Atomausstieg: "Überhaupt kein Problem"
Wer sich jahrein jahraus in die Tasche lügt, der kommt von seiner Scheuklappenposition auch im Katastrophenfall schwer runter. Karlchen muss aber keine Wahlen bestehen, also ist er nicht im Zwang althergebrachte Gebetsmühlen zu überdenken, denn in überdenken, steckt auch "denken" drin. Und das ist nun mal zuviel der Mühe.
25. März 2011, 10:31, NZZ Online
Pandoras AtomkraftwerkeVon der Überwälzung der AKW-Risiken auf die Allgemeinheit
«Büchse der Pandora»: Fässer mit radioaktivem Inhalt lagern vor den Gebäden des Zwischenlagers (Zwilag) in Würenlingen. (Bild: Keystone / Steffen Schmidt)
Die Risiken der Atomenergie spiegeln sich nicht in dem Preis des Atomstroms, sondern werden auf die Allgemeinheit überwälzt. Eine verstärkte Internalisierung der Kosten wäre die Voraussetzung für einen ökonomischeren Energie-Mix.
Von Marco Metzler
Das Reaktorunglück in Fukushima hat nach Tschernobyl zum zweiten Mal die Büchse der Pandora geöffnet. Trotz kleinster Wahrscheinlichkeit ist mit dem Erdbeben und dem Tsunami die Katastrophe eingetreten. Weder die Wissenschafter noch die Ingenieure haben in ihren Berechnungen für Fukushima mit einem so grossen externen Störfaktor gerechnet. Wie schon im Vorfeld der Finanzkrise haben die Prognose-Modelle versagt.
Keine Internalisierung
Aus ökonomischer Sicht zeigt sich mit dem Reaktorunfall von Fukushima, dass die negativen externen Effekte der Atomenergie – das Unfallrisiko und die Endlagerung radioaktiver Abfälle – bisher zu stark vernachlässigt wurden. Analog zu fossilen Energiequellen wurden die Externalitäten untertrieben oder gar verneint, um den Preis für Atomstrom billig zu halten. Dies führte zu Fehlallokationen: Es wird mehr Atomenergie eingesetzt, als dies volkswirtschaftlich unter Berücksichtigung der externen Kosten sinnvoll wäre.
Ungeachtet des Reaktorunglücks in Japan ist in der Schweiz die Atomenergie-Lobby weiterhin anderer Meinung: Roland Bilang, Geschäftsführer beim Nuklearforum Schweiz, verneint, dass es sich bei den Themen Unfall und Endlagerung um Externalitäten handelt. Dem widerspricht ein Vertreter der erneuerbaren Energien: Christian Zeyer, Leiter Strategie beim liberalen, auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Wirtschaftsverband Swisscleantech ist überzeugt, dass die externen Kosten der Atomenergie nicht internalisiert sind und deshalb nicht richtig gerechnet wird.
Unzureichende Haftung
Wer würde in der Schweiz für einen Unfall ähnlich wie in Fukushima haften? Laut Bilang sind durch Versicherungen und internationale Verträge Schäden bis zu 2 Mrd. Franken gedeckt. Für mindestens 900 Mio. Franken haftet der Betreiber des AKW, weitere 640 Mio. Franken deckt der Staat ab. Weitere 380 Mio. Franken sind über internationale Verträge geregelt. Darüber hinaus haften die Betreiber unbeschränkt. Gemäss Bilang erscheinen 2 Mrd. Franken auf den ersten Blick als wenig, entsprechen aber «dem vollen Risiko, da grosse Schadenspotenziale mit kleinen Eintretenswahrscheinlichkeiten multipliziert werden».
Wie Fukushima gezeigt hat, ändert die kleine Unfallwahrscheinlichkeit nichts daran, dass die tatsächlichen Unfallfolgen verheerend ausfallen. Zudem beruhen sowohl Schadenspotenziale wie auch Eintretenswahrscheinlichkeiten auf Modellrechnungen, die je nach Annahmen völlig unterschiedliche Resultate liefern. Nach Fukushima müssen viele Behauptungen, die in der Branche als selbstverständlich galten, kritisch hinterfragt werden.
