Offensive in Fallujah hat begonnen
Schon die ersten Agenturmeldungen über den Angriff lieferten neue Belege für Kriegsverbrechen der US-Soldaten.
Die ganze Nacht hindurch wurde die Stadt von einem AC-130 Erdkampfflugzeug beschossen. Kurz vor Sonnenaufgang wurden - neben zahlreichen weiteren - auch vier 500-Pfund-Bomben auf die von über 10.000 US-Soldaten belagerte Stadt abgeworfen. Dem Notstandsgesetz der von den USA kontrollierten "irakischen Übergangsregierung" zufolge dürfen Männer im "militärfähigen Alter" zwischen 15 und 55 Jahren die Straßen in und um die Stadt herum nicht betreten. Ebenso ist jeglicher Straßenverkehr untersagt.
Eines der ersten Ziele war bei dem Angriff das im Westen Fallujahs gelegene Krankenhaus. US-Soldaten riegelten die Gegend um das Krankenhaus vollständig ab und mehrere hundert "irakische Soldaten" durchsuchten danach das Krankenhaus, brachen Türen auf, trieben Angestellte und Patienten auf den Gängen zusammen, fesselten sie und nahmen über 50 Männer "im militärfähigen Alter" gefangen. Die Hälfte von ihnen wurde später wieder freigelassen.
Nach der Besetzung des Krankenhauses sagte sein Direktor, Dr. Salih al-Isawi, telephonisch, daß US-Soldaten untersagt haben, Ärzte und Krankenwagen in die Stadtmitte zu schicken, um Verwundete zu versorgen. Gegenüber Al-Jazeera berichtete er, daß ein Krankenwagen beschossen wurde, als dieser versuchte, das Gelände zu verlassen.
Ein Blick in die Genfer Konventionen läßt keinen Zweifel daran, daß es sich hier um zahlreiche Kriegsverbrechen handelt.
"Artikel 10 Schutz und Pflege
1. Alle Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen, gleichgültig welcher Partei sie angehören, werden geschont und geschützt.
2. Sie werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt und erhalten so umfassend und so schnell wie möglich die für ihren Zustand erforderliche medizinische Pflege und Betreuung. Aus anderen als medizinischen Gründen darf kein Unterschied zwischen ihnen gemacht werden."
"Artikel 12 - Schutz von Sanitätseinheiten
1. Sanitätseinheiten werden jederzeit geschont und geschützt und dürfen nicht angegriffen werden."
Der Bruch dieser Artikel ist die Abriegelung und Stürmung des Krankenhauses nur zu offensichtlich. Auch die Schüsse auf einen Krankenwagen stellen einen schwerwiegenden Bruch der Genfer Konventionen dar.
Allein die Tatsache, daß höchstwahrscheinlich auch Widerstandskämpfer in dem Krankenhaus behandelt werden, rechtfertigt keinesfalls ein solches Vorgehen, wie ein weiterer Artikel deutlich macht.
"Artikel 13 - Ende des Schutzes ziviler Sanitätseinheiten
1. Der den zivilen Sanitätseinheiten gebührende Schutz darf nur dann enden, wenn diese außerhalb ihrer humanitären Bestimmung zu Handlungen verwendet werden, die den Feind schädigen. Jedoch endet der Schutz erst, nachdem eine Warnung, die möglichst eine angemessene Frist setzt, unbeachtet geblieben ist.
2. Als Handlung, die den Feind schädigt, gilt nicht
a) die Tatsache, daß das Personal der Einheit zu seiner eigenen Verteidigung oder zur Verteidigung der ihm anvertrauten Verwundeten und Kranken mit leichten Handfeuerwaffen ausgerüstet ist;
b) die Tatsache, daß die Einheit von einer Wache, durch Posten oder von einem Geleittrupp geschützt wird;
c) die Tatsache, daß in der Einheit Handwaffen und Munition vorgefunden werden, die den Verwundeten und Kranken abgenommen, der zuständigen Dienststelle aber noch nicht abgeliefert worden sind;
d) die Tatsache, daß sich Mitglieder der Streitkräfte oder andere Kombattanten aus medizinischen Gründen bei der Einheit befinden."
Da durch die durch Gewaltanwendung unterstrichene Weigerung, Ärzte und Krankenwagen passieren zu lassen, auch die Zivilbevölkerung keine Behandlung erhalten kann, wird ein weiterer Artikel verletzt.
"Artikel 14 - Beschränkung der Requisition ziviler Sanitätseinheiten
1. Die Besatzungsmacht hat dafür zu sorgen, daß die medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten gesichert bleibt."
Spätestens durch den Einsatz von 500-Pfund-Bomben wird auch ein Artikel zum Schutz der Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen verletzt.
"Artikel 51 - Schutz der Zivilbevölkerung
1. Die Zivilbevölkerung und einzelne Zivilpersonen genießen allgemeinen Schutz vor den von Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren. Um diesem Schutz Wirksamkeit zu verleihen, sind neben den sonstigen Regeln des anwendbaren Völkerrechts folgende Vorschriften unter allen Umständen zu beachten.
2. Weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen dürfen das Ziel von Angriffen sein. Die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten.
3. Zivilpersonen genießen den durch diesen Abschnitt gewährten Schutz, sofern und solange sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.
4. Wahllose Angriffe sind verboten. Wahllose Angriffe sind
a) Angriffe, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden,
b) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder
c) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften dieses Protokolls begrenzt werden können
und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekte unterschiedslos treffen können.
