Gefahr für den Euro droht von innen
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 02.01.07 12:34 | ||||
Eröffnet am: | 02.01.07 12:09 | von: dreamer | Anzahl Beiträge: | 3 |
Neuester Beitrag: | 02.01.07 12:34 | von: NoTax | Leser gesamt: | 3.196 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 2 | |
Bewertet mit: | ||||
Der Euro feiert seinen fünften Geburtstag als Bargeld. Gemeinhin gilt seine Einführung als Erfolg, ist er doch im Wert gestiegen und genießt ein hohes Ansehen auf den internationalen Finanzmärkten. Doch auch die Gemeinschaftswährung hat ihre Schattenseiten: Die wachsende Kluft bei der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Ländern führt zu Spannungen.
FRANKFURT. Das Publikum horchte auf, als sich der Präsident der Federal Reserve Bank von Dallas, Richard W. Fisher, unlängst zu den Perspektiven des Euros äußerte. Er könne einem langfristig orientierten Anleger nicht guten Gewissens raten, in Euro anzulegen, sagte Fisher. Er ist nach wie vor nicht davon überzeugt, dass eine Währung, die nicht durch einen Staat gedeckt ist, auf Dauer Bestand haben kann. Auch der kürzlich verstorbene US-Nobelpreisträger Milton Friedman hat bis zuletzt seine Vorbehalte gegenüber der Gemeinschaftswährung aufrecht erhalten: "Ich habe den Euro immer für einen Fehler gehalten und glaube, die Mitgliedsländer mit ihrer unterschiedlichen Wirtschaftspolitik werden künftig viele Probleme bekämpfen müssen." Fünf Jahre nach der Einführung des Euro-Bargelds treten diese Probleme in Form von Unterschieden in der Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Länder immer deutlicher zu Tage.
Portugal hat infolge des Anstiegs der Lohnstückkosten relativ zu anderen Euro-Ländern und zum Euro-Durchschnitt erheblich an preislicher Wettbewerbsfähigkeit verloren. Spanien, Italien und Griechenland sind auf dem gleichen Weg. Bei niedrigem Produktivitätswachstum sind die Lohnstückkosten im "Club Med" deutlich stärker gestiegen als etwa in Deutschland.
Selbst Frankreich sorgt sich über Wettbewerbsverluste. Zwar ist das Land bisher nur leicht zurückgefallen und bewegt sich im europäischen Vergleich immer noch im Mittelfeld. "Die Exporte laufen aber lange nicht so gut wie in Deutschland", sagt Thomas Mayer, Chefvolkswirt Europa der Deutschen Bank. Er führt dies weniger auf preisliche Faktoren zurück als auf eine ungünstige geographische Aufstellung im Handel und Probleme in der Unternehmensstruktur. Französische Firmen seien in den Wachstumsregionen der Welt nicht ausreichend stark vertreten. Und gebe zu wenig exportorientierte mittelständische Unternehmen. Nach Meinung der Banque de France waren zudem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung nicht ausreichend, und die Produktqualität könnte vernachlässigt worden sein.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich zu den wachsenden Wettbewerbsunterschieden in der nunmehr 13 Staaten umfassenden Währungsunion Jahre lang allenfalls indirekt durch Apelle zu Strukturreformen geäußert. Bei den Wachstums- und Inflationsdifferenzen hat sie vorzugsweise auf die jährlichen Veränderungsraten abgestellt, die relativ konstant gewesen sind. Dabei wurde ausgeblendet, dass sich die Effekte kumulieren: Steigen die Lohnstückkosten in einigen Ländern stark, wachsen die Unterschiede zu den Ländern mit größerer Lohnzurückhaltung. Erst kurz vor seinem Ausscheiden aus der EZB im Frühjahr 2006 hat Ex-Chefvolkswirt Otmar Issing erstmals eingeräumt, dass daraus im Euro-Raum "große Spannungen" entstehen können.
