Lebenstraum Weltumradlung


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Neuester Beitrag: 21.09.16 23:03
Eröffnet am:07.04.13 21:19von: weltumradlerAnzahl Beiträge:2.406
Neuester Beitrag:21.09.16 23:03von: CatalinaLeser gesamt:374.561
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6713 Postings, 5416 Tage weltumradler48. Tag, 0km (3.844km), Sa. 22.04.2000

 
  
    #101
5
20.04.13 21:04
Heute habe ich es tatsächlich gewagt, mit der Besteigung des Olymps, des 2.917m hohen Mytikas zu beginnen. Ob mein Vorhaben gelingt wird sich zeigen und ist hauptsächlich vom Wetter, jetzt gegen 20.15 beginnt es gerade leicht mit regenen, sowie den vorhandenen Schnee- bzw. evtl. Eisverhältnissen abhängig.

Heute morgen bin ich bereits gegen 7.00 aufgestanden, um gemütlich meinen Kaffee zu schlürfen, und danach meine Sachen in aller Ruhe zusammen zu packen. Black Beauty + Gepäck konnte ich in einem Abstellraum unterbringen, sodaß ich gegen 10.00 aufbrach. Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen zum Meer hinunter zu laufen, meine Hände zu reinigen und ein kleines Gebet auszusprechen....

Mit ca. 20kg Gepäck und Proviant für max. 4 Tage ging es los, und die ersten km folgte ich dem Asphalt Richtung den 3.000 Einwohner Ort Litochorou (300-400 Hm). Dort kaufte ich noch frisches Brot ein, gönnte mir 2 Blätterteige mit Spinat sowie 2 Snickers. Dies sollte der letzte Luxus für die nächsten Tage sein.

Die erste Tagesetappe sollte eigentlich in Prionin enden, einer kleinen Einkehrmöglichkeit, die auch auf 18km Schotterpiste zu erreichen ist. Bis dorthin waren es 10,5km und sollten in 5 Stunden zu bewältigen sein. Gleich zu Beginn des "Einstieges" hatte ich mich verlaufen, da ich einer Art Wasserstraße folgte. Bauarbeiter zeigten mir dann ca. 500m später den richtigen Weg. Ich dachte, daß der Weg durch die Vithos Schlucht größtenteils direkt am Wasser verläuft, tatsächlich war der Verlauf doch einiges höher.

Zu Beginn dachte ich mir auch, daß die 5h Zeitangabe für 800hm mehr als gut bemessen waren, doch ging es ähnlich wie beim Radeln fast ständig bergauf/bergab. Eine herrlich tolle Wanderung durch die immergrüne? Vithos Schlucht wahr im vollen Gange und bot gleichzeitig einmalige Ausblicke Richtung Osten zum Meer bzw. Westen und sah plötzlich die freien Gipfel des Olymp Massiv. Unterwegs traf ich dann auch eine Menge Leute, mit denen ich einen Plausch hielt. Ein Praker war auf dem Gipfel des Mytikas und meinte, daß er geklettert ist da ihm der Schnee zu lawinenverdächtig erschien.

Unterwegs sah ich noch einen Riesensalamander, auf den ich fast getreten wäre, zu gut war seine Tarnung.

Eine Gruppe von Studenten (Schauspieler) wollte ebenfalls in Prionin übernachten, und ich freute mich schon auf einen interessanten Abend. Ich überholte sie und nach exakt 5 Stunden erreichte ich dann Prionin und traf dort dann auch jenes Hamburger Pärchen, welches mich heute morgen auf dem Asphalt hat mitnehmen wollen. Sie haben einen Säugling bei sich und sind seit Februar auf Achse. Sie werden demnächst nach Rumänien fahren um dann wie die Zigeuner mit dem Pferdekarren 2 Monate lang das Land zu bereisen. Er selbst ist Lehrer und hat sich für ein halbes Jahr beurlauben lassen... - äußerst interessante Leute. Wir verstanden uns prima und vermutlich wäre er am liebsten mitgegangen.

Nachdem ich dann erfahren hatte, dass zelten verboten ist/war, hatte ich mich mal wieder kurzfristig entschlossen meine Pläne zu ändern und bin weitergelaufen. Kurze Zeit später hatte ich ein einigermaßen ebenes Plätzchen gefunden und mein Zelt aufgebaut. Es war schon ein komisches Gefühl mitten im Wald, in einer äußerst belassenen Natur zu Übernachten. Die Stelle war windgeschützt und so hörte ich nur das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln.

Es gibt mehrere Möglichkeiten und für welche ich mich entscheiden werde wird von den tatsächlichen Verhältnissen abhängig sein.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler49. Tag, 0km (3.844km), So. 23.04.2000

 
  
    #102
4
20.04.13 21:50
Auch heute, an meinem Relax Wandertag, bin ich kurz nach 7.00 aufgewacht, habe kurz mal raus geschaut, um mich dann beruhigend nochmals für 2 Stunden auf`s Ohr zu legen. Was mich wirklich gewundert hat war die Tatsache, daß das Zelt trotz Regen in der Nacht am Morgen trocken war.

Nach ausgiebigem Frühstück ging es dann gegen 10.30 los. Unterwegs überholte mich ein Vater mit seinen 2 Kindern (12+16 Jahre) und er meinte, daß sie noch heute auf den Gipfel wollten. Die Kinder waren mit Turnschuhen ausgestattet und ich dachte mir nur, daß dieses Vorhaben mehr als leichtsinnig war. Zum einen wäre aus meiner Sicht die Zeit für einen Aufstieg jetzt schon viel zu spät und zum anderen das Schuhwerk nicht ausreichend. Obwohl ich wirklich langsam unterwegs war blieben wir ständig im Sichtkontakt, sie legten ständig Päuschen ein.....

Nach 2 1/2 Stunden erreichten wir dann gemeinsam die 2.100m hoch gelegene Agapitos Hütte und als erstes mußte ich den dreien von meinem Brot geben.... Sie waren wirklich überrascht, daß die Hütte geschlossen war, ich hatte es geahnt.

Ich selbst kochte mir erst einmal ne gute Portion Spaghetti um danach Schnee zu schmelzen. Bin mal gespannt wie es meinem Magen morgen geht, denn das Wasser für die Spaghetti stammte aus einer Pfütze. Was mir ein wenig sorgen bereitete war die Tatsache, dass der Kocher mehrmals ausging. Liegt es an dem neuen Sprit, der Höhe oder lediglich am verstopfen der Düse.

Den 3 "Flachlandtirolern" riet ich von der Besteigung des Olymps ab, da sie ja noch fast weitere 1000hm vor sich gehabt hätten. Außerdem müßten sie ja dann auch noch die ganze Strecke wieder zurück laufen. ich sagte ihnen auch, daß es mir heute wohl nicht mehr reichen würde, und ich hier in meinem Zelt übernachten werde. Die 3 sahen die Aussichtslosigkeit ein und zogen wieder von dannen.

Ich bin wirklich gespannt ob ich morgen eine Chance haben werde, den Gipfel zu erreichen. es liegt noch verdammt viel Schnee und eine Steinlawine habe ich heute auch schon mitbekommen. So wie es ausschaut gibt es keine Spur, frage mich nur, wie der Prager hochgekommen ist, und ganz ohne karte ist es auch recht heikel. Vielleicht lasse ich das Zelt mit Rucksack hier stehen, und steige mit geringstem Gepäck empor, oder ich packe alles zusammen und wage die Überschreitung.

Die Hütte selbst liegt phantastisch und bei besserem Wetter hätte man eine herrliche Aussicht auf das Meer!!!!. So wie in den letzten Tagen auch hat es heute Mittag "zu gemacht" und einzelne Tropfen sind auch schon gefallen. Hoffe nur, daß ich morgen noch einmal Glück mit dem Wetter habe.....

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler50. Tag, 0km (3.844km), Mo. 24.04.2000

 
  
    #103
5
21.04.13 19:17
Es ist zwar erst 12.00, kann dennoch bereits an meinem 50. Tourtag auf viel Erlebtes zurückblicken. Es begann damit, daß ich bereits gegen 6.00 einen Blick außerhalb des Zeltes geworfen hatte und feststellen mußte, daß sowohl das Tal als auch der "Götterthron" wolkenverhangen war. Ich legte mich wieder hin, konnte vor Aufregung kaum schlafen, um kurze Zeit später einen Sonnenaufgang über den Wolken erleben zu dürfen. Es war einer jener Momente, den ich als Bergsteiger schon einige male erleben durfte, und dennoch fesselte er mich genauso wie die andren male. Über den Wolken...... - Reinhard Mai läßt grüßen.

