in einigen Regionen zu warm, wie zum Beispiel im südlichen Brasilien, wo die Thermometer bis auf 40 Grad Celsius kletterten.
Mit den ungewöhnlichen Temperaturen haben sich auch die Niederschläge verschoben. Nordwesteuropa bekam deutlich mehr als sonst ab, in der Mittelmeerregion blieb es hingegen zu trocken. Mancherorts werden sich wahrscheinlich die Wasserspeicher nicht ausreichend aufgefüllt haben. Die Trockenheit in Südeuropa, Nordafrika und dem Nahen Osten ist insofern bemerkenswert, als sie den Vorhersagen der meisten Klimamodelle entspricht, die den Mittelmeeranrainern erhebliche Wasserprobleme in einem wärmeren globalen Klima prognostizieren.
Verteilung der Niederschläge. Gezeigt werden die Abweichungen vom Mittelwert der Jahre 1961 bis 1990. Über den britischen Inseln regnete es zu viel, was aber besonders England gebrauchen konnte, denn dort hat es in den letzten Jahren viel zu wenig Niederschläge gegeben. In Verbindung mit gebietsweise vollkommen maroden Wasserrohren hat das mancherorts bereits zu Versorgungsengpässen geführt. Auffallend ist der Niederschlagsmangel in der Mittelmeerregion, insbesondere in der Levante (östliches Mittelmeer). Grafik: NOOA |
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