5. Unter anderem sind folgende Angriffsarten als wahllos anzusehen:
a) ein Angriff durch Bombardierung - gleichviel mit welchen Methoden oder Mitteln - bei dem mehrere deutlich voneinander getrennte militärische Einzelziele in einer Stadt, einem Dorf oder einem sonstigen Gebiet, in dem Zivilpersonen oder zivile Objekte ähnlich stark konzentriert sind, wie ein einziges militärisches Ziel behandelt werden, und
b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, daß er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.
6. Angriffe gegen die Zivilbevölkerung oder gegen Zivilpersonen als Repressalie sind verboten."
Angesichts des Verbots jeglichen Fahrzeugverkehrs und des geschlossenen Belagerungsrings um die Stadt dürfte auch ein Artikel, der das Aushungern verbietet, anwendbar sein, da hierdurch der Lebensmittelnachschub verhindert wird.
"Artikel 54 - Schutz der für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte
1. Das Aushungern von Zivilpersonen als Mittel der Kriegführung ist verboten."
Trotz dieser zahlreichen schwerwiegenden Verletzungen der auch von den USA unterzeichneten Genfer Konventionen ist mit einer Ahndung sicherlich kaum zu rechnen.
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warum unternehme ich nichts dagegen?
*ganzmiesfühl*
die beschießen sogar zu hause ihre eigenen schulen, weil se zu blöd sind ein gps zu bedienen.
außerdem, so richtig kämpfen können die auch nicht.
ohne daß vorher die flieger alles platt machen, was sich bewegt, trauen die sich doch keinen meter in feindgebiet.
mit massiven kollateralschäden muß man also rechnen.
In Falluja kam es auch an zwei strategisch wichtigen Euphrat-Brücken zu heftigen Gefechten zwischen Amerikanern und Aufständischen. Dabei setzten die Rebellen Panzerfäuste und Mörser ein. An der alten Euphrat-Brücke sahen irakische Augenzeugen einen brennenden US-Panzer. In einer kleineren Klinik der Stadt erklärten Ärzte, die von den Amerikanern parallel zu ihrem Vorrücken am Boden fortgesetzten Luftangriffe hätten in der Nacht zehn Zivilisten das Leben gekostet.
Über den Lautsprecher einer Moschee im Zentrum der Stadt wurde eine Erklärung der Aufständischen verbreitet. Darin behaupteten diese, sie hätten 36 US-Soldaten und 103 irakische Nationalgardisten gefangen genommen. Dies wurde von unabhängiger Seite nicht bestätigt. Die US-Armee und Allawi erklärten ihrerseits, die Rebellen hätten begonnen, Tunnel zwischen Schulen und Moscheen zu graben.
Die Schliessung der Grenzen zu Syrien und Jordanien gilt bis auf weiteres und gehört zu einem ganzen Katalog von Massnahmen, die Allawi am Montag, einen Tag nach der Verhängung des Ausnahmezustandes, verkündete. Zudem sollte der Internationale Flughafen in Bagdad von Montagabend an für 48 Stunden geschlossen bleiben. Der Notstand gilt für 60 Tage im ganzen Land mit Ausnahme der Kurdenprovinzen. Allawi wehrte sich gegen die Formulierung, es herrsche nun Kriegsrecht im Irak. Das irakische Notstandsgesetz sei ein "Sicherheitsgesetz", betonte er.
Ausgangssperre verhängt
Die Regierung verhängte auch eine Ausgangssperre über die Rebellenhochburgen Falluja und Ramadi. Die Zufahrtstrassen zu beiden Städten würden blockiert, öffentliche Gebäude geschlossen. Der Besitz jeglicher Art von Waffen sei verboten. Zusammen mit den US-Truppen will die Regierung die beiden Städte vor den für Januar geplanten Wahlen unter ihre Kontrolle bringen. Die "New York Times" schrieb in ihrer Internetausgabe, bis zu 15'000 US-Soldaten und irakische Truppen belagerten Falluja.
Nach Angaben des arabischen TV-Senders Al Jazira kam es in der als Widerstandszentrum bekannten Haifa-Strasse in Bagdad zu Kämpfen zwischen US-Soldaten und Einwohnern, die sich mit den Aufständischen in Falluja solidarisieren wollten. Bei der Explosion einer Autobombe auf der Strasse zum Flughafen Bagdad wurden am Montag zwei irakische Zivilisten getötet, darunter eine Frau. Wie von der Polizei zu erfahren war, detonierte der Sprengsatz neben einem US-Militärkonvoi. Ein US-Soldat und mehrere Iraker wurden laut Al Jazira bei einem ähnlichen Autobombenanschlag in Mossul verletzt.
Unterdessen töteten Aufständische in der Nähe von Samarra einen türkischen Lastwagenfahrer. Wie die Polizei in Tikrit mitteilte, sass der Mann am Steuer eines Tankwagens, der zu einem von amerikanischen Truppen begleiteten Konvoi gehörte
die gilt für die russen, iraker, polen, rumänen und alle möglichen länder aber doch nicht
für die usa!!!
aber eigentlich vewundert mich dieses verhalten nicht. solange kein anderes land etwas gegen diese haltung der usa was unternmmt, wird diessw land weiter so handeln...
Mit freundlichen Grüßen
BigBen24
Am Beispiel Falludscha1 taucht die grausige Sentenz aus dem Vietnam-Krieg wieder auf: “Um das Dorf zu befreien, mussten wir es vernichten.” Falludscha muss befreit werden. Damit sind Luftwaffe, Artillerie und Kampftruppen der USA und Großbritanniens beschäftigt. Die Zahl der Ziviltoten wird rasch ansteigen. Bis jetzt sind mehr als 100 000 unbewaffnete irakische Frauen, Männer und Kinder am Krieg gestorben (vgl. hierzu >> Studie: Mindestens 100.000 Tode in Irak - Antikriegsbewegung will Krieg beenden).
