4 Jahre SPD genügen


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Neuester Beitrag: 23.09.02 01:24
Eröffnet am:12.08.02 23:40von: AnarchAnzahl Beiträge:115
Neuester Beitrag:23.09.02 01:24von: Dr.UdoBroem.Leser gesamt:5.955
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21799 Postings, 8993 Tage Karlchen_IGenau: Entweder die alte Regierung bleibt im Amt..

 
  
    #101
20.09.02 21:00
oder eine neue kommt.

Kurzum: Alles bleibt beim Alten - wie schon seit Jahrzehnten.  

238 Postings, 8281 Tage geschosshallo karlchen

 
  
    #102
20.09.02 21:06
du kannst nur sprüche klopfen, wie wär es denn wenn du mal verantwortung übernimmst?  

21799 Postings, 8993 Tage Karlchen_IWat solln dette?

 
  
    #103
20.09.02 21:21
Ich soll mal verantwortung übernehmen? Ist ja wohl ein Witz. Ich habe in meinem Leben schon reichlich Verantwortung übernommen - in meinem Job und für meine Kinder, die nunmehr erwachsen sind. Habe auch in politischer Hinsicht einiges getan (etwa gegen Rechtsradikalismus) - ohne aber auf Pöstchen aus zu sein. Und nun das!

Was ich aber ablehne ist, ist das Gelaber unserer Parteiärsche, die sich nur deshalb - dem Anschein nach - politisch engagieren, um daraus persönlichen Nutzen zu ziehen. Und das tuen fast alle: von Gysi bis Stoiber und darüber hinaus.

Dann kommen Sätze wie: Nach reiflichem Überlegen habe ich mich dazu entschlossen, politische Verantwortung zu übernehmen, und für das Amt eines XXXX-Ministers zur verfügung zu stehen.

Tatsächlich haben sie jahrelang von diesem Job geträumt und gemauschelt, um diesen Job zu bekommen.

Widerliche Bande: parteiübergreifend.  

238 Postings, 8281 Tage geschosshallo sprücheklopfer

 
  
    #104
20.09.02 21:31
irgendwie bist oder lebst du in einer vorstellung die nicht realisierbar ist,
die menschheit ist zur zeit nur mit und von politikern zu regieren, keiner ist ohne fehler, es gilt nur die vermeintlich besten heraus zu finden und das ist ansichtssache, bei mir sind es eben die cdu leute.  

3286 Postings, 8236 Tage PRAWDAWo sind da die großen Unterschiede zwischen denen o.T.

 
  
    #105
20.09.02 21:39

21799 Postings, 8993 Tage Karlchen_I@jeshoss. Meenste dat wirklich?

 
  
    #106
20.09.02 21:39
Unsere Politiker sind infolge der gegebenen Strukturen zum allergrößten teil alle deformiert.

Und das soll gerade für die CDU nicht gelten - obwohl Helmut der Kohlige alles weggebissen hat, das ihm nicht unterwürfig war?  

2728 Postings, 7979 Tage anarch.Ich sach ma: Noch ei ma schlafen ...

 
  
    #107
21.09.02 09:52

... dann enden die rot-grünen One-Man-Shows à la Gerd S. (SPD) und Joseph F. (Grüne). Wolfgang N. (BAP) wird Bundeskanzler.


Altar der Macht

Politiker glauben an die Behauptung, denn oft genug kommen sie mit ihr davon: weil Unerwartetes wie der 11. September oder Erwartetes wie der 22. September eintritt und die Öffentlichkeit sich kaum noch an das erinnern kann oder will, was davor war. Auch die Bundesregierung und die Bundesjustizministerin versuchen sich über die Zeit zu retten: Frau Däubler-Gmelin, indem sie behauptet, nicht gesagt zu haben, was Ohrenzeugen gehört haben wollen; das ganze Kabinett mit der Behauptung, das deutsch-amerikanische Verhältnis sei gut wie immer, von Irritationen könne keine Rede sein. Die Beteuerung Däubler-Gmelins, sie habe den amerikanischen Präsidenten nicht mit Hitler gleichgesetzt, fand freilich so wenig Glauben, weil die Lüge im anderen, durchaus verbundenen Fall unverkennbar ist.

