Der vergessene Völkermord
Seite 1 von 4 Neuester Beitrag: 28.01.05 00:55 | ||||
Eröffnet am: | 17.06.04 17:33 | von: Karlchen_I | Anzahl Beiträge: | 100 |
Neuester Beitrag: | 28.01.05 00:55 | von: Katjuscha | Leser gesamt: | 13.019 |
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Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?" fragte Hitler am 22. August 1939, als er vor hohen Militärs und Kommandeuren der SS-Todesschwadronen erklärte, daß der kommende Krieg die gnadenlose Ausrottung des Gegners - Mann, Weib und Kind - bedeute. Da war der erste Völkermord in Europa - der Genozid an den Armeniern, 1915/16 von der Türkei verübt - gerade mal 24 Jahre her. Ein vergessener und verleugneter Völkermord noch heute?
Am 24. April gedenken die Armenier in der ganzen Welt alljährlich des Beginns des Völkermordes. Es war der 24. April 1915, als abends türkische Polizisten durch Konstantinopel zogen und die ganze Nacht über Armenier verhafteten. Dabei handelte es sich um die armenische Intelligenz und politisch führende Kreise: bekannte Publizisten, alle Politiker von Rang, Priester, Ärzte, Apotheker, Schriftsteller und führende Künstler des Theaters. Man durchsuchte die Wohnungen der Verhafteten, konnte aber kein belastendes Material finden, das von Aufstandsgedanken zeugte. Trotzdem verschleppte man sie nach Anatolien, wo sie umgebracht wurden. Der nächste Punkt war es für die Jungtürken, die armenischen Soldaten loszuwerden, die seit 1908 ja wieder in der osmanischen Armee dienen durften. Zuerst wurden sie entwaffnet, danach in Arbeitsbataillone eingeteilt, die zumeist für den Wegbau eingesetzt wurden. Laut Aussagen der Britin M. W. Frearson, die Leiterin eines amerikanischen Waisenhauses in Aintap, dem heutigen Gaziantep, war, stellte man die Männer nach der Fertigstellung entlang des Weges auf und ermordete sie. Dieses systematische Töten dauerte über den ganzen Sommer hinweg. Der Restbestand der armenischen Männer, die nicht beim Militär dienten oder der Führungsschicht angehörten, sollten mitsamt ihren Familien deportiert werden, genauergesagt in die mesopotamische Wüste um Der Zor. Am 27. Mai 1915 wurde die Deportation von der osmanischen Regierung beschlossen, wobei Innenminister Talaat Pascha die wichtigste Rolle als Organisator des Völkermords innehatte. Die Deportationen wurden militärisch begründet, denn die den Russen freundlich gesinnten und den Osmanen feindlich gesinnten Armenier sollten „evakuiert“ werden — soweit die türkischen Vorwände. Die sogennante Deportation war im Endeffekt nicht mehr als ein Euphemismus für Ausrottung. Hundertausende Armenier mussten zum Marsch in die mesopotamische Wüste aufbrechen mit Der Zor als Ziel, jedoch sollten nur die wenigsten das Ziel überhaupt erreichen, denn auf dem Weg gab es zahlreiche Massaker und Metzeleien, an denen sowohl Kurden als auch türkische Bauern beteiligt waren. Nur wenige Saptiehs, die die Züge vorgeblich zu deren Schutz begleiteten, hatten Mitleid mit den Deportierten; eher war es der Fall, dass auch sie bei den Mordaktionen mitwirkten und sich bereicherten. Es gibt zahlreiche Augenzeugenberichte, die die grausamsten, unmenschlichsten Gräueltaten an den schutzlosen Armeniern, wobei Frauen und Kinder genau so leiden mussten wie die Männer, beschrieben und den Berichten über die Zeit des Holocausts in nichts nachstehen. Das Ziel des jungtürkischen Regimes war dabei maximale Dezimierung durch Deportation, wobei die Deportation pure Vernichtungspolitik bedeutete. Das kaiserlich-deutsche Konsulat in Erzurum berichtete am 28. Juli 1915: „ ,Nach dem Kriege werden wir keine Armenier mehr in der Türkei haben‘ - ist der wörtliche Ausspruch einer maßgeblichen Persönlichkeit. Soweit sich dieses Ziel nicht durch die verschiedenen Massakres erreichen lässt, hofft man, dass Entbehrungen auf der langen Wanderung bis Mesopotamien und das ungewohnte Klima dort ein übriges tun werden.“
Die armenische Diaspora gewinnt an Zusammenhalt aus Verbitterung über die türkische Leugnung der Vorfälle im Ersten Weltkrieg, während die offizielle Geschichtsversion in der Türkei lautet, dass die jungtürkische Regierung sich gegen einen bewaffneten Armenieraufstand habe wehren müssen. Wer in der Türkei den Völkermord als Wahrheit darstellt, wird juristisch verfolgt. Dies musste auch der bekannte türkische Menschenrechtler Akin Birdal erfahren. Der Generalanzeiger Bonn veröffentlichte am 09. 02. 2001 einen Artikel, in dem zu lesen war, dass die Staatsanwaltschaft in Ankara Anklage gegen Birdal erhoben hatte, da dieser bei einer Veranstaltung in Stuttgart sein Land aufgefordert hatte, sich für den Völkermord an den Armeniern zu entschuldigen.