Prohibitiv teurer Schaden
Sollte sich in der Schweiz ein ähnlich verheerender Unfall wie in Fukushima ereignen – sei dies durch einen AKW-internen oder -externen Schock – , dann reicht die Haftungsbegrenzung von 2 Mrd. Franken gemäss Zeyer schnell nicht mehr, was auch Schätzungen des Bundes zeigten. Allein schon das Aufräumen eines grösseren Nuklearunfalls ohne starker Verstrahlung der Umgebung würde vermutlich Kosten von mehreren Mrd. Franken nach sich ziehen. Es frage sich, ob die Betreiber dann noch in Lage sein würden, für die Dekontaminationskosten aufzukommen oder ob das Eigenkapital bereits aufgebraucht sei und der Staat die Kosten übernehmen müsse.
Laufe ein Unfall – analog zu Fukushima – aus dem Ruder könnte sogar eine Versicherungsdeckung von 50 Mrd. Franken nicht mehr reichen. Das Bundesamt für Energie sei in einer in der Folge von Tschernobyl erstellten Studie gar von einem möglichen Gesamtschaden von 4000 Mrd. Franken ausgegangen. Das Szenario sei dabei von einer Freisetzung grosser Mengen Radioaktivität aus dem AKW Gösgen, einer grossflächigen Verstrahlung sowie einer Evakuierung und Dekontamination der ganzen Region Zürich ausgegangen.
Zu Lasten des Steuerzahlers
Da die Schweizer Betreiber von Atomkraftwerken zu einem beträchtlichen Teil der öffentlichen Hand gehören, haftet der Steuerzahler bereits indirekt bis zur Zahlungsunfähigkeit des Betreibers. Wenn dann zudem der Staat einspringen muss, wird der Steuerzahler schliesslich auch direkt zur Kasse gebeten. Er kommt also für die gesamte Differenz zwischen der Versicherungssumme und dem Gesamtschaden auf. Die ungenügende Haftung der Betreiber ist ein klassisches «Moral hazard»-Problem. Analog zur «Too big to fail»-Thematik bei Grossbanken werden auch in der Atombranche Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert.
Der Förderung des billigen Stroms zuliebe hat die Politik den Atomstrom bisher subventioniert. Die Hersteller und Betreiber von Atomkraftwerken haben ein Interesse daran, dass die Bevölkerung die wirtschaftlichen Risiken und externen Kosten übernimmt. Bei der ungelösten Endlagerungsfrage wird das Problem gar an die nächsten Generationen weitergereicht. Es gibt ähnliche Beispiele, dass Politiker oftmals zu kurzfristig denken, weil sie in erster Linie ihre Wiederwahlchancen optimieren wollen. Man sieht die Folgen davon auch bei der Verschuldung von Staaten oder bei den wenig nachhaltigen Vorsorgesystemen.
Wege der Internalisierung
Mit einer konsequenten Internalisierung der negativen externen Effekte des Atomstroms könnte die verzerrende Subventionierung vermindert werden.
usw.... es geht da um politische Preise, subjektive Kriterien, NAchhaltigkeit, all das was AKW-Fans halt nicht interessiert, aber trotzdem sehr lesenswert.....
Die Hoffnung in der Büchse
Paradoxerweise ruhen die Hoffnungen für eine regulatorische Internalisierung auf den Politikern – dabei gilt es zu bedenken, dass gewisse Politiker – beispielsweise als Lobbyisten – von der Energiebranche profitieren. Ein Kurswechsel angesichts solcher Verflechtung wird schwierig. Hinzu kommt, dass eine Internalisierung idealerweise auf europäischer oder internationaler Ebene abgestimmt sein müsste. Die langsame Geschwindigkeit, mit der in jüngster Zeit an Klimakonferenzen Fortschritte erzielt wurden, lässt auch hier wenig Hoffnung aufkommen.
