Schwarz-braunes Baden-Württemberg?
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Eröffnet am: | 16.04.07 23:30 | von: Happy End | Anzahl Beiträge: | 72 |
Neuester Beitrag: | 25.04.07 11:58 | von: Bankerslast | Leser gesamt: | 12.809 |
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Das 1979 auf Schloss Weikersheim gegründete Studienzentrum Weikersheim (SZW) gilt als Denkfabrik für einen betont christlich orientierten christdemokratischen Konservatismus. Mitgründer und Ehrenpräsident war der CDU-Politiker Hans Filbinger. Weitere Mitgründer sind Helmut Metzner, Günter Rohrmoser, Heinz Karst und Erich Baumann. Das Studienzentrum veranstaltet regelmäßige Kongresse, Seminare und Tagungen, vor allem zur Europa- und Deutschlandpolitik. Es wurde mit Spenden aus der Privatindustrie aufgebaut und wird mit staatlichen Fördermitteln, u.a. von der Bundeszentrale für politische Bildung, bezuschusst.Kritikern gilt das Institut als ein Netzwerk der sog. Neuen Rechten. Ein Drittel der etwa 400 Mitglieder des SZW ist jünger als 35 Jahre. Am 9. Mai 2004 wurde Jung-Weikersheim als Unterorganisation des SZW gegründet.
Vertreter
Präsident des Studienzentrums ist gegenwärtig Bernhard Friedmann, der von 1976 bis 1990 für die CDU Mitglied des Deutschen Bundestages und Präsident des Europäischen Rechnungshofs war. Vizepräsidenten sind Jörg Schönbohm, der Innenminister des Landes Brandenburg und Norbert Nothelfer (ehemaliger Regierungspräsident).
Zum Präsidium gehören außerdem Philipp Jenninger, Manfred Rommel, ehemaliger Oberbürgermeister von Stuttgart, Klaus Hornung, früherer Präsident des Studienzentrums, Renate Heinisch (ehemals CDU-MdEP), Dieter Farwick (Brigadegeneral a.D.), Ulrich Kolberg, Arnold Vaatz, ehemaliger Umweltminister des Freistaats Sachsen, Andreas Graudin, Stefan Winckler (Publizist) sowie Lienhard Schmidt. Hans Filbinger war Ehrenpräsident.
Geschäftsführer ist seit Ende 2002 der Dipl.-Betriebswirt und Philosoph Ronald F.M. Schrumpf.
Das SZW wird aus den Reihen der Hans Filbinger Stiftung finanziell unterstützt. Zu deren Gründungsmitgliedern zählte der bekannte Autor militärhistorischer Bücher Paul Carell, NSDAP-Mitglied seit 1931 und Träger des „Winkels für alte Kämpfer“, ehemals jüngster Ministerialdirigent im nationalsozialistischen Regime und SS-Obersturmbannführer.
Ausrichtung
Das Studienzentrum beschreibt heute seine Zielsetzung wie folgt: Unsere Arbeit gilt der Erhaltung des Kulturerbes Deutschlands und Europas sowie einer freiheitlichen Demokratie in Anlehnung an die Ideen herausragender Gründerväter wie Theodor Heuss, Konrad Adenauer, Ludwig Erhard. Dabei betrachten wir die Anerkennung von Menschenwürde und Menschenrechten als ersten Schritt auf dem Weg zu einem Zusammenleben aller Bürger unseres Vaterlandes und Kontinents in Frieden und Gerechtigkeit. Diese Grundrechte aller Menschen müssen jedoch vorstaatlichen bzw. naturrechtlichen Charakter haben, um zu verhindern, dass politische Institutionen die Deutungshoheit für sich reklamieren und so, je nach ideologischer Ausrichtung, Menschenwürde und Menschenrechte in ihrem Sinne auslegen. Demnach vertreten die Weikersheimer einen Konservatismus, der sich auf Werte und Traditionen des „christlichen Abendlands“ beruft, diese als Identität Europas versteht und bewahren will.
Albrecht Jebens, ehemaliger Geschäftsführer des Instituts und persönlicher Referent Hans Filbingers, erklärte 1996, das Studienzentrum sei mit dem expliziten Auftrag gegründet worden, die in den 1970er Jahren nach Eindruck konservativer Kreise entstandene kulturelle Hegemonie des links-liberalen Lagers zu brechen und eine „geistig-moralische Wende“ in Deutschland einzuleiten.
Auch laut Präsidiumsmitglied Stephan Winckler orientierte sich das Studienzentrum als „wertkonservative Denkfabrik" seit seiner Gründung an der ursprünglich von Helmut Kohl angekündigten, aber seiner Ansicht nach nie verwirklichten „geistig-moralischen Wende". Als Hauptvertreter der Entwicklung des Instituts nennt er die Professoren Günter Rohrmoser (Sozialphilosoph), Lothar Bossle (Soziologe, † 2000) und Klaus Hornung.
Die Europäische Verfassung in ihrer jetzigen Form lehnt das Studienzentrum ab. Seine Vertreter fordern ein „Europa der Vaterländer“ und einen „Gottesbezug“ in der EU-Verfassung, mit dem die Menschenrechte willkürlicher Auslegung entzogen werden sollen. Auch Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei werden abgelehnt.
Veranstaltungen
Das Studienzentrum veranstaltet regelmäßige Weikersheimer Wirtschaftsgespräche, Jahreskongresse und die sogenannten „Kamingespräche“ zu bestimmten Themen, z.B. „Nationale Identität“ (2002), „Völkerrecht und Irakkrieg“ (2003), "Der Weg zur Integration Europas" (2004), "Welches Europa wollen wir? - Nationale Interessen im Europa der Vaterländer" (2005), Bevölkerungs- und Wirtschaftspolitik. Dazu werden vielfach prominente Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Religion als Redner verpflichtet.[5]
Mitveranstalter von Weikersheimer Tagungen waren früher u.a. die Junge Landsmannschaft Ostpreußen (1993), der Bund Junges Ostpreußen (2002/2003), die Paneuropa-Union, das Institut für Staatspolitik, der Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis und die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft (siehe Weblinks). In den letzten Jahren kooperiert das Studienzentrum - hauptsächlich bei den „Weikersheimer Wirtschaftsgesprächen“ und den „Kamingesprächen“ - u.a. mit Unternehmerverbänden, darunter der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Unternehmer (AEU) und dem Bund Katholischer Unternehmer (BKU) in Rottenburg- Stuttgart, der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU), dem Bund der Selbständigen Baden-Württemberg (BDS) und dem Wirtschaftsrat der CDU e.V. Landesverband Baden-Württemberg.
Verhältnis zum Rechtsextremismus
Das Studienzentrum geriet erstmals 1989 in den Ruf, eine „rechte Kaderschmiede“ zu sein, als das Präsidiumsmitglied Rolf Schlierer als Pressesprecher für die Republikanern fungierte, deren Parteivorsitzender er heute ist. Schlierer wurde vom Präsidium abberufen.
Eine Reihe von Kritikern, darunter Autoren des ehemaligen IDGR, des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung sowie der Sprecher der SPD-Fraktion für Verfassungsschutz- und Extremismusfragen, Stephan Braun, siedeln das Studienzentrum in einer Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus an. Es überschreite die Grenzen zwischen diesen Lagern gezielt, um zur Enttabuisierung rechtsextremer Positionen beizutragen.
Als Referenten kamen unter anderen der ehemalige Bundespräsident Karl Carstens, Wolfgang Schäuble oder Erwin Teufel zu Wort, aber auch Neurechte und Rechtsextreme wie Wolfgang Strauss, Hans-Ulrich Kopp und Hans-Dietrich Sander.
Ulli Boldt gehörte zur Leitung der Jungweikersheimer, war aber auch zugleich für die heute verbotene Neonazigruppe Nationalistische Front aktiv, leitete das Nationale Infotelefon Berlin und meldete einige Rudolf Heß-Gedenkmärsche in Frankfurt an der Oder und Oranienburg an. Als dies 1995 bekannt wurde, schloss das Kuratorium Weikersheim ihn aus.
Auch der ehemalige Hauptvertreter des Instituts Albrecht Jebens soll dem Fernsehmagazin Panorama zufolge Kontakte zu Rechtsextremisten unterhalten haben.Referenten wie dem Politikwissenschaftler Hans-Helmuth Knütter warfen Journalisten von Panorama vor, sie hätten neonazistische Gewalt gerechtfertigt.
Auch manche Mitveranstalter wurden von der SPD dem rechtsextremen Lager zugeordnet.
Auch nachdem 1997 der als liberal-konservativ geltende Wolfgang von Stetten Präsident und Nachfolger von Filbinger im Amt wurde, kam das Studienzentrum mehrfach wieder in die Schlagzeilen. Kritisiert wurde etwa die Haltung von Präsidiumsmitglied Günter Rohrmoser: Dieser ließ den ehemaligen RAF- und heutigen NPD-Angehörigen Horst Mahler zu seiner Geburtstagsfeier am 1. Dezember 1997 vor Mitgliedern des Instituts eine Rede halten, erklärte seine und Mahlers Positionen für identisch und lobte Mahlers Haltung als „national-christlichen Konservativismus“.Mahler hatte gefordert, das „besetzte“ Deutschland müsse sich von seiner „Schuldknechtschaft“ zum aufrechten Gang seiner „nationalen Identität“ befreien.