http://www.armenien.biz/genozid/
http://www.jungewelt.de/2004/06-03/005.php
Übrigens: Lob an die Schweiz - die sind hier weiter als wir:
http://www.osteuropa.ch/mainmenu/dossiers/aktuell_armeniergenozid.htm
grün auf schwarz---denke an meine kawasaki
das war ne geile lackierung---alla gut Jacko, mein wecker klingelt
arbeit ruft--bin wenigsten nicht so wie bilanz
er schafft momentan an einem grossen projeckt
und postet hier frisch fromm und fröhlich frei--in das arivalein
gell bilanz--kommt du mal runter von deinem schweizer trip
dann wird hier alles gut---gell
gruss Jacko61
"Verglichen mit dem Vorjahr hat sich die Situation bei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten nicht verbessert, insbesondere nicht im Hinblick auf die kulturellen Rechte für alle Türken, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft. Die Lage im Südosten, wo die Bevölkerung vorwiegend kurdisch ist, hat sich nicht wesentlich geändert [...] Allerdings ist die Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen Voraussetzung für die Eröffnung von Verhandlungen. Die Türkei hat diese politischen Kriterien bislang nicht erfüllt," bilanzierte die "Kommission über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt" in ihren Bericht vom 8. November 2000 für den Europäischen Rat in Nizza. Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass insbesondere die Bundesrepublik die Aufnahme des südöstlichen NATO-Partners in den Staatenbund aktiv anstrebt. (Nach einer Delegationsreise des Innenausschusses des deutschen Bundestages im Dezember 2000, resümierte der bündnisgrüne Delegationsleiter Cem Özdemir in einem internen Reisebericht: "Zu den Ergebnissen der Reise dürfte bewertet werden, dass der Besuch dazu beigetragen hat, den Gesprächsfaden nach dem aus türkischer Sicht enttäuschenden Ergebnis des Europarates von Nizza nicht abreißen zu lassen und das Interesse der Delegation des Innenausschusses an einem den Beitrittsprozess begleitenden Dialog zu unterstreichen.") Als gäbe es da nicht noch gewisse Hindernisse zu bewältigen, (die eher eine Enttäuschung für den bündnisgrünen Demokratisierer hätten darstellen müssen): Krieg, Verfolgung, Vertreibung, Armut, Elend, Unterdrückung, Folter und politischer Mord. Zwar wird die Bundesregierung nicht müde zu betonen, dass letztlich alle Politik gegenüber dem Land am Bosporus dessen demokratischer Konsolidierung diene. In dieser Rethorik geraten jedoch jegliche außenpolitische Aktivitäten, von der Unterstützung der Beitrittskandidatur bis zur Lieferung von Kriegsgerät, geraten zaghafter Protest gegen Menschenrechtsverletzungen und Krieg ebenso wie Passivität und Schweigen zur diplomatisch-didaktischen Großtat im Sinne proklamierter Demokratisierungsbestrebungen. (Aber ganz nebenbei verändert sich durch die Südosteuropa-Erweiterung der Union die Weltkarte, wird die EU bis Yüksekova reichen, und ein Teil Kurdistans wird ebenso dazugehören, wie die zur Unkenntlichkeit zerschlagenen Kleinstaaten des Balkan. Allein im Namen der Menschenrechte, versteht sich.)
Vor dem Hintergrund dessen, was wir aus der Vergangenheit über die Methoden europäischer Türkeipolitik wissen, verblüffte viele das seit etwa anderthalb Jahren gebetsmühlenhaft vorgetragene Demokratisierungsinteresse der EU. Kurdische Kreise haben sich gar schon darauf eingeschworen, ihrerseits den Beitritt mit Demokratisierung gleichzusetzen und scheinen zu glauben, nunmehr ZeugInnen eines deutlichen Wandels der außenpolitischen Interessen des Westens geworden zu sein. Und während sie noch erstaunt der Demokratisierungsrethorik lauschen, holen sie geplante Panzerlieferungen, Geschäfte mit Kampfhubschraubern und die Auslieferung von Oppositionellen wieder auf den Boden der Realität zurück. Doch was ist wirklich dran, an der Demokratisierung durch EU-Integration? Wie weit können berechtigte Erwartungen im Kampf für Menschenrechte an den Beitrittsprozess geknüpft werden? Und stehen die bekundeten außenpolitischen Absichten der EU überhaupt im Widerspruch zur Lieferung von Kriegsgerät? Nein, stehen sie nicht. An den politischen, ökonomischen und militärstrategischen Interessen hat sich weder für die NATO, noch für die europäischen Staaten substantiell etwas geändert. Was sich geändert hat ist die EU selbst und die Rolle, die sie in der Zukunft zu spielen gedenkt. In den letzten Jahren hat die Union einen Wandlungsprozeß durchlaufen, der sich am treffendsten als "Sozialdemokratisierung" des politischen Profils beschreiben läßt. Insbesondere unter den führenden Regierungen wurden die konservativen Parteien auf die Oppositionsbänke verbannt. Zahlreiche zwischenstaatliche Widersprüche insbesondere im Bereich der EU-Außenpolitik sind damit in den Hintergrund getreten und haben zu einem einheitlicheren Auftreten geführt. Den bislang letzten großen "Homogenisierungsschub" hat die Europäische Außenpolitik im Rahmen des Balkankrieges erfahren. Mit diesem Schritt ist der Staatenbund zum Bündnis avanciert, das sich seiner Macht bewußt, fortan der Sicherung und Ausdehnung seiner Interessenssphären zu widmen gedenkt. Während die Ausdehnung der Union ins nördliche Osteuropa über die"friedliche" Aufnahme der BeitrittskandidatInnen vollzogen wird, markiert die Zerschlagung Jugoslawiens und die damit verbundenen Kriege auf dem Balkan die blutige Variante zukünftiger europäischer Osterweiterung, gekleidet in die Rethorik humanitärer Zielsetzungen. Gelohnt hat sich der Feldzug nicht nur für die europäischen Rüstungsindustrien. Schon jetzt gieren die ökonomisch abhängigen Kleinstaaten Croatien, Slowenien und Mazedonien ebenso nach der Aufnahme in das europäische Großmachtbündnis wie Jugoslawien selbst. (Bosnien sowie die jugoslawischen Teilrepubliken Kosovo und Montenegro, haben bereits die D-Mark als offizielles Zahlungsmittel eingeführt.)
Mit Javier Solana, der als ehemaliger NATO-Generalsekretär während des Balkankrieges zu europaweiter Popularität gelangte, hat die EU ihren neuen "Außenminister" und Architekten des europäischen Verteidigungsbündnisses der WEU gefunden. Die Vollendung der Herausbildung einer Großmacht Europa, mit gemeinsamer Außenpolitik und Militärunion soll schließlich über innereuropäische Reformen abgesichert und abgeschlossen werden.