Obwohl die Wolkendecke am Mykitas äußerst grau ausschaute packte ich alles zusammen, um gen Olymp emporzusteigen. Zuerst wurde einmal gemütlich gefrühstückt und meine ganze Konzentration galt der Wetterentwicklung sprich dem Himmel. Die Wolken blieben im Tal, das Massiv begann sich aufzuklaren, und über mir waren nur vereinzelt Wolken zu sehen. Am meisten hatte ich eigentlich Angst davor, daß irgendwann die Wolken gen Massiv emporsteigen würden und ich evtl. im Nebel die entsprechende Orientierung verlieren würde. So etwas ist mir mal in NZ. passiert, und bei der damaligen Wanderung hatte ich kein Zelt dabei - es fiel Neuschnee, und ich hatte angst zu erfrieren......

So entschloß ich mich kurzfristig doch mit dem gesamten Gepäck aufzusteigen, denn ich hatte Angst, evtl. den Weg zurück nicht wieder zu finden. Wie bereits vermutet sah ich außer Schnee keine Markierungen, und so entschloß ich mich bereits das erste Schneefeld emporzusteigen. Es war warm, der Schnee tief und somit entsprechend anstrengend emporzusteigen. Vereinzelt schauten Kiefernlatschen aus dem Schnee empor, Spuren sah ich keine einzige, und nach gut 1 Stunde erreichte ich einen Grat. Ich wußte nun, daß ich auf dem richtigen Weg war. Da hier im Olymp mit schnellen Wetterumschwüngen zu rechnen ist gönnte ich mir keine Pause und folgte dem Grat. Irgendwann werden die Wolken wohl gen Himmel "marschieren", und zu diesem Zeitpunkt wollte ich schon wieder in sicheren Gefilden sein.

Nach einiger zeit kam ich zu einem Abzweig zum 2.866mh gelegenen Skala, einem Nachbargipfel des Mytikus. Ich erkannte leider nicht, welches der Götterthrone nun der Hauptgipfel ist und wählte als solchen den Skolio (2.911m) aus. Ich folgte einer Spur, die des Pragers?!, und wenig später stand ich auf diesem "Gipfel". Ich bemerkte dort meinen "Fehler" und überlegte kurz, ob ich denn nicht auch noch den Mytikos hätte besteigen sollen. Einerseits war mir dessen Besteigung bei Schnee dann doch zu gefährlich, andererseits hatte ich ja noch einen Abstieg von mindestens 2.500 hm vor mir. Ohne trampen wären es gar knappe 3.000 hm und so entschloß ich mich für den Abstieg. Da ich keinen weiteren tag hier im Massiv verbringen möchte und ich zudem kaum noch etwas zu beißen hatte entschloß ich mich für die gleiche Route retour. Eine Überschreitung ohne karte wäre ebenfalls verantwortungslos gewesen.

Nachdm die Wolken sich immer noch auf geschätze 500Hm halten, herrscht hier oben eitel Sonnenschein und im T-shirt geht`s talwärts.

Kurz nach 20.00 trinke ich ein Amstel am Strand vom Campingplatz von Olympia und bin doch ganz schön "kruggi". Während ich die letzten 6km von Litochoron hierher auf der Teerstraße wieder laufen mußte, konnte ich 10km zuvor mit einem Auto mitfahren. es war eine Family aus England, welche mich mitnahm und alle dreie lauschten meinem Vorhaben. Sie waren absolute Griechenlandfans und meinten, daß ich versuchen sollte, über Ostern bei einer Familie zu sein. Diese Fest würde hier ganz anders gefeiert werden als bei uns zu hause...

Bisher hatte ich auf meiner Reise mit Einheimischen ja noch nicht viel am Hut - hoffentlich ändert sich dies bald. Vielleicht wird es ja besser wenn ich in Ländern unterwegs bin, dessen Sprache ich spreche. jetzt lausche ich noch ein wenig den und dann geht`s ab in die heia........

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler6. Einwurf - Kocherwahl.....Benzin oder Gas?

 
  
    #104
3
21.04.13 19:52
das ist hier die frage.

hatte mir vor meiner radtour den dragonfly von msr geholt, war 1999 das outdoorprodukt des jahres. vorteil des kochers waren neben seinem gewicht auch die tatsache, daß er mit 2 düsen bestückt werden konnte. eine für benzin, die andere für diesel und kerosin. die reinigung selbst war ebenfalls einfach.

diese frage ist eigentlich schnell beantwortet, denn mittel- bzw. langfristig gesehen schlägt benzin eindeutig gas.

hier im kurzen die vorteile eines benzinkochers:

- billiger in der nutzung (brennstoff)
- einfacher in der beschaffung des brennstoffs - tankstellen gibt`s fast überall....
- höhere brennleistung
- bessere brennleistung im gebirge und bei kälte

nachteile:

- laut im gebrauch
- intensiverer geruch als gas
- evtl. bessere regulierbarkeit der flamme

gruß weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler51. Tag, 70km (3.914km), Di. 25.04.2000

 
  
    #105
4
23.04.13 17:01
Gegen 11.00 sitze ich in einem Cafe, um einen Regenschauer abzuwarten. Die Strapazen des gestrigen Tages spüre ich doch ganz "schön" in meinen Knochen, vor allem das linke Knie. Der Abstieg mit dem ganzen Gepäck war wohl zu heftig, auch wenn ich die langweilige Teerpassage ja trampen konnte. Bis Katerini sind es auf Nebenstraßen knappe 20km, und viel weiter werde ich heute wohl nicht mehr fahren.

Heute morgen habe ich erst einmal alles wieder umpacken müssen, gestern war ich hierzu einfach zu müde, und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es weniger geworden ist. ich stellte mir ernsthaft die Frage, ob ich denn nicht noch einmal radikal abspecken sollte. ich bin mir sicher, dass ich vielleicht auf ca. 10 kg hätte verzichten können aber soll ich wirklich auf Rucksack, Bergschuhe, Ersatzjeans und evtl. kleinteile verzichten?!.... Wo soll ich denn mit all der Flüssigkeit hin, wenn mal 10 oder mehr Liter Flüssigkeit transportiert werden müssen? Fragen über Fragen und noch keine Antwort.

Von Katerini bin ich dann noch ein wenig geradelt und zwar bis zu dem Flüßchen Aliakomas, ca. 10km vor Alexandria. Wider erwarten ging es ab Katerini fast ausschließlich bergauf/bergab, jedoch jeweils nur für ca. 1km, passiert wurde ausschließlich Agrarland. Die meiste Aufmerksamkeit widmete ich jedoch wieder meinem Tacho, der teilweise bis zu 10% mehr anzeigte!!!!! Daraufhin löschte ich alle Daten und stellte den radumfang von 2,02m auf 1,98m ein.

Heute hatte ich dann auch noch mit meiner Schwester telefoniert, und sie hat mir die Adresse des Konsulates in Thessaloniki mitgeteilt. Hoffe nur, daß das Päckchen mit der EC Karte mittlerweile angekommen ist.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler52. Tag, 84km (3.998km), Mi. 26.04.2000

 
  
    #106
4
23.04.13 17:53
Den heutigen Tag hätte ich wohl am Liebsten aus meiner Tour gestrichen, denn es gibt wenig erfreuliches zu berichten.

Angefangen hat alles bereits in der Nacht, als mir doch ein wenig übel war, und ich mich erstmals in diesem Urlaub ergeben mußte. Lag es an den zwei Kebabs, die ich in Katerini gegessen hatte, oder doch an der Unmenge von Nougat creme, die ich mir zu Abend gönnte? Ich denke nicht, daß es am Kebab lag, werde es wohl jedoch auch nie herausfinden. nach dem Erbrechen ging es mir jedenfalls gleich wesentlich besser und ich konnte den Rest der Nacht gut schlafen. Es hatte mehrfach leicht geregnet und so dauerte es bis ca. 10.00 bis ich aufbrach.

