Thyssen - not bad man!
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 14.03.03 09:53 | ||||
Eröffnet am: | 21.02.03 19:27 | von: Gekko is ba. | Anzahl Beiträge: | 19 |
Neuester Beitrag: | 14.03.03 09:53 | von: Pichel | Leser gesamt: | 8.960 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 11 | |
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Das Kapital: Ist ThyssenKrupp glatt das Doppelte wert?
Man hätte es ahnen müssen: Analysten sind auch nur Menschen. Die mit ThyssenKrupp betrauten lassen sich grob in zwei Gruppen unterteilen. Nicht wenige rechnen systematisch falsch, zu Ungunsten von Thyssen.
Zum Ausgleich schätzen sie relativ hohe Gewinne, damit ihre Kursziele nicht lächerlich niedrig daher kommen. Andererseits gibt es solche, die zwar richtig rechnen. Um ihre Diskontierungsmodelle nicht durch die Decke schießen zu lassen, tricksen sie dafür sonst wo. Besonders beliebt sind verhaltene Geschäftsprognosen.
Der Knackpunkt ist die Behandlung von Rückstellungen für Pensionen und Gesundheitsfürsorgeverpflichtungen von insgesamt 7 Mrd. Euro. Davon entfallen 5,9 Mrd. Euro auf rückstellungsfinanzierte Pensionszusagen in Deutschland und Italien, womit vor allem angelsächsische Broker ihre liebe Not haben. Ohne Frage sind diese eine Art von Fremdkapital, mit denen Thyssen Anlagen finanziert hat. Entsprechend definieren die Analysten den Unternehmenswert (EV) grob gesprochen als Börsenwert (5,1) plus Netto-Finanzverbindlichkeiten (4,9) plus Pensionsrückstellungen (7), also auf 17 Mrd. Euro.
Der Schlamassel fängt an, sobald man den so kalkulierten EV mit dem Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Goodwill (Ebitda) vergleicht. Viele verwenden dazu den ausgewiesenen Ebitda. Das ist Unsinn! Denn der ist bereits um Pensionskosten geschmälert. So hat Thyssen 2001/2 für rückstellungsfinanzierte Pensionen 437 Mio. Euro als Gehaltskosten verbucht. Die tatsächlichen Rentenzahlungen beliefen sich auf 444 Mio. Euro. Will man also ermitteln, wie viel für Aktionäre, Gläubiger und (künftige) Rentner vorhanden ist, dann muss ein Gutteil der Pensionskosten zum Ebitda zurückaddiert werden. Zumindest gilt das für die Aufzinsung der bereits erworbenen Ansprüche von 336 Mio. Euro. Sonst würden die Pensionskosten Thyssen ja doppelt angekreidet.
Das ist so, als ob man den diskontierten freien Cashflow von vornherein nach Zinsen berechnete - und zur Aktienbewertung trotzdem die Netto-Schulden abziehen würde. Ein kleines Rechenbeispiel zeigt, was dieser Irrtum bedeutet. Sagen wir, Thyssen erziele operativ einen freien Cashflow von 0,8 Mrd. Euro, der über den Zyklus im Mittel um drei Prozent wachse. Mit acht Prozent diskontiert, ergibt das einen fairen EV von 16 Mrd. Euro. Die Finanzschulden und die Pensionsrückstellungen abgezogen, entspräche das einem fairen Aktienwert von 4,1 Mrd. Euro.
Bloß geht die Kapitalflussrechnung von Thyssen ja vom Netto-Gewinn aus. Wer also die Rückstellungen als Verbindlichkeit ansieht, muss korrekterweise auch die Pensionsaufzinsung von 336 Mio. Euro auf den operativen Cashflow zurückaddieren.
Na ja, und wenn man den operativen Cash um 336 Mio. Euro bereinigt, liegt der faire EV ceteris paribus plötzlich bei 22,7 Mrd. Euro. Nach Abzug von Schulden und Pensionsrückstellungen ergäbe das einen Aktienwert von 10,8 Mrd. Euro. Alternativ könnte man auch einfach den ausgewiesenen Cash (er ist ja da!) diskontieren; dann indes ist der EV nur als Börsenwert plus Schulden zu definieren.
Nach beiden Methoden müsste sich die Aktie glatt verdoppeln - zumindest wenn die weit auseinander klaffenden Analystenschätzungen zum freien Cash im Schnitt zu gebrauchen sind. Dass die Aktie günstig ist, ist jedenfalls mehr als eine Ahnung.
