American dream ?
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Eröffnet am: | 07.09.02 22:49 | von: hjw2 | Anzahl Beiträge: | 4 |
Neuester Beitrag: | 08.09.02 11:07 | von: sarah.w | Leser gesamt: | 1.360 |
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07.09.2002
Ausland
Kolumne von Mumia Abu-Jamal
Rückkehr der »Spitzel-Patrouillen«
Justizminister Ashcroft macht mit T.I.P.S. die USA zum Polizeistaat
Das Justizministerium unter Ashcroft hat ein neues ziviles Spionagesystem auf die Tagesordnung gesetzt, mit dem Fernfahrer, Taxifahrer, Postboten und Klempner im jüngsten »endlosen Krieg« – dem Krieg gegen den Terrorismus – zu inoffiziellen Agenten gemacht werden. Sie sollen rekrutiert werden, um ihre Nachbarn und Kunden zu bespitzeln und unverzüglich alle »verdächtigen« Vorgänge an T.I.P.S.-Hotlines und Kontaktstellen im US-Justizministerium zu melden.
Mit T.I.P.S. (Terrorism Information and Prevention System), also nach offizieller Lesart ein System zur Sammlung von Daten zur Verhinderung des Terrorismus, soll jede Straßenecke in den USA, also potentiell jedes Haus und jeder Hof, permanenter öffentlichen Überwachung unterworfen werden. Und wenn der »Krieg gegen den Terrorismus« wie angekündigt viele Generationen dauern soll, wird dann nicht auch diese Überwachung viele Generationen dauern?
Wenn so etwas in, sagen wir einmal: Kuba angekündigt würde, würden dann nicht die US-Medien überschäumen davon, daß es sich um einen »Polizeistaat« handelt, in dem »Nachbarn ihre Nachbarn ausspionieren«?
Die Geschichte, jene Dame mit dem langen Gedächtnis, lehrt uns, daß sich nur wenig Neues unter dem sonnigen Firmament ereignet: Im Sommer 1917 zogen über eine Million Amerikaner in den Ersten Weltkrieg gegen Deutschland. Und wie immer in Zeiten des Krieges (und der Erste Weltkrieg war in den USA alles andere als populär) versuchte die Regierung, jeden Dissenz im Keim zu ersticken, und sie wollte ihre Bürger dazu bringen, sich an einer großangelegten »privaten« Spitzelkampagne gegen »unloyale« Mitbürger zu beteiligen. Die damalige Administration unter Präsident Woodrow Wilson meinte mit »unloyalem« Verhalten jeden, der sich kritisch gegenüber dem Krieg äußerte. Das US-Justizministerium finanzierte und förderte die sogenannte American Protective League (A.P.L. – Amerikanische Schutz-Liga), die bereits im Juni 1917 über 100000 »patriotische« Mitglieder zählte. Die US-Regierung forderte die A.P.L.-Mitglieder auf, ihre Nachbarn und Arbeitskollegen auszuspionieren. Sie durchstöberten die Post, infiltrierten private Zusammenkünfte und bespitzelten öffentliche Veranstaltungen. Kritik am »europäischen Krieg« wurde als ein Verbrechen angesehen. Die A.P.L. gab an, sie habe etwa drei Millionen Vorkommnisse von »unloyalem« Verhalten gegenüber der Wilson-Regierung aufgedeckt, was den damaligen Justizminister A. Mitchell Palmer unendlich zufrieden machte: »Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, daß dieses Land noch nie zuvor in seiner Geschichte derart perfekt überwacht worden ist«, prahlte er.
Der große Sozialist und Gewerkschafter Eugene V. Debs wurde ins Gefängnis geworfen, weil er sich öffentlich gegen den Krieg ausgesprochen hatte: »Alle Kriege sind im Verlaufe der Geschichte geführt worden, um zu erobern und zu plündern. ... Und genau das ist Krieg auf den kurzen Nenner gebracht. Die Klasse der Herren hat immer schon die Kriege erklärt, die Klasse der Abhängigen mußte immer schon für sie in die Schlachten ziehen.« Für diese Worte wurde der 62jährige Debs zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Hunderte andere folgten ihm, abgesegnet durch einstimmige Gerichtsbeschlüsse des Obersten Bundesgerichts der USA.
Achtzig Jahre hat diese Nation gebraucht, um von A.P.L. zu T.I.P.S zu kommen. Wieviel hat sich verändert von einem zum anderen Spitzelprogramm? Trauen Sie noch Ihrem Nachbarn? Oder, vielleicht noch wichtiger: Trauen Sie noch Ihrer Regierung?
(Übersetzung: Jürgen Heiser)
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6. Sep. 2002 Die Grünen streben nach der Bundestagswahl umfassende Reformen in der Innen- und Rechtspolitik an. Bürgerrechte sollen erweitert und Diskriminierungen abgebaut werden. Insbesondere die Rolle der Geheimdienste wollen die Grünen prüfen, sagte der innen- und rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Volker Beck, am Freitag in Berlin.