Damit schliesst sich der Kreis zur Büchse der Pandora. In der griechischen Sage enthielt diese neben all dem aus ihr entweichenden Übel als einzig Positives auch die Hoffnung – doch bevor diese hätte entweichen können, wurde sie schon wieder geschlossen. Kommt es diesmal anders? Mit jedem Tag, an dem die nukleare Katastrophe in Fukushima andauert, entweicht zusammen mit der Radioaktivität als einzig Positivers auch ein wenig Hoffnung, dass die externen Kosten von Energie künftig stärker internalisiert werden. Dies würde Unfälle unwahrscheinlicher machen und langfristig gesehen den Nutzen Aller nachhaltig erhöhen.
http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/...e_1.10012987.html
Japanische Waferfabrik mit hohem Weltmarktanteil in der geräumten Zone. Das lässt sich nicht eben mal auffangen oder umlagern.
Wegen zerdeppterten Solaranlagen oder umgefallen Windrädern hätte man die Produktion schon lange wieder aufnehmen können.
Ob das stolpern der Weltwirtschaft der Atom-Strom-Kostenrechnung zugeschlagen wird?
Wahrscheinlich mal wieder nicht.
So schnell wie die Positionen der Regierung rotieren, müsste man die doch als Dynamo nützen können?
MORGEN, SONNABEND - DEMONSTRIEREN GEHEN
!!!
Das können wir wenigstens tun.
Je mehr, desto besser. Nicht zu bequem sein!
Die Atomlobby hat eine riesige Macht, aber ohne die Kunden ist sie NICHTS!
Berlin - Trotz ihrer angekündigten Abkehr von der Atomkraft in Deutschland will die Bundesregierung offenbar im internationalen Nukleargeschäft alle Optionen wahren. Mit den Stimmen von Union und FDP lehnte der Haushaltssausschuss des Bundestages vorige Woche den Antrag der drei Oppositionsfraktionen ab, die Zusage einer Hermes-Exportbürgschaft für den Bau eines Atomkraftwerkes in Brasilien zu stornieren.
Die Bundesregierung hatte vor einem Jahr zugesagt, den Bau des Atomkraftwerkes Angra 3 nahe der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro mit einer Milliardenbürgschaft zu subventionieren.Gebaut wird das Werk vom deutsch-französischen Konsortium Areva/Siemens. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven Kindler kritisierte, die Regierung entscheide weiterhin im "Zweifel für die Atomlobby".
"Unsere bisherige Argumentation in der Kernenergie ist in sich zusammengebrochen." Ähnlich sieht es der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion Joachim Pfeiffer (CDU): Wenn die günstige Kernkraft vom Netz genommen werde, dann werde der Druck auf die Strompreise noch einmal drastisch zunehmen. Die beiden Bundestagsabgeordneten Pfeiffer und Bareiß gehören dem CDU-Landesverband Baden-Württemberg an.
Auch in Reihen der Liberalen gibt es offenen Unmut über die Atomwende der schwarz-gelben Regierung. Aus der FDP wurde darauf verwiesen, dass Moratorium für Alt-AKW sei von Unions-Ministerpräsidenten durchgesetzt worden. Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte: "Das Abschalten der Kernkraftwerke haben die Unions-Ministerpräsidenten durchgesetzt, die damit Fakten geschaffen haben." Dadurch sei der Eindruck entstanden, die Überprüfung der Meiler sei nicht ergebnisoffen. Der FDP-Wirtschaftsexperte Martin Lindner sprach von einer "Hauruck-Entscheidung".
Dem Spiegel zufolge trifft auch die von Merkel eingesetzte Ethik-Kommission auf Kritik, die mit über die AKW-Zukunft entscheiden soll. Sie soll von Ex-Umweltminister Klaus Töpfer - einem CDU-Mitglied und Kernkraftgegner - mitgeleitet werden. "Es kann nicht sein, dass am Ende Töpfer mit seinen Bischöfen kommt und dem Parlament sagt, wie es das Atomgesetz zu ändern hat", zitiert das Magazin einen namentlich nicht genannten Vertreter der Fraktionsspitze. Die Merkel-Kritiker wollten nun ein eigenes Beratergremium zusammenstellen.
....
usw...
Pflichtlektüre für die noch verbleibenden Befürworter, um vor allzu großen Patzern bewahrt zu bleiben.