Wegen solcher Verbindungen forderte die SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag am 16. Mai 2006 den Ausschluss rechtsextremer Kontakte und Referenten in Weikersheim mit der Begründung: Es muss verhindert werden, dass Bildungsstätten wie das Studienzentrum Weikersheim eine Scharnierfunktion bei der von rechtsextremistischen Gruppen angestrebten Vernetzung mit dem rechtskonservativ-demokratischen Spektrum übernehmen.
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Gessenharter erachtet diese geforderte Abgrenzung zwischen „intellektueller Neuer Rechten“ zu (national-)konservativen geistigen Eliten, so auch im Studienzentrum Weikersheim, für schwierig, weil es „ständig fließende Grenzen gibt“.
Begeisterung in Baden-Württembergs CDU
Sollte Oettinger jedoch einen Rücktritt vermeiden können, geht er möglicherweise sogar gestärkt aus der Affäre hervor. Denn insbesondere der konservative Flügel von Baden-Württembergs CDU, der Oettinger oft misstrauisch beäugt hat, zollt dem Ministerpräsidenten für die Filbinger-Rede teils begeistert Beifall.
Georg Brunnhuber, Baden-Württembergs CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, lobte Oettingers Worte als "Meisterprüfung". Die Wirkung für die "christlich-konservative Seele" sei nicht zu unterschätzen, so der Bundestags-Abgeordnete. "Für unsere Anhängerschaft hat er einen ganz, ganz großen Schritt getan. Er hat ein Tor aufgestoßen." Dem Zentralrat der Juden legte Brunnhuber nahe, sich vorsichtiger über Oettinger zu äußern: "Überbordende Kritik des Zentralrats führt eher dazu, dass die Leute sagen, Oettinger hat Recht."
Brunnhuber kritisierte auch die Bundeskanzlerin für ihre Rüge an Oettinger. Merkel habe die Diskussion damit erst richtig angeheizt. "Mir wäre es lieber gewesen, sie hätte es bei dem Vier-Augen-Gespräch belassen", sagte Brunnhuber der "Welt am Sonntag". "Sie wollte diese hysterische Debatte wohl beenden. Leider hat sie damit das Gegenteil erreicht." Oettinger habe eine "gesetzte, wohlformulierte Trauerrede" gehalten, sagte Brunnhuber. "Er ist nicht beschädigt, er wird dadurch nur stärker werden."
CDU-Landesinnenminister Heribert Rech nahm Oettinger im Namen der Landespartei in Schutz. Der Ministerpräsident habe, geprägt durch seine Bekanntschaft mit Filbinger, seine Ansprache vor allem an die Familie seines Amtsvorgängers gerichtet, sagte Rech im SWR. Deshalb gebe es nichts zu beanstanden. Ähnlich äußerte sich der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Thomas Strobl im Magazin "Focus": "Es war eine Trauerrede, die an die Familie gerichtet ist, und kein historisches Seminar."
Baden-Württembergs CDU-Fraktionschef Stefan Mappus nannte Oettingers Rede "eine gute, ausgewogene und dem gesamten Leben von Professor Filbinger angemessene Würdigung". Man solle bitte Rücksicht nehmen auf die Familie des Verstorbenen und die "reflexartige" Diskussion beenden, so Mappus.
"Aufschrei der Öffentlichkeit war kalkuliert"
Angesichts dieser Reaktionen glaubt der Freiburger Politologe Ulrich Eith, dass Oettinger aus der Affäre innerparteilich gestärkt hervorgehen wird. "Mit seiner Rede hat Oettinger den konservativen Flügel der baden-württembergischen CDU bedient", sagte Eith. Der Regierungschef habe aus politischem Kalkül gehandelt, weil er den Respekt der Konservativen suche, meinte der Politikwissenschaftler. "Der Aufschrei der Öffentlichkeit war sicherlich kalkuliert." Die Diskussion werde aber nicht lange anhalten. "Die nächste Wahl ist weit weg, bis dahin wird der Streit vergessen sein." Auch ein Rücktritt des Ministerpräsidenten sei nicht zu erwarten.
Der Historiker Hans Mommsen nannte Oettingers Versuch, Filbinger zu den NS-Gegnern zu zählen, eine "Verunglimpfung der Angehörigen des Deutschen Widerstands". Der "Rheinischen Post" sagte Mommsen, dies sei im übertragenen Sinne eine "nationale Blasphemie", weil die Tradition des Widerstands zum nationalen Bewusstsein gehöre.
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,477221,00.html
Republikaner verurteilen Kritik an Oettinger wegen Filbinger-Gedenkrede
Rolf Schlierer: „Skandalös sind nicht Oettingers Worte, sondern die Reaktionen der ewig Unbelehrbaren, die eine 30 Jahre zurückliegende Kampagne wieder aufwärmen“
Die Republikaner haben den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger gegen die massive Kritik an seiner Trauerrede für den verstorbenen Alt-Ministerpräsidenten Filbinger in Schutz genommen. Der Bundesvorsitzende der Republikaner Rolf Schlierer erklärte:
Text zur Anzeige gekürzt. Gesamtes Posting anzeigen...
„Frau Merkel ist nun wirklich die letzte, die anderen Belehrungen darüber erteilen sollte, wie das Leben von Menschen zu bewerten ist, die in einem totalitären Regime nicht Leib und Leben als kompromißlose Widerstandskämpfer riskiert haben. Akademische Karrieren wie die ihre hat man in der ‚DDR’ auch nicht als Regimekritiker machen können. Fakt ist, daß ihr Parteifreund Oettinger in seinem Nachruf auf Hans Filbinger nichts Falsches gesagt hat. Fakt ist auch, daß Filbinger als Demokrat jahrzehntelang für diesen Staat eingestanden ist – anders als so mancher, der in den letzten Jahren hohe und höchste Staatsämter bekleidet hat, ohne sich je glaubwürdig von seinen linksextremen und verfassungsfeindlichen Wurzeln losgesagt zu haben. Der eigentliche Skandal ist daher nicht die Trauerrede des Ministerpräsidenten, sondern die reflexhafte Reaktion der ewig unbelehrbaren selbstgerechten Heuchler, die jederzeit bereit sind, die linkstotalitären Verstrickungen anderer zu verharmlosen und zu entschuldigen und für verstockte Terroristen um Gnade zu betteln, aber einen bewährten Demokraten wie Filbinger nicht einmal im Grabe ruhen lassen wollen.“
Die Republikaner, Bundesgeschäftsstelle
http://www.rep.de/...x?ArticleID=9a7739f0-1fb9-4d2e-9023-1beedf9781ba
Auf diese Differenzierung hat er die deutsche Öffentlichkeit und Angela Merkel mehrere Tage warten lassen, in der „Bild“-Zeitung hat er sich von der Aussage, Filbinger sei ein „NS-Gegner“ gewesen, am späten Sonntagabend endlich distanziert: „Ich würde heute eine andere Formulierung wählen.“....Warum ist ein anscheinend als Filbinger-Anhänger bekannter und zudem überaus selbstbewusst auftretender Redenschreiber im Stuttgarter Staatsministerium überhaupt maßgeblich mit der Abfassung eines Redeentwurfs beauftragt worden? Weshalb sagt Oettinger noch am Sonntagmorgen dem SWR, der verstorbene Ministerpräsident sei ein Gegner der Diktatur gewesen? Warum dauert es vier Tage, bis der Ministerpräsident das Interview gibt, indem er endlich zugibt, dass es besser gewesen wäre, „eine andere Formulierung zu wählen“? Warum erscheint das Interview in der „Bild“-Zeitung und wird dazu noch so spät veröffentlicht, dass es in der „Tagesschau“ nicht einmal mehr gemeldet wird? Warum schweigt er am Freitag und lässt sich von der Kanzlerin öffentlich kritisieren?
Fast zwei Jahre regiert Oettinger Baden-Württemberg. Wie kann einem Mann wie Oettinger, ausgestattet mit sehr viel Macht, großer politischer Erfahrung und einem messerscharfen analytischen Verstand, eine Rede so missraten? Wie konnte er die apodiktische Behauptung, Filbinger sei ein „Gegner des Nationalsozialismus“ gewesen vortragen, ohne die Folgen zu ermessen? Für die häufig geäußerte Vermutung, der gesellschaftspolitisch und wirtschaftspolitisch liberale Oettinger habe mit der Trauerrede die Traditionsbataillone der baden-württembergischen CDU ansprechen wollen, gibt es wenig Belege...So wie die Rede vorbereitet wurde und so miserabel wie das Krisenmanagement dann war, sind die Ursachen wohl eher in Oettingers Regierungsstil und seiner Entourage zu suchen. „Wenn er seinen Arbeitsstil und sein personelles Umfeld in der Villa Reitzenstein nicht ändert, dann wird es eng“, warnt ein CDU-Politiker. „Eine Rede über den verstorbenen Hans Filbinger ist kein Vortrag bei der Industrie- und Handelskammer.“...Immer wieder gibt es Situationen, in denen in Stuttgart niemand informiert ist, weil der Ministerpräsident auf dem Rücksitz seiner Dienstlimousine Akten gelesen und Entscheidungen im Alleingang getroffen hat. Auch wenn keine größeren politischen Entscheidungen in der Landespolitik anstehen, wirkt Oettinger auch heute noch wie ein Getriebener.