Nachdem meine km-Test am Straßenrand zu 100% wieder mit der Tachoanzeige übereinstimmten war ich vorerst zufrieden. Für mich gab es kein halten mehr und ich fuhr direkt über Alexandria, Halkidona in die Millionenmetropole Thessaloniki. Dort sah ich erstmals in Griechenland ein Autohaus für Gebrauchtwägen, jede Menge Kneipen, viele hübsche Frauen u.v.m.... Man merkte mir halt schon an, dass ich zuletzt viel in der "Wildnis" umhergeradelt bin. Als erste wollte ich jedoch das Konsulat aufsuchen um sicher zu gehen, daß auch alles angekommen war. Ich wurde gleich fündig und mußte zu meinem Entsetzen feststellen, daß sowohl das Päckchen als auch die EC Karte noch nicht eingetroffen waren. Ich bekam nun doch die Krise, da das Osterfest in Griechenland zeitversetzt ist und das Konsulat am Freitag und Montag geschlossen sei. Außerdem gäbe es keinen Campingplatz hier in Thessaloniki und eine andere Unterkunft für mich über 1 Woche nicht finanzierbar wäre.

Ich beruhigte mich bald und überlegte, was ich denn in dieser Woche so alles anstellen könnte. Die EC Karte hätte man mir über den Umweg Berlin an ein anderes Konsulat geschickt, das Päckchen jedoch aus Kostengründen nicht. Ich verfluchte nochmals das Nichtfunktionieren der Karte und entschloß mich dann für eine Ehrenrunde in Griechenland. Ich werde jetzt die Halbinsel Sinthonia abradeln, welche laut Aussage der Konsulat Mitarbeiter schöner sein soll als Agio und Kassandra.

Diese zusätzliche Woche hatte ich eigentlich für das Warten auf das Iran Visum eingeplant, oder soll ich doch über Syrien, Jordanien nach Ägypten fahren? Das Problem für letztgenanntes wäre, daß ich ab Ägypten wahrscheinlich fliegen müßte, da derzeit Krieg zwischen Äthopien und Eritrea herrscht. Oh je welti, wie sagst du immer?, wie es kommt hat alles einen Sinn, auch wenn es derzeit nicht erklärbar scheint.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler53. Tag, 61km (4.059km), Do. 27.04.2000

 
  
    #107
4
24.04.13 16:52
Es ist jetzt 13.30 und habe heute bereits knappe 10km!!! absolviert. Motivationsmäßig bin ich doch ein wenig am Tiefpunkt angelangt, denn eigentlich widerstrebt es mir km zu bolzen nur um die Zeit totzuschlagen. Alles nur wegen einem solch blöden Päckchen, auf dieses freue ich mich eigentlich schon, bzw. meiner neuen EC Karte. Ich bin deshalb noch nicht weiter gefahren, da ich in Reichweite von Thessaloniki bleiben wollte, falls die Sachen doch noch heute ankommen sollten. So ca. 2 Std. trennen mich derzeit vom Konsulat.....

Die Region Halikidi an für sich ist schon schön. Es ging die meiste Zeit über leicht bergauf, sodaß man gut einen Rhythmus treten konnte. Derzeit habe ich den Ort Vasilika passiert, und habe mir danach erstmals ein Mittagsschläfchen gegönnt. Meine "Treter" sind vom Olympabstieg immer noch nicht generiert, wobei das linke Knie wieder o.k. ist. Es ist schon komisch, daß ich meinen ersten Muskelkater, Krämpfe in der Beinmuskulatur hatte ich nachts bereits zu genüge, nach meiner ersten Wanderung, also nach dem Abstieg vom Olymp bekommen habe.....

Das Umradeln von der Insel Sithonia würde übrigens einen "Umweg" von ca. 400km bedeuten. Wegen mir ist da ja relativ egal, aber irgendwie denke ich auch immer an meine Verschleißteile von Black Beauty wie Ritzel und Kette. Auch käme ich ca. 1 Woche später in die WIRKLICH heißen Gebiete.

Kurz nach 14.00 habe ich dann nochmals auf der Botschaft angerufen und siehe da, das Päckchen war inzwischen angekommen, die EC Karte leider nicht. So gab es für mich natürlich kein Halten mehr und kurz nach 16.00 erreichte ich die Botschaft. Der Polizist übergab mir das wichtige Gut, und ich fühlte mich wie an Weihnachten während des Osterfestes. Geöffnet wurde dieses Geschenk natürlich nicht gleich, nein ich mußte erst einmal wieder raus aus der Millionenstadt. Zum "Öffnungsfest" bzw. Feier des Tages wurde erst noch einmal ein Bierchen eingekauft, und dann kam mal wieder alles anders als geplant.

Ein äußerst heftiges Gewitter ließ mich am Stadtrand verweilen, und ich spekulierte schon mit einer Nacht auf Beton unter dem Vordach eines Geschäftes. Ein Bier wurde geöffnet und ich begann die einzelnen Briefe der Verwandtschaft zu lesen. Es war herrlich mal wieder was von den zu Hause gebliebenen zu lesen. Selbst in meiner Vereinszeitschrift wurde mein Vorhaben über die Weltumradlung veröffentlicht und irgendwie fühlte ich mich in diesem Moment nicht nur stolz, nein ich merkte, daß da was besonderes im Entstehen war. Aus welchen Gründen auch immer waren die Motivationsprobleme wie weggewischt, ich blühte gar auf vor neuer Energie. überrascht war ich dann doch ein wenig, daß einige meinten ich wäre zu schnell unterwegs. Mag ja sein, die eigentliche Tour sollte meiner Meinung ja auch erst in der Türkei beginnen.

Den Syrien/Jordanien Führer hat mir meine Managerin doch zukommen lassen - in den nächsten 2-3 Tagen muß ich mich nun endgültig entscheiden, wie der weitere Tourverlauf auschauen soll. Entweder über Ankara in den Iran oder doch über Syrien, Jordanien... - vermutlich werde ich mich für erstgenanntes entscheiden.

gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler7. Einwurf - M a n a g e r w a h l....

 
  
    #108
3
24.04.13 17:11
hört sich verdammt kapitalistisch an - das gegenteil ist jedoch gemeint. die managerwahl vor beginn der tour ist auf meine älteste schwester gefallen, weil ich es ihr am ehesten zutraute, meine wünsche auch zu 110% zu erfüllen.

wie das gemeint war möchte ich hier kurz beschreiben.

in dem moment, wo du ein "abenteuer", wie auch immer dieses definiert sein möchte, einhergehst ist es einfach beruhigend zu wissen, jemanden in der hinterhand zu haben, der dir evtl. besorgungen von zu hause aus erledigt. in meinem speziellen fall waren dies u.a. die bankangelegenheiten, besorgungen von ersatzteilen, literatur/karten, filme entwickeln lassen/besorgen und schicken von päckchen an diverse orte der welt.

meine managerein war so eine art anlaufstelle für freunde und bekannte, welche sich nach meinem wohlbefinden erkundigten. natürlich sollte diese person mehr als vertrauenswürdig sein, denn das erledigen der anfallenden arbeiten ist ja auch mit arbeit verbunden. ich möchte nicht wissen, wieviele stunden sie im laufe der 3 jahren für mich "geopfert" hat.

DANKE.

gruß weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler54. Tag, 75km (4.134km), Fr. 28.04.2000

 
  
    #109
4
24.04.13 19:43
Gegen 14.00 halte ich heute mal wieder Siesta, nicht jedoch in Form eines Mittagsschläfchen, sondern vielmehr in der einer Kaffeepause. Um 10.00 bin ich heute morgen losgeradelt und der Himmel sah äußerst finster aus. Überrascht war ich dann doch ein wenig, daß ich am orthodoxischen Karfreitag offene Läden in Langadas angetroffen habe. Anscheinend ist hier der Karfreitag kein so hoher Feiertag wie bei uns in Deutschland. Im Gegenteil, das Leben scheint hier seinen normalen Gang zu gehen. auf alle Fälle stärkte ich mich mit 2 Rosinenbrötchen, 2 Blätterteigen mit Spinat sowie einer kalten Schoki.

Nach ca. 30 Minuten Vesperpause radelte ich weiter, und wenig später passierte ich die Seen Koronia und den etwas größeren L. Volvi, letztgenannter hatte immerhin eine Länge von ca. 20km. An diesem machte ich eine weitere Kaffeepause konnte diese jedoch nicht so recht genießen, da der Himmel immer dunkler wurde.

