"Jo" aus Luxemburg Die turbulenten Wochen nach dem Nein aus Frankreich und den Niederlanden haben auch im Großherzogtum Spuren hinterlassen. Im Großherzogtum stimmte nun die Mehrheit für das Vertragswerk der Euopäischen Union. |
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Hat sein politisches Schicksal mit dem Ausgang der Abstimmung verknüpft: Regierungschef Jean-Claude Juncker. Foto: dpa | |
Luxemburg hat als 13. EU-Land die europäische Verfassung ratifiziert. In einem Referendum stimmten 56,52 Prozent für den neuen EU-Vertrag und 43,48 Prozent dagegen, wie die Wahlleitung mitteilte.
Mehr als die Hälfte der 25 EU-Staaten haben den Vertrag damit angenommen. Die Luxemburger stimmten als erste EU-Bürger nach dem Nein der Franzosen und Niederländer vor sechs Wochen über die Verfassung ab. Das Ja dürfte dem Ratifizierungsprozess neuen Schwung verleihen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nahm das Ergebnis in einer ersten Reaktion mit „großer Befriedigung“ auf. Die Abstimmung sei ein „starkes Signal“ für die EU-Verfassung. Ministerpräsident Jean-Claude Juncker wollte sich am späteren Nachmittag vor der Presse äußern. Für den Fall eines Neins hatte er seinen Rücktritt angekündigt.
„Wenn man verliert, muss man gehen, weil dem Volk nicht sagen kann, dass es gehen soll“, bekräftigte er bei der Abgabe seiner Stimme. Bis zuletzt hatte er für die Annahme des Vertrages geworben und seinen Landsleuten dabei eine historische Verantwortung für Europa zugewiesen. Ein Nein des dann dritten Gründerstaates hätte wohl das endgültige Aus für die Verfassung bedeutet.
Der größte Stimmbezirk, die Stadt Luxemburg, stimmte mit mehr als 60 Prozent für die Verfassung. Der andere große Bezirk, Esch-sur-Alzette, stimmte dagegen mehrheitlich mit Nein. Von den insgesamt 118 Stimmbezirken votierten aber nur neun mit Nein. Bis auf zwei liegen alle diese Bezirke direkt an der französischen Grenze.
Im Süden Luxemburgs ist zudem die Stahlindustrie angesiedelt. Viele Menschen dort haben Angst um ihren Arbeitsplatz.
Rund 223.000 Wahlberechtigte waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Weil in Luxemburg Wahlpflicht besteht, war eine hohe Beteiligung abzusehen. Aktuelle Prognosen lagen nicht vor, weil in Luxemburg vier Wochen vor dem Wahltermin keine Umfragen mehr veröffentlicht werden dürfen. Beobachter hatten vor dem Referendum dennoch mit einem deutlichen Ja gerechnet.
Damit die EU-Verfassung in Kraft treten kann, muss sie von allen 25 EU-Staaten ratifiziert werden. Nach dem Nein der Franzosen und Niederländer entschieden die EU-Staats- und Regierungschefs Mitte Juni, die Frist zur Ratifizierung zu verlängern und eine „Phase des Nachdenkens“ darüber einzuläuten, wie die Verfassung gerettet werden könnte.
Nach Großbritannien sagten daraufhin auch Portugal und Dänemark ihre für Herbst geplanten Referenden ab. Schweden und Finnland verschoben die Ratifizierung im Parlament auf unbestimmte Zeit.
Dagegen hatte zuletzt Malta den Vertrag per Parlamentsbeschluss am 6. Juli ratifiziert. Auch das Luxemburger Parlament und die Regierung entschieden, am 10. Juli als Termin für das Referendum festzuhalten. Ein Ja der Luxemburger wäre ein Signal für die EU, an dem neuen Vertrag festzuhalten. Wie die Verfassung dann doch noch in Kraft treten könnte, darüber wollen die Staats- und Regierungschefs in der ersten Hälfte 2006 entscheiden.
(sueddeutsche.de/AP) |
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