boerse.de: Wozu Investitionen? Die mystische Gestalt des


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    #1
18.01.02 15:19
Paul C. Martin

            Wozu Investitionen? Die mystische Gestalt des
            US-Verbrauchers

            Alan Greenspan hat in seiner jüngsten Rede auf die
            Investitionen als Grundelement jedes Auf- und
            Abschwungs hingewiesen. Dabei geruhte er zu nuscheln,
            dass „der Verlauf des aktuellen Zyklus bisher von der
            Entwicklung der Unternehmensgewinne und der
            Investitionen bestimmt wurde und auch weiterhin bestimmt
            sein wird.“

            Die meisten Kommentatoren haben dies wohl überlesen. Im
            Mittelpunkt ihrer Betrachtungen steht nur noch eine
            mystische Gestalt, von der alles Heil der amerikanischen
            und – mit dem üblichen time-lag – dann der restlichen Welt
            kommen solle:

            Der amerikanische Verbraucher.

            Es geht in aktuellen Konjunktur-, also Zyklus-Betrachtungen
            fast nur noch um „consumer spending“ und „consumer
            sentiments“. Gierig werden alle Zahlen, wie die der
            Einzelhandelsumsätze, aufgesogen, die eine „Besserung“
            verheißen. Probleme, wie sie K-mart meldet, werden als
            Ausrutscher abgetan, schließlich gibt es noch jede Menge
            anderer Ketten und die Shopping Malls erwarten
            selbstbewusst die nächste Springflut von Kreditkarten, die
            heranrast.

            Investitionen gelten nur noch als so etwas wie eine
            „Restgröße“. So what! Dass die externe Finanzierung von
            Investitionen nicht mehr mit dem Kostnix-Kapital der
            großen Bubble finanziert werden können, weil sich die
            Anleger geprellt fühlen, spielt keine Rolle mehr.

            Dass die skandalösen Vorgänge bei Enron die Bereitschaft
            großer Investoren, in den USA mit fresh money zu
            erscheinen, gemindert haben – na und? Und die Tatsache,
            dass die Amerikaner offenbar ganz neue Formen der
            Buchhaltung und Bilanzierung applizieren und ihre
            Unternehmen jenseits aller Standards aufgepumpt haben,
            die etwa in Europa gelten – solches „creative accounting“
            löst zwar bei notorisch vorsichtigen Fondsmanagern
            Stirnrunzeln aus, ist aber nicht so wichtig. Auch dass sich
            der firmeninterne cash-flow, um den es letztlich bei
            Investitionsentscheidungen geht, in Zeiten
            rezessionsbedingter harter Preiskämpfe (Autoindustrie!)
            nicht verbessern wird, macht nichts.

            In seiner Rede wies Greenspan auch auf ein „auffälliges
            Merkmal der derzeitigen zyklischen Entwicklung gegenüber
            vielen früheren Zyklen“ hin, das er mit dem „faktischen
            Fehlen von Spielräumen für Preiserhöhungen in weiten
            Teilen der amerikanischen Wirtschaft\" beschreibt. Es
            müssten also erst die Kapazitätsüberhänge abgearbeitet
            werden (in der Autoindustrie ca. 30 Prozent) und dies in
            Form von Preisschlachten der Sonderklasse, bevor an neue
            Investitionen gedacht werden kann. Kurzum: Eine
            US-Investitionskonjunktur scheint doch weit entfernt zu
            sein („no recovery in sight“ - Intel). Doch damit lässt sich’s
            leben.

            Es bleibt die mystische Gestalt des US-Verbrauchers.
            Dieser trägt – getrieben auch von einem
            All-America-Patriotismus als Ausfluss des 11. Septembers
            – tatsächlich jedes nur mögliche Scherflein bei, um die
            Konjunktur zu „beleben“.

            Die Lage am Häusermarkt ist bombig. Der Zuwachs an
            Hypotheken und Käufen marschierte zuletzt bei
            Steigerungsraten von um die 30 Prozent (Jahresbasis). Und
            bei seinen sonstigen Ausgaben lässt sich der
            US-Verbraucher auch nicht lumpen. Die consumer credits
            sind zum Jahresschluss um fast 15 % über Vorjahr
            gemeldet worden, was den höchsten Zuwachs seit
            Bestehen der entsprechenden Statistik (1943) darstellt.