Die neun Gemeinplätze des Atomfreunds
Jahrzehnte der Atomkraft-Debatte haben die Sprache manipuliert. Die Sätze, die wir während des Moratoriums hören, sind Ablenkungsmanöver. Sie formulieren Thesen, die keine sind, und beleidigen die öffentliche Vernunft. Eine Analyse der wichtigsten Versatzstücke.
Von Frank Schirrmacher
http://www.faz.net/s/...BDB7322680CADEA714~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Fukushima-Betreiber:Entschädigungsforderungen treiben Tepco in die Arme des Staates
Japans Regierung erwägt offenbar, die Kontrolle beim Fukushima-Betreiber Tepco zu übernehmen. Das könnte durch enorme Entschädigungszahlungen notwendig werden, dürfte der Öffentlichkeit aber schwer zu vermitteln sein.
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/...tes/3999256.html
So ist es halt, wenn alle Staaten weltweit diese hochrisikotechnologie von Betreibshaftpflicht freistellen. Das macht den Strom so schön billig und die Gewinne exorbitant, denn auch die Entsorgung müssen die Staaten erst lösen.
Und wenns schiefgeht, dann darf der Japan-Michel löhnen. Wäre bei uns genauso, wenn wir Hamburg, Stuttgart oder München räumen müssten.
Und jedes Windrädle muss Versicherung zaheln, natürlich, so soll es auch sein. Aber Chancengleichheit und Kostenrechnung sieht anders aus.
Und auf wieviele hundert oder tausend Jahre sind diese Gebiete dann unbewohnbar?
Du als Atomkraftfan gehst enorme Risiken auf Kosten anderer ein. Das ist nicht dasselbe. Gibt es dir nicht zu denken, dass du die CDU weit rechtsaussen überholst?
gehst jedenfalls ebefso erhebliche risiken auf Kosten anderer ein
jaban hats gezeigt, der szaudamm der beim erdbeben brach, lässt grüssen..
Irgendwann habe ich es nicht mehr ertragen und umgeschaltet.
Ist allerdings nochn weiter Weg zu vollem grünem Strom. EON zahlt mir z. b. brutto 51 Cent/KW für meinen Solarstrom- fast das 10 fache.
Ich frag mich ernsthaft: Wie sollen die garantierten 100 Milliarden Subventionen demnächst für Solarsstrom verdient werden- ohne radikale Preiserhöhungen???
Biogas/ Wind werden eh subventioniert. Kohle darf nicht hochgefahren werden und Atom kommt hierzulande aufs Abstellgleis.
Ich schätz mal, da rollt eine Preislawine auf uns zu...
Aber Wind und Solar wären ohne die Subventionen ebenfalls nicht oder kaum am Netz. Es sei denn, dass die Bezieher von Ökostrom bereit wären, auf ihrer Rechnung die ehrlichen Kosten zu tragen. Das dürfte aber nur bei sehr Hartgesottenen der Fall sein.
UDer Großteil des regenerativen Stroms ist bisher Wasser und Wind.
Die gorßen Konzerne nützen die Horrorzahlen nur um exorbitante Gewinnsteigerungen nach Boni und Gratifikationen durchzusetzen.
Und schon ne Atomkraft ja bitte demo organisiert? Für Endlager in meinem Kiez? Für Konzerngewinne auf privates Risiko?
Doch, hab ich verstanden.
Aber irgendwie gehts in #235 um was anderes. Da macht ein Konzern lang Gewinne, aber wenns dann richtig schmutzig wird, weil der Schadensfall nicht versicherbar/durch den Konzern zu tragen ist, dann muss der Staat einspringen.
An irgendwas erinnert mich das, das hatten wir doch gerade erst...
Das fällt jetz weg. Ich schätze deshalb, wir kommen nun viiiiel später zu hohen Mengen sauber produzierten Strom.
Man sollte hier mal die grasegrüne Brille absetzen...
Aha.
Und was sagst du zum Ökoplutonium in Japan? Gänzlich gesundheitsunbedenklich. Hast du auch schon eine Portion bestellt?