Erstmals besteht in dieser neuen Situation auch ein tatsächliches Interesse, die Türkei mittelfristig zum regulären Mitglied der Großmacht EU zu machen und damit die direkte europäische ökonomische und militärstrategische Einflußnahme im Nahen und Mittleren Osten zu etablieren und abzusichern. Die Ursachen für dieses Interesse sind vielfältig. Neben der Ausweitung der geostrategischen Einflußsphäre dürfte vor allem der Zugriff auf die Erdölvorkommen am Kaspischen Meer eine maßgebliche Rolle spielen. Dort liegen Erdölreserven, die mitunter als die zweitgrößten der Welt gehandelt werden. Die einzige nutzbare Pipeline führte zunächst über Russland, von Baku nach Noworossisk an die Schwarzmeerküste. Diese Route bietet jedoch heute, durch die politischen Entwicklungen im Kaukasus, den jahrelangen russischen Kontrollverlust und die Kriege in Tschetschenien und Dagestan, bis auf weiteres keine Perspektive für die an der Ausbeutung der Vorkommen interessierten internationalen Konzerne, so dass sie aus der mittelfristigen Planung weitgehend verschwinden mußte. Im April 1999 wurde eine weitere ins georgische Supsa eröffnet, die erstmals nicht über russisches Territorium führt. Die Unsicherheit ob Rußland nach Beendigung des Krieges im Nordkaukasus nicht versuchen würde, weiter in den Südkaukasus vorzudringen, schien Europa wie den USA jedoch zu groß. Daher war seit langem auch die Routenführung von Baku in den türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan im Gespräch. Diese Route scheiterte jedoch jahrelang einerseits an den beteiligten Ölkonzernen, für die die Route Baku-Ceyhan mit Abstand die teuerste Trassenführung darstellt und andererseits an der schlichten Tatsache, dass dieser Weg mitten durch Kurdistan und damit ebenfalls durch Kriegsgebiet führt.
Während Rußland noch damit beschäftigt war, die Vorherrschaft über den Kaukasus und damit über die Nordroute zurück zu erbomben, wurde auf dem OSCE-Gipfel in Istanbul schließlich die Unterzeichnung eines Vertrages für die neue Pipeline Baku-Ceyhan vereinbart. Die beteiligten Staaten haben die Konzerne so weit von den Kosten entlastet, dass der Bau für diese wieder lukrativ erscheint. Die Türkei beispielsweise verzichtet für 10 Jahre auf ihre Einnahmen aus dem Geschäft.
Doch nicht alleine der 4 Milliarden Dollar umfassende Pipelinebau rechtfertigt heute das europäische Interesse an einer befriedeten kurdischen Region in der Türkei. Im Verlauf der Trasse sollen Handelsstraßen entstehen, Eisenbahnlinien und ein Luftkorridor, der die unabhängigen Staaten der Kaukasusregion aus der territorialen Isolierung befreien soll. Dabei geht es vor allem darum, Transport- und Verkehrswege zu erschließen, die weder über Rußland, noch über den Iran führen. Auch die im Zuge einer vorübergehend angestrebten Entspannung zwischen Israel und Syrien vorgesehene Wiedereröffnung des Landweges von Tel Aviv nach Ankara führt über Kurdistan.
Mit der Entscheidung, die Türkei mittelfristig als Vollmitglied aufnehmen zu wollen ist die Absicht verbunden, die geostrategische Schlüsselposition des Landes zu einer EU-Schlüsselposition zu machen.
Die reguläre Einbindung der Türkei als Mitglied der EU erfordert demnach die Befriedung Kurdistans sowie Veränderungen in der politischen Verfaßtheit der Türkei und deren ökonomische und soziale Stabilisierung. Andernfalls wäre weder die ökonomische Nutzung Kurdistans denkbar, noch die im Sinne der "Festung-Europa" notwendige Kontrolle über mögliche Migrationsbewegungen innerhalb der Union möglich. Auch wenn das Interesse an der Ausdehnung der EU vorwiegend ökonomisch und geostrategisch motiviert ist, erweist sich doch die politische Umgestaltung als formal unumgängliche Eintrittskarte zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Diese ergibt sich als Bedingungen aus Artikel 49 in Verbindung mit Artikel 6 des Amsterdamer EU-Vertrages, sowie den vom Europäischen Rat 1993 in Kopenhagen formulierten Beitrittskriterien. Danach ist Voraussetzung für einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft, dass ein Staat folgende Grundsätze achtet: Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit. Auch eine Lösung des bewaffneten Konfliktes in Kurdistan und die Garantie kultureller Rechte ist formal über diese Kriterien mit erfaßt.
Doch wie weit gehen die Demokratievorstellungen der EU wirklich? Nach menschlichem Ermessen und nach sorgfältiger Betrachtung von Friedensprozessen in anderen Abschnitten der Geschichte dürfte der Sog der EU-Integration mittelfristig tatsächlich hinreichen, eine demokratische Veränderung der Türkei und Frieden in Kurdistan herbeizuführen, die in vielen Bereichen Verbesserungen für die kurdischen und türkischen demokratischen Kräfte mit sich bringen kann. Dieser Wille ist jedoch weder ein Selbstzweck noch an den tatsächlichen Bedürfnissen der kurdischen Bevölkerung oder der demokratischen Kräfte der Türkei orientiert. Daher wundert es nicht, wenn Staatssekretär Volmer betont, dass die Geschwindigkeit von Beitrittsprozess und Demokratisierung allein von der Türkei bestimmt werde. Denn die politische Umgestaltung bildet lediglich ein Abfallprodukt der geostrategischen Interessen der EU. Und zu diesen gehört es eben auch, die Türkei weiterhin uneingeschränkt mit jenen Waffen auszustatten, die sie im Rahmen des Bündnisses befähigen, die ihr zugedachte Rolle auch in Zukunft zu erfüllen. So erklärte die SPD-Wehrexpertin Wohlleben, die künftigen Kriege des Nahen Ostens würden Kriege ums Wasser sein. "Mir ist es lieber, wenn wir die Türkei ordentlich mit Panzern ausgerüstet haben, als dass wir im NATO-Fall pflichtgemäß unsere Soldaten dorthin schicken müssen."