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Mal schauen, wenn das stimmt, dann wäre das eine der peinlichsten Aktionen in der jüngeren I-Banking Geschichte!
Auf jeden Fall lohnenswert das ganze mal weiter zu verfolgen ...
Gruß - Gekko
thyssen bleibt auf meiner watchlist - als bottom fishing aktie. ich werde wohl zugreifen wenn sie die 38 tage linie deutlich überwunden haben.
volvic
Daher stellt sich mir ernsthaft folgende (strategische) Frage:
Sollte man bei einigen Standard Werten schon vor Klärung der Kriegsfrage einsteigen?
Eigentlich halte ich es für sinnvoll, mit der ersten langfrist Tranche bis zum evtl. Kriegsausbruch zu warten. Doch frage ich mich in Anbetracht des Ausmaßes des Sell-offs, insbesondere bei Bayer und Thyssen, ob es bei Einzelwerten u.U. auch schon vor dem Krieg zu ATLs kommen kann.
Ist die Chance für Übernahmen wirklich so gering? Die großen Pharmas sind noch immer sehr cash rich. Trotz des üblen Einbruchs sollte eine Übernahme doch mit einem Aufschlag von max. 50% zu bewerkstelligen sein. Dann bekommt man die Pharma, integriert sie, und verkloppt den ganzen anderen Kram (CropScience, Polymere, Chemie, Healthcare). Am besten eine Art von Asset Deal und die ganzen anhängigen Verfahren bei der alten Hülle lassen ;-)
Aber mal im Ernst. Wenn ein Unternehmen sich für das Disposal der anderen Kernaktivitäten Zeit lässt (und sie auch hat), dann wird sie am Ende die Pharma Sparte für das 0.0 bis 0.5 fache vom Umsatz bekommen. Was machen denn die ganzen Investmentbanker den lieben langen Tag? Eigentlich sollten alle Goldmänner dieser Welt vor den Bürohäusern von Pfizer & Co. übernachten, um keine Sekunde zu verpassen, die von solchen Plänen zu überzeugen ;-)
Gruß - Gekko
Ich glaube,dass man eine Thyssen auf diesem Niveau durchaus kaufen kann.
Es gibt für den Nervenkitzel auch nen scönen Wave der DB,allerdings ist der bei 8.00 Euro ko.Etwas zu nervig.
Bayer ist auch ein Kauf-die amerikanischen Anwälte wollen mit diesen Veröffentlichungen doch nur Druk ausüben,um gute Vergleiche,an denen sie in der Regel quota litis beteilgt sind,abzuschliessen.
Ciao B.L.
Mfg
Was die Thyssen Gutachten angeht, glaube ich nicht, dass diese das Rating ändern können. Allerdings könnte der Kapitalmarkt positiv auf die Ergebnisse reagieren. Zudem ist es schon erstaunlich, wie uneins sich Moodys und S&P in dieser Thematik sind. Was Fitch dazu meint weiß ich nicht, aber ich glaube die kümmern sich mehr um Finanzwerte.
Genau deshalb wäre ja ein take-over so charmant. Keine Zeit mehr einzudecken für die shorties und ein ganz böser quick squeeze. Na ja, leider nur Träumerei ...
Was diese Titel angeht, mag ich eigentlich keine Zertis. Da gibt es OS mit aus meiner Sicht deutlich günstigeren Chance/Risiko Verhältnissen. Zudem sehe ich diese trades nicht auf Monats- sondern Jahressicht. Aktualisiere meine Watchlist an OS für diese Titel jedoch nur gelegentlich. Aufgrund der massiven Verluste kann ein Schein, der vor zwei Wochen noch der beste für den trade war, heute schon aufgrund eines 30%-50% Spreads außerhalb jeder Diskussion stehen. Deshalb schaue ich mir nur das Underlying an und checke die Scheine erst, wenn ich kaufen will.
Gruß - Gekko
Wenn man so einen Laden ordentlich melkt, dann hat man 3-4 Jahren das Investment wieder rein. Das sind jedoch unrealistische Gedankenspiele, da eine Übernahme auch mit erheblichem Aufschlag nicht möglich ist.
Weniger hypothetisch wäre jedoch endlich mal ein deutliches Commitment solcher Unternehmen, wie ThyssenKrupp, die Ausschüttungen an die Aktionäre drastisch zu erhöhen. Eine langfristige Ausschüttungsquote von 25%-50% wird dem Markt und der Positionierung solcher Unternehmen einfach nicht gerecht. Hier braucht es m.E. eine kontrollierte Desinvestitionsstrategie und die klare Bekenntnis zu so schneller und hoher Rückführung an die Aktionäre (durch Dividenden & Aktienrückkäufe) wie nur möglich.