Im Vorfeld der Währungsunion waren sich alle Beteiligten einig, dass sie ihre positiven Wirkungen nur entfalten könne, wenn die übrigen Politikbereiche ihren Beitrag dazu leisten würden. Neben der einheitlichen stabilitätsorientierten Geldpolitik bedurfte es einer soliden Finanzpolitik und - weil der Wechselkurs als Anpassungsmechanismus entfallen würde - flexibler Arbeits- und Gütermärkte. Die Lissabon Agenda zeigt, dass die Politik die Defizite erkannt hat. Die bisher erfolgten Reformen bleiben in einigen Ländern aber weit hinter dem zurück, was notwendig wäre. "Wir wissen noch nicht, wie die Länder, die chronisch Wettbewerbsfähigkeit verlieren, diese wieder aufholen wollen", sagt Mayer.
An den Folgen für die Währungsunion scheiden sich die Geister. Pessimisten befürchten, dass die Spannungen so stark werden könnten, dass die Währungsunion auseinander bricht. Mitte 2005 hat die damalige italienische Regierungspartei Lega Nord bereits die Rückkehr zur Lira gefordert. In Frankreich wird zur Zeit eine neue nationale Währung ins Spiel gebracht.
Aus Sicht der Optimisten gibt es für die zurückgefallenen Mitglieder der Währungsunion keine Alternative zu einer Kurskorrektur. So vertraut Issing darauf, dass die Probleme, die die Politik selber geschaffen hat, im Zuge eines "pathologischen Lernens" entschärft werden. Schaffen es die Länder, ihre Volkswirtschaft ausreichend zu reformieren, könnte der Euro selbst im Urteil Friedmans "eine wunderbare Sache sein".
Mayer gibt einer dritten Möglichkeit die höchste Wahrscheinlichkeit: dass die wachstumsschwachen Länder die EZB langfristig dazu bringen, eine höhere Inflationsrate zuzulassen. Das würde zwar den Euro schwächen und den Euro-Raum Wachstum kosten, aber die Politiker wären beruhigt.
Die nächsten Kandidaten für den Euro
2007: Als 13. Land und als erstes unter den zehn neuen EU-Mitgliedern ist Slowenien am 1. Januar der Euro-Zone beigetreten.
2008: Anfang kommenden Jahres wollen die beiden Inselstaaten Malta und Zypern den Euro einführen, der Termin gilt als realistisch.
2009: Gleiches gilt für die Pläne der Slowakei, die ein weiteres Jahr später von der Krone auf den Euro wechseln möchte.
2010: Nachdem die EU eine Euro-Einführung in Litauen Anfang 2007 wegen der zu hohen Inflation abgelehnt, strebt der größte baltische Staat jetzt 2010 als Beitrittsdatum an. Gleiches gilt für das Nachbarland Lettland. Auch Estland könnte die hohe Inflation bis dahin unter Kontrolle haben.
2012-2014: Als letzte der neuen EU-Staaten werden voraussichtlich die drei Schwergewichte Polen, Ungarn und Tschechien den Euro einführen. Analysten erwarten den Schritt in Polen und Tschechien nicht vor 2012, in Polen frühestens 2014.
Quelle: Handelsblatt.com
Das gilt insbesondere für Italien. Der durchschnittliche Betrieb in Italien hat nur sieben Mitarbeiter. Die meisten sind in der Agrar- oder Textilproduktion tätig. Mit den neuen EU-Ostblockländern erhält Italien u. a. im Textilsektor starke Billigkonkurrenz. Früher konnte sich Italien in solche Situationen Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem das Land die Lire abwertete. Dann wurden italienische Produkte im Ausland billiger und konkurrenzfähig. Der Euro macht solche Abwertungen jetzt unmöglich. Schieflagen können nicht mehr durch Abwertung ausgeglichen werden. Das ist IMHO der Hauptgrund dafür, dass Viele in Italien wieder die Einführung der Lire wollen. In Portugal ist die Lage ähnlich.
Der Euro ist und bleibt ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Da zudem Frankreich und Holland nicht einmal der EU-Verfassung zustimmten, ist auch das politische Fundament wackelig. Thesen, der Euro könne den Dollar als Weltleitwährung ablösen, sind daher unhaltbares Wunschdenken.