Noch ca. 10km trennen mich vom Ort Rendina. Was ich fast befürchtet hatte ist dann halt doch eingetroffen. Ich war vielleicht gerade einmal 2km unterwegs, als es heftigst zu regnen angefangen hatte. Ich fand eine mit ca. 1,30m Höhe äußerst niedrig bemessene Brücke unter der ich Unterschlupf finden konnte. während dieser zeit kam ein junger Ziegenhirte mit ca. 100 Tieren vorbei. leider konnten wir uns nicht unterhalten und irgendwie hätte es mich schon gereizt den Rest des Tages mit ihm und seiner Herde zu verbringen. Überhaupt ist mir in dieser Gegend die Vielzahl von Ziegen aufgefallen. In den Bergen gibt es richtig runde "Steinställe" mit Dornenhecken als Zaun. Vielleicht dienen diese Stallungen im Sommer als Schutz vor der glühend heißen Sonne.

Landschaftlich gefällt mir die Gegend erneut, selbst als ich entlang der E90 fuhr. Derzeit befinde ich mich im äußerst touristisch geprägten Ort Asprovalta und nächtige seit meinem 41. Tourtag endlich mal wieder am Strand. Erst wollte ich mich nach dem Preis für den Campingplatz erfragen, doch dann gefiel mir der Strand einfach zu gut.

Was mir auch auffällt ist die verstärkte Polizeipräsenz. Vielleicht ist es ja die Nähe zu Bulgarien, deren Grenze gerade einmal ca. 100km entfernt ist.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler55. Tag, 105km (4.239km), Sa. 29.04.2000

 
  
    #110
4
24.04.13 21:45
Gute 200km trennen mich jetzt noch von der türkischen Grenze, und so langsam aber sicher neigt sich mein Griechenland Aufenthalt dem Ende entgegen. Heute habe ich mal wieder telefoniert, für sage und schreibe 3.000 Dinar. Irgendwie sind es u.a. doch die Highlights des tages, sich mit den Daheimgebliebenen zu unterhalten, vielleicht ist das Alleine reisen halt doch zu einsam......

Als erstes habe ich mit meinen Eltern gesprochen, und am meisten interessierte mich natürlich, wie die 40 jährige Geburtstagsparty von meiner Schwester ausfiel, es wurde von Freitag auf Samstag gefeiert und somit in den Runden hinein...... Mutti ist jedes mal erfreut, wenn sie meine Stimme hört, und so werde ich das wöchentliche Telefonieren wohl noch eine Weile beibehalten. Papa stand während des Gespräches ganz ungeduldig nebenan, und als er mich endlich an der Strippe hatte, wollte er den exakten Tourverlauf wissen. Nachdem er von meiner Olympbesteigung erfahren hatte meinte er, daß er jetzt im Atlas schauen müsse, wo denn genau der Götterthron ist. Überrascht war er jedoch sichtlich als ich ihm erzählte, daß noch jede Menge Schnee auf dem Olymp lag. Wir hatten uns so viel zu erzählen, daß ich meine letzte Telefonkarte, die eigentlich für meine Schwester bestimmt war, auch noch benötigt wurde.

Nach dem Gespräch fuhr ich bei bestem Radlerwetter sichtlich gut gelaunt der Küstenstraße entlang. Obwohl sich im Landesinneren Berge mit über 2.000m türmen, war die Straße entlang der Küste so gut wie eben.

Bis kurz vor Kavala änderte sich an der Landschaft nicht viel, doch dann wurde es "noch" flacher und zusehends karger. Viele Flächen werden jetzt für den Weinbau genutzt.

Kavala selbst ist eine moderne, große Stadt, evtl. gar die 2. größte Stadt, welche ich in Griechenland durchfahren habe. Meine Managerin habe ich dann natürlich auch noch angerufen, und sie hat mir gesagt, daß Cordula, die Münchnerin aus der Anzeige, mir auch noch einen Brief geschrieben hatte. Sie hatte auf dem Sinai jemanden kennengelernt, mit dem sie dann eine weile unterwegs war, mit einem vw-kombi wohlgemerkt.....

Außerdem hat sie in dem Brief mitgeteilt, daß man derzeit von Ägypten aus nicht in den Sudan reisen könnte, und der Süden Ägyptens derzeit nicht empfehlenswert wäre. Sie könnte sich jedoch vorstellen, daß wir ab September gemeinsam durch Pakistan radeln könnten. ich selbst weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich das überhaupt noch will.........

Auf alle Fälle habe ich mich nun endgültig entschlossen, über den Iran meine Reise fortzusetzen. Wie so oft im Leben ist der erste Gedanke der beste.......

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler56. Tag, 96km (4.335km), So. 30.04.2000

 
  
    #111
3
29.04.13 16:17
Kurz vor 12.00 habe ich "bereits" 40km absolviert, Xanthi links liegen lassen und noch 50km trennen mich von Komotini. Das sind die Eckdaten des bisherigen Tages. Landschaftlich das gleiche Bild wie tags zuvor, der starke Gegen- bzw. Seitenwind sorgt jedoch für einen erhöhten Puls beim Treten.

Heute Nacht habe ich sehr schlecht geschlafen und fühle mich ziemlich ausgepowert. Gleich 3 Gründe konnte ich hierfür ausmachen. Zum einen sollte ich die Kaffeetrinkerei nach 17.00 wohl lassen, zum anderen waren da wieder jede Menge Hundegebell zu hören. Die Tiere bewachten wohl eine Schafherde und vom Schäfer fehlte jede Spur. Auf alle Fälle lies mich dieses Gebelle recht unruhig in den Schlafsack sinken. Und zuletzt gab es noch eine Böllerei, die den orthodoxischen Ostersonntag einläuteten. Gegen 6.00 kam dann bereits eine "blöckende" Schafherde an mein Zelt vorbei, sodaß an ein ausschlafen nicht zu denken war.

Ziemlich gerädert packte ich so meine Sachen recht früh zusammen, trank einen Kaffee um danach los zu radeln. Bereits nach 1km wurde ich jedoch putzmunter und mehrere Hunde gaben mir deutlich zu verstehen, daß ich soeben in deren Revier eingetreten war. Ich redete ruhig auf die Vierbeiner ein, warf dieses mal keine Steine, da ich vermutlich keine Chance gehabt hätte, wenn sie "ernst" gemacht hätten. Vermutlich waren es jene Tiere, welche die Schafherde ohne Schäfer bewacht hatten.

In Vafeika könnte ich mir mal wieder einen Kaffee und der Besitzer war gar nicht erfreut, daß ich nun weiter Richtung Türkei unterwegs war. Überhaupt scheinen die Griechen zu den Tüken ein recht skeptischen Verhältnis zueinander zu haben. Kurz vor 12.00 verlies er dann das Lokal, ohne daß er Geld für den Kaffee annehmen wollte - vielleicht hatte er es auch nur eilig.

Überall grillten die Griechen Osterlämmer, doch brachte ich es nicht fertig, mich bei irgendeiner Gesellschaft einzuladen. Der Tag selbst brachte für mich nicht Außergewöhnliches vielleicht bis auf die Tatsache, daß es statt Osterlamm dann mal wieder selbstgemachte Spaghetti zu Mittag gab. Es war das erste mal, daß ich mir am Mittag etwas gekocht hatte, ansonsten wurde dies auf den Abend verlegt. Ich brauchte einfach diese Pause und lies es mir währenddessen schmecken.

Sollte alles "planmäßig" verlaufen müßte ich morgen Alexandroupoli erreichen und möchte dort gerne einen Campingplatz aufsuchen. Es ist jetzt kurz vor 19.00 und ich werde mir noch ein Bier gönnen und dann bereits zeitig schlafen gehen.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler6. Wissenswertes - Orthodoxe Kirchen

 
  
    #112
1
29.04.13 16:26
immer interessant sich ein bild über "andere" glaubensrichtungen zu machen.


http://de.wikipedia.org/wiki/Orthodoxe_Kirchen


gruß weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler57. Tag, 60km (4.395km), Mo. 01.05.2000

 
  
    #113
4
29.04.13 17:01
Nach äußerst schlafreicher Nacht bin ich heute völlig ausgeruht kurz nach 8.00 losgefahren, und hatte mein Tagesziel Alexandroupoli, dieses mal hatte ich wirklich eines, bereits 5 Stunden später erreicht. Außer meinen "Pinkelpause" bin ich eigentlich durchgefahren, und das Radeln hat mir trotz starkem Gegenwind recht viel spaß gemacht. Die Landschaft kam mir heute mal wieder besonders grün vor, und dies wirkte wohl wie Doping auf mich. Vermutlich ist es aber auch die Tatsache, daß ich mit der Türkei bald ein neues Terrain erreichen werde. Im Gegensatz zu gestern konnte ich heute recht viele Leute bei der Feldarbeit beobachten. Vermutlich sind diese größtenteils türkische Gastarbeiterinnen, denn die meisten Leute waren Frauen und hatten ein Kopftuch auf.