Die Beziehungen zwischen Berlin und Washington sind in wenigen Wochen so schwer beschädigt worden wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Das ist nicht zufällig geschehen, sondern bewußt und mutwillig: Die Regierung Schröder opferte das gute Verhältnis zu Amerika auf dem Altar des Machterhalts. Washington schwieg lange zu Schröders Wahlkampfstrategie, Amerika als größere Gefahr denn den Irak erscheinen zu lassen und die Generationenströme des deutschen Antiamerikanismus auf seine Mühlen zu leiten. Doch die Schadensbegrenzung durch Schweigen ist vorbei. Amerikanische Politiker und Publizisten geben nun auch öffentlich bekannt, wofür sie das Crescendo der Schmähungen aus den Reihen der SPD halten: für den Auswuchs einer inneren Distanz und politischen Abwendung, die Folgen für das Verhältnis der Verbündeten haben wird.

Die Welt hat sich seit dem Ende des Kalten Krieges geändert, Amerika hat sich geändert, Deutschland hat sich geändert: Daher muß über das deutsch-amerikanische Verhältnis nachgedacht werden. Am Ende wird jedoch das Ergebnis stehen, daß es weiter in Deutschlands Interesse ist, möglichst großen Einfluß auf den mächtigsten Staat der Welt zu haben, besonders wenn er gerade seine Rolle neu definiert. Die Mittel, die Deutschland dafür zur Verfügung stehen, sind begrenzt. Im Vordergrund stehen Eigenschaften, die besonders in bewegten Zeiten (wie nach dem Fall der Mauer) unüberschätzbare Bedeutung haben: Verläßlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und - ja, auch Freundschaft. Der Bundeskanzler hat preisgegeben, was über Jahrzehnte erworben worden und schwer wiederzuerwerben ist.  

13475 Postings, 9140 Tage SchwarzerLordDie letzten 24 Stunden von Rot-Grün im Amt. o.T.

 
  
    #108
21.09.02 10:33

19279 Postings, 8973 Tage ruhrpottzockerArmer SL ! Schon Angst vor einem möglichen

 
  
    #109
21.09.02 10:44

Sieg ?

Verständlich ! Heulen und Zähneklappern dann in eurem Laden !

 

19279 Postings, 8973 Tage ruhrpottzockerIch habe eine Idee, SL !

 
  
    #110
21.09.02 10:45

Wenn ihr gewinnt, lege ich mir die Zweit-ID "Roter Lord" zu und eröffne den schwarz-gelben-Korruptions-und-Geldvernichtungs-Thread !

 

2728 Postings, 7979 Tage anarch.Ich sach ma: AUSGESCHLAFEN!

 
  
    #111
22.09.02 17:31


Schröder oder Stoiber?

Josef Joffe fordert den Wechsel. Schröder hat seine Chance vertan. Ihm fehlt die Kraft zu Reformen, die das Land braucht

Von Josef Joffe, Die Zeit



Regierungen werden nicht gewählt, sondern abgewählt - wie zuletzt und zu Recht die von Kohl nach einer Ära der Stillstandsverwaltung. Und die Regierung Schröder? Auch sie hat die Wiederwahl nicht verdient.

Denn Rot-Grün hat nach einem fulminanten Start seine große Chance so kleinmütig wie opportunistisch verspielt. Die Regierung hat ein fast hundert Jahre altes "Blut und Boden"-Staatsbürgerrecht in die europäische Moderne getragen. Sie hat Staatskonzerne (teil-)privatisiert, eine respektable Steuerreform vorgelegt - mit einer Entlastung von 57 Milliarden Mark. Sie hat versucht, dem Kollaps der Sozialsysteme mit der privaten Vorsorge entgegenzutreten.