Die Hoffnung, in ein paar Monaten Irak frei wählen zu lassen, so dass eine voll legitimierte zivile Regierung dem Land Wohlstand und Demokratie verschaffen kann, dürfen die Planer in Washington wohl fallen lassen. Für die Iraker gibt es stattdessen Zerstörung durch Waffengewalt. Demokratie wird nicht nur den sunnitischen Widerständlern in der Provinz Anbar ausgetrieben - wen wundert es, dass die radikale Richtung der Salafiten überhand zu nehmen beginnt? -, und von der schiitischen Mehrheit wird das geneigte Ohr des Satrapen Ijad Allawi bald Beschimpfungen vernehmen, danach wahrscheinlich den Aufruf zum allgemeinen Widerstand. Die Verursacher sitzen in Washington.
Ich für meinen Teil hoffe auf eine totale Vernichtung der muslimischen Terrorbanden.
ist doch ganz einfach.
Begreifst du überhaupt was abgeht? Muslimische Terrorbanden? Wenn die USA sich morgen aus allen Staaten zurückziehen würden, gäbe es überhaupt gar keinen Terror. 9/11 ist eine Folge von anmaßender Intervention.
Überleg dir mal wer Aldo Moro oder Allende umgebracht hat.
Es geht hier nur um shareholder interessen von Raytheon, McDonald Douglas, Unocal, etc. etc.
Thats Fact.
Woran mag das wohl liegen?
Ein unpolitisches Beispiel ist die heutige Spiegelmeldung über die Titanic. Diese Meldung stand schon vor Tagen in der Basler Zeitung.
Und so ist es mit fast allen Nachrichten.
Warum wohl??????????????????????????
Ihr könnt Euch ja freiwillig als Gotteskrieger melden und im Irak Ausländer die Kehlen durchschneiden. Kopfschüttel
Danke für den Tipp mit Rüstungsaktien. Werde mal einen Vergleich starten. General Dynamics hast Du vergessen.
> beschossen. Kurz vor Sonnenaufgang wurden - neben zahlreichen weiteren -
> auch vier 500-Pfund-Bomben auf die von über 10.000 US-Soldaten belagerte
> Stadt abgeworfen.
Und die Einheit Pfund gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Die gültige Einheit ist Kilo.
In Falludscha sind do die Typen, die immer Anschläge auf Polizisten machen, ja schickt da doch mal gut bewaffnete Polizei rein. Ich bin mir sicher, da gibt es hinterher noch nicht mal einen Falschparker mehr.
Taos
Aber mal ernst...das ist doch alles kriminell...
...ok jetzt erst mal was essen...und dann fi....
Ursachen des Terrors: Mythos und Realität. Eine Spurensuche nach den Motiven der Anschläge vom 11. September
Von Walter Laqueur
Washington - Kein anderes Thema ist in den letzten Wochen so breit und ausgiebig diskutiert worden wie die Ursachen und Wurzeln des Terrorismus. Im Internet findet man 250 000 diesbezügliche Treffer. Der Bundespräsident hat darüber gesprochen, der Papst und der Generalsekretär der Vereinten Nationen - praktisch jeder Staatsmann und viele Intellektuelle einschließlich einiger Persönlichkeiten, deren Stellungnahme überrascht. Der iranische Premierminister etwa sagte, dass der Terrorismus wuchere, "weil die Ethik aus der Politik herausgehalten wird". Wer könnte dieser hehren Erklärung widersprechen? Oberst Gaddafi, in der Vergangenheit eine Autorität im Bereich des Terrorismus, hat ebenfalls eine Rede über das Thema gehalten. Aber nach einem viel versprechenden Anfang widmete er den Großteil seiner Zeit der Gentechnologie (er ist dafür).
Eine große Anzahl von Ursachen wurde genannt - Globalisierung und Antiglobalisierung, amerikanische Arroganz und Amerikas Verhalten in Nicaragua und anderswo. Der indische Premierminister gab in erster Linie Pakistan die Schuld, die arabischen Außenminister Israel. Einige britische Exzentriker meinten, es sei die unvermeidliche Konsequenz davon, dass die Kolonialmächte ihre Herrschaft viel zu früh aufgegeben hätten. Und irgendein christlich-fundamentalistischer Prediger in den Vereinigten Staaten argumentierte, dass es die Vergeltung für legalisierte Abtreibungen, sexuelle Promiskuität und die freizügige Gesellschaft insgesamt sei. Doch abgesehen von solchen eher verschrobenen Ansichten - und es gab eine regelrechte Parade davon - wurde keine "Ursache" für den Terrorismus häufiger genannt als Armut, Hunger und Krankheit.
Es gibt unzählige moralische und politische Gründe dafür, die derzeitige Verteilung von Reichtum unter und in den Nationen als ungerecht und dem Frieden und Wohlstand nicht zuträglich zu betrachten. Armut sorgt für politische Unruhe und soziale Instabilität. Aber erzeugt sie Terrorismus? Niemand, der sich ernsthaft mit Terrorismus beschäftigt, hat bisher eine eindeutige Wechselbeziehung zwischen Armut und Terrorismus festgestellt, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart. Nicht nur weil Osama Bin Laden und sein Hauptberater Zawahiri aus wohlhabenden Familien stammen (genau wie der berüchtigte Terrorist Carlos "der Schakal" und andere bekannte Personen); denn man könnte immer argumentieren, dass Bewegungen, die für die Rechte und Interessen der Armen kämpfen, häufig von Mitgliedern gesellschaftlicher Eliten angeführt werden. Marx kam nicht aus einer armen Familie, Engels besaß eine Fabrik, und der Prophet Mohammed war nach seiner Heirat mit einer wohlhabenden Witwe auch nicht arm dran. Die entscheidende Frage ist, wo Terrorismus vorkommt und wo nicht. Unter den 49 Ländern, die von der UNO als die Ärmsten der Armen bezeichnet wurden, hat der Terrorismus nur in zweien eine gewisse Rolle gespielt - im Sudan und in Afghanistan, und in beiden Fällen war es kein einheimisches Produkt, sondern ein ausländischer Import. Terroristen erkauften sich ein Land.