Manche sagen, er sei ein „Sklave des Augenblicks“. Für eine Rede, wie Oettinger sie am Sarg Filbingers zu halten hatte, hätten sich seine Vorgänger zwei Tage im Dienstzimmer eingeschlossen, telefoniert, Fachleute einbestellt und jede Formulierung geprüft. „Es ist so, wie viele seiner Kritiker immer gesagt haben, er fährt auf Sicht, ein Gespür für ein historisches Vokabular fehlt ihm“, heißt es in der Landtagsfraktion...immer gab es in der von Oettinger geführten Regierung so gut wie kein Krisenmanagement. Das führte sogar dazu, dass ein Minister nach dem vierten Glas Lemberger kürzlich sogar einmal vorschlug, man müsse in der Villa Reitzenstein eine Art „Kriseninterventionsteam“ installieren. Dazu ist es natürlich nicht gekommen, nur die Zuverlässigkeit der Landesregierung leidet unter Oettingers Führungsstil. „Was in der Villa fehlt, sind politische Köpfe, von denen es genug gibt im Südwesten“, heißt es in einem Ministerium...
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung heute vor 3 Stunden
Die Opfer des SED-Regimes sind Opfer geblieben und die Täter schwimmen wieder oben, wie gehabt.
Wenn wir schon aufarbeiten wollen/sollen, dann bitte nicht die Jugend Filbingers, das ist Vergangenheit, sondern die der vielen Altkommunisten.
Ich wundere mich immer wieder darüber, daß die "Alt-ossis" so zahm sind bei der Aufarbeitung ihrer eigenen Vergangenheit, und offensichtlich auch nicht in der Lage oder nicht gewillt sind die von links verbreiteten Lügen über sie selber zu zerrupfen.
MfG/Johannah
(zu Erinnerung #1: "Vizepräsidenten sind u.a. Jörg Schönbohm")
SPIEGEL ONLINE - 17. April 2007, 06:58
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,477611,00.html
FILBINGER-KRISE
Schönbohm wirft Merkel parteischädigendes Verhalten vor
Der Streit um die Filbinger-Trauerrede von Günther Oettinger wird zu einem scharfen Konflikt in der CDU: Brandenburgs Innenminister Schönbohm hat Parteichefin Merkel für ihre öffentliche Kritik an Oettinger angegriffen - damit sei die Angelegenheit "weiter angeheizt" worden.
Berlin - "Mit der öffentlichen Bekanntgabe des Telefonats von Frau Merkel mit Herrn Oettinger zum Fall der Trauerrede zu Hans Filbinger sind die Angriffe gegen Ministerpräsident Oettinger verstärkt worden", sagte Jörg Schönbohm der "Leipziger Volkszeitung". "Das war in der Sache schädlich." Merkel habe Schaden von der Bundesrepublik abzuwenden, Oettinger von seinem Bundesland. "Da hat man zusammenzuarbeiten und darf nicht durch öffentliche Rüffel die Angelegenheit weiter anheizen."
CDU-Chefin Angela Merkel hatte vergangenen Freitag Oettinger öffentlich wegen seiner Aussage gerügt, der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger sei ein Nazi-Gegner gewesen.
Zugleich hatte sie erklärt, deswegen auch mit dem Parteifreund telefoniert zu haben. Oettinger hatte sich zwar mehrfach für die Wirkung seiner Trauerrede für Filbinger entschuldigt, sich aber erst gestern Nachmittag auch eindeutig vom Inhalt seiner Aussagen distanziert. Filbinger war als Marine-Richter unter den Nazis an Todesurteilen gegen Soldaten beteiligt. Andere Richter hatten sich in ähnlichen Situationen anders verhalten.
"Unsere Leute wollen sehen, ob wir auch zusammenstehen, wenn und der Wind einmal stark ins Gesicht weht", sagte Schönbohm. Die öffentliche Diskussion über das Verhältnis zwischen CDU-Chefin Merkel und Oettinger schade der Union. "Ein Rüffel aus dem eigenen Lager ist viel brisanter als einer vom politischen Gegner. Das sollte man wissen." Nun müsse die Union demonstrativ zusammenstehen.
Schönbohm ist einer der Wortführer der konservativen CDU-Kreise in der Bundes-Union.
Der Generalsekretär der baden-württembergischen CDU, Thomas Strobl, verteidigte die zögerliche Distanzierung Oettingers von seinen umstrittenen Äußerungen. Oettinger habe dabei auch die Empfindungen und Gefühle der Hinterbliebenen Filbingers bedenken müssen, sagte Strobl der "Berliner Zeitung". "Es ist aller Ehren wert, wenn man sich hier eine Entscheidung nicht einfach macht."
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) warnte unterdessen davor, jetzt wieder zur Tagesordnung überzugehen. Er begrüße, dass Oettinger nach tagelangem Zögern den geschichtsverfälschenden Satz über Filbinger als Nazi-Gegner endlich zurückgezogen habe. "Es bleibt aber die Erinnerung daran, dass ihm aus den Reihen der baden-württembergischen CDU jubelnd zugestimmt worden ist", sagte er der "Berliner Zeitung".
Filbingers NSDAP-Mitgliedsantrag aufgetaucht
Scharfe Kritik am Verhalten der baden-württembergischen CDU übte auch Fritz Kuhn, Fraktionschef der Grünen im Bundestag: Oettingers Rede und sein Umgang damit seien "eine Belastung für das Verhältnis zwischen Grünen und CDU in Baden-Württemberg", sagte Kuhn der "Frankfurter Rundschau". Vor allem die Reaktion aus der zweiten Reihe der baden-württembergischen CDU zeige, "dass es da zwei vollständig unterschiedliche Kulturen gibt zwischen Grün und Schwarz bei der Aufarbeitung des Holocaust".
Unterdessen sind der von dem früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten und NS-Marinerichter Hans Filbinger handschriftlich ausgefüllte NSDAP-Mitgliedsantrag sowie seine Mitgliedskarte im Bundesarchiv in Berlin aufgetaucht. Wie das ARD-Morgenmagazin berichtet, sind damit nach Ansicht von Hans-Dieter Kreikamp, dem Leiter der Abteilung Deutsches Reich des Bundesarchivs, die Zweifel an Filbingers Mitgliedschaft bis zum Kriegsende ausgeräumt.
"Davon ist auszugehen", sagte Kreikamp. "Das ist einer der seltenen Fälle, wo ein solcher Aufnahmeantrag unterschrieben vorliegt", betonte der Wissenschaftler.
Der Antrag mit der Nummer 00117 der Ortsgruppe Unterwiehe in Baden datiert vom 20. Mai 1937. Die Mitgliedsnummer war 4026789. "Dieses Papier sagt mir zum einen, dass die Aufnahme sehr zügig erfolgt ist, also ohne weitere Komplikationen, die Mitgliedskarte weist darüber hinaus darauf hin, dass Filbinger zwischenzeitlich nach Paris verzogen war, während der deutschen Besatzung", sagte Kreikamp.
Der Schriftsteller Rolf Hochhuth, dessen Enthüllungen über nationalsozialistische Verstrickungen Filbingers 1978 zum Rücktritt des Ministerpräsidenten geführt hatten, sprach sich für ein Ende der Debatte aus. "Es ist absurd, jetzt weiter den Rücktritt Oettingers zu fordern. Er hat sich einsichtig gezeigt und sich entschuldigt. Damit ist die Sache abgehakt", sagte Hochhuth der "Bild"-Zeitung. Hochhuth hatte die Äußerungen Oettingers vergangene Woche als "unverfrorene Erfindung" bezeichnet.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland nahm unterdessen ein Gesprächsangebot Oettingers nach dessen Entschuldigung an. "Ein Gespräch mit der Führung des Zentralrats kann jetzt stattfinden, aber nicht mit dem Ziel der Absolution", sagte Zentralrats-Generalsekretär Stephan Kramer der "Netzeitung".
hen/dpa/Reuters/ddp
Noch eins; Filbinger hat mal mit Blick auf seine Vergangenheit gesagt:" Was damals Recht war kann nicht heute Unrecht sein" Wer sowas mit Blick auf das dritte Reich sagt, war bestimmt keine ungewollter Mitläufer!
André
Wenn wir schon aufarbeiten wollen/sollen, dann bitte nicht die Jugend Filbingers.....
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Filbinger ist Jahrgang 1913 gewesen.