(Knut Rauchfuss)
Knut Rauchfuss ist Arzt und Journalist. Er war lange Zeit in Lateinamerika und dem Mittleren Osten tätig. Heute ist er Vorstandssprecher der Menschenrechtsorganisation "Promondial - Organisation für emanzipatorische Zusammenarbeit". http://www.bo-alternativ.de/promondial
gruß
grüneagonie
Pressemitteilung Nr. 336 vom 8. Dezember 2004
Künast: Schornsteinfegermonopol komplett abschaffen!
"Das Schornsteinfegermonopol passt nicht mehr in unsere Zeit. Wir müssen auch hier Wettbewerb zulassen", sagte Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Vorfeld der Wirtschaftsministerkonferenz, die sich am 8./9. Dezember in Berlin mit dem Schornsteinfegermonopol befassen wird. "Künftig soll jeder selbst entscheiden dürfen, welchen Schornsteinfeger er in sein Haus lässt", so Künast. "Außerdem sind die Kontrollintervalle an den technischen Fortschritt bei Heizungsanlagen anzupassen", fordert Künast. So könne verhindert werden, dass jährlich viele Schornsteine gereinigt werden, obwohl sie so sauber sind, dass weder eine Brand- noch eine Gesundheitsgefahr bestehe.
Die Kontrolle der Hausfeuerungsanlagen über das Schornsteinfegermonopol kostet Hauseigentümer und Mieter fast 1,3 Milliarden Euro im Jahr. Hier schlummert ein erhebliches Einsparpotenzial. Um das zu nutzen, brauchen wir einen freien und fairen Wettbewerb zwischen allen berechtigten Handwerksbetrieben und Sachverständigen. Denn Wettbewerb hält die Kosten niedrig und macht staatlich festgesetzte Preise, die heute noch für Schornsteinfegerarbeiten gelten, überflüssig.
Die überfällige Reform darf allerdings nicht dazu führen, dass unsere hohen Feuersicherheits- und Umweltschutzstandards bei Heizungsanlagen Schaden nehmen. Deswegen wird auch künftig eine neutrale Aufsicht notwendig sein, die nicht umsonst zu haben ist. Keiner soll sich davor drücken können, die vorgeschriebenen Schornsteinfegerarbeiten und Abgasmessungen an seiner Heizung durchzuführen.
Deutschland wird auch nach der Abschaffung des Schornsteinfegermonopols bei der Überwachung seiner Hausfeuerungsanlagen einen Spitzenplatz in der EU einnehmen. Mit der jetzt anstehenden Reform kann zudem verhindert werden, dass die EU-Kommission ihre Androhung wahr macht und Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, betont die Verbraucherministerin. Die EU-Kommission hält das Schornsteinfegermonopol für rechtswidrig.
Ich hoffe, dass Du mir nun nicht böse bist. ;0)
oder ist es einfach nur karlchens einfache kindchenschema-welt.
sein schornsteinfeger-syndrom und seine ständigen erwähnungen derselben, weist auf ein starkes kindheitstrauma hin....
vielleicht auch sexueller mißbrauch durch den schwarzen mann....?
die geistige reife karlchens, scheint seit dem zeitpunkt auf der stelle eines dreijährigen stehen geblieben zu sein.
ein trauriges schicksal.
gruß
grüneagonie
oder Bildungslücke?
Sachsen war jahrhundertelang der geistige und
industrielle Mittelpunkt Deutschlands
vergiß bitte nicht Deinen Beta-Blocker
oder habe ich Dir einen Kalzium-Antagonisten
verschrieben?
wenigstens ...
Dein Blutdruck
letztes Mal lag der systolische Wert bei 220
und der
diastolische bei 120
Du fällst noch einmal tot um
Diagnose Schlaganfall
sieh Dich vor
proxy
es gibt da ein guten witz.
1945 als das sudetenland völkerrechtswidrig von deutschland abgetrennt wurde, bot man den tschechen auch noch sachsen an, um sie endlich los zu werden.
aber die stolzen tschechen lehnten dankend ab......
ds ich verstehe nicht warum du gegen die batzis hetzt...ich bin keiner.
noch ein lustiges deutsches volkslied:
am brunnen vor dem tore, dort steht ein lindenbaum,
dran hängen tausend sachsen, die äste reichen kaum......
sachsenwitze sind einfach nur schön.
gruß
rgh
Die Gruppe sabotage über die deutsche Erinnerungskultur anhand des 60. Jahrestages der Bombardierung Dresdens
Prolog
Es ist Nacht. Ein älterer Herr im Wintermantel entzündet eine Kerze und stellt sie zu den anderen bereits leuchtenden Teelichtern. Seine Hände vor dem Schoß gefaltet verweilt er noch einen längeren Moment. In seinem Gesicht spiegelt sich tiefe Besinnlichkeit. Nach diesem Augenblick des Innehaltens macht er kehrt und geht gemessenen Schrittes auf seine BegleiterInnen zu. Jene tun es ihm gleich und nähern sich einzeln dem Lichtermeer.
Eine dreiviertel Stunde wird es noch dauern. Bis dahin werden sich hunderte Menschen um sie herum versammeln. Mit einem Male wird von allen Seiten Glockengeläut zu vernehmen sein. Die Gespräche werden verstummen. Alle Blicke werden sich dem zentralen Monument zuwenden und an ihm nach oben gleiten. Der ältere Herr weiß in diesem Augenblick: Er ist nicht allein. Die "Opfer" werden stets in der Erinnerung fortleben.
Wir befinden uns auf dem Platz rund um die Dresdner Frauenkirche am Abend des 13. Februar. An diesem Ort, zu diesem Datum, kommen alljährlich sowohl bundesweite geschichtsrevisionistische Realitäten als auch diesbezügliche Dresdner Spezifika zum Ausdruck.