Manchmal kommt Terrorismus tatsächlich in den ärmeren Regionen eines Landes vor, in Peru beispielsweise oder in Nordirland, einem der vernachlässigten Teile des Vereinten Königreichs. Aber genauso tritt er in wohlhabenderen Gegenden auf - im Baskenland Spaniens, eher im Norden als im Süden Italiens, im Punjab in Indien, in den Tamilengegenden von Sri Lanka. Sicher, diejenigen, die den extremeren Flügeln des palästinensischen Terrorismus wie der Hamas und dem Dschihad beigetreten sind, kamen aus weniger wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft, und das Gleiche trifft auf die libanesische Hisbollah zu. Aber unter den palästinensischen Selbstmordattentätern war, soweit man das ermitteln kann, keiner, der unter Hunger gelitten hätte. Das ist auch bezüglich der sogar noch größeren Anzahl von Selbstmordattentätern in Sri Lanka so. Was die terroristischen Gruppen betrifft, die in der letzten Zeit am aktivsten waren und die das Rückrat von Al Qaida darstellen, nämlich die ägyptische (Terrororganisation) Dschamaat Al Islamiya und die Saudi-Araber, die an den Anschlägen vom 11. September beteiligt waren, so kommen sie fast ohne Ausnahme aus Familien der Mittelschicht. Einige von ihnen kommen aus wohlhabenden Verhältnissen, ihre Eltern sind Kaufleute und Bankiers, Ärzte, Anwälte oder höhere Beamte.
Es ist vollkommen richtig, dass es in kleinen und sehr wohlhabenden Ländern selten, wenn überhaupt zu Terrorismus kommt. Aber die meisten Länder fallen nicht in diese glückselige Kategorie, und es ist nicht wahrscheinlich, dass sie einen solchen Status in der vorhersehbaren Zukunft erlangen werden. Darüber hinaus gibt es keinerlei Beweise dafür, dass Armut für das Vorkommen von Terrorismus eine Schlüsselrolle spielt.
Eine zweite Ursache für die Verbreitung des Terrorismus, die dieser Tage häufig vorgebracht wird, ist der berühmte "Konflikt der Kulturen" (und unser Unvermögen, ihn zu verhindern). Es mag ein Körnchen Wahrheit in dieser These liegen, aber die empirische Beweislage ist weit davon entfernt, überzeugend zu sein. Ein Überblick über Kriege, Bürgerkriege und ähnliche Konflikte in der heutigen Welt zeigt, dass es tatsächlich eine weit größere Häufigkeit von Gewalt und Aggression in islamischen Gesellschaften gibt als in den meisten anderen. Ein Leben in der Minderheit in nichtislamischen Staaten fällt ihnen schwer - von den Philippinen bis Westeuropa. Und es fällt ihnen genauso schwer, ihre eigenen Minderheiten fair zu behandeln - die Berber in Algerien, die Kurden, die Kopten in Ägypten, die südlichen Stämme im Sudan, die Bahai im Iran, die Christen in Osttimor und so weiter.
In einigen Fällen waren die Moslems die verfolgte Seite, man muss nur an Tschetschenien denken, an Bosnien, Kaschmir oder die besetzten Gebiete des Westjordanlandes. Aber in dem Moment, als die Tschetschenen und die Albaner die Gelegenheit hatten, wandelten sie sich von Opfern der Aggression zu Aggressoren. Die moslemischen Einwohner Kaschmirs wollen nicht nur einen eigenen, unabhängigen Staat, sie wollen alle Nichtmoslems ausweisen, und die radikalen Palästinenser haben klar gemacht, dass sie nicht nur die 1967 von Israel besetzten Gebiete befreien, sondern Israel zerstören wollen.
Es ist allerdings angesichts all dieser Konflikte und auch angesichts der Feindseligkeit gegenüber dem Westen sehr unwahrscheinlich, dass die islamischen Länder gemeinsame Sache machen werden gegen den Westen, der auch keine einheitliche Front bildet. Der Großteil der Aggression in der islamischen Welt richtet sich gegeneinander. Der bei weitem blutigste Krieg war der des Irak gegen den Iran (1980 bis 1988), der fast eine Million Opfer forderte. Die verheerendste Terrorkampagne war die, die von algerischen Terroristen gegen ihr eigenes Land geführt wurde - ungefähr 70 000 Menschen starben. Es gibt eine Organisation Islamischer Staaten (OIC), die mehr als 50 Mitglieder zählt. In ihrer Geschichte ist es dieser Organisation niemals gelungen, einen Konflikt zwischen ihren Mitgliedern zu lösen. Die Elemente der Uneinigkeit in der islamischen Welt sind stärker als die, die zu gemeinsamem Handeln führen. Die islamischen Terroristen der Art Bin Ladens behaupten, dass sie nach einheitlichem Handeln streben (daher ihr Kampf gegen den arabischen Nationalismus, den sie als westlichen Import betrachten). Aber es sind genau diese islamischen Radikalen, die glauben (ihrem frühen Guru Sayed Qutb folgend), dass sich ihr Kampf zunächst gegen die derzeitigen Regierungen islamischer Staaten richten muss, die allesamt Ungläubige und Abtrünnige seien. Die einzige gemeinsame Handlung auf Seiten der OIC, die man in absehbarer Zukunft ernsthaft erwarten kann, ist es, in den Vereinten Nationen als Block abzustimmen.