Bei Machtübernahme war er im 20. Lebensjahr, bei Kriesgende 32. Alles Jugendsünden? Heutzutage zieht das strafrecht einen Schlußstrich bei 21. Ab da ist man allerspätestens erwachsen.....
Aber was stimmt: Eigentlich ging es weniger um eine Aufarbeitung Filbingers Vergangenheit, sondern es geht um eine Geschichtsverklärung von Oettinger und einiger anderer heute Aktiver. Posthum jetzt die SA-Marschierer und andere Basis-Aktivisten des NS-Regimes zum inaktiven Widerstand zu verklären ist halt ein Unding.
Abstand von Rede. Hat sich Günther Oettinger gerade noch gerettet?
Man kann es betrachten, wie man will – persönlich mögen Sie ein netter Kerl sein, aber leider sind Sie auch ein furchtbarer Opportunist (Opportunismus, lat. Anpassung an die jeweilige Lage).
Sie waren ein Opportunist, als Sie vor der Familie Filbingers und dem rechten Flügel Ihrer Partei Filbinger zu einem Gegner des Naziregimes salbten.
Nach den täglichen Drehungen und Wendungen, dem Tadel der Kanzlerin sagten Sie, dass Sie an Ihren Formulierungen nicht mehr festhalten wollen.
Was für ein Mann sind Sie? Mit Verlaub, Sie sind für mich überhaupt kein Mann. Sie sind ein plappernder Mann, ein Papageien-Mann. Sie reden gestern so und heute so. Ich weiß nicht, wer Ihnen noch glauben soll.
Ich an Ihrer Stelle würde jetzt zurücktreten. Ich würde nachdenken über die Schuld von uns Deutschen. Gestern ruhte in Israel das Leben. Israel gedachte der 6 Millionen ermordeten Juden in Deutschland.
Ich als deutscher Ministerpräsident würde nicht mehr herumplappern.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner
@Hannibal: Daß Filbinger als leitender Offizier der Vollstreckung von Todesurteilen beiwohnte, die er als Staatsanwalt selbst beantragt hatte, war damals so vorgeschrieben.
J.R.
Filbinger hat seinerzeit für seine Gedächtnislücken und Geschichtsklitterung das MP-Amt verloren und jetzt ist er verstorben. Der Mann ist Geschichte.
Der aktuelle Skandal ist nicht Filbingers Leben, denn im damaligen Kontext wären auch viele von uns da mit reingeschliddert und hätten Opportunismus statt Widerstand gewählt.
Der aktuelle Skandal war/ist das Oettinger unnötigerweise versucht hat Filbinger reinzuwaschen als NS-Gegner. Wenn Oettinger von Filbinger als verführtem jungen Mann gesprochen hätte, der damals das Ganze nicht überblickte, und wie Millionen anderer als Rädchen an seinem Platz funktionierte, dann würde doch heute niemand mehr drüber reden.
Die Lehre aus damals muß sein, die Leute aufzuklären. Nie wieder Rassismus, nie wieder Diktatur, nie wieder Krieg. Und Andersdenkende brauchen auch ihren Platz.
Tief bewegt nehmen wir Abschied von Hans Karl Filbinger.
In Trauer, aber auch voller Respekt und Hochachtung verneigen wir uns vor einer großen Persönlichkeit, einem herausragenden Politiker und vor seinem Lebenswerk. Unser Mitgefühl und unsere aufrichtige Anteilnahme gilt Ihnen, liebe Frau Filbinger und gilt den Kindern, den Enkeln und den Angehörigen. In christlicher Verbundenheit teilen wir Ihre Trauer, auch wenn wir wissen, dass Worte und Gesten über den schweren Verlust nicht hinweghelfen können. Die Nachricht vom Tode Hans Filbingers hat uns alle tief bewegt.
Viele sind heute hier, die Hans Filbinger nahestanden: Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Weggefährten, Mitarbeiter von einst und Freunde. Aus Günterstal, aus Freiburg, aus Südbaden, aus Baden-Württemberg und weit darüber hinaus.
Auch viele Bürger im Land denken in diesen Tagen an Hans Filbinger. Die Reaktionen zeigen, welcher Respekt, welche Bewunderung, ja Zuneigung ihm zuteil geworden ist. Nichts macht augenfälliger, was er für unser Land war: ein großer und verdienter Demokrat. Eine öffentliche Autorität, erwachsen aus einem Lebenswerk, das für die hervorragende Entwicklung unseres Landes steht. Mit Hans Filbinger geht einer der Letzten, der den Aufbau unseres Landes nicht nur miterlebt, sondern auch entscheidend mitgestaltet hat.
Ich maße mir nicht an, sein Leben und Wirken in wenigen Sätzen zusammenfassen zu können. Aber klar ist: Hans Filbinger war mehr als nur ein großer Politiker. Seine Person steht für beinahe 100 Jahre deutscher Zeitgeschichte! So blicken wir heute mit großem Respekt auf einen Mann, der alle Höhen und Tiefen des letzten Jahrhunderts selbst erlebt hat.
Auf einen Mann,
- der noch im Kaiserreich in Mannheim geboren wurde, und der fünf Jahre alt war, als der Erste Weltkrieg zu Ende ging.
- der in der Weimarer Republik heranwuchs und Zeuge des Untergangs der ersten Demokratie auf deutschem Boden war.
- der 20 Jahre alt war, als Hitler die Macht ergriff und 32 Jahre alt, als der furchtbare Krieg sein Ende fand.
Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen Andere. Wenn wir als Nachgeborene über Soldaten von damals urteilen, dann dürfen wir nie vergessen: Die Menschen lebten damals unter einer brutalen und schlimmen Diktatur!
Hans Filbinger wurde - gegen seinen Willen - zum Ende des Krieges als Marinerichter nach Norwegen abkommandiert. Er musste sich wegen seiner Beteiligung an Verfahren der Militärjustiz immer wieder gegen Anschuldigungen erwehren. Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die viele ihm unterstellen.
Hans Filbinger hat mindestens zwei Soldaten das Leben gerettet: Einer von ihnen, Guido Forstmeier, weilt noch heute unter uns und kann bezeugen, dass sich Filbinger dabei großer Gefahr ausgesetzt hat.
Manfred Rommel hat dieser Tage bekräftigt, dass er Filbingers Rücktritt vom Amt des Regierungschefs nach wie vor nicht für erforderlich gehalten hat. Wie viele andere Menschen, die das Dritte Reich erlebt haben, sei er schicksalhaft in Situationen hineingeraten, die den Menschen heute zum Glück erspart bleiben.
Hans Filbinger hat also die schreckliche erste Hälfte des letzten Jahrhunderts nicht nur erlebt, er hat sie auch erlitten. Jahrzehnte später wurde ihm seine Mitwirkung während der letzten Kriegswochen vorgehalten. Viele waren befremdet. Er war betroffen und gekränkt. Mit seinem Rücktritt zog er eine weitreichende Konsequenz.
Für mich und meine Generation ist es leicht, die Kriegszeit zu beurteilen. Vielleicht aber in Wahrheit schwer oder auch unmöglich, weil wir sie nicht erleben mussten. Und wir nicht ermessen können, wie brutal und diktatorisch die Umstände damals gewesen sind. Hans Filbinger hat vor allem viel dazu beigetragen, dass die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts in unserem Land einen ganz anderen, einen guten Verlauf genommen hat. Er war ein Mann der ersten Stunde. Es gibt nur wenige, die von Beginn an und bis heute um das Wohl unseres Landes so besorgt und so erfolgreich tätig waren wie er. Unser Land, Baden-Württemberg, stünde heute nicht so gut da, wenn er nicht seine ganze Kraft, seine Ideen und Ideale, seine geschichtliche Erfahrung und sein Können eingebracht hätte.
Hans Filbinger war bereits in jungen Jahren von jenem Denken getragen, das später den Aufbau Baden-Württembergs, aber auch Deutschland im Ganzen ermöglicht hat.
Welches Denken meine ich dabei?
Er kam bereits in den Jahren der Weimarer Zeit zu der Überzeugung, dass der Totalitarismus von rechts und auch von links nur verhindert oder überwunden werden kann, wenn sich die Deutschen wieder auf die Traditionen der christlich-bürgerlichen Kultur besinnen. Er hat aus der Erfahrung von Weimar gelernt, dass eine Demokratie nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Bürger zu rechtsstaatlichem Bewusstsein und zu humanen Werten erzogen, und wenn sie mit einer freiheitlichen Wirtschafts- und Sozialordnung vertraut gemacht werden.
Filbinger hat deshalb den Nationalsozialismus immer verachtet. Die Weltanschauung war für jemanden wie ihn, der aus einem katholischen Elternhaus stammte und der sich als gläubiger Christ verstand, schlichtweg unerträglich. Hans Filbinger hat aus diesem Glauben heraus gehandelt und in der Zeit des Nationalsozialismus großen Mut bewiesen:
- er hat im katholischen Schülerbund "Neudeutschland" mitgewirkt;
- er hat als Leiter des Bezirks Nordbaden die Gleichschaltung mit der Hitlerjugend bekämpft;
- er hat seine Kommilitonen zur Standhaftigkeit gegen die NS-Vertreter aufgerufen;
- er wurde dafür von den Nazis auf die schwarze Liste der Regimegegner gesetzt.