Angesichts wiederkehrender Pannen, wie zuletzt beim NPD-Verbotsverfahren, bedürfe es bei den Geheimdiensten eines Neuanfangs. Nach Vorstellung Becks sollte eine mit Experten besetzte Strukturreform-Kommission klären, „was Geheimdienste dürfen, wo ihre Grenzen sind und wie sie wirksam kontrolliert werden können“. Außerdem möchten die Grünen einen Geheimdienstbeauftragten einsetzen.
Telefonüberwachung einschränken
Beck bezweifelte, dass eine Struktur mit Bundesverfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischem Abschirmdienst (MAD) sowie 16 Landesämtern für Verfassungsschutz noch zeitgemäß und effizient sei. „Bei 19 Diensten sollte es nicht bleiben.“ Bei dem mit der V-Mann-Affäre belasteten NPD-Verbotsverfahren habe sich gezeigt, dass dies nicht praktikabel sei. Auch die Befugnisse der in einer Grauzone operierenden V-Leute müssten geklärt werden.
Einschränken wollen die Grünen die Befugnisse zur Telefonüberwachung. Hier sei Deutschland Weltmeister. „Wir hören zehn Mal häufiger pro Kopf der Bevölkerung ab als die USA“, sagte Beck. Als weitere Reformziele nannte der Grünen-Politiker ein Recht auf Akteneinsicht und mehr direkte Demokratie mit Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene. Beide Vorhaben waren in dieser Legislaturperiode gescheitert.
Nicht-eheliche, heterosexuelle Lebensgemeinschaften sollten nach Vorstellung der Grünen rechtlich abgesichert werden. Dabei gehe es darum, die Rechtsfolgen des Zusammenlebens zu regeln, wie etwa ein Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht. Ferner wollen die Grünen den Datenschutz ausbauen und einen neuen Anlauf für ein Anti-Korruptionsregister nehmen. Bei der Kriminalitätsbekämpfung setzen die Grünen die Prävention an die erste Stelle.
Für Innen- und Rechtspolitik der zu Ende gehenden Wahlperiode zog Beck eine positive Bilanz. Mit Rot-Grün sei Deutschland demokratischer und weltoffener geworden. Beck verwies unter anderem auf das neue Staatsbürgerschaftsrecht, die Zuwanderungsregelung, die Zwangsarbeiterentschädigung, die Reform des Schuldrechts und der Zivilprozessordnung, das Gewaltschutzgesetz und das Gesetz für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften.
Text: dpa
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Angesichts wiederkehrender Pannen, wie zuletzt beim NPD-Verbotsverfahren, bedürfe es bei den Geheimdiensten eines Neuanfangs. Nach Vorstellung Becks sollte eine mit Experten besetzte Strukturreform-Kommission klären, „was Geheimdienste dürfen, wo ihre Grenzen sind und wie sie wirksam kontrolliert werden können“. Außerdem möchten die Grünen einen Geheimdienstbeauftragten einsetzen.
Telefonüberwachung einschränken
Beck bezweifelte, dass eine Struktur mit Bundesverfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischem Abschirmdienst (MAD) sowie 16 Landesämtern für Verfassungsschutz noch zeitgemäß und effizient sei. „Bei 19 Diensten sollte es nicht bleiben.“ Bei dem mit der V-Mann-Affäre belasteten NPD-Verbotsverfahren habe sich gezeigt, dass dies nicht praktikabel sei. Auch die Befugnisse der in einer Grauzone operierenden V-Leute müssten geklärt werden.
Einschränken wollen die Grünen die Befugnisse zur Telefonüberwachung. Hier sei Deutschland Weltmeister. „Wir hören zehn Mal häufiger pro Kopf der Bevölkerung ab als die USA“, sagte Beck. Als weitere Reformziele nannte der Grünen-Politiker ein Recht auf Akteneinsicht und mehr direkte Demokratie mit Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene. Beide Vorhaben waren in dieser Legislaturperiode gescheitert.
Nicht-eheliche, heterosexuelle Lebensgemeinschaften sollten nach Vorstellung der Grünen rechtlich abgesichert werden. Dabei gehe es darum, die Rechtsfolgen des Zusammenlebens zu regeln, wie etwa ein Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht. Ferner wollen die Grünen den Datenschutz ausbauen und einen neuen Anlauf für ein Anti-Korruptionsregister nehmen. Bei der Kriminalitätsbekämpfung setzen die Grünen die Prävention an die erste Stelle.
Für Innen- und Rechtspolitik der zu Ende gehenden Wahlperiode zog Beck eine positive Bilanz. Mit Rot-Grün sei Deutschland demokratischer und weltoffener geworden. Beck verwies unter anderem auf das neue Staatsbürgerschaftsrecht, die Zuwanderungsregelung, die Zwangsarbeiterentschädigung, die Reform des Schuldrechts und der Zivilprozessordnung, das Gewaltschutzgesetz und das Gesetz für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften.
Text: dpa