Die am dritthäufigsten genannte Ursache für den Terrorismus ist Israel. Wie ein führender Orientalist vor vielen Jahren sarkastisch sagte: Wenn es Israel nicht gäbe, würden Geschäftsleute große Verträge bekommen, Generäle und Admirale militärische Stützpunkte und Missionare Konvertiten. Jetzt könnte man hinzufügen: Und es würde keinen Terrorismus geben. Israel hat eine Menge Kritiker und Feinde, und dieses Argument hat heutzutage viele Befürworter. Es stimmt, dass die israelische Vorherrschaft über heilige Stätten des Islam und der Widerwille, die Kontrolle gemeinsam auszuüben, tiefe Verärgerung in der arabischen Welt hervorgerufen hat. Genauso wahr ist es, dass Israel die Gebiete vor langer Zeit hätte aufgeben sollen - sich selbst zuliebe, denn kein demokratisches Land kann auf Dauer über so viele unfreiwillige Bürger herrschen und dabei seinen demokratischen Charakter erhalten. Je länger diese Entscheidung hinausgeschoben wird, desto schmerzhafter wird der Schritt sein. Aber war es nicht Israel, das unter Ehud Barak die Rückgabe von 95 Prozent der Gebiete anbot, und war es nicht Arafat, der das Angebot ablehnte? Es hätte trotzdem durchgeführt werden sollen, notfalls einseitig.
Israel ist für einige seiner Nachbarn ein entscheidendes Problem, für die islamische Welt im Großen und Ganzen aber ist Israel keine Ursache für islamischen Zorn, sondern ein Katalysator und ein Symbol. Es wird keinen Unterschied machen in Bezug auf die große Mehrheit derzeitiger bewaffneter Konflikte, sei es in Nordafrika oder Nigeria, in Zentralasien, Pakistan und den Philippinen, nicht einmal auf der arabischen Halbinsel. Es wird keine Auswirkung haben auf die Situation im Kaukasus, im Iran und Irak und auf die Beziehungen zwischen ihnen. Es wird die Wut unter radikalen Moslems in Westeuropa nicht reduzieren. Bin Laden und die anderen islamistischen Terroristen haben größere Fische zu fangen als Israel, und sie werden weiterhin auf die Zerstörung Amerikas und des Westens abzielen. Israel ist ein Punkt auf ihrer Tagesordnung, aber für die meisten von ihnen ist es nicht der Hauptpunkt.
Als der moderne Terrorismus in Form des Anarchismus erstmals auf dem europäischen Schauplatz erschien, behauptete Cesare Lombroso, der Begründer der modernen Kriminologie, dass er den Schlüssel zu diesem neuen, alarmierenden und bedrohlichen Phänomen gefunden habe. Die Anarchisten, argumentierte er, litten unter Avitaminose. So weit man weiß, haben viele Anarchisten möglicherweise unter Vitaminmangel gelitten, aber das war bei vielen ihrer Zeitgenossen ebenso. Viele der derzeitig beliebten Theorien über die angeblich realen Ursachen und Wurzeln des Terrorismus sind nur wenig realistischer als Lombrosos Theorien vor über 100 Jahren.
Aber es muss Ursachen für den Terrorismus geben, ex nihilo nihil fit, nichts kommt von nichts. Die Ursachen des Terrorismus, um es auf den breitmöglichsten Nenner zu bringen, sind die Terroristen. Was treibt sie dazu, so zu handeln, wie sie es tun? Es ist ein Fehler zu glauben, dass das einzig (oder hauptsächlich) von "objektiven" sozialen, ökonomischen und politischen Bedingungen abhängt. Was eine Person zum Terroristen macht und eine andere mit gleich starken religiösen oder politischen Überzeugungen zu einem Politiker oder einem aggressiven Geschäftsmann, mag wohl mit Religion und kulturellen Traditionen zu tun haben, aber vielleicht noch mehr mit kollektiver und individueller Psychologie. Es gibt vorläufige Antworten, und wir werden uns frühzeitig mit ihnen auseinander setzen.
Der Autor ist Direktor am Washingtoner Institut für Strategische und Internationale Studien.
Aus dem Englischen von Pascal Edelmann.
©Copyright 2001, Die Welt
oder was meinste, warum heute in vietnam so viele behinderte rumlaufen??
ich hoffe, daß europa mit denen bald nicht mehr in einem boot sitzt.
denn die profitieren von hohen ölpreisen, wir nicht!
klar hat bin laden mist gebaut, hat die türmchen umgeschmissen, kein grund zur aufregung, fehler machen alle, oder was?
komisch nur, daß es in ländern, wie malaysia, brunei, australien... usw. kaum terrorismus gibt.