Der Jugendbund, dem er angehörte, wurde schließlich im Jahre 1939 durch die Gestapo verboten und die Begegnungsstätte als "staatsfeindliches Vermögen" beschlagnahmt.
Schon zwei Jahre vor dem Krieg ging Hans Filbinger in den Kreis um den berühmten katholischen Publizisten Karl Färber und den Dichter Reinhold Schneider, die sich in erklärter Gegnerschaft zum Regime befanden. Freunden und Verwandten hat er oft erzählt, wie prägend dieser Freiburger Kreis für ihn gewesen ist und wie viel er ihm verdanke.
Er wirkte darüber hinaus in einem weiteren Kreis mit, der für die Entwicklung der freiheitlichen Bundesrepublik von größter Bedeutung gewesen ist. Ich meine den Kreis um Walter Eucken und Franz Böhm, jenen Begründern der "Freiburger Schule", die bereits während des Krieges das Konzept des Ordoliberalismus entwickelt hat, woraus später die Soziale Marktwirtschaft entstand.
All dies zeigt: Hans Filbinger war bereits in jungen Jahren von einem christlich-freiheitlichen Geist geprägt. Und er ist diesem Geist, dem Geist von Freiburg, sein Leben lang treu geblieben! Hans Filbinger hat später in allen Funktionen - als Wirtschaftsanwalt, als Stadtrat, als Staatsrat, als Abgeordneter, als Innenminister und auch als Regierungschef - vor allem als Regierungschef - wesentlich daran mitgewirkt, dass diese Ordnung der Freiheit nicht Theorie blieb, sondern Wirklichkeit geworden ist.
Viele werden es nicht wissen: Aber Hans Filbinger hat nicht als Politiker, sondern als Wissenschaftler begonnen. Es war kein Geringerer als Walter Eucken, der den Studenten Filbinger an der hiesigen Hochschule im Jahre 1934 an das Seminar für "Recht der Wirtschaftsordnung" berufen hat. Seine wissenschaftliche Arbeit in Euckens Seminar war von der Absicht getragen, die Macht der großen Wirtschaftskonglomerate, die sich in Weimar so unheilvoll auswirkte, zu brechen und den Aufbau einer mittelständisch geprägten Wirtschaft zu befördern. Auch war es sein Ziel, dass der Grundsatz von Treu und Glauben in der Wirtschaft wieder Einzug hält und das Verhalten der Unternehmer durch ein Ethos getragen wird.
Nach dem Krieg war Hans Filbinger gerade dabei, sich als Wissenschaftler und als Wirtschaftsanwalt einen Namen zu machen, als seine berufliche Entwicklung eine Wendung nahm. 1952 bot ihm der Freiburger Abgeordnete der CDU, Dr. Kopf, an, ein Mandat als Stadtrat von Freiburg anzustreben. Hans Filbinger musste sich entscheiden. Und er hat sich entschieden. Herausforderungen ist er niemals ausgewichen. Er hat sich ihnen gestellt. Ja, er hat sie sogar gesucht.
Und Herausforderungen gab es damals mehr als genug. Das Land war zerstört. Viele Städte, so auch Freiburg, waren dem Erdboden gleichgemacht. Es fehlte schlichtweg an allem. Straßen waren zerstört, Krankenhäuser zerbombt, Schulen geschlossen. Die Not war unbeschreiblich. Man musste anpacken. Und Hans Filbinger hat angepackt. Er hat es sich als Stadtrat von Freiburg zur Aufgabe gemacht, die schreiende Wohnungsnot zu überwinden. Und die Darlehen des Marshallplans machten es möglich, die großen Pläne auch in die Tat umzusetzen. Filbingers Wohnungsbauprogramm war ein voller Erfolg. Es war daher kaum verwunderlich, dass er sich für höhere Aufgaben ins Gespräch brachte. Und so nahm seine Karriere ihren Lauf.
Am Anfang stand das Amt des Staatsrats von Südbaden. Es war ein schwieriges, ein heikles Amt. Hans Filbinger sollte die besonderen Interessen Südbadens gegenüber der Landesregierung in Stuttgart geltend machen.
Er fühlte sich als Badener, sogar als Altbadener. Aber sein Verstand sagte ihm, dass die Zukunft Badens - auch wenn es viele noch nicht wahrhaben wollten - in einem vereinten Südweststaat liegen würde. So war er ein Mann, der früh die Chancen eines vereinten Baden-Württemberg erkannte. Er wollte die Einheit des Landes, denn er war überzeugt, dass Kleinstaaterei in der modernen Zeit keine Berechtigung und keine Perspektive mehr bieten kann. Rückblickend können wir sagen: Hans Filbinger hat sich - vielleicht mehr als jeder andere - um das Zusammenwachsen, die Einheit in Vielfalt, die Integration unseres Landes Baden-Württemberg verdient gemacht. In seiner Zeit als Regierungschef wurde die Badenfrage endgültig entschieden. Der Volksentscheid von 1970 mit über 80 Prozent der Stimmen für das Land Baden-Württemberg wurde zum ersten Höhepunkt seiner politischen Laufbahn.
Hans Filbinger hat sich damit nicht begnügt. Sein Anliegen zielte auf den staatlichen Charakter der Länder. Er wollte ein baden-württembergisches Staatsbewusstsein schaffen.
Von Walter Eucken hatte er gelernt, was einen modernen Staat ausmacht:
- starke Kommunen als Fundament,
- eine einheitliche, klar strukturierte, leistungsfähige Verwaltung,
- immer das übergeordnete Wohl der ganzen Bürgerschaft im Auge behaltend, Führung durch eine Regierung, der er zwanzig Jahre lang angehörte.
Ausgestattet mit dieser Idee eines schlanken, aber handlungsfähigen Staates, hat sich Hans Filbinger ans Werk gemacht. Er hat die Verwaltung reformiert, er hat Dienstleistung in den Behörden angestrebt, er hat wenige effiziente Strukturen verschlankt. Die Krankenhäuser im Lande sind als Beispiel genannt. Und er war von großem Mut und von großem Fleiß. Hans Filbinger hat später immer wieder erzählt, dass er als Staatsrat früh morgens um 4 Uhr aufbrechen musste, um nach mühseliger, fünfstündiger Fahrt auf maroden Straßen und nach langen Wartezeiten vor passierenden Güterzügen pünktlich zum Kabinett zu kommen.
Erfahrungen dieser Art haben dazu beigetragen, dass er zum Vater des Landesentwicklungsplans geworden ist: damit wurde die Verkehrsinfrastruktur des Landes gründlich gestärkt. Es wurden Förderprogramme für die ländlichen, benachteiligten Regionen aufgelegt Es wurde ein Mittelstandsförderprogramm zur Gründung und zum Erhalt von kleinen Unternehmen ermöglicht.
Und mit Hilfe dieser Strukturpolitik ist es gelungen, dass die damals besorgniserregende Abwanderung aus den ländlichen Gebieten Baden-Württembergs gestoppt, ja umgekehrt worden ist. Wenn es heute in Baden-Württemberg - im eigentlichen Sinne - keine Provinzen und keine strukturschwachen Räume mehr haben, dann verdanken wir das nicht zuletzt der Politik unter Hans Filbinger und seiner Generation. Die wirtschaftliche Prosperität, das Wachstum unseres Landes, unser guter Arbeitsmarkt, der soziale Wohlstand der Menschen, alle haben ihr Fundament in den Jahren dieser Gründergeneration, deren Grundlage bis heute für uns erfolgreich und wichtig sind.
Der Entwicklungsplan war damals nur ein Anfang. Er bildete den Auftakt für das wichtigste Reformwerk der Ära Filbinger: die große Gemeindegebiets- und Kreisgebietsreform.
Es gab damals viele kleine Gemeinden, die gerade einmal den Bürgermeister und wenige Mitarbeiter bezahlen konnten; die kein Geld für Straßen, für Schulen und Kindergärten zur Verfügung hatten. Ganz zu schweigen von den fehlenden Hilfen für Industrieansiedlung und Arbeitsplätze.
Die Gebietsreform war also überfällig. Aber es bedurfte eines Kämpfers, eines mutigen Mannes, eines Ordnungspolitikers, wie Hans Filbinger einer war, damit sie auch konkret in Angriff genommen und in die Tat umgesetzt worden ist. Hans Filbinger hat, gemeinsam mit dem großen Sozialdemokraten Walter Krause mit der Gemeinde- und Kreisreform ein Riesenwerk für Baden-Württemberg vollbracht. Ein Werk, das noch heute unseren Respekt verdient. Respekt auch vor den Leistungen der Großen Koalition unter seiner Führung, die Strukturen halten bis heute leistungsfähig an. Es brauchte damals viel Steh- und Überzeugungsvermögen, um die Gemeinde und Gebietsreform gegen Widerstände und Vorbehalte auch im Parlament durchsetzbar und mehrheitsfähig zu machen. Hans Filbinger und Walter Krause und die Parlamentarier dieser Generation hatten diese Gaben. Und so schufen sie jene leistungsfähigen Städte, Gemeinden und Landkreise, die heute in der richtigen Größenordnung sind.