Im Folgenden wird das völkische, momenthaft religiöse und geschichtsrevisionistische Potential der als reine Gedenkveranstaltung deklarierten Handlungen untersucht. Hierbei geht es nicht um die Wiederholung bereits vorhandener Analysen. Vielmehr sollen mit Blick auf den 60. Jahrestag der Bombardierung Dresdens 2005 Veränderungen im bürgerlichen Gedenkverhalten und gegenwärtig hervortretende weitere Facetten diskutiert werden.
Wie die Deutschen sich erinnern
Im Zuge der Wandlung des deutschen Umgangs mit der eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit haben sich nicht nur einzelne bürgerliche Intellektuelle hervorgetan, die von der "Moralkeule Auschwitz" nichts mehr wissen wollen. Sondern es sind an die Seite des bereits seit über sechs Jahrzehnten nach Wiedergutmachung an "deutschen Opfern" krakeelenden Bund der Vertriebenen (BdV) führende Politpersönlichkeiten getreten, die mit Aussagen à la "Diese Menschen ["die Vertriebenen"] waren Opfer - und zwar in allererster Linie Opfer der verbrecherischen Politik der Nationalsozialisten und des Hitler\'schen Aggressionskrieges" Geschichtsrelativierung betreiben.(2)
Bei solcherlei Aussagen wie der des Kanzlers wird der historische Kontext völlig ausgespart: Die Bedrohlichkeit der das NS-System stützenden deutschsprachigen Bevölkerungsteile für die alliierten Streitkräfte, für "Nicht-Volksdeutsche" und Verfolgte kommen nicht vor.
"Wenn die Deutschen sich erinnern, erinnern sie sich dominant an drei Dinge: Fronterfahrung, Flucht und sogenannter .Bombenkrieg.. Es sind alles Ereignisse, in denen Deutsche sich als Opfer zu verstehen meinen. Die Shoah ist kein Thema."(3) Die Relation von Vertreibung oder der Bombardierung deutscher Städte zu den deutschen Verbrechen verschwimmt, und die industrielle Massenvernichtung von Millionen Menschen spielt in der vorrangig gewordenen Betrachtung des "eigenen Elends" kaum noch eine Rolle. Sie erfüllt lediglich noch die Funktion, in der gezielten Gegenüberstellung zu den "deutschen Opfern" - die sich an der Grenze zur Relativierung der Shoah bewegt - auf jene auszustrahlen und ihnen größere Fatalität zuzusprechen.
Ein Wandel in der deutschen Geschichtswahrnehmung hin zur Fokussierung auf die Deutschen als gleichrangige "Opfer" hat eingesetzt, der auch von Regierungsseiten gestützt wird. Die offizielle Haltung der jetzigen sozialdemokratischen Regierung hat das "Denken aus der Mitte der Gesellschaft" manifestiert, wogegen die SPD in den siebziger Jahren noch alle Forderungen des BdV ablehnte. Offensichtlich ist jene "Mitte der Gesellschaft" nicht mehr willens, sich gegen revanchistische Vereinigungen zu stellen, sondern identifiziert sich eher mit deutscher Popkultur zwischen Mia, Paul van Dyk und Günther Grass.
Der dahinter stehende Tabubruch, dem Zivilisationsbruch seine Singularität zu nehmen, wird nicht bemerkt, weil er gesellschaftlicher Konsens ist. Zudem wird er in der Europäisierung der Erinnerung, die einhergeht mit ihrer Reduktion auf das Leiden und dem Aufgehen der Deutschen als der Täternation des Zweiten Weltkrieges in der gemeinsamen "europäischen Schicksalsgemeinschaft"(4) legitimiert. Der zeitliche Abstand zum Zivilisationsbruch - die Historisierung - soll die Verantwortung für die notwendig klare Positionierung zur deutschen Schuld und deren konsequenter Auslotung verwischen.
Parallel dazu setzte die Popularisierung der "Erinnerungskultur" an "deutsche Opfer" ein. Das zeigt sich deutlich an der in den letzten Jahren eingesetzten Schwemme von Publikationen - das populärwissenschaftliche GEO-Magazin mit seiner November-Ausgabe 2004 und dem Titelthema "Flucht und Vertreibung" bietet eines der aktuellsten Beispiele -, einer inflationären Zahl von Fernsehbeiträgen zu diesem Thema und an der gestiegenen Anzahl so genannter "Gedenkveranstaltungen". Die sächsische Landeshauptstadt hat Vorbildwirkung. Öffentliches Gedenken, wie es inzwischen auch in Leipzig, Magdeburg, Rostock und Frankfurt am Main stattfindet, wurde durch Dresden inspiriert.
Schuld
Der Gegensatz zwischen "Erinnerung" als Ausdruck eines subjektiven, eher einsträngigen Vergangenheitsbildes und Historie als mehrperspektivische Darstellung, die mit realen historischen Dokumenten unterlegt wird, war nie gravierender. Das Subjektive hat in seiner Wirkung auf die Betrachtungsweise deutscher Geschichte erheblich zugenommen. In den letzten Jahren fand die Erinnerung über "oral history"(5) und halbwissenschaftliche Beiträge Eingang in die Geschichtsschreibung; kollektives Gedenken hat Hochkonjunktur, Gemeinschaftsgefühl wird auf politischen Großveranstaltungen kultiviert, ein positiver Bezug auf das "eigene Volk" ist wieder "in".
Die Fokussierung auf "deutsche Opfer" ist nur möglich, indem entweder die Betrachtung der "Opfer von Vertreibung und Bombardement" abgespalten vom Kontext Nationalsozialismus, deutscher Vernichtungskrieg und Shoah vorgenommen wird, oder die "deutschen Opfer" mit Opfern des Nationalsozialismus gleichgesetzt werden. Mit beidem findet eine Umwertung historischer Realität statt: "Die einstige Unvereinbarkeit der unterschiedlichen Erinnerungen der TäterInnen und Opfer wird großzügig glattgebügelt - übrig bleibt das Leid."(6) Die IG 13. Februar etwa ließ vor drei Jahren in Dresden "Mahndepots" - in den Boden eingelassene Edelstahlhülsen - an "Orte[n] des Leids der vom Luftkrieg Betroffenen neben solchen, an denen die Verbrechen an Juden, KZ-Häftlingen, Zwangsarbeitern etc. deutlich werden",(7) einrichten.