            Im Forum von elliott-waves.de werden diese (und andere)
            Zahlen in laufender Reihe von „Cosa“ aufbereitet und in
            höchst qualitätsvolle Optiken verwandelt, ein Service, den
            auch boerse.de-User nicht verschmähen sollten.

            Die folgende „Cosa“-Optik ist besonders beeindruckend:



            Sie zeigt einen völlig „untypischen“, jedenfalls den
            bisherigen Erfahrungen mit Zyklen widersprechenden
            Verlauf.

            Die Verschuldung der Konsumenten (Ratio - Total
            Outstanding to Personal Income) zu den Investitionen
            (Fixed Investments) jeweils im prozentualen Jahresvergleich
            zeigt eine noch nie geschaute „Schere“! Ganz abgesehen
            davon, dass die Verbraucherverschuldung in dieser
            Konjunkturphase den Investitionen vorausläuft, während sie
            in der kleinen Rezession zu Beginn der 90er Jahre den
            Investitionen brav hinterher gedackelt ist – wie es sich auch
            „gehört“, jedenfalls nach allem, was Theorie und Praxis
            bisher gelehrt und gezeigt hatten.

            Die ganze Sache könnte man damit abtun, dass man die
            Verbraucher blindlings in eine „Rezessionsfalle“ tapsen
            sieht und sich möglichst weit davon entfernt aufhält.

            Es könnte aber auch sein, dass ein „this time it’s different“
            zum Zuge käme. Das würde grob umrissen bedeuten:

            In einer „überreifen“ Volkswirtschaft spielen die
            Unternehmer mit ihren Investitionen keine so wichtige Rolle
            mehr wie früher, weil die Konsumenten selbst zu
            Quasi-Unternehmern geworden sind. Entsprechend reizen
            sie ihre finanziellen Möglichkeiten aus wie dies von jedem
            Firmen-Boss auch verlangt wird. Nicht mehr die
            Phänomene „Betrieb“ oder „Fabrik“ stehen im Mittelpunkt,
            sondern die „privaten Haushalte“, die ihrerseits zu kleinen
            „Betrieben“ mutiert sind. Schließlich tragen sie ein fast
            identisches Konkursrisiko, auch wenn ihre Pleiten anders
            abgewickelt werden als jene nach chapter 11.

            Damit wären sämtliche volkswirtschaftlichen Theorien, die
            zwischen „Investition“ und „Konsum“ eine klare Trennung
            ziehen, obsolet. Der Konsum würde selbst zur Investition.
            Investitionszweck wäre dann ein „Wellness“-Gefühl
            herzustellen, das den Betreiber eines Haushalts marktfähiger
            macht: Wer steigert nicht seine Produktivität freudig, wenn
            er endlich den Zweit-Ferrari in der Garage stehen hat?

            Wer sucht nicht seinen „Umsatz“ (früher: Lohn und Gehalt)
            zu steigern, und sei’s mit Hilfe von Dritt- und Viertjobs,
            wenn er täglich in flotten Erinnerungen an seinen letzten
            Urlaub (fremdfinanziert natürlich) schwelgen kann?

            Der weitere Verlauf der US-Konjunktur wird zeigen, ob es
            tatsächlich so etwas wie einen säkularen
            Paradigmenwechsel gibt und wir uns alle flugs umstellen
            müssen, als Anleger zumal.

            Wenn es schon Staaten gibt, die mehr als einen
            „Jahresumsatz“ ihrer Volkswirtschaften (BIP) auf ihrer
            Passivseite haben, ohne unterzugehen, warum sollte nicht
            auch der US-Verbraucher, und in Folge dann die
            Konsumenten in anderen Ländern, ein Mehrfaches ihres
            Turnovers an Krediten haben, Hauptsache, sie werden
            irgendwie bedient? Von wem spielt keine Rolle. Zum
            Schluss wird’s eh wieder der Staat sein, der den
            zahlungsunfähigen Mister Miller so rauspaukt wie er schon
            ganz andere Kaliber rausgepaukt hat und das weltweit, von
            den Saving & Loan-Banken bis hin zu Holzmann und der
            LTU.

            Alles also Mystik – oder was?

            Dr. Paul C. Martin


            18.01.2002  

25196 Postings, 9007 Tage modthx, liest sich "schrecklich" aufgrund der

 
  
    #2
18.01.02 15:29
Formatierung.

Bitte um Quelle, damit meine Augen nicht so leiden.

Danke im voraus.

Viele Grüsse  

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