WirtschaftsBlatt: Herr Rottmann, seit 6. September ist die Schweizer Währung mit einer Obergrenze von 1,20 Franken je Euro festgelegt. Eine weise Entscheidung?
Michael Rottmann: Ja, die Festsetzung bei 1,20 kann man durchaus als Erfolg für die Schweizerische Nationalbank (SNB) werten. Zumindest war bis jetzt kein brutaler Kraftaufwand nötig. Die SNB hat mit der Entscheidung Anfang September einigen Marktteilnehmern den Schneid abgekauft. Das Festsetzen einer Obergrenze war das stärkste Commitment einer Notenbank seit drei Jahrzehnten. Allerdings ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange.
Inwiefern?
Die SNB hat schon vor Wochen klar gemacht, dass sie den Franken, der damals bei 1,10 notierte, für massiv überbewertet hält. Bei 1,20 ist er das noch immer. In puncto Kaufkraftparität gibt es einen überwiegenden Konsens, dass ein fairer Wert des Franken zwischen 1,35 und 1,40 je Euro liegt. Das ist auch die Bandbreite, die der SNB vorschwebt.
Bedeutet das, dass die Notenbank die Obergrenze noch einmal anheben wird?
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass alle drei bis sechs Monate Korrekturen vorgenommen werden; zuerst von 1,20 auf 1,25, dann auf 1,30. Besser wäre es natürlich, wenn der Franken aus eigener Kraft nach oben geht. Falls die europäische Politik die Märkte beruhigen kann, dann ist ein solches Szenario denkbar. Sollte der Rettungsschirm platzen, dann wird der Franken kurzfristig eher gegen 1,20 tendieren.
Wird es den Euro zu Jahresende noch geben?
(lacht) Natürlich! Und er wird gepflegt gegenüber dem Dollar zulegen.