Die Verdrehung von geschichtlichen Dimensionen spiegelt sich ebenso in der Haltung wider, dass man Bereitschaft zur Versöhnung mit den "anglo-amerikanischen Bombern" demonstriert und vorrangig die "Schuld der Anderen" hervorkehrt. "Da wird immer wieder darauf hingewiesen, dass im Kampf gegen Hitler jedes Mittel recht gewesen sein musste. Da wird allerdings vermieden zu fragen, ob Krieg derart ausarten darf: Ob man sich, selbst wenn man zuerst angegriffen und zur .totalen Kriegsführung. gezwungen wurde, diese Massaker von Zivilisten erlauben kann? Diese Verdrängung dauert fort. Und dabei haben die Briten es nötiger als die Deutschen, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen."(8)
Damit erdreistet man sich, von anderen zu fordern, was man selbst anerkennen müsste - eigene Schuld, die Schuld der Deutschen an ihrer eigenen Bombardierung. Bestes Beispiel hierfür ist die Dresdner Frauenkirche, die als Projekt der "Völkerversöhnung" durch Spenden verschiedener Regierungen und Prominenter teilfinanziert wird und den Briten damit ein "Freikaufen von Schuld" angeboten hat.
Opferkultivierung
Dresden ist für die bundesweiten revisionistischen Viktimisierungstendenzen völlig austauschbar, nicht jedoch der bundesweite Diskurs für die Dresdner Opferrolle.
Wer es nicht glaubt, kann Dresden besuchen und sich davon überzeugen. Es ist alles an seinem Platz: die Frauenkirche, das Schloss, der Zwinger, die Semperoper - natürlich wurden im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wohnhäuser durch eine modernere Bebauung ersetzt, diese können aber unmöglich gemeint sein, wenn die Zerstörung barocker Architektur beklagt wird. Ein Blick in die Galerien und Museen genügt: All die "Kunstschätze" sind noch da. Dennoch sind die vielen Bücher und Texte über "das alte Dresden" getrieben von der Überzeugung, irgend etwas fehle, irgend etwas sei unwiederbringlich verloren. Es ist kaum vorstellbar, dass dieser Platz nicht von einer beliebigen anderen deutschen Stadt eingenommen worden wäre, wenn niemand Dresden ins Gespräch gebracht hätte.
Und dennoch ist "das alte Dresden" und nicht irgendeine andere Stadt zum Mythos geworden. Eine gewisse Rolle mag dabei spielen, dass bereits die nationalsozialistische Propaganda Grundsteine legte - Dresden als barocke Kunststadt, die angebliche Sinnlosigkeit der Bombardierung sowie astronomisch hohe und völlig aus der Luft gegriffene Opferzahlen - und dass auch die DDR immer wieder auf Dresden zurückkam, um die Übel des Krieges im Allgemeinen und die Böswilligkeit der "imperialistischen" Westmächte im Besonderen zu "belegen". Ähnlich wie zu anderen deutschen Städten auch erschienen über die Jahrzehnte zunächst eine Reihe mehr oder weniger beachteter Bücher zur Bombardierung Dresdens, etwa von Axel Rodenberger Der Tod von Dresden, 1951 oder von Walter Weidauer, dem Dresdner Bürgermeister zwischen 1946 und 1958 (Inferno Dresden, 1968). Ab 1963 machte sich auch der britische Holocaust-Leugner David Irving mit The Destruction of Dresden an der Mythenbildung zu schaffen.
1982 trat die Dresdner Friedensbewegung auf den Plan; gemeinsam mit der Kirche wurde eine Veranstaltung organisiert - dass dazu 16 000 Leute kamen, hatte man nicht erwartet. In den folgenden Jahren fand die Veranstaltung, getragen von Kirche und Staat, regelmäßig statt. Dass die ursprünglichen OrganisatorInnen ahnten, welchen weiteren Verlauf die Entwicklung nehmen würde, ist unwahrscheinlich. Denn: Friedensgebete, ökumenische Fürbitten und selbst die mit Fackeln auftretende FDJ sind noch eine gewisse Strecke vom revisionistischen Mythos entfernt.
Eine tragende Rolle kam dabei unter anderem der IG 13. Februar 1945 zu. Von "oral history" (Beginn der Aufzeichnung von ZeitzeugInneninterviews 1987) über das offensiv-öffentliche Trauern (Aufstellung von Gedenkkerzen zur Erschaffung eines "virtuellen Abbildes der zerstörten Stadt"(9) 1995) bis hin zur Gleichsetzung allen Leidens im Kontext von Krieg und NS ("Mahndepots" 2001 und "Gemeinschaft der Zeitzeugen"(10) als "Opferpartnerschaft" 1999 zu Guernica) war alles dabei. Somit war diese Organisation nicht nur kontinuierlich wegweisend für die "Erinnerungskultur", sie hat auch, zunächst wahrscheinlich ohne es zu wissen, den neuen, sich etablierenden Mainstream der deutschen Geschichtswahrnehmung genau getroffen. Verständlicherweise ist Matthias Neutzner, seines Zeichens Vorsitzender der IG, gegenwärtig von keiner Veranstaltung zum 13. Februar wegzudenken.
