Anleihenkauf der EZB
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 30.10.12 18:36 | ||||
Eröffnet am: | 29.10.12 10:56 | von: conrado | Anzahl Beiträge: | 9 |
Neuester Beitrag: | 30.10.12 18:36 | von: BarCode | Leser gesamt: | 1.024 |
Forum: | Talk | Leser heute: | 1 | |
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Es heißt so schön, die EZB kauft Staatsanleihen der Schuldenländer am Sekundärmarkt. Es wäre einmal interessant zu erfahren, wie das konkret aussieht. Ich gehe davon aus, dass die EZB nur neu ausgegebene Anleihen dieser Länder erwirbt. Wenn z.B. eine Bank eine Anleihe von Spanien erwirbt, wird sie doch überlegen, ob sie die Anleihe bei der EZB ein paar Tage später mit Gewinn wieder los wird, andernfalls wird sie wohl kaum Interesse an der Anleihe haben bzw. wegen des Risikos einen hohen Zinssatz verlangen. Der Anleihezins wird deshalb nicht allzu hoch ausfallen. Setzt sich deshalb die EZB schon vor der Anleihezeichnung mit dieser Bank in Verbindung und versichert ihr, dass sie die neue Anleihe ihr abkaufen wird? Genau genommen wäre dann die Bank nur ein Strohmann der EZB. Wie hoch wird die Gewinnspanne der Ersterwerber der Anleihen sein?
Viel Spaß beim suchen...
Ich habe ca. 30 Minuten bei Google unter den Stichworten „Anleiheauktionen, EZB, Anleihen“zum Thema recherchiert. Ergebnis: Die bekannten Meldungen aus den Medien. Antworten zu den von mir gestellten Fragen habe ich in keinem einzigen Bericht gefunden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich kein Investmentbanker bin.
http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Service/...piere.html?nsc=true
oder hier:
http://finance.wiwi.tu-dresden.de/Wiki-fi/index.php/Staatsanleihe
Zu deinen Vermutungen:
"Ich gehe davon aus, dass die EZB nur neu ausgegebene Anleihen dieser Länder erwirbt."
Falsch. Gemäß den Beschlüssen der EZB werden nur Anleihen mit maximaler Restlaufzeit von 3 Jahren zu Marktpreisen gekauft.
Die Marktpreise ergeben sich aus den Tageskursen der Anleihebörsen.
"Wenn z.B. eine Bank eine Anleihe von Spanien erwirbt, wird sie doch überlegen, ob sie die Anleihe bei der EZB ein paar Tage später mit Gewinn wieder los wird, andernfalls wird sie wohl kaum Interesse an der Anleihe haben bzw. wegen des Risikos einen hohen Zinssatz verlangen."
Die Banken gehören - neben weiteren großen Finanzmarktteilnehmern wie etwa Versicherungen oder Fonds - zu den zugelassenen Bietergruppen bei Emissionen. Sie erhalten einen minimalen Abschlag auf den Nominalwert. Die Banken bieten diese dann ihren Kunden an oder nehmen sie in ihre eigenen Assetbestände auf. Sie verdienen an den Provisionen oder Kursgewinnen. Auf den Zinssatz haben sie keinen direkten Einfluss, da der Kupon fest ist und die Umlauf-Rendite vom Tageskurs abhängfig ist. "Verlangen" können sie allenfalls etwas während der Auktion. Da die aber meistens überzeichnet sind, ergibt sich da keine große Range.
Wenn die EZB zu Marktpreisen kauft, dann in solchen Mengen, dass da sicher vor allem Banken oder Fonds oder Versicherungen als Verkäufer in Frage kommen, die das Volumen auch bedienen können.
Es kursierte mal eine Liste von den Preisen, zu denen die EZB eingekauft hat. Bei GR-Anleihen lagen die damals bei 60-70% vom Nominal. Wenn die Banken usw. ihre Teile, die sie zu 99,9% bei Emmissionen erworben haben, verkauft haben, dann haben sie keinen Gewinn, sondern einen Verlust gemacht. Einige der gekauften Anleihen hat die EZB schon per Fälligkeit zu 100% ausbezahlt bekommen und damit Gewinne verbucht. (Kann man in den EZB-Berichten nachlesen.)
Banken und Versicherungen haben mit Verlust verkauft, weil sie Angst vor höheren Abschreibungen hatten. Was dann ja auch eintrat.
An dem Schuldenschnitt hat die EZB nicht teilgenommen. Wenn die Altanleihen übergerollt werden, dann wird im Falle Griechenlands die EZB mit Geldern aus den Hilfsprogrammen bedient. Ist quasi rechte Tasche - linke Tasche. Bei den Ländern, die sich noch am Markt refinanzieren, wie Spanien oder Italien, werden sie aus den Neuemmissionseinnahmen bedient.
Mit ein bisschen Recherche an den richtigen Stellen kann man das alles erfahren. Bundesbankberichte, EZB-Berichte und weitere Infos sucht man nicht in der Presse, sondern auf deren Websites...
Da ist alles öffentlich zugänglich.
Vielen Dank an BarCode! Ihr Beitrag ist sehr informativ. Mich würde noch interessieren, ob die EZB am Sekundärmarkt als EZB auftritt oder über Mittelsmänner (Banken etc.). Kann der beabsichtigte Kauf einer Anleihe so geheim gehalten werden, dass Marktteilnehmer davon nichts vor dem Kauf erfahren? Es wird doch bestimmt ein Gremium der EZB die Kaufentscheidung treffen. Dass die EZB auch ältere Anleihen erwirbt, kann ich nicht verstehen. Sie belohnt doch dadurch die Gläubiger, die eine falsche Anlagenentscheidung getroffen haben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jetzt noch Privatleute Anleihen der Schuldenländer zeichnen, da doch die Bonität sehr niedrig ist. Es wäre viel sinnvoller, die EZB würde den Schuldenländern Kredite unter strengsten Kriterien mit einem moderaten Zinssatz für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung stellen. Die Mittel würden dann zu 100 % dem Land zur Verfügung stehen. Das EZB-Statut müßte natürlich vorher geändert werden.
Die EZB kündigt ja einen Laufzeitkorridor an und in dem gibt es nur bestimmte ISINs.
Also wird Frontrunning betrieben. Was aber nicht nur negativ ist, denn dadurch werden auch laufende Auktionen am Primämarkt im Laufzeitband günstiger.
Der Sinn ist nicht die direkte Staatsfinanzierung, sondern der, die Zinsbedingungen zu beeinflussen bzw. in einem rationaklen Maß zu halten. Das ist ja auch ihre Aufgabe.