Auch sonst hat er in seiner Amtszeit eine Vielzahl von Entscheidungen in Schule und Hochschule, im Städtebau und in der Inneren Sicherheit getroffen, die wegweisend waren und die sich bis heute als richtig erwiesen haben. Ich denke hier besonders an die Bildungspolitik. Unter seiner Führung und mit Wilhelm Hahn wurden damals Reformen im Schul- und Hochschulbereich durchgeführt, deren Weitsichtigkeit und Bedeutung - erst recht im Lichte der Pisa-Studien und Exzellenzinitiativen - heute offenkundig sind.
Ich erinnere
- an die Absage an die Gesamtschule,
- an den flächendeckenden Ausbau von Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien,
- an den Ausbau der Fachhochschulen
- und an die Gründung der Berufsakademien, der erfolgreichsten Bildungsinnovation unserer Nachkriegszeit.
Wenn man ihn auf seine Regierungsjahre ansprach und als Jüngerer die Gelegenheit hatte, auf seinen Rat zu hören, beschäftigte ihn am meisten die Zeit der Terroranschläge, der Selbstmorde der Haftanstalten von Stammheim, die Zeit als die Demokratie und der Staat letztendlich nahe am Abgrund stand. Vor dreißig Jahren starb Buback, fand die Entführung von Schleyer statt, war das Land und war Deutschland auf das Äußerste angespannt. Er war einer von den Männer und Frauen, die für eine wehrhafte und nicht erpressbare Demokratie mit Nachdruck, Überzeugung und letztendlich auch mit Erfolg eingestanden sind.
Zwanzig Jahre war er in unserer Regierung als Staatsrat, als Innenminister und zwölf Jahre als Ministerpräsident. Er war streng, er war fürsorglich, er war vorbildlich, er war fleißig, er war sachkundig, er war mutig und weitsichtig und er hat früh Talente und Begabungen erkannt und gefördert. Seine Kabinette waren bundesweit vorn. Ich nenne Roman Herzog, Annemarie Griesinger, Gerhard Weiser, ich nenne die Weggefährten Lothar Späth und Erwin Teufel. Ich nenne Wolfgang Schäuble aus Baden-Württemberg. Er hat junge Männer und Frauen zum Staat geholt und ihnen Aufgaben gegeben - Spitzenbeamte, Persönlichkeiten entstanden daraus. Ich nenne Manfred Rommel, Gerhard Mayer-Vorfelder, Erwin Vetter für viele andere. Wenn Baden-Württemberg in der Bildung heute bundesweit vorne liegt und wenn unser Land in den 70-er Jahren dem marxistischen Zeitgeist widerstanden hat, dann verdanken wir dies vor allem Hans Filbinger.
Ihm war es stets wichtig, dass Inhalte für Bildung nicht zu kurz kamen. "Mut zur Erziehung" - so hat sein damaliges Wort gelautet und "Mut zur Erziehung" ist heute aktuell wie damals. Denken wir nur an das Buch von Bernhard Bueb, das soeben zum Beststeller wurde. Hans Filbinger hat früh erkannt, dass die dogmatisch antiautoritäre Erziehung, die an anderen Orten gefordert worden ist, ein - wie er sagte - "ideologischer Irrläufer" war. Er ist dafür von Manchen scharf angegriffen worden. Aber er hat hier mit Sicherheit Recht behalten, dies stellt sich heute mehr denn je heraus. Humanistische Bildung und christliche Erziehung, Familie, Bürgertugenden, Patriotismus - all das, wofür er sein Leben lang eintrat, erfährt heute eine neue Wertschätzung.
Hans Filbinger wollte ein fortschrittliches, ein modernes und ein bewahrendes Baden-Württemberg. Und er wünschte sich, dass sein Land tief in der Geschichte verwurzelt bleibt:
- Ein Baden-Württemberg, das sich - ich erinnere an die Große Staufer-Ausstellung 1977 - um eine eigene Identität erfolgreich bemüht.
- Ein Baden-Württemberg, dem die europäische Einigung und die Freundschaft mit Frankreich ein großes Anliegen ist.
- Und ein Baden-Württemberg, das sich dem christlich-humanistischen Erbe verpflichtet weiß.
Fest verankert in der christlich-abendländisch-europäischen Kultur, und gleichzeitig der Zukunft zugewandt: das war sein Lebensmotto. Es ist das Motto, dem sich unser Land seitdem verpflichtet weiß. Und er war ein Landesvater im Besten Sinne dieses großen Wortes.
Das Land verliert mit Hans Filbinger eine prägende Persönlichkeit. Wir, die Generationen nach ihm, verlieren mit ihm einen zuverlässigen, kompetenten und aufrichtigen Mitbürger, einen väterlichen Weggefährten und Ratgeber, dessen Rat uns stets viel bedeutet hat.
Ich erinnere mich gerne, wie er auch nach dem Ausscheiden aus der aktiven Politik immer dabei war, wenn die Pflicht rief. Bei Parteitagen von Land und Bund, bei Vorstandssitzungen und im Präsidium, bei Versammlungen zur Wahl des Bundespräsidenten. Er hat sich nicht zurückgezogen, sondern in dem Maße, wie wir seinen Rat brauchen konnten, stand er für uns bereit. Nicht aufdringlich, aber gewichtig. Die letzte Begegnung war Anfang des Jahres, als er körperlich gebeugt, aber geistig völlig klar und am aktuellen Geschehen interessiert in Stuttgart für ein Kaffeegespräch mit Lothar Späth und Erwin Teufel zu Gast war und damals in einem beeindruckenden Maße über unsere Tagesordnung, über die aktuellen Geschehnissen informiert gewesen ist.
Sein Freund Dr. Friedmann hat mir dieser Tage einen Brief zugeleitet, nur zwei Wochen alt, in dem Hans Filbinger seinem Freund, Dr. Friedmann, zum Geburtstag gratulierte mit einer klaren Handschrift, seiner markanten Unterschrift. Er war bis zuletzt ein Wegbegleiter für uns und ein pflichtbewusster und aufrichtiger Mensch.
Wir wünschen Ihnen, liebe Frau Filbinger, Kraft, Gesundheit und Zuversicht, Ihnen und Ihrer Familie, Ihren Kindern, Ihren Enkelkindern und Ihren Freunden. Denn seine Lebensleistung ist auch Ihre. Und sein Lebenswerk ist auch Ihres. In tiefem Respekt vor dem Menschen und seinem Lebenswerk verneigen wir uns in dieser Stunde vor Hans Filbinger, dankbar ihn gekannt und erlebt zu haben. Wir spüren und wir teilen den Schmerz seiner Familie, die er geliebt und die ihn getragen hat. Und wir spüren die Lücke, die er für unser Land und unsere Partei hinterlässt.
Bekanntlich ist nur der wirklich tot und vergessen, der aus den Herzen und der Erinnerung der Menschen verschwindet. Ich bin sicher: Hans Filbinger wird weiterleben - in unseren Herzen, in unserer Erinnerung und mit seinem politischen Lebenswerk für uns und die nächsten Generationen.
"Die Bahre ist die Wiege des Himmels", sagt Jean Paul. Und so ist Hans Filbinger heimgekehrt in die Arme seines Herrn. Wir werden dem Verstorbenen ein würdiges Andenken bewahren, möge er in Gottes Frieden ruhen.
@Ottifant: Daß Filbinger bestimmte Tatsachen und Ereignisse verschwieg bzw. "Erinnerungslücken" verschob, ist für mich kein Hinweis auf eine nationalsozialistische Gesinnung. Eher ging es Filbinger darum, seine politische Karriere nicht zu gefährden, die er im demokratischen Deutschland nach 1945 machte. Ein solches Verhalten zeigten auch solche Mitläufer, die in der Bundesrepublik dem linken politischen Spektrum zuzurechnen sind (z.B. Günter Grass, Walter Jens).
J.R.
Fifteen Minutes of Fame
War Günther Oettinger noch vor einer Woche ein weitgehend unbekannter Stammesführer aus dem Südwesten Deutschlands, ist er heute laut einer Schandmännchen- Blitzumfrage populärer als Paris Hilton: Andy Warhol hatte schon recht, als er behauptete, heutzutage könne jeder für fuffzehn Minuten weltberühmt werden.
Übrigens hat Warhol nie behauptet, dass so was Spaß machen würde.
Das Sahnehäubchen auf Oettingers Popularität lieferte die gestrige Präsidiumssitzung der CDU, nach der Oettinger öffentlich zum Besten gab: "Ich halte meine Formulierung nicht aufrecht, sondern ich distanziere mich davon."
Was im Übrigen nichts über die Ansichten sagt, die der Formulierung zugrunde lagen.
Schade nur, dass Oettinger so früh von seiner Meinung abgerückt ist, Filbinger sei ein Nazi- Gegner gewesen.