Nichts konnte die Absage an das alte Denken plastischer illustrieren als die Entmachtung ihres Lordsiegelbewahrers Oskar Lafontaine, nichts die Geburt der Neuen Mitte so zelebrieren wie das Schröder-Blair-Papier von 1999. Das Papier strotzte vor richtigen Einsichten. Nie dürfe sich der Staat als "Ersatz für die Wirtschaft betrachten". Chancengleichheit dürfe nicht mit "Ergebnisgleichheit verwechselt" werden. Die "Stärken des Marktes" dürften nicht länger "unterschätzt" werden.

Dazu der Ausbruch aus dem Ghetto außenpolitischer Verantwortungslosigkeit. Kühn die Klientel missachtend, haben Schröder und Fischer für den Frieden nicht demonstriert, sondern agiert: mit der Bundeswehr auf dem Balkan, mit dem Antiterrorkampf in Afghanistan. Rot-Grün war im Westen angelangt.

Vorbei. Heute muss Schröder an seinem eigenen Standard gemessen werden, und das Urteil lautet: "Vier Jahre Opposition." Von der "uneingeschränkten Solidarität" zum kodierten Antiamerikanismus, von der gereiften Mittelmacht zum zipfelmützigen Gartenzwerg war es nur ein kurzer Schritt. Wenn er's doch wenigstens für die Staatsräson getan hätte, als er Amerikas "Abenteuer" geißelte, als er selbst einem UN-Mandat gegen den Irak die Gefolgschaft verweigerte, als er sich gar brüstete, Bush das Telefongespräch versagt zu haben!

Plötzlich kannte der Kanzler keine Staatsräson mehr, sondern nur noch zwei deutsche Parteien, die seine wie die grüne. Leider lässt es sich nicht gnädiger ausdrücken, als es die deutsche Financial Times getan hat: Mit seinem National-Populismus habe "Schröder bewiesen, dass er bereit ist, den Interessen des Landes zu schaden, um seinen eigenen zu nutzen". Das Fatale daran? Schröder wusste, was er tat. Sonst wären nicht schon die Beschwichtigungskünstler unterwegs: "Bitte nicht ernst nehmen, das gilt nur bis zum Montag nach der Wahl."

So kann man einen SPD-Kreisvorsitzenden besänftigen, nicht einen "weiß glühenden" George Bush, wie aus Washington vernommen wird. Es geht aber nicht ums Liebkindsein. Jeder Juniordiplomat hätte Schröder zwanzig Wege zeigen können, auf denen er den Häuserkampf in Bagdad ebenso vermeiden konnte wie den Tiefschlag gegen Deutschlands ältesten und mächtigsten Verbündeten. So aber signalisiert Berlin, dass es nur zwischen Wahlkämpfen berechenbar sei und sonst gern auf Einfluss, Gemeinschaft und strategisches Interesse verzichte. Zu dem gehört, dass Saddam keine A-Waffen in die Hand bekommt.

Nicht minder hart fällt das Urteil in der zweiten Schicksalsfrage aus, der Wirtschaftspolitik. Als "Motor der Modernisierung" hatte Schröder die mittig gewendete SPD gepriesen. Bloß begann der schon Ende 2000 zu husten. "Man kann doch nicht den Mehltau aus 16 Jahren Kohl beklagen und nach zwei Jahren mit den Reformen aufhören." Das sagte Grünen-Chef Fritz Kuhn.

Das war "Vorwärts in die Vergangenheit!" Die Riester-Rente wurde zum bürokratischen Monstrum, die weitere Ladenschluss-Liberalisierung blockiert. Statt Lockerung des versteiften Arbeitsmarktes weg mit dem 630-Mark-Gesetz, her mit dem Knüppel gegen die "Scheinselbstständigkeit", rauf mit den jobvernichtenden Sozialabgaben. Das Betriebsverfassungsgesetz wurde verschärft. Bloß: Wer brauchte neun statt sieben Betriebsräte in Firmen mit über 200 Leuten?