Das ist Shareholder Value Politik! Das würde sich auch schnell im Marktwert wiederspiegeln, weil dann nämlich auch Investoren, die nicht die Kontrolle über das Unternehmen erlangen können, von seinem inneren Wert profitieren könnten. OK, dann wäre Thyssen nach spätestens 10 Jahren im M-DAX - na und? Dem Management, welches eine solche Strategie endlich einmal konsequent umsetzt und dabei Verantwortungsbewusstsein zeigt, würde ein bedeutenderer Platz in der Wirtschaftsgeschichte zu Teil, als vielen der CEO's, die ihren Ruhm auf ein Imperium gründeten, für das sie maßlos Aktionärsgelder verbrannt haben.
Die Frage steht und bleibt, was einen derartigen Wandel auslösen sollte. Ein Aktionär, wie die Krupp-Stiftung mit 17% Anteil? Da ist nicht viel zu erwarten. Die Märkte sind nicht effizient genug, es bestehen zu viele Hemmnisse.
Auch wenn nicht besonders durchdacht, so sollte man m.E. dennoch eine steuerliche Diskriminierung von einbehaltenen Gewinnen gegenüber Ausschüttung diskutieren. Zwar kann man nicht leugnen, dass dies zumindest kurzfristig zu geringeren Investitionen führen würde. Doch dafür sollte sich mittel- bis langfristig die Effizienz der Kapitalallokation deutlich erhöhen. Wer Angst hat, dass dann in Deutschland gar nicht mehr investiert werden würde, der muss sich zumindest die Frage gefallen lassen, warum denn dann jetzt hier investiert werden sollte ...
Gruß - Gekko
Bayer und DCX stehen auch drauf - werde wohl noch diese Woche erste Positionen aufbauen.
Mal sehen !
Gruß
Nobody II
Diskussion über die Vor- und Nachteile möglicher Lösungsansätze würden mich interessieren. Daher habe ich zunächst die steuerliche Diskriminierung von Gewinneinbehalten in den Ring geworfen.
Gruß - Gekko
Einbehaltene Gewinne nochmals bzw. stärker zu versteuern, halte ich nicht für einen Lösungsansatz.
Die aktuelle Regelung finde ich sehr interessant. Ich finde dem Shareholder Value ist mehr geholfen, wenn Manager nur noch Aktienoptionen bekommen und diese sich an aktuellen Marktpreisen und Zielen orientieren. Weiterhin sollten diese Optionen nur eine kurze Laufzeit (max. 1,5 Jahr - Geschäftsjahr + HV-Termin haben).
Aber das scheitert schon daran, dass der Aufsichtsrat in den meisten Firmen eher ein verlängerter Vorstandsarm ist und nicht bereit ist, Unternehmensbezogene Entscheidungen auch mal gegen den Vorstand durchzuboxen.
Gruß
Nobody II
Marktbewertungs bezogene Vergütung hat zudem ein grundsätzliches Problem: Unternehmerisch günstige Entscheidung haben nicht viel mit kurzfristig steigender Börsenbewertung zu tun. Hier besteht die große Gefahr, das zu hohe Incentives für Maßnahmen entstehen, die zwar kurzfristig der Bewertung helfen, aber den Unternehmenswert nicht steigern.
Wenn allerdings die Kapitalausschüttung zum Imperativ wird, dann muss dies zwangsläufig zu einer effizienteren Verteilung des vorhandenen Kapitals führen. Weil im Prinzip dann für neue Investitionsprojekte auch neues Kapital eingeworben werden muss. Es heisst nämlich nicht, dass wachsende Unternehmen mit guten Projekten weniger Kapital zur Verfügung gestellt bekommen. Im Gegenteil. Sie werden mehr erhalten, weil den Unternehmen, die keine vorteilhaften Investitionsprojekte mehr haben, das Kapital entzogen würde.
Gruß - Gekko
beides zusammen genommen sorgt dafür, dass manager versuchen kursverluste zu vermeiden, und mittel- bis langfristig an steigenden kursen interessiert sind. um den motor nicht zu verheizen werden maßnahmen ergriffen die über jahre funktionieren und nicht kurzfristig gewinne schinden und danach negative aussichten haben.
aber so wirds nicht kommen - die deutschland AG wird von weniger als 500 personen kontrolliert. und denen geht es nicht um shareholder-value, sondern um die persönliche kasse!
volvic