Schandmännchen liegt inzwischen ein schriftlicher Beleg vor, der Filbinger in eine Reihe mit den Helden des 20. Juli stellt:
Eine geharnischt formulierte Aktennotiz, in der er sich über die mickrige Besoldung von Marine- Richtern beklagt.
Übrigens: Nicht distanziert hat sich Oettinger von seiner Behauptung, durch Filbingers Wirken sei kein Mensch zu Tode gekommen. Interessanter Aspekt.
Damit rückt Oettinger auf Tuchfühlung an die Filbinger- Gegner heran.
Der Typ hat seinen Job einfach nicht gemacht.
Eigentlich hatte Oettinger gestern ja vor, nach Rom zu fahren, um dem Papst zum Geburtstag zu gratulieren.
Dann erschien ihm der Kotau vor dem CDU- Präsidium aber doch irgendwie attraktiver als der Bannstrahl der sancta ecclesia catholica.
Augenzeugen der Präsidiumssitzung berichteten laut Spiegel online anschließend, Oettinger habe der "Wind ins Gesicht geblasen" und so sei ihm nichts übrig geblieben, als zurück zu rudern: Was er gesagt habe, sei letztlich "die Erwartungshaltung der Teilnehmer gewesen."
Ulkig: So hat die ganze Geschichte vorigen Mittwoch auf Filbingers Trauerfeier schon angefangen.
(ml)
Kompaniiiie: Zusammengestanden!
Gut möglich, dass sich Oettingers Popularität zu noch ungeahnteren Höhen aufschwingt.
Zumal Knut ja offenbar schwächelt.
Jedenfalls melden sich nun haufenweise Oettinger- Fans zu Worte, um die Diskussion weiter zu köcheln. So meldete sich Brandenburgs Innenjörg Schönbohm in der Leipziger Volkszeitung zu Wort und warf der mächtigsten Merkelin aller Zeiten parteischädigendes Verhalten vor.
Wo käme die Union denn auch hin, wenn ein Landesfürst nicht ab und zu mal Amok labern dürfte?
Konkret erklärte Schönbohm: "Unsere Leute wollen sehen, ob wir auch noch zusammenstehen, wenn uns der Wind einmal stark ins Gesicht weht."
So was in der Art sagte General Paulus auch zu seinen Landsern vor Stalingrad.
Schließlich schloss Schönbohm, der öffentliche Krach zwischen Merkel und Oettinger schade der Partei: "Ein Rüffel aus dem eigenen Lager ist viel brisanter als einer vom politischen Gegner." Also müsse die Union nun besonders demonstrativ zusammenstehen.
Vielleicht liegt's ja an mir, aber das klingt so, als sei Schönbohm drauf und dran, der Partei einen Anlass zu geben, demonstrativ zuammenzustehen.
SPIEGEL ONLINE - 17. April 2007, 17:30
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,477787,00.html
FILBINGER-DEBATTE
Merkel kuschelt mit Oettinger, Schönbohm stört die Harmonie
Von Sebastian Fischer und Severin Weiland
Ist alles wieder gut nach der Filbinger-Rede? In Stuttgart nimmt Angela Merkel den gescholtenen Günther Oettinger in den Arm. Aber aus Brandenburg attackiert Innenminister Schönbohm die Kanzlerin. Und die Rest-CDU? Die schweigt vielsagend.
Stuttgart/Berlin - Herrlich strahlt die Sonne vor der Liederhalle im Zentrum Stuttgarts. Doch die Journalisten wollen die Kanzlerin einfach nicht in Ruhe lassen. Wie denn jetzt ihr Verhältnis zu Günther Oettinger sei? Was sie zur Kritik von Brandenburgs CDU-Innenminister Jörg Schönbohm an ihrem Führungsstil sage? Angela Merkel lächelt, blinzelt in die Sonne und sagt: "Die Tulpen blühen bei Euch so schön."
DPAAngela Merkel zu Besuch bei Günther Oettinger: "Die Tulpen blühen so schön"
Das stimmt. Stuttgart ist in Sachen Vegetation der Hauptstadt Berlin in dieser Jahreszeit schon um Einiges voraus. Nur beim historischen Diskurs ist die Schwabenmetropole mit Ministerpräsident Oettinger in den letzten Tagen ein wenig ins Hintertreffen geraten: Erst die dubiose Trauerrede auf den verstorbenen früheren Regierungschef und Ex-NS-Marinerichter Hans Filbinger ("kein Nationalsozialist", "Gegner des NS-Regimes"), dann der Rückzug in Trippelschritten übers Wochenende bis zur Sitzung des CDU-Präsidiums am Montag ("ich distanziere mich").Oettinger: "Die Debatte ist beendet"
Deshalb ist am Dienstag vor der Liederhalle in Stuttgart wieder alles im Lot. Findet zumindest Günther Oettinger, der drei Minuten vor der Kanzlerin die Szene betreten hat: "Die Debatte ist beendet", dekretiert der Ministerpräsident. Außerdem: "Wir haben keine Krise." Und: "Es gibt keinen Riss im Landesverband". Sowie: Sein Verhältnis zu Merkel sei "voll intakt". Zu Schönbohms Ärger über Merkels Oettinger-Kritik vom Freitag ("das war in der Sache schädlich") hat der Stuttgarter Regierungschef hingegen "keinen Kommentar" übrig.
Um Punkt Zwölf fährt dann Angela Merkel vor, entsteigt ihrem schwarzen Audi, hat ihren Tulpenauftritt und - der lauernde Fotografenpulk kann sein Glück kaum fassen - legt den rechten Kanzlerinnen-Arm auf Oettingers Schulter. Harmonie pur. Merkel lächelt. Oettingers Gesichtszüge entspannen sich.
Merkel hat ihn am Montag nach Berlin respektive Canossa gehen lassen. Oettinger ließ sich maßregeln. Damit hatte Merkel ihr Ziel erreicht: Den internationalen Ruf Deutschlands geschützt, Schaden von der Bundes-CDU abgewendet - und sich zukünftige Koalitionsdenkspiele offen gehalten (Jamaika, schwarz-grün), denen Oettinger mit seiner Rückkehr in die muffig-verstockte Filbinger-Ära der Bundesrepublik einen Sperrriegel hätte vorschieben können. Die Bundesbürger geben ihr Recht: Knapp zwei Drittel der Deutschen halten Merkels Reaktion auf Oettingers Trauerrede für angemessen, ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag des TV-Senders "N24".
Merkel ist also glücklich. Warum sollte sie Oettinger weiter im Regen stehen lassen? Denn der steht nun auch in den Umfragen unter Druck: 57 Prozent der Baden-Württemberger sehen ihren Ministerpräsidenten nach der Korrektur seiner Rede als beschädigt an, 19 Prozent fordern seinen Rücktritt, ergab eine vom Südwestrundfunk (SWR) beauftragte Umfrage. Mehr als zwei Drittel halten es aber für richtig, dass er seine Aussagen zurücknahm.
Merkel geht auf Kuschelkurs
Merkel also nimmt Oettinger in den Arm, geht auf Kuschelkurs: Seht her, die Union steht geschlossen da. Eigentlich ist sie aber heute als EU-Ratspräsidentin in Stuttgart, denn drinnen in der Halle tagt die "Europäische Konferenz für Handwerk und Kleinunternehmen", veranstaltet von der EU-Kommission. Merkel soll eine Rede halten.
Doch erstmal redet jetzt ein österreichischer Vertreter über "Frieden in Europa" und was das alles so fürs Handwerk bedeutet. Und in der ersten Reihe sitzen zwei, die gar nicht richtig zuhören: Oettinger und Merkel. Ach, sie verstehen sich so gut. Der Ministerpräsident flüstert der Kanzlerin dauernd was ins Ohr. Die lacht, nickt und sagt immer wieder "Ja, ja". Dann flüstert sie zurück. Oettinger gluckst und seine Schultern hüpfen.
Als Merkel dran ist, das Podium erklommen und die Mikrofone zurecht gerückt hat, lächelt sie erstmal jemanden in der ersten Reihe an: "Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Günther Oettinger!" Sie sei "sehr gern" nach Stuttgart gekommen. Ausführlich lobt sie Baden-Württemberg, verdanke es Wohlstand und Prosperität doch insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen. Da schaut Günther Oettinger zwar hoch konzentriert (wie immer), aber sehr glücklich (wie seit einer Woche nicht mehr).
Während sich Oettinger und Merkel in Stuttgart umarmen, dröhnt das Schweigen der restlichen CDU immer stärker. Weder jene konservativen Kräfte, die Oettinger in der letzten Woche in seiner Filbinger-Verteidigung beigesprungen waren, wollen sich äußern, noch findet Merkel in der Parteiführung öffentliche Unterstützung für ihren klaren Kurs. Insbesondere die CDU-Ministerpräsidenten scheinen das Schweigen vorzuziehen. Aber auch von Merkels Innenminister Wolfgang Schäuble und CDU-Fraktionschef Volker Kauder - beide aus Baden-Württemberg - kommt kein Wort.