von Dirk Maxeiner, Michael Miersch und Matthias Horx (Zukunftsinstitut)
- Die Armen der Welt werden immer ärmer
Ein weit verbreitetes mediales Gerücht, das sich nun als - unbewusste - Legitimation des Terrors in vielen Köpfen verfestigt hat. Aber die Wirklichkeit ist weitaus komplexer - und unter dem Strich positiver. Von den 190 Ländern der Erde galten vor zwanzig Jahren noch mehr als zwei Drittel als "Entwicklungsregionen mit ungesicherter Nahrungs- und Medizinversorgung". Heute sind es weit weniger als ein Drittel. Björn Lomborg weist in seinem Buch "The Sceptical Environmentalist" nach, dass der Hunger auf der Welt sich reduziert hat: 1970 hungerten noch 35 Prozent aller Menschen in den Entwicklungsländern, 1996 waren es 18 Prozent, die UN erwartet, das die Zahl bis 2010 auf 12 Prozent fällt. Die Zahl der unterernährten Menschen sinkt seit Jahren nicht nur in relativen sondern auch in absoluten Zahlen. Allerdings existierten in ca. 20 Ländern der Erde lang andauernde Bürgerkriege und unstabile, diktatorische Regime, die zu Flüchtlingswellen und großem Elend führen - die Zahl dieser Krisenländer hat sich in den letzten Jahren nicht verringert. - Die Terroristen sind eine Stimme der Armen auf dieser Welt
Für einen Zusammenhang zwischen Armut und Terrorismus gibt es keine historischen oder soziologischen Belege. Im Gegenteil: Schon die Prototypen des modernen Terrorismus, die russischen Attentäter des späten 19. Jahrhunderts, waren Bürgersöhne und junge Adlige. Auch die deutsche RAF und ihre Genossen in Italien, Japan und anderswo kamen weder aus der Arbeiterklasse, noch kannten sie soziales Elend aus ihrer Umgebung. Bin Laden wuchs in saudischen Millionärskreisen auf, nicht in afghanischen Flüchtlingslagern. Soziale Motive spielen in der Propaganda islamischer Fundamentalisten kaum eine Rolle. Gottlosigkeit, Sittenlosigkeit, moralische Verkommenheit, lauten ihre Anklagepunkte gegen den Westen. Die Terroristen betrachten sich nicht als Noble Robin Hoods, sondern als Kreuzzügler (diesmal in umgekehrter Richtung). Die Fanatiker ersehnen geradezu eine Existenz in freudloser Armut. Die Taliban haben seit dem Beginn ihrer Herrschaft in Afghanistan keine einzige Schule und kein einziges Krankenhaus gebaut. Nach dem Grund dafür gefragt antwortete einer ihrer Vertreter mit einem Gleichnis: Nach einem Flugzeugabsturz würden sie doch auch keine Schulen für ihre Kinder bauen. Sie würden einfach dasitzen und auf die Erlösung warten. Das tiefere Ziel des neuen Terrors ist die Erlösung von allem irdischen - und der Tod. - Internationale Sozialhilfe entzieht dem Terror den Boden
Es wird häufig der Eindruck erweckt, die beste Hilfe gegen den Terror sei jetzt so eine Art internationale Sozialhilfe. Doch auch Wohlstand für alle wäre - siehe oben - keine Versicherung gegen Terrorismus. Das ändert natürlich nichts daran, dass die Ursachen von Hunger und Elend bekämpft werden müssen. Dies funktioniert aber nicht mit internationaler Umverteilung nach Art eines Welt-Sozialstaates. Die Milliarden der Entwicklungshilfe sind vergangenen Jahrzehnten fast überall auf der Welt fruchtlos versickert. Nur die Ausbreitung von Freiheit und Marktwirtschaft kann den armen Ländern zu eigenem Wohlstand verhelfen. Solidarität mit der dritten Welt heißt heute deshalb, ihre Konkurrenz auf den Märkten zu ertragen. So sollten wir beispielsweise unsere Grenzen für Agrarprodukte aus armen Ländern endlich öffnen und protektionistische Zölle abschaffen. - Globalisierung und die Amerikaner sind schuld am Terror
Viele linke und "kritische" Intellektuelle haben diesen Zirkelschluss mehr oder minder offen gezogen - bis hin zur kaum versteckten "Die-Amerikaner-sind-selbst-Schuld"-Behauptung. Aber die Wirklichkeit zeugt vom Gegenteil: Keimzellen terroristischer Aktivitäten wuchern stets von Ländern aus, in denen Globalisierung eben nicht funktioniert hat. Abgesehen davon: Die Amerikaner sind nämlich sowieso schuld - egal was sie tun. Fakt ist, dass sich die USA in den arabischen Ländern seit vielen Jahren immer weniger engagiert. Steigende Investitionen verzeichnet hingegen die EU, die sich auch humanitär stark in Palästina engagiert hat. Bis auf wenige Basen ist sowohl das politische als auch militärische Engagement der USA im Nahen Osten nach dem Geiselbefreiungs-Desaster im Iran gering. Die USA haben auch niemals Kolonien in Nahost unterhalten (Wie die Franzosen in Algerien). Die Vorstellung aber, das korrupte Regimes, leichte Öldollars und eine frauenfeindliche Männerkultur selbst einen massiven Anteil an der Armut dieser Länder haben könnte, ist natürlich nicht so leicht verkraftbar wie die Schuldzuweisung an einen Starken. - Die gemäßigten islamischen Länder haben nichts mit dem Terror zu tun
Das Problem mit vielen Regimes in der arabischen Welt ist ihre Verflechtung und Abhängigkeit von terroristischen oder semiterroristischen Organisationen. So, wie die Saudis dem Großclan Bin Laden gegenüber gewisse Verpflichtungen haben, kann auch Arafat ohne die Dschihad-Krieger kaum politischen Bewegungsspielraum erringen. Hier zeigt sich die verhängnisvolle Komplexität der Terrorbekämpfung in den islamischen Ländern. - Die westliche Spaßgesellschaft hat den Terroristen nichts entgegenzusetzen
Der Westen sei schwach und verletzbar, weil ihm die Werte abhanden gekommen sind, beklagen viele Kommentatoren. Durch die Verlockungen des Individualismus und Hedonismus seien wir zu Naivlingen geworden, zu Riesenbabys, die sich nicht mehr wehren können. Mit dem denunziatorischen Kampfbegriff "Spaßgesellschaft" gehen Konservative von links und rechts in Stellung und fordern eine Rückkehr nationaler, religiöser und ideologischer Verbindlichkeiten. Jetzt - so die Tadler der "Spaßgesellschaft" - sollten wir uns alle wieder hinter Kreuz und Fahne versammeln, denn nur so könnten wir der terroristischen Internationale die Stirn bieten. Doch auf so einem Marsch nach Rückwärts tappen wir genau in die Falle der Terroristen und laufen Gefahr, ein Stück weit wie sie zu werden: Zwangsverpflichtet auf eine Sinn stiftende Weltanschauung für alle.