Ab Mosti wurde es dann wieder zunehmend hügeliger und die Vegetation erinnerte mich doch stark an die der Peloponnes. Kurz vor Alexandroupoli durfte ich dann wieder einmal eine ca. 10km lange Abfahrt genießen. 3km vor dem Ort traf ich dann einen Griechen, der 35 jahre lang in Deutschland nahe Stuttgart gearbeitet hatte. Er spendierte mir ein Bier, und das zur Mittagszeit......, und als wir uns verabschiedeten drückte er mir noch ein Paket mit Lammfleisch von gestern in die Hand. Auch wenn es kalt war, hat es mir vorzüglich geschmeckt.

Für den Campingplatz zahle ich hier für 2 Nächte 4.000 Drachmen, sodaß ich noch 6.000 zum ausgeben habe. Morgen ist Regeneration angesagt, und ich möchte noch ein Päckchen mit meinen bisher 3 geschossenen Filmen aufgeben.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler58. Tag, 0km (4.395km), Di. 02.05.2000

 
  
    #114
2
29.04.13 17:53
Na ja, zum hoffentlich letzten Tag hier in Griechenland gibt es zur Feier des Tages anstatt Amstel Bier heute ein Heineken..... Hoffentlich deshalb, weil 26 Tage Griechenland ausreichend sind, und es mich jetzt einfach nach etwas Neuem, nicht so europäischen, zieht. Landschaft und Leute haben mir bisher am besten gefallen, auch wenn ich mich nur wenig unterhalten konnte.  

Auf alle Fälle freue ich mich jetzt ganz besonders auf die Türkei, jenem Land welches mich asiatischen Boden betreten lassen wird. ich selbst habe mich jetzt definitiv entschlossen über Ankara Richtung Iran zu fahren. In Ankara selbst werde ich mir dann das Visum für den Iran besorgen. Dies war eigentlich ja auch mein erster Gedanke und wie so oft im Leben ist dieser auch der beste/richtige.

Als erstes habe ich heute dann ein Postamt aufgesucht um meine 3 Filme!!!! sowie 2 Landkarten nach Hause zu schicken. Der Spaß kostete mich keine 1.000 Drachmen was völlig in Ordnung war. Danach schrieb ich noch einige Postkarten, u.a. an mein Patenkind welches ich nach jedem durchradelten Land eine versprochen hatte.

Der Ort hier selbst ist vollkommen auf Tourismus eingestellt und die Preise entsprechend. Dafür gibt es auch alles zu haben, ein Erdinger kostete z.B. 10 DM..... Interessant wäre es mit Sicherheit all den Trubel in der Hauptsaison zu bestaunen. Es sind wohl nur ein paar Monate, wo hier "richtig" Geld verdient wird und dieses muß dann wohl den Rest des Jahres reichen.

Eigentlich wollte ich ja heute noch die Kette wechseln hatte hier jedoch keine Lust.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler59. Tag, 71km (4.466km), Mi. 03.05.2000

 
  
    #115
3
29.04.13 18:57
Was war das heute denn wieder für ein Tag? Wäre da nicht die Aussicht auf Neuland in Form vom Betreten der Türkei gewesen, so hätte ich heute bestimmt die Krise bekommen.

Begonnen hat es damit, daß es heute Nacht bis ca. 3.00 pausenlos geregnet hat, und ich somit kaum ein Auge zubekommen habe. So bin ich zwar müde, aber äußerst motiviert gegen 7.30 aufgestanden, habe danach alles getrocknet, gemütlich meinen Kaffee getrunken und bin dann gegen 10.00 losgefahren. Nach bezahlen des Campingplatzes hatte ich noch knappe 500 Drachmen, sodaß ich mir noch ein kleines Frühstück gönnen konnte.

Bereits nach wenigen Metern merkte ich jedoch recht schnell, daß heute nicht mein bester Tag war. Mit dem gestrigen Regen kam der Wind und gleichzeitig ein gewaltiger Temperatursturz. So fuhr ich heute seit langer Zeit mal wieder mit Strapsen (Beinlinge) und meiner Windjacke. Zu beginn des Tages hatte ich ja immerhin noch einen Schnitt von 13-14km/h und bis zur Grenze waren es ja gerade einmal 40km.

Je näher ich der Grenze kam, desto mehr nahm die Militärpräsenz zu. Für mich war es schon ein wenig ein beklemmendes Gefühl, und ich meinte förmlich zu spüren, wie es zwischen den beiden Ländern knisterte. Irgendwie erinnerte mich das ein wenig an den kalten Krieg der 80er Jahren. Leider weiß ich recht wenig über die früheren Konflikte beider Länder.

3km vor der Grenze stärkte ich mich dann noch mit einer Cola sowie Keksen. Die Fahrt zu dieser war dann schon recht komisch. Ich fuhr auf einer Art Nebenstraße so gut wie alleine Richtung Türkei, parallel hierzu verlief eine Autobahn, auf der ebenfalls nichts zu sehen war. Überhaupt verstehe ich nicht, weshalb die Hauptstraßen hier in Griechenland so gut ausgebaut waren. Vielleicht müßte ich hier ja auch mal während der Hauptsaison sein.

Die Grenzüberschreitung am Fluß Evros (griechisch) bzw. Meric Nehri (türkisch) war dann doch mit einem beklemmenden Gefühl verbunden. Wie in einem Film waren auf beiden Seiten Militär Präsenz. Als erstes mußte ich natürlich die griechische Seite mit 4 Wachposten passieren, am anderen Ende der Brücke warteten derer gar 8. Erst danach kam der eigentliche türkische Zoll und ich erhielt ein Papier mit gültigem Einreisestempel, welches ich bei meiner Ausreise wieder vorzeigen müßte.

Geld habe ich auch noch gewechselt und zwar bekam ich für 100 DM 28,36 Mio. Lira - hurra, erstmals in meinem Leben war ich Millionär..... Gleich nach der Grenze wurde ich wieder von meinen "Freunden" den Hunden gebührend empfangen. Ich redete auf die kläffende Bande ruhig ein und siehe da, ich hatte meine Ruhe.

Landschaftlich scheint sich auch ein wenig gegenüber Griechenland geändert zu haben, denn ich sehe derzeit mehr Äcker als zuvor. Die Häuser sind wesentlich schlichter, die Straßen kerzengerade mit zahlreichen ups and downs. Ca. 10km sind es noch bis Kesan und die ca. 5.000 Einwohner Stadt werde ich mir morgen vielleicht sogar anschauen.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler60. Tag, 89km (4.555km), Do. 04.05.2000

 
  
    #116
3
29.04.13 20:10
Um 13.30 gönne ich mir auf einer Anhöhe von 300-400m das erste mal in der Türkei einen Kaffee, einen selbstgebrauten versteht sich. Obwohl ich gerade einmal ca. 30km geradelt bin spüre ich bereits meine Beine, vermutlich liegt`s am gestrigen Tag, an dem ich ja nichts vernünftiges gegessen habe.

Heute Morgen war es zudem bitterkalt, und ich überlegte mir ernsthaft mit Handschuhen loszufahren. Das Schlimmste war erneut der Wind, der die Temperaturen noch kälter erscheinen ließen. Zu Beginn blies er seitwärts, danach hatte ich allerdings Rückenwind.

Bis Kesan waren es gerade einmal 10km und in diesem Ort wollte ich einkaufen. Ich packte mein Gerödel zusammen, und kaufte in einem kleinen Tante Emma Laden 1,5l Wasser, im Gegensatz zu Griechenland scheint dies hier nicht üblich zu sein, Käse sowie 1 Brot. Im Laden nebenan (Bäckerei?) gab`s dann 500gr. Blätterteig mit Fleisch für 0,5 Mio. Lira. Danach ging`s wieder retour zum Tee (Cay) trinken, welchen ich geschenkt bekam, zudem noch ne Limo für unterwegs......