Allein der Konservative Jörg Schönbohm, der im November auf dem Dresdener CDU-Parteitag nicht mehr ins Präsidium gewählt wurde, hat deutliche Worte gefunden - gegen die Kanzlerin. Damit hat er sich neben Oettinger ins Zentrum der Debatte geschoben.
Schönbohm gilt als einer der letzten authentischen Vertreter des konservativen Flügels in der Union. Schon öfter hat er Merkel in gesellschaftspolitischen Fragen in der Vergangenheit kritisiert. Berühmt blieb seine Warnung an Merkel im Jahr 2002, das "konservative Tafelsilber" der CDU nicht zu "verscherbeln". Für seine offenen Worte ist der frühere Bundeswehr-General, der erst Anfang der Neunziger in die CDU eintrat, bekannt.
Plötzlich funktioniert die Parteidisziplin
Doch Schönbohms klare Kante für Oettinger bleibt eine Ausnahme in der CDU dieser Tage. Es ist, als könne die Partei plötzlich schweigen, wo sie sich in anderen Fragen - etwa zur Steuer- oder Gesundheitspolitik - umso bereitwilliger zu Wort meldet. Plötzlich funktioniert die Parteidisziplin - wieder. In Stuttgart ist es wie in Berlin: Wer bei Unionspolitikern am Dienstag anruft, erhält fast überall dieselbe Antwort: Weder zu Merkel noch zu Schönbohm wolle man sich äußern. Man ist vorsichtig, will den Fall möglichst schnell beendet sehen.
Nur zwei wagen sich neben Schönbohm vor. Zum einen ein Mitglied von Oettingers Regierung: Baden-Württembergs Finanzstaatssekretär Gundolf Fleischer sagte, er halte "das Vorgehen der Kanzlerin für nicht angemessen". Dagegen erhält Merkel Rückendeckung von einem führenden Mitglied der Bundes-CDU, das aber darum bittet, nicht namentlich genannt zu werden. Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE erklärt das Mitglied, Schönbohms Kritik an Merkel sei "nicht nachvollziehbar". Denn ohne die Äußerung der CDU-Vorsitzenden "wäre der Schaden noch größer gewesen". Das sei "doch absehbar gewesen". Merkel habe daher mit ihrer Entscheidung, in den Fall öffentlich einzugreifen, "völlig richtig gehandelt", so das CDU-Mitglied. "Die Frage nach der Fehleinschätzung Oettingers zum Leben und Wirken von Filbinger hat sich ja nicht erst durch die Äußerung von Frau Merkel gestellt." Sie habe auf eine bereits laufende öffentliche Debatte reagiert. Und weiter: "Insofern wird hier durch Herrn Schönbohm Ursache und Wirkung verwechselt".
Außerhalb der CDU wird Oettingers Distanzierung kontrovers kommentiert. Der Schriftsteller Rolf Hochhuth, der 1978 Filbingers Vergangenheit öffentlich machte, plädiert nun für ein Ende der Debatte: Es sei "absurd", jetzt weiter den Rücktritt Oettingers zu fordern. Dagegen sagt die Schwester des im März 1945 auf Antrag Filbingers zum Tode verurteilten und schließlich hingerichteten Wehrmacht-Deserteurs Walter Gröger, Ursula Galke, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE zur Entschuldigung Oettingers: "Meiner Meinung nach reicht sie nicht aus." Sie hält auch nach der öffentlichen Distanzierung des Ministerpräsidenten an ihrer Kritik fest: "Mit dem Satz in seiner Trauerrede, Filbinger sei ein Gegner des NS-Regimes gewesen, hat Oettinger gesagt, in welcher politischen Ecke er zu finden ist", so Galke.
In Stuttgart derweil macht Günther Oettinger auf Normalität. Minutenlang verteilt er nach Merkels Abfahrt draußen vor der Liederhalle Autogramme an eine Schulklasse. "Wie heißen Sie?", fragt er höflich eine Schülerin, um seinen Schriftzug auf dem Block des Mädchens zu personalisieren. "Marlena", sagt sie. "Ach", erinnert sich Günther Oettinger, "da gibt es ein Lied, das war toll, aber es ist viel älter als sie". Ja, einst sangen die "Flippers" von der "Marlena". Das war 1976. Da war Hans Filbinger noch Ministerpräsident. Aber diese Debatte ist ja nun beendet.
Deine Favoritenliste möchte ich gerne mal sehen, kiiwiis übrigens auch:-)
Aber kiiwii seine ist nicht ganz so interessant, Likörtrinker bringen es nicht rüber:-)
Kniefall vor den Konservativen
Oettingers umstrittene Filbinger-Rede
Moderation Fritz Frey:
Oettinger hat dieses Wissen ignoriert und dafür neben viel Kritik – nicht nur von Angela Merkel – auch Beifall erhalten. Vor allem aus den Reihen der baden-württembergischen CDU. Manch einer verstieg sich sogar dazu, Oettingers Rede sei einer bestandenen Meisterprüfung gleichzusetzen. Für diese Herrschaften war der heutige Tag sicher kein guter Tag. Günther Oettinger heute also in Berlin zum „mea culpa“?
Unter dessen haben Harald Merz und Gerhard Weisenberger in Baden-Württemberg die Seelenlage der Partei erkundet.
Bericht:
Es war nur ein Satz, aber er hätte beinahe das politische Ende von Günther Oettinger bedeutet.
O-Ton, Günther Oettinger, CDU, Ministerpräsident Baden-Württemberg:
»Hans Filbinger war kein Nationalsozialist, im Gegenteil, er war ein Gegner des NS-Regimes.«
Keine Reaktion im Münster. Warum auch? Für die meisten sprach Oettinger nur aus, was sie dachten. Zum Beispiel Gerhard Mayer-Vorfelder. Er war zwölf Jahre persönlicher Referent Filbingers gewesen.
O-Ton, Gerhard Mayer-Vorfelder, CDU, ehem. Finanzminister Baden-Württemberg:
Die CDU in Baden-Württemberg. Sie hat schon lange ihren Frieden mit Filbinger gemacht. Für sie ist er einer, der absolute Mehrheiten holte. Seine Nazi-Vergangenheit, seine Schuld, sein Rücktritt – verdrängt, verschwiegen, beschönigt. Selbst von Lothar Späth, der ihm sehr kritisch gegenüberstand.
O-Ton, Lothar Späth, CDU, ehem. Ministerpräsident:
Hans Filbinger, ein Gegner des NS-Regimes. Eine Kernaussage, von der die CDU jetzt lassen muss. Als Ministerpräsident musste Hans Filbinger 1978 gehen. Die Partei ließ ihn fallen. Das Todesurteil gegen den Gefreiten Walter Kröger am Ende des Krieges sei von oben angeordnet worden. Er habe seine Hinrichtung nur vollstreckt. Filbinger beharrte Zeit seines Lebens darauf Opfer und nicht Täter zu sein.
O-Ton, Hans Filbinger 1978:
Filbinger fallen zu lassen - für viele ein Verrat, von dem sich seine Partei nie erholt hat. Die ehemalige Sozialministerin Annemarie Griesinger leidet heute noch darunter.
O-Ton, Annemarie Griesinger, CDU, ehem. Sozialministerin:
Umringt von Parteifreunden in Pforzheim vor einem halben Jahr. Hans Filbinger war gern gesehener Gast. Bis zuletzt beharrte er darauf, ein Opfer der Umstände gewesen zu sein, und keiner wagte es, ihm zu widersprechen. Dabei hatte Hans Filbinger seiner Partei über Jahrzehnte hinweg immer wieder seine wahre Gesinnung vor Augen geführt.
1979 gründete er das Studienzentrum Weikersheim und bot sogar Rechtsextremen ein Podium. Der Vorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, war Mitglied im Präsidium. Mitstreiter von Filbinger wie der ehemalige Wehrmachtsoffizier Helmuth Seliger empören sich heute noch, wie ungerecht Filbinger behandelt wurde.
O-Ton, Helmuth Seliger, CDU, Mitbegründer des Studienzentrums Weikersheim:
Oettinger wollte mit seiner Rede vor allem den konservativen Flügel der Partei für sich einnehmen. Hat sein Einknicken ihm jetzt geschadet?
O-Ton, Freiherr Wolfgang v. Stetten, CDU, Vorsitzender der Seinoren-Union:
Sechs Tage sind seit der Trauerrede vergangen. Um sein eigenes politisches Leben zu retten, hat er sich von seinen Aussagen distanziert. Eine Kehrtwende, mit der die CDU in Baden-Württemberg jetzt fertig werden muss.
Abmoderation Fritz Frey:
Ja, da ist also zu beobachten, wie aus einer Trauerrede ein politisches Trauerspiel geworden ist.
Quelle: http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/...1dnqzgb/index.html
aber ich finde es trotzdem ganz toll das ariva eine ansammlung von wiederstandskämpfern zu sein scheint die sich alle hinter end aufstellen und moral brüllen. ihr solltet mal bei michael friedmann anfragen ob er den kassenwart für euch macht ...
Gruesschen
Der WOLF