Doch die Vertreter der Spaßgesellschaft wissen sehr wohl, wo der Spaß aufhört. Die Bewohner von New York machen es gerade vor. Der glitzernden Big Apple, das Anti-Mekka, ein Mittelpunkt des diesseits, des Dollars und der lockeren Sitten lässt sich nicht unterkriegen. Millionen von Menschen aus aller Welt werden auch weiterhin nach USA einwandern - niemand will nach Afghanistan. Auch unpolitisch zu sein, das Recht sein Leben einfach genießen zu wollen, sind erhabene Menschenrechte. Die Spaßgesellschaft wird sich deshalb nicht vor dem Terror wegducken. Das ist viel eher von einigen christlichen Kirchenvertretern oder traditionell Friedensbewegten zu erwarten.
noch im Blut. 40 Jahre DDR-Propaganda zeigt noch seine
Wirkung bis ins 4 und fünfte Glied.
Der Sozialismus wird über den Kapitalismus siegen.
Bundespräsident Johannes Rau hat sich am vergangenen Wochenende zur Lage in der Welt im allgemeinen und in Deutschland im besonderen geäußert. Dabei hat er u.a. gesagt, zur Vorbeugung des Terrorismus solle mehr für die Entwicklungshilfe getan werden, und die von Terror bedrohte Zivilisation müsse mit "zivilen Mitteln" verteidigt werden.
Rau hat es, wie immer, gut gemeint. Sein Vorschlag, Terrorismus durch Entwicklungshilfe zu bekämpfen, ist freilich nicht ganz neu. Man hat etwas ähnliches in Brandenburg versucht, mit Jugendzentren für Rechtsradikale, und damit nicht viel Erfolg gehabt. Die Zahl der Sozialarbeiter ist gestiegen, die der Rechtsextremisten auch. Man sollte auch bedenken, dass einige der mutmaßlichen Terroristen aus einer Gegend kommen, in der es an allem mangelt, nur nicht an Geld, und deren größtes Problem die Verteilung des Reichtums, nicht die Verwaltung der Armut, ist. Und was Raus Forderung angeht, die bedrohte Zivilisation mit zivilen Mitteln zu verteidigen, wollen wir, bevor der Bundespräsident Osama bin Laden zu einem therapeutischen Gespräch nach Berlin einlädt, ein kleines Gedankenexperiment wagen, von dem wir hoffen, dass der liebe Gott, der letzten Dienstag wieder mal abwesend war, es in der Realität nie zulassen wird.
Eine gekaperte Passagiermaschine, sagen wir eine Boeing 737, stürzt auf den Potsdamer Platz. Zwei Hochhäuser werden vollkommen pulverisiert, die Zahl der Toten geht in die Hunderte. Es gibt kein Bekennerschreiben, aber alle Spuren deuten auf eine tschetschenische Terrorgruppe, die sich an der Bundesrepublik für die Unterstützung der Sowjetunion rächen will. Oder auf ein kurdisches Kommando, das vergeblich den Abbruch der Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei verlangt hatte. Oder eine Aktion der IRA, die den Krieg gegen England auf das europäische Festland tragen wollte.
Und dann stellen wir uns vor, wie lange es dauern würde, bis die ersten Stellungnahmen vorliegen, in denen gefordert wird, gegen die Urheber des Terrors mit aller Härte vorzugehen. Wie die Bundesrepublik reagieren würde, wenn ihr ausländische Politiker und Kommentatoren raten würden, auf Rache und Vergeltung zu verzichten und statt dessen nach einer "politischen Lösung" zu suchen, Verhandlungen inklusive. Wer sich noch erinnern kann, wie die Bundesrepublik 1977 auf die Entführung und Ermordung von Hanns-Martin Schleyer reagierte, wird nicht lange nach einer Antwort suchen müssen.
Nur wenn in den USA vier Passagierflieger zur selben Zeit entführt und einige Tausend Menschen umgebracht werden, liegen die Dinge anders. Denn es trifft Amerikaner und keine Unschuldigen. Der Staub über der Katastrophenstelle hatte sich noch nicht gelegt, da waren deutsche Humanisten und Relativisten zur Stelle und redeten alle denselben Text: Man dürfe keine Rache und keine Vergeltung üben, Gewalt nicht mit Gegengewalt beantworten, um die Spirale der Gewalt nicht weiter zu drehen. Vor allem aber solle man die Terroristen nicht zu weiteren Taten provozieren, denn dann... Gnade uns Gott!