Das soll natürlich nicht heißen, dass diese Interessengemeinschaft für die lokale Rezeption der bundesweiten Viktimisierungstendenzen allein verantwortlich ist. Im Gegenteil, es gab permanent eine ganze Reihe von Initiativen aus der Friedensbewegung oder aus konservativen, kirchlichen oder neonazistischen Kreisen. Am 18. Januar 1990 wurde David Irving von Bela Ewald Althans, einem u.a. in der Wiking-Jugend aktiven Neonazi, auf eine Veranstaltung des Deutschen Jugendbildungswerkes eingeladen - die ZuhörerInnen waren fasziniert, die Tageszeitung Die Union druckte einen begeisterten Artikel ab.(11)
Dresden fällt nicht aus dem Rahmen
Als Dresden Ende 1990 Landeshauptstadt wurde, erschien es notwendig, die farblose Stadt mit einer vielschichtigen Identität auszustatten. Diese Identität wurde aus der regionalen Heimatgeschichte, Dresdens überzogenem Ruf als Barock- und Kunststadt und den lokalen Institutionen und Vereinen - den Hochschulen, dem Fussballverein und nicht zuletzt den Initiativen zum 13. Februar - konfiguriert. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass die Dauerausstellung der IG 13. Februar 1945 mit dem Titel "Lebenszeichen" nach einer Tournee durch das gesamte Bundesgebiet einen festen Platz im Turm des Dresdner Schlosses erhielt.
Der 13. Februar und die verschiedenen Gewohnheiten, mit denen er begangen wird, haben sich weiter gewandelt. Seit einem halben Jahrzehnt zieht Jahr für Jahr am Abend des 13. Februar eine der größten Neonazidemonstrationen Europas durch Dresden - es störte weder die gleichzeitig demonstrierenden Friedensinitiativen noch die zu Tausenden trauernden BürgerInnen.(12) Die Frauenkirche beherrscht wieder die Skyline von Dresden und zum 13. Februar am "Gedenken" teilzunehmen, gehört zum guten Ton. Mehrere durchaus gut besuchte Veranstaltungen pro Jahr widmen sich den Themen Bombardierung und 13. Februar, sei es die Buchvorstellung von Jörg Friedrich oder eine Podiumsdiskussion zur "Zukunft des Gedenkens". Die Lokalpresse berichtet ausgiebig über die Veranstaltungen um den 13. Februar und auch sonst bei jeder Gelegenheit, wobei auch Einzelschicksale nicht zu kurz kommen. Kurzum, der revisionistische Diskurs durchdringt in Dresden das öffentliche Leben.
Eine Entwicklung jedoch ist neu: Im Jahre 2004 gab sich "das Erinnern" einen "Rahmen". Bis zum 21. September hatte fast die gesamte High Society Dresdens unterzeichnet: Oberbürgermeister Rossberg, Prominente aus Wirtschaft, Theater, Kirche, Stiftungen, Gewerkschaften, Parteien, ferner ProfessorInnen und mehrere Mitglieder der IG 13. Februar. Höchst offiziell: Im Rathaus wurde der "Aufruf" "Dresden, 13. Februar - Ein Rahmen für das Erinnern" proklamiert. Dieser beschreibt und manifestiert damit nochmals den Inhalt des "Gedenkens", woran und warum ("...weil die Betroffenen das Recht haben..."; um die "Friedenssehnsucht" der "Generationen der Zeitzeugen" weiterzugeben, die "Verpflichtung zum Einsatz für Frieden"(13)) erinnert werde, um sich dann von den Neonazis (deren Verharmlosung von NS-Verbrechen und ihre "demokratiefeindliche und menschenverachtende Ideologien"), aber auch von allen kritischen Tendenzen ("Verhöhnung der Opfer") zu distanzieren. Selbst die Promotion des "Aufrufes" wird von der Stadt übernommen, online und im "Bürgerbüro".
Durch den von der breiten Masse der WürdenträgerInnen des bürgerlichen Spektrums unterschriebenen "Rahmen für das Erinnern" wird die öffentliche Meinung maßgeblich geprägt. Er legitimiert revanchistische Tendenzen, manifestiert einen hegemonialen Deutungsanspruch und spricht kritischer Auseinandersetzung zum "Dresdner Gedenken" jede Berechtigung ab. Wer sich zukünftig zum 13. Februar äußern will, kommt an der städtischen Richtlinie nicht vorbei.
Mythos
Um die Stadt Dresden und insbesondere um den 13. Februar hat sich ein Mythos etabliert, der sich aus verschiedenen Elementen speist. Diese spiegeln sich in den Riten, die am "Gedenktag" begangen werden und in den verzerrten Darstellungen der historischen Geschehnisse.
Die Bombardierung am 13. Februar 1945 wird als militärisch sinnlos - und darüber hinaus menschenverachtend - angesehen. Hartnäckig hält sich die weit verbreitete Legende, Tiefflieger hätten auf den Elbwiesen Menschen gejagt, die aus der brennenden Stadt zu flüchten versuchten. Permanent werden übertrieben hohe Opferzahlen genannt. Die Stadt vor dem denkwürdigen Ereignis wird ausschließlich unter dem Aspekt der Kultur- und Kunststadt, als einzigartige "Barockperle" betrachtet. Kaum jemand stellt sich die Frage - an dieser Stelle seien einige Persönlichkeiten der Politik und einiger Institutionen einmal ausgenommen -, was in Dresden am 12. Februar geschah. Es wird ignoriert oder verdrängt, dass es auch in Dresden Deportationen und bis 1943 ein Arbeitslager gab, dass "hier die größte NSDAP-Dichte pro Kopf in der Bevölkerung und die erste Bücherverbrennung im Reich war und es antijüdische Pogrome, ZwangsarbeiterInnen und politische Verfolgung gab".(14)
Die heutige Dresdner "Erinnerungskultur"(15) müsse in der ihr zugeordneten Einzigartigkeit gehegt und gepflegt werden. Es ist festzustellen, dass von Seiten der rund um den 13. Februar aktiven Gruppierungen ein paranoides Bedrohungsszenario konstruiert wird. Man fühlt sich von "linken und rechten Extremisten" bedrängt, sieht den "Gedenktag" dem Missbrauch für falsche "Ideologien" preisgegeben. Und dennoch gilt es von bürgerlicher Seite her zu konstatieren, dass es sich beim 13. Februar um ein "ganz intaktes Ritual" handele, das "durch die Instrumentalisierungen bisher nicht irritiert [werden konnte]".(16)
Die Inszenierung des "Gedenkens" selbst trägt religiösen Charakter. Es gibt einen "heiligen Ort" - rund um die Frauenkirche -, an dem kollektiv ein Ritual abgehalten wird. Ein bestimmendes Moment der zentralen Feierlichkeiten am späten Abend ist das Läuten aller städtischen Kirchenglocken. Es herrscht eine pathetisch-besinnliche Atmosphäre. Die "Gedenkenden" schweigen gemeinschaftlich.