Antwort: die Gewerkschaften, die konservativste Kraft im deutschen Korporatismus. Und wer brauchte die Gewerkschaften? Antwort: Schröder, im nächsten Wahlkampf - daher sein "taktisches Schielen" (der Grüne Oswald Metzger). Heute ist "Schlusslicht D" auch Vorletzter unter 49 Industriestaaten im Ranking "Flexibilität und Anpassungsfähigkeit". Die Quittung ist der fast historische Höchststand der Arbeitslosigkeit.

Schröders apologetischer Verweis auf die Weltkonjunktur ist nicht mal halb richtig. Warum wächst Frankreich fast dreimal, Spanien fünfmal und Euroland insgesamt doppelt so schnell wie Deutschland? Die Hauptkrankheit ist hausgemacht, und versagt hat Dr. Schröder, weil er die Immunkräfte der deutschen Wirtschaft noch geschwächt hat. Hartz? Das ist bloß die effizientere Verteilung des Jobmangels, nicht die Befreiung des Arbeitsmarktes von seinen Fesseln.

Kann es Edmund Stoiber besser? Wenn's darum ginge, mit wem man lieber einen Bordeaux, eine Doble Corona aus Kuba genießen möchte, würde Schröder die Zweidrittelmehrheit kassieren. Stoibers Charme- und Charisma-Defizite sind so bekannt wie seine neue Kantenlosigkeit, die ihn daran hindert, auf dem Markt der Möglichkeiten mit eindeutigen Konkurrenzprodukten zu trumpfen. Aber dieser Markt ist schmal in Deutschland, wo jeder bereit ist, den Gürtel enger zu schnallen - bloß beim anderen.

Deshalb geht es um die Wahl des kleineren Übels - nicht darum, das Steuer herumzuwerfen, sondern um fünf, zehn Grad zu drehen. Das kann Schröder nicht. Man huldigt nicht den Jesuiten in Partei und Gewerkschaft, um hinterher den Calvin zu geben. Die Chance, linke Orthodoxie von links zu reformieren, wie angeblich nur die Rechte Frieden machen kann, hat Schröder vertan.

Auch Stoiber kann Deutschland nicht neu erfinden, aber die Union (zumal Merkel-Merz) ist im Kern marktwirtschaftlicher angelegt als die SPD und ihre IG- und ver.di-Bundesgenossen. Auf dem Programm stehen folglich mehr Tariffreiheit für die Einzelbetriebe, ein größerer Niedriglohnsektor in einem Land, wo niedrig qualifizierte Arbeit zum Kartellpreis keine Nachfrage findet, die Lockerung eines Kündigungsschutzes, der Arbeit vernichtet, indem er sie schützt. Annette Schavan wird keine Bildungspolitik à la Edelgard Bulmahn betreiben, die wähnt, dass man dem Wohlfahrtsempfänger Universität mit einem Gebührenverbot zur Weltgeltung verhelfen könne. Und ein Schäuble wird sich wie Stoiber hüten, den Wahlkampf zur Richtschnur aller Außenpolitik zu machen. Denn im Zweifel obsiegt bei den Bürgerlichen die Staatsräson.

Es wird nicht gewählt, sondern abgewählt. Schröder gebührt die Abwahl umso mehr, als er einst sehr wohl wusste, wohin dieses Land zu führen sei. Im Inneren wie im Äußeren: Sein Leitstern von 1998/99 ist im Opportunismus versunken.
 

223 Postings, 8136 Tage funkydayDann auch die andere Meinung aus der Zeit...

 
  
    #112
22.09.02 17:49
obwohl es mittlerweile ja gleich vorbei ist. Endlich. :-)


Politik 39/2002

Schröder oder Stoiber

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Michael Naumann plädiert für Rot-Grün. Schröders Regierung hat mehr Reformen angepackt als Kohl in sechzehn Jahren

von Michael Naumann

Groß war der Wahlkampf nicht, jedoch anstrengend für Bewerber und Umworbene zugleich. Jenseits der ins Komische abrutschenden Persönlichkeitsvergleiche stieg ein Bild der Republik auf, schwarz in schwarz, das die Weheklag-Union Edmund Stoibers ein Jahr lang zeichnete: das arme reiche Deutschland, ewiges Schlusslicht, dem wirtschaftlichen Untergang geweiht.