Udo Steinbach vom Orient-Institut war im Presseclub der ARD recht zuversichtlich, dass durch mögliche weitere Terrorakte nur "amerikanische und israelische Ziele" in der Bundesrepublik bedroht wären, keine "deutschen Ziele". Im ZDF-neunzehnZehn rief er das "Ende der Solidarität mit den USA" aus, als ob es einer solchen Erklärung noch bedurft hätte. Ein Pfarrer in Berlin empfahl als Gegenmaßnahme "Durchatmen" denn "wir wissen, welche Heilkraft das Atmen haben kann." Gregor Gysi wurde live auf dem Winterfeldtmarkt interviewt und sprach sich dafür auf, "die Ursachen von Terrorismus" zu behandeln und "den Frieden attraktiv zu machen, damit die Menschen ihr Leben lieben." Die Sängerin Lisa Fitz erzählte in der NDR-Talkshow, wie schlecht ihr Sohn als Deutscher in den USA behandelt wurde - sicher ein guter Grund, nicht nur das WTC dem Erdboden gleichzumachen, sondern auch noch den Rest von Amerika. So besonnen, so zurückhaltend und so kompetent in Sachen Terrorismus-Bekämpfung hatte man noch nie so viele Deutsche auf einmal erlebt. Sie alle einte die Überzeugung, dass Hass ein schlechter Ratgeber sei. Es sei denn, das Objekt des gemeinen Gefühls sind die Amerikaner selber. Amerikaner dürfen gehasst werden. Denn sie sind Imperialisten, mischen sich überall ein, zwingen ihre Lebensweise der ganzen Welt auf. Oder sie sind Isolationisten, die sich daheim verkriechen, ihre Verantwortung als Weltmacht nicht wahrnehmen und dabei die Luft verpesten. Es gibt viele Gründe, die Amerikaner zu hassen, man kann sie sich aussuchen oder wie aus einem Lego-Kasten zusammen stellen. Der Antiamerikanismus hat den Antikommunismus und den Antisemitismus als kollektives Ressentiment ersetzt. Aber er funktioniert anders. Antisemiten und Antikommunisten waren immer auf Distanz zu den Objekten ihrer Unlust bedacht. Heute ist die Situation komplizierter. Ein großer Teil der 68er und ihrer Kinder, die alle mit Coca Cola und Nike aufgewachsen sind und Madonna und Britney Spears lieben, regt sich gleichzeitig über den "amerikanischen Kulturimperialismus" auf. Das Lieblingsspielzeug der Brandenburger Skins ist der Baseballschläger. Der Kulturkampf zwischen der deutschen Bratwurst und dem amerikanischen Hamburger wurde längst zugunsten des Burger entschieden.
Warum also hassen so viele Deutsche die Amerikaner? Und warum gehört dieser Hass längst zum guten Ton auf allen Parties, wie Salsa und Prosecco? Weil sie ihnen so viel verdanken.
Erstens haben die Amis die Deutschen vom Nationalsozialismus befreit, zweitens haben sie den Morgenthau-Plan nicht umgesetzt, drittens haben sie den Marshall-Plan durchgeführt, viertens haben sie Care-Pakete geschickt und fünftens haben sie Berlin zur Zeit der Blockade versorgt. Zusammengenommen bedeutet das alles eine gewaltige Demütigung. Denn die Amis haben keine Kultur, sie sind Barbaren und dennoch haben sie einem Kulturvolk in der Mitte Europas wieder auf die Beine geholfen. Dass die Amis die Israelis unterstützen, mit denen die Deutschen ebenfalls noch eine historische Rechnung offen haben, macht die Sache nur noch schlimmer. Und so wie der Grüne Ströbele im Golfkrieg den Israelis ein Recht auf Notwehr absprach ("selber schuld!"), so verweigern viele Deutsche den Amis das Recht, weitere Anschläge mit militärischen Mitteln zu verhindern, und geben sich mit schwammigen Lippenbekenntnissen gegen "jeden Terror, egal vom wem und gegen wen" zufrieden.
Ja, wir haben aus der Geschichte gelernt. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass kein Flieger auf den Potsdamer Platz fällt. Denn wir können auch anders.
Henryk M. Broder, Berlin, 19.9.2001
die russen haben auch meist gelogen, um ihre interessen durchzusetzen.
dann die roten u.a. made in BRD.
(irgendwann merkt man es dann )
die amis lügen eigentlich am dümmsten, so daß jeder gebildete mensch das ziemlich schnell durchschauen kann.
schon mal darüber nachgedacht, daß gerade deshalb viele ossis die welt etwas kritischer sehen?
insbesondére, wenn ich sehe, wieviel dämliches gedöns von verteidigung der demokratie und freiheit von etlichen us-propagandageschädigten wessis hier nachgeplappert wird, wird mir schlecht.
zu einer zeit, als ein gewisser mr. clinton regiert hat, habe ich mich überhaupt nicht über am. politik geäußert, weil sie anderen ländern wesentlich weniger geschadet hat.
den Irakkrieg geglaubt, fast jeder wußte, daß es
andere Gründe gibt, nämlich Öl und Einfluß im nahen Osten.
Hoffentlich werden die muslimischen Terroristen schnell
plattgemacht, damit dort Ruhe herrscht, denn der
Iran lauert schon.
Halt uns Wessis nicht für verblödet, nur weil Du
Marx und Lenin gelesen hast. Das haben wir auch.
ein system der kommunismus bzw. auch sozialismus wurde berechtigterweise überwunden.
und das amerikanische system globaler hegemonie durch den amerikaner wird auch in naher zukunft zerstört werden.
euch fällt es bloss schwer daran zu glaube.
und noch was:
den ami und den deutschen verbindet nichts!!!
die haben uns zweimal bekämpft und würden es auch ein drittes mal tun wenn es ihrer sache dienen würde.
ganze aufbau-marshallplan-mauerfall-geschichte diente denen doch nur als kampf gegen die sowjetunion. mit normaler hilfe aus menschlichkeit hatte das nichts zu tun!
alles was sie erreichen ist doch, dass die ganze welt sie hasst. wenn es in einem land wie dtl., was relativ weit entfernt ist von den amerikanischen "verfehlungen" schon stimmen wie auch die meinige gibt, dann kann ich mir doch vorstellen, wie selbst der gemässigte moslem die amerikaner sieht.
daran schon mal gedacht?