Völlig undenkbar ist für die Gedenkenden ein Stören dieser Zeremonie, das den Mythos als Ganzen in Frage stellt. Kommt es doch dazu, hat das aggressive Überreaktionen zur Folge, weil unvorstellbar und nicht nachvolziehbar bleibt, wie ein solch "heiliger Moment" gebrochen werden kann. Die Stimmung unter den BürgerInnen ist nicht besinnlich-friedenssehnsüchtig, sondern höchst angespannt.
Das Gedenken ist zum größten Teil von persönlichen Beziehungen abgekoppelt. Familienmitglieder bei der Bombardierung verloren zu haben, ist keinesfalls eine Voraussetzung dafür, sich am Abend des 13. Februar am Altmarkt, dem Ort der Leichenverbrennungen, oder am sinnstiftenden Monument der Frauenkirche einzufinden. Gleichzeitig lassen sich die Opfer nicht in die Reihe der "großen Persönlichkeiten" einreihen, denen an Jahrestagen bestimmter biographischer Daten umfassend gedacht wird. Es wird einer anonymen Masse gedacht, die sich von anderen Kriegsopfern ausschließlich darin unterscheidet, dass es "eigene" Opfer waren, die in der "eigenen", nachher stark lädierten Stadt fielen.
Der Aspekt völkischer Identifikation wird gleichzeitig darin sichtbar, dass Gedenkveranstaltungen am 13. Februar wesentlich besser besucht sind als jene, die den Opfern der Shoah und nicht-deutschen Kriegsopfern, etwa der Alliierten, gewidmet sind. Den Begriff der Trauer auf diese Art des Erinnerns anzuwenden, ist falsch. Man ist darauf bedacht, öffentlich Masse zu demonstrieren.
Um die ausführlich dargestellte Relativierung von deutscher TäterInnen-Geschichte und das wieder erstarkte völkisch motivierte "Erinnern" nicht einfach nur geschehen zu lassen, bedarf es des Widerstands. Zum einen theoretischer, analytischer Durchdringung und der Bloßstellung von Geschichtsverdrehung und zum anderen praktischen Handelns, das Gedenkrituale wie zum 60. Jahrestag der Bombardierung Dresdens lautstark kritisiert oder stört und eine Front gegen die Opferstilisierung der deutschen TäterInnen bildet.
"Warum ist es niemandem eingefallen, daß wir mit jedem Tun eine Zukunft verwirklichen? Selbst wenn wir damit beschäftigt sind, uns zu erinnern. Wir .tun Erinnerung. in diesem Augenblick, um im nächsten etwas zu erreichen, und wäre es nur das Vergnügen, ein Vergangenes zu erwecken."
Fußnoten:
(1) Stephan Fritz, Pfarrer der Frauenkirche, auf der Diskussionsveranstaltung "13. Februar - Die Zukunft des Gedenkens" am 19. März 2004.
(2) Gerhard Schröder in seiner Rede zum "Tag der Heimat" des BdV am 3. September 2000.
(3) Phase 2, Leipzig, Viktimisierung der Deutschen, in: Phase 2.10, Dezember 2003.
(4) ". IN DER GEWISSHEIT, dass die Völker Europas [.] entschlossen sind, die alten Trennungen zu überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten [...]." Verfassung für Europa - Vertragsentwurf des Europäischen Konvents, Protokolle und Erklärungen zum Vertragswerk, hrsg. von Thomas Läufer, Bonn 2004.
(5) Ein ursprünglich von den Holocaust Studies genutztes Instrument, das von "BombenkrieghistorikerInnen" unkritisch verwendet wird, trotz offensichtlich falscher Aussagen in den ZeitzeugenInnenberichten. Jene treten an die Stelle von Tatsachen, wenn dies "nützlich" erscheint. Zudem besteht durch diesen unsachgemäßen Umgang mit "oral history" die Gefahr einer Falschgewichtung durch meinungsbildende Stellen á la .Jemand hat Tiefflieger gesehen, also waren auch welche da..
(6) Phase 2, Leipzig, German Gedächtnis. Das Konzept einer feindlichen Übernahme, in: Phase 2.09, September 2003.
(7) http://www.dresden-1945.de/verein/geschichte/index.html.
(8) "Sorry" ist manchmal das schwerste Wort - Vor dem Deutschland-Besuch der Queen: Debatte um Bombenangriffe, Sächsische Zeitung, 28. Oktober 2004.
(9) http://www.dresden-1945.de/verein/geschichte/index.html.
(10) Ebd.
(11) Die Union, 15. Februar 1990.
(12) Erst als die Nazidemo 2004 auf den 14. Februar fiel, gab es ein bürgerliches Bündnis dagegen.
(13) http://www.dresdnerblaettl.de/2004/16/04160703.htm.
(14) Gunnar Schubert, The Great Dresden Swindle. Review von Helmut Schnatz, Tiefflieger über Dresden? Legenden und Wirklichkeit, Köln 2000, in: literatur konkret 25 (2000/2001), abgedruckt auch in Cee Ieh 96, Februar 2003.
(15) So die gängige Rhetorik unter den ProtagonistInnen der Gedenkveranstaltungen.
(16) Karl-Siegbert Rehberg, Professor für Soziologische Theorie, Theoriegeschichte und Kultursoziologie an der TU Dresden auf der Diskussionsveranstaltung "13. Februar - Die Zukunft des Gedenkens" am 19. März 2004.
== Gruppe Sabotage, Dresden ==
[Nummer:14/2004 ]
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