An der Tankstelle interessierten sich dann gleich 4 Männer für meine Tour. Außer mit Händen und Füßen konnten wir uns leider nicht unterhalten.... - dennoch war es ein interessanten Augenblick.

Kurz danach gönnte ich mir ein Mittagsschläfchen im Freien, um wenig später einen 350m hohen Paß zu meistern. Danach ging es 9km bergab und mit 69km/h stellte ich einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf. In solchen "Rauschfahrten" darf natürlich nichts schief gehen. Eine falsche Bewegung und das instabile Gefährt wäre nicht mehr zu kontrollieren. bei solchen Abfahrten muß ich dann doch mein Hirn einschalten denn schnell könnte eine Tour durch einen fatalen Sturz beendet sein.

Dank des starken Rückenwindes lief es von nun an wie geschmiert, und schöne Aussichten auf die Savos Bucht sowie die Insel Samothraki versüßten den Tag. Die Farben spiegelten sich absolut klar wider, evtl. lag dies an der klaren wenn auch kalten Luft. Kurz vor Gelibolu hatte ich dann das erste mal Blick auf die Maramara See, welche ich dann voraussichtlich Richtung Canakkale queren werde. Der heutige Tag war absolut super, und ich bin doch positiv überrascht über den bisherigen Türkeiaufenthalt.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler7. Wissenswertes - Maramarameer

 
  
    #117
2
29.04.13 20:20
"....Über Bosporus und Dardanellen verbindet es das Schwarze Meer mit der Ägäis. Die verkehrsgünstige Lage begünstigte die Entstehung der Millionenmetropole Istanbul am Nordufer...."

http://de.wikipedia.org/wiki/Marmarameer

gruss weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler61. Tag, 58km (4.613km), Fr. 05.05.2000

 
  
    #118
2
29.04.13 21:06
Mit dem heutigen Tag bin ich nun exakt 2 Monate unterwegs, habe stolze 4.600km zurückgelegt, und habe heute erstmals in meinem Leben asiatischen Boden betreten bzw. befahren.

Nachdem der Wind während der Nacht so gut wie nicht nachließ, die gestrige Richtung beibehalten wurde und der Asphalt zu beginn bestens war, hatte ich einen absolut easy ride bis Eceabat. Der Autoverkehr hielt sich in Grenzen, die super Landschaft mit Blick auf das Maramarameer blieb. In Eceabat hätte ich dann bereits ein Fähre nach Canakkale nehmen können, doch wollte ich die Dardanellen an deren engsten Stelle, ca. 1,2km, im 8km entfernten Kilitbahir queren. In Eceabat gönnte ich mir dann einen Kebab, es gab auch Würstchen...., und kaufte mir zudem einen Kaffee.

Nach gut einer Stunde Aufenthalt ging`s dann weiter nach Kilibahir, und während diesem Teilstück leistete ich mir ein Rennen mit einem vermutlich russischen Tanker. Es war schon beeindruckend wie eine Menschenstärke diesem mit tausenden PS versehenen rostenden Koloß parolie bieten konnte. Es war ein Rennen ungleicher Voraussetzungen welches ich verlor.....

In Kilibahir nahm ich dann die Fähre nach Canakkale und verließ gleichzeitig europäischen Boden. Es war schon ein komisches, gleichzeitig auch stolzes Gefühl dies alles aus eigener Muskelkraft bewältigt zu haben. Bis auf die 3 Fähren hatte ich ja noch keine fremde Hilfe in Anspruch genommen.... Die Fähre kostete ca. 250.000 Lira und die Überfahrt dauerte ca. 15 Minuten. Beide Städte hatten als Wahrzeichen jeweils eine große Burg, von der aus sich diese Meeresenge gut kontrollieren ließ. Was mir ebenfalls auffiel war das stark vertretene Militär auf beiden "türkischen" Seiten.

Früher war hier der wichtigste Übergang zwischen dem antiken Europa und Asien. Zuerst beherrschten die Perser die Enge (4. jahrh. v. Chr.), danach wurde sie von Alexander dem Großen erobert. 2 Jahrh. später gelang es Süleyman Pasha die Stadt einzunehmen, und dadurch gewannen die Türken endgültig die Oberhand über die Dardanellen. Auch im 1. Weltkrieg versuchten die Alliierten den Durchstoß zu erzwingen.

Nach kurzem Stadtbummel verließ ich die ca. 60.000 Einwohner zählende Stadt und fuhr noch ca. weitere 20km Richtung Troja. Die Ausgrabungsstätte möchte ich mir morgen auf alle Fälle ansehen.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler62. Tag, 88km (4.701km), Sa. 06.05.2000

 
  
    #119
5
29.04.13 21:59
Ich weiß, ich wiederhole mich langsam, aber der heutige Tag war mal wieder vom Allerfeinsten....

Heute morgen war das Zelt so naß wie nie zuvor. Schuld daran war eine äußerst kalte Nacht mit Temperaturen wohl unter 10 Grad Celsius. Wie in den letzten Nächten auch habe ich das Zelt ohne Überwurf aufgebaut, da sonst die Feuchtigkeit im Inneren des Außenzeltes wäre. Heute morgen war es wolkenlos und so hatte ich nach 2 gemütlich geschlürften Kaffees ein trockenes Innenzelt.

Bereits nach 10km erreichte ich Troja. Vor der Besichtigung gönnte ich mir noch einen Anruf in die Heimat, und Papa war sichtlich nicht erfreut, daß ich mich nun entschieden hatte, durch den Iran zu radeln. Die ersten Tage hier in der Türkei bestätigten mich jedoch in der Tatsache NEUES sehen und erleben zu wollen.

Das augenfälligste bei der Troja Besichtigung war dann natürlich das hölzerne Pferd, welches bereits am Eingang zu sehen war. Angeblich hatten die Griechen 10 Jahre lang vergeblich versucht Troja zu erobern, und nachdem sie "abgezogen" waren überließen sie das hölzerne Pferd als "Abschiedsgeschenk". In dem Pferd selbst waren jedoch Krieger versteckt. Unvorsichtig nahmen die Trojaner das Geschenk an und fuhren es in ihre Festung. Nachts wurde der Rumpf des Pferdes geöffnet, die Krieger öffneten das Tor, und ein Feuer gab der abziehenden Truppe das Signal zur Umkehr. So konnten die Trojaner besiegt werden...... - alles nur eine Sage oder doch wahr?!....

Die tatsächliche Geschichte Trojas kann man bis heute eigentlich nicht genau rekonstruieren. Insgesamt geht man von 9 verschiedenen Trojas aus. Troja I datiert aus den Jahren 3.000 - 2.600 v.Chr. und war angeblich keine Stadt sondern eine Burg. Das größte Ausmaß hatte Troja IX und diese letzte Siedlungsepoche dauerte ca. 750 Jahre. Alexander der Große kommt auf seinem Weg nach Persien 334 v.Chr. nach Troja und übergibt die Stadt der Schutzgöttin Athene. Die Stadt selbst gerät später unter römische Herrschaft und der Gipfel des Hügels (ursprünglich 20m zuletzt 40m Höhe) wird erneut "plattgemacht" und weitere Prachtbauten erstellt. Unter Cäsar wird das Stadtgebiet verdoppelt (40.000 Leute). Die Blüte Troja endet mit dem Goteneinfall 262 n.Chr..

Erst Schliemann gelingt es 1.870 die Existenz der sagenumworbenen Stadt zu beweisen. Er grub einen sog. Suchschacht (40m breite, 17m tiefe) und zerstörte hierbei auch viel. Er selbst steckte vieles seines Privatvermögens ein, seine Vorgehensweise war jedoch sehr umstritten, da er viele Fundstücke mitgehen ließ.

Nach der Besichtigung entschloß ich mich für den längeren Weg Richtung Küste, und hatte fortan die Straße fast für mich alleine. Sobald Dörfer passiert wurden winkten mir die Leute freundlich zu, Kinder begleiteten mich mit ihren Fahrrädern bis zum Ortsausgang. Oftmals wurde ich auch nur mit einem Hallo begrüßt.....

