Mindestlohn: Pro und Contra
Man darf nie vergessen: Mindestlohn und Kündigungsschutz sind immer nur gut für den, der einen Arbeitsplatz hat und diesen auch behält, aber niemals für den der Arbeit sucht.
"Es sei notwendig, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert, hieß es. Bestimmen soll sie jeweils eine Kommission der Tarifpartner."
Tja, keine Tarifpartner, kein Mindestlohn... dumm gelaufen.
Nicht erst mit der EU-Erweiterung und der zunehmenden Globalisierung hat die Stellung und die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften ständig abgenommen, sondern auch durch den Strukturwandel der Industrien in Deutschland. Soweit ich es zudem sehe, ist der Mindestlohn zuvorderst dort ein Problem, wo noch nicht einmal Tarife greifen. Stichwort Leiharbeit. Sicherlich hast Du recht, dass auch die Gewerkschaften hätten aktiver werden müssen, vor allem dort, wo es nicht ausschließlich um die eigene Klientel, wie bei Metall oder beim Bau.
Wo Union und FDP aber versagt haben: Über Jahre hinweg ist bekannt, dass es zigtausende Arbeitnehmer gibt, die zusätzlich zu ihrem Lohn noch auf Kosten des Staates aufstocken müssen, um überhaupt auskommen zu können. Also, der Reparaturbedarf an unserer Ausgabe der sozialen Marktwirtschaft (richtig, dein Einwand!) war da, aber die Politik (SPD in der Gr. Koalition eingeschlossen) hat sich mit Blick auf ihre Dogmen zurückgehalten. Jetzt, wo sich absehbar die Machtfrage in Deutschland stellt, werden die Damen und Herren in den Parlamenten fisselig und feilen sich ihr soziales Profil zusammen.
Kataster
http://www.stern.de/wirtschaft/job/...gute-arbeit-schafft-591257.html
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Was mehr geworden ist sind diejenigen, die sich neben ihrem Hartz IV noch etwa über nen Minijob was dazu verdienen. Mit Hartz IV und einem Nebenverdienst lohnt es sich für viele gar nicht, ne Vollzeitstelle anzunehmen. Das Problem ist also ein ganz anderes.
alleinerziehende Frauen und ähnliche Fälle.
Was ist denn aus Deiner Sicht das zentrale Problem?
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Die Vorstellung, dass nen Niedriglöhner mit einer Vollzeitstelle noch zusätzlich arbeitet, ist eher ne Legende. Das sind ganz wenige.
Und es geht in Zukunft noch weiter. Spontan fallen mir Auslagerungen der Buchhaltung zum Billigdienstleiter, Ausweitung der Backshops und Ingenieurdienstleister ein. Ich denke, durch die nachweisbaren Lohneinbußen der Arbeitnehmer in den letzten Jahren wurde diese Tendenz verzögert.
Ziel des Mindestlohns ist ja eine Zunahme der Kaufkraft. An sich eine gute Sache. Aber man muss aufpassen, dass sich die Tendenz zur Reduzierung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen nicht beschleunigt, so dass die Kaufkraft reduziert wird. Da muss mit weiteren Maßnahmen gegengesteuert werden.
Also wenn schon ein Mindestlohn, dann muss er Teil eines Gesamtkonzeptes sein: Wie verhindere ich die Substitution von sozialversichersicherungspflichtigen Arbeitsplätzen mit Teilzeitkräften (Aufstockern usw.)? Wie verhindere ich einen Anstieg von Überstunden, die eigentlich einen weiteren Arbeitsplatz rechtfertigen? Wie verhindere ich die Abwanderung bzw. Auslagerung ganzer Produktionsteile in Ländern mit sehr geringen Arbeitnehmerentgelten? Wie verhindere ich die Abnahme der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Exportnationen? Wie erhöhe ich die Wettbewerbsfähigkeit von Klein- und Kleinstunternehmen?
Einfach nur Mindestlohn und alles wird gut reicht bei weitem nicht aus.
Gruß
Corbinian
Und wir hassen hohe Bruttolöhne. Dagegen herrscht Schlangenalarm, wenn das neueste Netbook bei Aldi liegt, zu Löhnen unter 1 Euro in Taiwan gefertigt...
Tscha- du kannst nicht alles haben...
Mir fällt da gerade wieder Nokia ein. Erst Bochum, dann Rumänien und jetzt sind se dort auch schon wieder fertig.
Kataster
http://www.tagesschau.de/inland/kommentar498.html
Kataster
Wenn ein Friseuse auf 6 Euro kommt, ist das steuerfrei. Und das Trinkgeld - sagen wir am 4 Euro - die Stunde ist es auch. Von 10 Euro nahezu netto träumt aber nen Facharbeiter auf dem Bau.
Aber 6 Euro klingt so schön nach Skandal, mit der Wirklichkeit hat das aber nicht viel zu tun.
@ Kataster
an Nokia habe ich auch gedacht. Fördermittel der EU wurden nicht gewährt. Aber Zuschüsse für die Erschließung eines Industrieparks... Unfassbar.
Betrachtet man die Situation insgesamt, ist es völlig egal, wie die Diskussion um Mindestlöhne ausgeht. Es wird Anpassungsreaktionen bei den Lohneinkommen geben. Und ich meine bestimmt keine Erhöhung der Löhne in den Ländern der sog. Zweiten und Dritten Welt. Vielmehr werden in der „Ersten“ Welt die Lohneinkommen real sinken und Leistungen der Sozialsysteme gekürzt. Meine ganze "Börsenstrategie" beruht darauf, weil die Tendenz klar erkennbar ist und sich kein Gegensteuern abzeichnet. Daran ändert auch ein Mindestlohn nichts.
Gruß
Corbin
Die Beispiele werden an den Haaren herbeigezogen - meist unzutreffend.
Das Problem sind die Rand-Erscheinungen und die Umgehungen.
z.B. werden 400 €-Jobs zeitlich ausgedehnt;
Berufe umbenannt; Verlagerungen in Schein-Selbständigkeit! - usw.
Oder im Baugewerbe: der Auftrag geht "europaweit" an eine ukrainische Firma, die Leute aus Kasakstan in Kontainer karrt, 20% nicht gemeldet - u.A.
Oder Omnibusweise werden Polen eingefahren zum polnischen Mindestlohn.
Und - weil die FDP diese Reaktionen bedenkt, ist sie etwas schlauer als Wagenknecht & Co.