Apokalyptische Gesänge machen zwar Propheten, aber keine Kanzler. Dabei stimmt es ja - Deutschland ist weiterhin überreguliert, die Industrie ist übersubventioniert, Beamte, Verbände und Gewerkschaften sind im Parlament überrepräsentiert. Der Staat ist zu fett. Das Steuerrecht ist ungerecht und undurchsichtig. Fast die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts wandert durch die Kassen des Staates, und der hat fünf Millionen Angestellte und Beamte. Innovationsfeindlichkeit, Entscheidungsschwäche und Bürokratismus sind die Folgen - nicht nur in der Verwaltung. Dass die Nation dennoch wohlhabend ist wie nie zuvor, steht auf einem anderen Blatt.

Ein Schelm, der alle Schuld an den Strukturschwächen der amtierenden Regierung in die Schuhe schiebt. Die Deutschen, von den furchtbaren Wechselfällen ihrer Geschichte immer noch traumatisiert, gehen politischen Risiken und institutionellen Experimenten sorgfältig aus dem Weg. Gesellschaftlicher Wandel ist hierzulande nur unter größtem Druck möglich. Politische Legitimation zu einer umfassenden Reform (etwa des Rentensystems) erwächst allenfalls aus Beinahe-Katastrophen. Dann aber sehnen wir uns nach dem starken, herkuleischen Retter, dem Schimmelreiter auf dem brechenden Deich.

Wahlkämpfe sind im besten Falle Selbstgespräche der Demokratie: "Wer sind wir, wo liegen unsere Probleme, wer kann sie am ehesten lösen?" Die Union beschränkte sich aber in ihrer Kampagne monatelang darauf, die Lage der Nation als Folge sozialdemokratischer Verantwortungslosigkeit darzustellen. Die beiden Regierungsparteien fühlen sich verkannt; denn sie haben doch beachtliche Erfolge vorzuweisen:

‡ Walter Riesters Rentenreform markiert den fälligen Teil-Ausstieg aus dem Modell der paritätisch finanzierten Solidarpolitik. Sie hat die sozialpolitische Landschaft Deutschlands grundlegend verändert.

‡Hans Eichels Entlastung des Bürgers bei der Einkommensteuer um sechs Prozent, aber auch die Erhöhung des Kindergelds haben die meisten Wähler bereits abgebucht - wie den ganzen politischen Kraftakt der Steuerreform. Dabei hat "Hans Eichel die mittelständischen Unternehmen", so die Frankfurter Allgemeine Zeitung, "in der Mehrzahl entlastet - nicht zuletzt, indem er ihnen die Verrechnung der Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer ermöglicht hat".

‡Joschka Fischers Außenpolitik trug dazu bei, die Massenmorde des Milocevic-Regimes im Kosovo zu beenden. Seine moralisch fundierte Loyalität gegenüber Israel brach mit dem jahrelangen Lavieren des Auswärtigen Amtes im Nahost-Konflikt. Als Schröder die Entsendung von Soldaten nach Afghanistan mit der Vertrauensfrage verknüpfte, stand auch Fischers Politik zur Abstimmung. Die Opposition stimmte aus macht-taktischen Gründen wider die deutsche Teilnahme am Krieg gegen den Terrorismus. Der im Kern ideologiekritische Vorwurf des "Antiamerikanismus", der inzwischen Fischer und Schröder wegen ihrer Warnungen vor einem Präventiv-Krieg gegen Saddam Husseins Irak gemacht wird, ist haltlos. Der Tonfall der inner-amerikanischen Opposition gegen Bushs Angriffspläne ist wesentlich schärfer.