Morgen werde ich nun mit Assos in Beramkahle an einer weiteren Sehenswürdigkeit vorbeiradeln, ob ich sie jedoch besichtigen werde weiß ich noch nicht.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler8. Wissenswertes - Troja

 
  
    #120
2
29.04.13 22:05
"......Troja befand sich auf dem 15 m hohen Siedlungshügel Hisarlık (türkisch: Burghügel) an den Dardanellen und kontrollierte seit der Bronzezeit den Zugang zum Schwarzen Meer. Die Schiffe konnten damals noch nicht gegen den Wind kreuzen, also warteten sie im Hafen der Festung auf günstige Winde. Der Wegzoll sowie die Lotsen- und Schutzgebühren, welche die Schiffe an Troja entrichten mussten, brachten der Stadt Reichtum........"

http://de.wikipedia.org/wiki/Troja

gruss weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler63. Tag, 73km (4.774km), So. 07.05.2000

 
  
    #121
4
30.04.13 17:33
Gegen 14.oo gönne ich mir mal wieder ein Päuschen am Meer, trinke einen frisch aufgebrühten Kaffee und möchte bereits gesehenes niederschreiben. Obwohl ich seit meinem Start am Rosenmontag nun doch schon einiges gesehen habe, kommt täglich neues hinzu. Dies eben ist der Unterschied eines Radnomadenleben zum geregelten Alltag zu Hause in Deutschland.

Wie eigentlich jeden morgen, wurde ich auch heute früh von betenden Moslems "geweckt". Dies kommt daher, daß in jeder noch so kleinen Ortschaft immer eine Moschee anzutreffen ist, und dort ihr tägliches Morgengebet zelebriert wird. Jeder dieser Moscheen verfügt über Lautsprecher und ist somit noch über mehrere km zu hören - bei uns sind es halt vielerorts die Kirchenglocken. Noch ist dieser Zustand ja neu für mich und ich denke jedesmal, daß ich in unmittelbarer Nähe eines solchen Gotteshauses bin.

Die heutige Tagesetappe war aufgrund der ständigen ups and downs äußerst anstrengend, führte aber von Gülpnar über Kadirga nach Altinoluk durch herrliche Landschaft. Die Felder wurden dabei, wie angeblich in der Türkei üblich, fast ausschließlich von Frauen bearbeitet, während die Männer die Traktoren bedienten, einen Cay tranken oder den Frauen einfach nur bei der Arbeit zuschauten...... In einem kleinem Dorf sah ich einige Frauen zusammen an einem Brunnen die Wäsche waschen, der Heißwasserkessel dampfte nebenan. Bei uns erledigt dies in der Regel die Waschmaschine und die Frauen telefonieren evtl. miteinander.....

Auf der höchsten Erhebung so um die 400-500m gab es dann keinen Baumbewuchs mehr. Um den Tieren dennoch Schatten spenden zu können wurden Ställe aus Stein errichtet, die mit winzigen Eingängen versehen waren, die Dächer wiesen einen Grasbewuchs auf. Eine solche "Stallorder" hatte ich bisher noch nicht gesehen.

In Behramkale gönnte ich mir dann erst einmal eine Vesperpause und trank ein spriteähnliches Getränk. Die Burg selbst habe ich mir nicht angesehen. Von nun an war ich wieder direkt an der Küste und werde in ca. 10km wieder auf die 550 treffen.

Jetzt ist es 20.30 und die Sonne ist soeben unter gegangen. Sollte alles "planmäßig" verlaufen, wird dies wohl für lange Zeit meine letzte Nacht am Mittelmeer sein.

Die letzten 10km bis zur 550 waren so gut wie eben und führten durch kleine Touristencaffs und Feigenanlagen. Auf der Hauptstraße angekommen nahm der verkehr merklich zu und zudem fehlt der Standstreifen. ich mußte nun wieder konzentrierter fahren.

Bis Edremit sind es noch ca. 25km und danach müßte der Autoverkehr Richtung Ankara vorerst wieder geringer werden. Heute Abend habe ich dann mal wieder mit einer türkischen Familie Cay getrunken und deren "Oberhaupt" hat zwischen 1973-1988 in Duisburg unter Tage gearbeitet. Es war eine nette Unterhaltung und zu den Spaghetti gab es dieses mal frische Zwiebeln.

Zuvor hatte ich mich allerdings über die Touristen abzocke in der Türkei mächtig aufgeregt. Für einen Kebab mußte ich stolze 1,5 Mio. Lira bezahlen, mehr als das Doppelte als sonst. O.K., ich hätte mich halt vorher über den Preis informieren sollen denn eine Preistafel gab es nicht. Vermutlich zahlen die Einheimischen deutlich weniger. Ich verließ das Lokal äußerst wütend, gab auf der Straße meinen Unmut lauthals freien Lauf und erklärte überraschten Passanten, daß ci diese Abzocke nicht für gerechtfertigt hielt. Die meisten gaben mir recht.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler64. Tag, 94km (4.868km), Mo. 08.05.2000

 
  
    #122
7
30.04.13 18:17
Der heutige tag begann seit einiger Zeit mal wieder mit ein wenig Aufregung, denn als ich losradeln wollte stellte ich fest, daß mein Schloß weg war. Vermutlich habe ich es gestern bei der Mittagspause liegen lassen. Die Eindrücke des Tages und die damit verbundene Begeisterung für das Land waren evtl. ein Grund dafür.

Was soll`s dachte ich mir, und ein neues werde ich mir ja wohl auch in Edremit besorgen können. Den Ort selbst erreichte ich relativ schnell. Als erstes mußte ein Bancomat um Geld mit einer meiner Karten abzuheben. Einen solchen aufzufinden war eigentlich kein Problem, doch wieviele Nullen mußte ich für ca. 300 DM eingeben, die Einheit war ja TL. Bedeutete dies nun 1.000 Lira oder türkische Lira. Ich selbst ging dann in die Bank, erkundigte mich und wechselte daraufhin 100.000.000 Lira.

Auch hier ist der Küstenstreifen fast ausschließlich auf Tourismus eingestellt und viele Stellen sind entsprechend "häßlich" verbaut. Mir jedenfalls hatte dies nicht gefallen, und war somit froh die Küste Richtung Landesinnere zu verlassen. ich wollte wieder Begegnungen mit den natürlichen, nicht von uns Touristen versauten Einheimischen haben. Nachdem ich dann gleich nach dem Verlassen der Bank "angebettelt" wurde hielt mich nichts mehr in dieser Stadt und ich fuhr schnellstmöglich weiter.

Nach den Ort Havran wurde es wieder zunehmend hügeliger und für mich somit wieder schöner zu fahren. So ca. 40km am Stück bin ich dann heute durch Olivenplantagen gefahren, irgendwann passierte ich dann auch eine Fabrik, wo die Ernte verarbeitet wurde.

Es folgte ein ca. 25km langer Anstieg und ich müßte so auf 700-800 m gewesen sein, fast dem ganzen Anstieg lang folgte ich einem kleinen Bachlauf. Aufgrund des starken Gegenwindes konnte die Abfahrt dann nicht genossen werden, ja es mußte gar getreten werden.

Bis Balikesir (130hm) sind es noch knappe 20km und von da an geht es ab in die Berge.

ich selbst nächtige wieder am Ufer eines kleinen Bachlaufes, höre dem Blubbern des Wassers zu und über mir zwitschert eine Nachtigall. Dieser so stimmgewaltige Vogel ist wohl einer der am häufigsten in Griechenland und Türkei vorkommenden.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler65. Tag, 68km (4.936km), Di. 09.05.2000

 
  
    #123
7
30.04.13 19:12
Mit dem heutigen Tag befinde ich mich bereits 1 Woche in der Türkei und habe das Gefühl, daß ich bereits mehr Bekanntschaften mit Einheimischen hatte als die Wochen zuvor. Die Gastfreundschaft gegenüber Fremden ist enorm, auch habe ich das Gefühl, daß dies ohne irgendwelchen "Hintergedanken" geschieht. Mir selbst gefällt dies enorm und manchmal habe ich das Gefühl kein Fremder zu sein. Auch mußte ich oft an den deutschen Durchschnittsbürger denken, der die ach so verschmähten Türken am liebsten nicht sehen würde.

Auch ist es das Land, wo ich mit dem Zelten bisher keinerlei Probleme habe. Heute Morgen gegen 6.30 z.B. war ein Schäfer ca. 30m von meinem Zelt entfernt, doch ließ er mich walten. Als ich Aufstand ist er dann mit seiner Herde weiter gezogen.

