Mittelständler legen sich mit Stoiber an
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Eröffnet am: | 13.09.02 09:15 | von: Happy End | Anzahl Beiträge: | 5 |
Neuester Beitrag: | 13.09.02 12:58 | von: vega2000 | Leser gesamt: | 862 |
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Die Aussagen zum Dosenpfand „machen Ihr „Startprogramm Deutschland“ zu einem Mittelstands-Vernichtungsprogramm für die Getränkewirtschaft“, schreiben die Verbandsvertreter an Stoiber. Die über 800 im Verband organisierten mittelständischen Privatbrauereien sowie die etwa 10 000 Betriebe des Getränkefachhandels „hatten im Vertrauen auf geltendes Recht viele Milliarden Euro in Mehrweg investiert. 250 000 Arbeitsplätze hängen vom Fortbestand des Mehrwegsystems ab.“
Brauereien vs. Stoiber
Der Streit um das Dosenpfand schwelt weiter: Mittelständische Brauereien und Getränkehandel haben am Donnerstag einen empörten offenen Brief an Unions-Kanzlerkandidat Stoiber (CSU) gerichtet. In mehreren Tageszeitungen erschien ein Text, in dem Verbandsvertreter sich für die Einführung eines Dosenpfands aussprechen.
Eine Regelung für das Dosenpfand hatte der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) 1991 auf den Weg gebracht - ein Pflichtpfand ist demnach nur so lange ausgesetzt, wie der Mehrweganteil am Getränkeverbrauch in Deutschland über 72 Prozent liege.
Pläne der Bundesregierung
Die rot-grüne Bundesregierung will darum zum 1. Januar 2003 ein grundsätzliches Pflichtpfand auf Dosen und Einwegverpackungen mit Bier, Limonaden und Mineralwasser einführen, weil die gesetzlich vorgeschriebene Mehrwegquote von 72 Prozent dauerhaft unterschritten wurde.
Nachdem er, so die Verbandsvertreter, noch im Juni 2002 schriftlich versichert hatte, die bayerische Staatsregierung werde dem Dosenpfand nicht im Weg stehen, hatte Stoiber im Wahlkampf mehrfach angekündigt, bei einem Wahlsieg der Union werde es kein Dosenpfand geben.
250.000 Arbeitsplätze in Gefahr?
Dies rief scharfe Kritik der Getränkewirtschaft hervor. "Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie mit dieser Ankündigung der beabsichtigten Aussetzung des Dosenpfands die Existenz von über 10.000 mittelständischen Unternehmen mit 250.000 Arbeitsplätzen gefährden?", kritisierten die Vertreter der mittelständischen Brauereien Stoiber daraufhin in ihrem Brief.
Die Reaktionen auf sein Versprechen hatte sich Bayerns Ministerpräsident sicher anders vorgestellt: Als die CDU 1991 die Regelung zum Dosenpfand auf den Weg brachte, hatten Großbrauereien und Einzelhandelsketten gegen das Pfand geklagt, da sie Kosten in Millionenhöhe fürchteten. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht in Düsseldorf erst am Dienstag die Pfand-Regelung für rechtswidrig erklärt.
Hoffte Stoiber nun, einen Schritt auf die Wirtschaft zuzumachen, musste er feststellen, dass sich die Meinung vieler Beteiligter zum Thema in der Zwischenzeit gewandelt hat. Der Anteil der Mehrwegverpackungen am Getränkeverbrauch in Deutschland befindet sich, so die Verbandsvertreter, "im freien Fall": Aktuell würden nur 54,4 Prozent der Getränke in Mehrwegverpackungen verkauft. Ein Problem für viele Anbieter, die nach eigenen Angaben viele Milliarden Euro in Mehrwegsysteme investiert haben - ausgehend von einer bevorstehenden rechtlich zwingenden Pfandpflicht auf Einweg-Verpackungen.
Genau umgekehrt sieht es der stellvertretende Unions-Fraktionschef Klaus Lippold (CDU). Er wies auf die zahlreichen Klagen gegen das Pfand hin und betonte, das Dosenpfand werde zu zusätzlichen Belastungen für die Wirtschaft führen. Deswegen wolle eine unionsgeführte Bundesregierung das Dosenpfand durch eine Selbstverpflichtung ersetzen. Er erhielt dabei Unterstützung vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE). Dadurch kam zum Ausdruck, dass die Autoren des Schreibens keinesfalls die gesamte Wirtschaft hinter sich haben.
Gegenwind für Stoiber in Bayern
Besonders groß ist der Widerstand gegen Stoiber in seinem eigenen Bundesland: 500 der 800 mittelständischen Brauereien des Bundesverbandes Mittelständischer Privatbrauereien, für den Geschäftsführer Roland Demleitner den offenen Brief unterzeichnet hat, sind in Bayern ansässig. Demleitner betonte, die Regelung zum Dosenpfand sei 1991 von einer unionsgeführten Regierung beschlossen worden. "Es können doch nicht diejenigen, die es damals auf den Weg gebracht haben, nun davon abrücken. Das ist nicht das, was wir unter glaubhafter Politik verstehen."