‡Auch Rudolf Scharpings Umrüstung und Neuorientierung der Bundeswehr vom passiven Abschreckungsinstrument zur erfolgreichen Eingreiftruppe mit Einsätzen in aller Welt wäre (wie die Rentenreform) gegen eine sozialdemokratische Oppositionspartei kaum möglich gewesen. Doch die öffentliche Anerkennung des größten Paradigmenwechsels der deutschen Verteidigungsstrategie ging mit dem zuständigen Minister im lauwarmen Pool auf Mallorca baden.

‡Otto Schilys Zuwanderungsgesetz wird die jahrzehntealte Illusion korrigieren, Deutschland sei - bei einem Ausländeranteil von neun Prozent - kein Einwanderungsland. Ein "Zuwanderungsrat" wird in Zukunft die jährliche Immigrantenzahl bestimmen, entsprechend den Integrationsmaßnahmen der Städte und Dörfer. Der Widerstand der Union war verlogen. Dass dank Schily Millionen hier geborener Ausländer das Recht auf Staatsbürgerschaft erhielten, gehört zu den liberalen Glanzpunkten seiner Amtszeit.

Dies war vier Jahre lang keine Regierung der "ruhigen Hand". Im Gegenteil. Ihre Projekte spiegelten die lebhaften Temperamente der führenden Minister wider. Herta Däubler- Gmelins Justizreform erntete natürlich Widerspruch, wie auch alle Therapie-Vorschläge der Ministerinnen Andrea Fischer und Ulla Schmidt für ein marodes Gesundheitssystem. Denn nichts ist so fest zementiert wie die Vertretung deutscher Stände- und Wirtschaftsinteressen im Parlament. Edelgard Bulmahns Gesetz zur Hochschulreform führte zu erstaunlichen Hassausbrüchen an den unsterblichen Ordinarien-Universitäten. Dass ihr milliardenschwerer Forschungsetat aber um 30 Prozent angestiegen war, schien selbstverständlich. Von Jürgen Trittin vorangetrieben, haben sich der Atomausstieg und die Ökosteuer als die nachhaltigsten Veränderungen deutscher Umweltpolitik erwiesen.

Mag sein, dass sich einige der SPD-Wähler von 1998 eine ganz neue Republik unter Gerhard Schröder ersehnt hatten. Jetzt glauben sie zu entdecken, dass doch vieles beim Alten geblieben sei. Doch die Behauptung, ja, die Hoffnung der Union, das so schwerfällige Modernisierungsprojekt Deutschland sei nach vier Jahren an der Politik Schröders gescheitert, und ihre Annahme, ein anderer Kanzler mit altbekannten Ministern könne dort anknüpfen, wo Helmut Kohl aufgehört hatte, ist nichts anderes als die politische Widerspiegelung der konservativen, sehr deutschen Angst vor der Zukunft. Sie ist mit den alten Therapien nicht mehr zu überwinden. Auch gehört Mut zur riskanten Veränderung nicht zum Wesen des Konservatismus. Neues ist ihm fremd, und das Fremde ist ihm nicht geheuer.

Die Bundestagswahl 2002 ist keine Abstimmung über politische Lager - in Wirklichkeit geht es um eine Kultur des Wandels, um die Bereitschaft zur erfinderischen Politik. In Edmund Stoibers Weltbild und Kompetenzteam ist diese Kultur nicht zu entdecken. Gerhard Schröders oft bespöttelte Biegsamkeit hat sich hingegen dort als vorteilhaft erwiesen - das Beispiel der Hartz-Kommission zeigt es -, wo er die ausgetretenen Wege der Republik verlassen hat. In den Worten seines Vorgängers Helmut Schmidt: "Regieren - das kann er."  

397 Postings, 7981 Tage proletis doch nen Exminister von Gerd, der Naumann o.T.

 
  
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22.09.02 17:50

397 Postings, 7981 Tage proletis doch nen Exminister von Gerd, der Naumann

 
  
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22.09.02 17:51

42940 Postings, 8489 Tage Dr.UdoBroemmeR.I.P.

 
  
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23.09.02 01:24

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