Nach einigen ups and downs hatte ich relativ schnell das 85.000 Einwohner zählende Balikesir erreicht, und habe dort erst einmal eingekauft. "Natürlich" war wieder schnell eine Menschentraube um mich herum versammelt, und alle sahen mir beim Vespern zu. Nebenan trank ich dann 2 Cay, gab jede Menge Auskünfte und als ich zahlen wollte wurde dies selbstverständlich abgelehnt. Kein Vergleich mit dem "allzu freundlichen" Kebabverkäufer aus der Touristenstadt Altinoluk. Ich bin wirklich froh, daß ich durch das Landesinnere Richtung Ankara fahre, und nicht entlang der Küste. Dies ist zwar anstrengender, die Begegnungen mit den Menschen entschädigen jedoch für einiges.

Jetzt Anfang Mai ist noch alles grün, und die Anstrengungen lassen sich bei angenehmen 20-25 Grad auch noch gut meistern. Von dem in Balikesir erlebten gestärkt fuhr ich frohen Mutes weiter, doch ich kam nicht weit. Im ca. 10km entfernten Karaman war gerade Mittagspause in einer Schule, und ich machte den "Fehler" den musizierenden Schüler zuzuhören. Sofort war ich von einer Schülertraube umringt, und ich mußte den Schulhof betreten. Die Lehrer kamen ebenfalls und ich wurde dem piekefein in Krawatte anwesenden Schuldirektor vorgestellt.

Als Belohnung für meine Anwesenheit gab es dann ein Glas Wasser sowie 2 Teller Erdbeeren. ich selbst aß vielleicht 10 Stück und verteilte den Rest unter die strahlenden Kinder. Ich versucht Ihnen noch klar zu machen wie wichtig die Schule eigentlich ist, auch Fremdsprachen wie Englisch ebenfalls. Irgendwann ging der Unterricht dann weiter und ich durfte weiterfahren.

"Mitgenommen" von diesen Eindrücken radelte ich weiter. Mir wurde klar, daß ich sobald ich jetzt eine Rast machen würde, diese wohl nicht mehr alleine genießen könne. Dies ist auch gut so, denn so kann ich mich an das Verhalten der Inder bzw. Pakistani je bereits jetzt schon langsam gewöhnen. Derzeit macht es auch spaß mal im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen, was ist aber dann, wenn man mal seine Ruhe sprich Privatsphäre möchte?! Bestimmt möchte ich nicht wie ein Halbgott bewundert werden, aber so habe ich die Möglichkeit vielleicht doch einiges mehr über Land und Leute zu erfahren.

Selbstverständlich kam jetzt auch schon die Frage nach dem Geld auf, wie ich denn all das finanzieren könne. Ich versuchte ihnen klar zu machen, daß ich zu Hause so gut wie nichts mehr besäße, und ich all meine Ersparnisse in diese Reise gesteckt habe. Für mich ist es wichtig den Leuten klar zu machen, daß wir Deutsche auch nicht in einem überschwänglichen Reichtum leben und ich für dieses Vorhaben der Weltumradlung habe jahrelang sparen müssen.

Derzeit befinde ich mich auf dem Weg Richtung Dursumbey und bewege mich so ständig zwischen 400 - 1000 hm. es wurmt mich doch ein wenig, daß ich keinen Höhenmesser mit dabei habe.

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler66. Tag, 77km (5.013km), Mi. 10.05.2000

 
  
    #124
5
02.05.13 18:50
Die tolle Landschaft, ausschließlich Wälder und Weideland, ist geblieben und das Radeln ist gegenüber gestern trotz einiger Anstiege leichter geworden. weiter geht es der Sonne entgegen, also Richtung Osten, und somit wache ich derzeit beim hellwerden gegen 6.00 auf. Ich wälze mich dann noch ein wenig in meinem Schlafsack rum, die Nächte sind immer noch recht kühl, um eine Stunde später aufzustehen. Nach ein bis zwei Kaffee, dem Trocknen der Teile fahre ich dann ca. eine weitere Stunde später los. So sieht derzeit mein Tagesbeginn aus. Bevorzugt wird eine "Planung", sodaß der erste Teil der Tagesetappe die anstrengendste ist.

Und hier mal wieder eine kleine Begebenheit, welches das Radeln zu interessant macht. Auf dem Weg nach Dursunbey wurde ich von einem Schäfer angehalten und dieser fragte mich, ob ich denn ein Tourist sei. Diese Frage hatte ich schon öfters gestellt bekommen und ich beantwortete sie mit JAIN. Ich erklärte ihm daß man mich nicht mit "normalen" Touristen vergleichen könne, ich zudem in keinen Hotels übernachten würde sondern dort wo es mir gerade gefällt und zeigte gleichzeitig auf jenen Platz wo seine Herde derzeit weidete. Weshalb ich denn nicht in einem Hotel übernachte wollte er daraufhin wissen. Daraufhin atmete ich die frische Luft intensiv ein, und fragte den Schäfer ob er mir ein Hotel nennen könne, wo die Luft so rein wäre. Er deutete mit den Finger auf mich und meinte NO TOURIST......

In dem 13.000 Einwohner zählenden Dursunbey "warteten" schon die Kinder mit ihren bikes auf mich um dann mit mir in die Innenstadt zu fahren. Als erstes gönnte ich mir dann einen Döner für 300.000 Lira und keinen 1,5 Mio.!..., kaufte Süßigkeiten, Brot, sowie ne Limo für die Weiterfahrt. Sofort waren wieder 20-30 Leute um mich herum. Alte Leute, die gerade ihren Cay tranken standen auf und boten mir ihren Platz an - wenn ich da nur an das Verhalten unserer Gesellschaft gegenüber Älteren u.a. in der überfüllten Straßenbahn/Bus denke....... Mir selbst ist das dann oft schon peinlich aber wenn ich dann anfange zu erzählen, irgendeiner kann fast immer Deutsch, und die "neugierigen" Zuhörer befriedigen kann denke ich, daß es eben ein Geben und Nehmen ist. Die Leute schenken mir ihre anerzogene Gastfreundschaft, ich wiederum erheitere ihren Alltag. Es war gut, daß es 13.00 wurde denn nun gingen die Glaubensbrüder in die Moschee zum beten - Zeit für mich zum Weiterfahren.

Man teile mir noch mit, daß die Straße schlechter werden würde. Weshalb, fragte ich?, na sie würde enger und kurvenreicher werden...... Mein Radlerherz fing an zu johlen, denn auf diese Abwechslung freute ich mich schon.

In der tat war es dann auch so, die Straße war nur noch ca. 1 1/2 Spuren breit und der Asphalt wurde zunehmend schlechter. Dafür gab es keine steilen Anstiege mehr, eine längere Abfahrt von ca. 15km folgte entlang eines Bachlaufes. An einem nächtige ich abermals um den Abendkonzert der Nachtigallen zuzuhören.

Ach ja, hier noch ein kleiner Hinweis für die Statistik nebenbei - heute fuhr ich meinen 5.000 km.....

Gruß Weltumradler  

6713 Postings, 5416 Tage weltumradler1. zum Nachdenken - Gastfreundschaft im Islam.....

 
  
    #125
4
02.05.13 20:10
mit meinen zum "nachdenken einwürfen" sollte jeder leser bitte mal in sich gehen, um zu überprüfen, ob seine MEINUNG auch auf einem breiten wissen basiert - ODER nur auf unsere kleinkarierte, westliche welt, welche dem kapitalismus unterworfen ist. oft verstehen wir unsere gesellschaft nicht, meinen dann jedoch über andere urteilen zu MÜSSEN.....

".......Bereits in den altarabischen Kulturen vor Mohammed bestand die Pflicht des Hausherren, den Durchreisenden zu beherbergen. Daraus leitete sich in islamischer Zeit die Institution des Asylrechts innerhalb eines Heiligtums ab, das hoch respektiert wurde. Es erstreckte sich auf alle Muslime aus den Gebieten, die nicht unter islamischem Recht stehen (Dar al-Harb). Der Koran stellt den Reisenden als "Sohn des Weges" in der Liste der Empfänger des Zakat besonders heraus (Sure 9,60)........"

http://de.wikipedia.org/wiki/Gastfreundschaft

gruss weltumradler  

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