Noch vor einigen Jahren lag das Grippemittel weitgehend unbeachtet in den Regalen der Apotheker. Jetzt horten nicht nur Privatleute Tamiflu, auch Regierungen weltweit ordern Millionen Packungen. Der Schweizer Hersteller Roche liefert nach eigenen Angaben in 80 Länder. Kritiker zweifeln allerdings an der Wirksamkeit des Präparats. In einer Studie, die im britischen Medizinjournal Lancet veröffentlicht wurde, fanden Forscher keinen Beweis, dass Tamiflu oder Relenza, ein vergleichbares Produkt von GlaxoSmithKline, gegen Vogelgrippe schützt. Sie warnten davor, sich bei der Vorsorge zu sehr auf die Medikamentenvorräte zu verlassen. Den Ausbruch einer Seuche könne das Medikament nicht verhindern. Trotzdem hält die Weltgesundheitsorganisation an ihrer Empfehlung für Tamiflu fest.
Zu den größten Abnehmern des Medikaments gehören die USA. Präsident George W. Bush setzte 2005 ein Vorbeugeprogramm für 3,8 Milliarden Dollar durch, ein großer Teil davon ist für den Kauf von Medikamenten vorgesehen. So hat auch das US-Verteidigungsministerium bereits im vergangenen Jahr Tamiflu im Wert von 58 Millionen Dollar bestellt. Dessen Minister, Donald Rumsfeld, war von 1997 bis 2001 Aufsichtsratschef von Gilead.
Wie viele Aktien er hält, ist nicht veröffentlicht. Das US-Wirtschaftsmagazin Fortune schätzt den Wert seiner Anteile auf 5 bis 25 Millionen Dollar. Das Pentagon wollte sich auf Anfrage der ZEIT dazu nicht äußern. Rumsfeld hat sich aber in Sachen Tamiflu im vergangenen Oktober selbst für befangen erklärt. Auf Anraten eines Wertpapieranwalts und des Ethikausschusses des US-Senats entschied er aber, seine Papiere nicht zu verkaufen, um den Verdacht des Insiderhandels zu vermeiden. Die Gilead-Aktien sind seit Rumsfelds Abschied in die Politik von 8 Dollar auf 60 Dollar gestiegen. HBU