Der USA Bären-Thread
Dabei läuft eigentlich alles nach Plan: Wirklich JEDE Konjunkturzahl ist schlecht und unter den Erwartungen. Doch der Markt ignoriert - aus was für Gründen auch immer - die Rahmendaten, in der Hoffnung die FED wird's schon richten bzw. hat es bereits gerichtet.
Für mich persönlich interessant: Der Smart Investor, seit dem Frühjahr aggressiv (und zuletzt nur vorsichtig) bearish geht heute mit seinem Musterdepot komplett long. Begründung: Der Markt hat gesprochen! Ich bin darüber schon sehr konsterniert. Nicht, weil der Smart Investor bullish wird (Wer ein Musterdepot führt muss eben irgendwann mit den Wölfen heulen, sonst stellen die Leser unangenehme Fragen). Sondern aufgrund der reichlich "unsmarten" Begründung, die tief blicken läßt.
Für mich ist auch das ein Zeichen für die komplette Kapitulation der Bären. Ein sehr bearisches Zeichen....
Wir haben sicherlich ein Massenschlachten unter den Bären erlebt. Zum Gedenken habe ich deshalb das Kreuz errichtet. In dieser Richtung gehe ich mit metropolis konform. Es liegt schon eine breite Kapitulation der Bären vor und das ist eine Voraussetzung damit es abwärts gehen kann. Sie müssen jetzt noch bullisch werden. dann ist die Suppe fertig. Wenn praktisch alle investiert sind, bekommen wir unabhängig von der Wirtschaftslage, viel Spaß.
Die warnenden Stimmen gibt es überall, und der DAX zeigt ihnen die lange Nase. Die Notenbanken haben bislang ganz Arbeit geleistet, und den Märkten mit hochdosierten Liquiditätsspritzen unter die Arme gegriffen. Wäre das ausgeblieben, wären wir wohl abgestürzt, so schnell wie ein Alkoholiker, dem man seine Flasche versteckt. Wundert es, dass Aktien nun wieder steigen? Ist das noch billigere Geld vielleicht eine Einladung für noch heißere Spekulationen im Land der Kreditberge? Wenn Notenbanken und Staat für alle Fehlentwicklungen geradestehen.
…..Das weiß die Börse und beginnt wieder zu steigen. Schlau! Die Börse ahnt, daß ihr die neuen Milliarden Euro und Dollar gut tun werden.
Kommentar von Frank Meyer, n-tv-Moderator
Psychologie der Börse
Allzu menschlich Zu aktiv, zu ungeduldig: Anleger tappen bei der Geldanlage oftmals in die gleichen Fallen. Die Forschungsrichtung "Behavioral Finance" analysiert die klassischen Fehler.
Von Horst Peter Wickel
Von Horst Peter Wickel
Börsenguru André Kostolany hatte es schon immer gewusst: "Die Börse reagiert gerade mal zu zehn Prozent auf Fakten. Alles andere ist Psychologie." Der Versuch, eine Brücke zwischen Psychologie und Finanzwissenschaft zu schlagen, findet ihren Niederschlag in der Forschungsdisziplin Behavioral Finance, zu deutsch Verhaltensökonomie oder verhaltenswissenschaftliche Finanztheorie.
Selbst Profis wissen: Behavioral Finance ist das offizielle Eingeständnis, dass die Börse nicht nur rational oder fundamental getrieben ist, sondern dass die Psychologie des Menschen zu teilweise irrationalen Kursen führen kann.
Um der eigenen Psyche auf die Schliche zu kommen, empfiehlt Martin Weber, Professor an der Universität Mannheim, allen Geldanlegern, ein Anlagetagebuch zu führen, in dem einzelne Entscheidungen begründet und Markteinschätzungen sowie Kursziele festgehalten werden. Weber: "Die subjektiven Prognosen im Nachhinein mit der tatsächlichen Entwicklung zu vergleichen, ist außerordentlich ernüchternd."
Behavioral Finance kann zwar nicht bei der Frage helfen, welche Investmententscheidung die richtige ist, aber sie kann den Prozess der Entscheidung und auftretende Fehler beleuchten. Noch immer wird diese wissenschaftliche Disziplin nicht von allen Marktteilnehmern anerkannt und umgesetzt.
Auch rationale Menschen tappen in die Falle
Einige tendieren weiter zur Selbstüberschätzung, oder, wie der Aachener Professor Rüdiger von Nitzsch formuliert: "Der Mensch neigt zur Kontrollillusion. Er bildet sich ein, den Markt kraft eigener Prognosen im Griff zu haben." Finanzmarktanalyst Joachim Goldberg erklärt die Abläufe als "Mechanismen wie bei einer Kettenreaktion": Eine positive Stimmung ist vorhanden, viel Phantasie ist im Spiel, und jeder möchte dabei sein.
Selbst Menschen, die in sonstigen Lebensbereichen meist rational handeln, lassen sich in solchen Situationen von der Euphorie anstecken. Dabei sollte die Konsequenz aus den Forschungsergebnissen sein, Gewinnschätzungen von Analysten und auch Ausblicke von Unternehmen mit Vorsicht zu bewerten und Investmententscheidungen nicht nur darauf zu basieren.
Schon Kostolany wusste: "Beim Kauf soll man romantisch, beim Verkauf realistisch sein - zwischendurch soll man schlafen." Vielleicht können Anleger so einige Fehler vermeiden.
Zu viel Lust auf Harmonie
Zu den wissenschaftlich oft untersuchten Verhaltensweisen gehört die sogenannte
kognitive Dissonanz. Danach wollen die harmoniebedürftigen Anleger sich nicht eingestehen, dass sie Fehler machen.
Daher werden Informationen so ausgewählt oder interpretiert, dass auch falsche Entscheidungen im Nachhinein als richtig erscheinen.
Ständiges Handeln
Eine weitere "Psycho-Falle" bei der Geldanlage ist der sogenannte Aktivismus. Weil sie ihre Prognosefähigkeit überschätzen, neigen Anleger dazu, ihr Depot zu oft umzuschichten.
Dabei weiß der Börsianer: "Hin und Her macht Taschen leer". Nach amerikanischen Untersuchungen kamen Anleger, die in den neunziger Jahren monatlich im Schnitt 22 Prozent ihres Depots umschichteten, auf eine Nettorendite von 12 Prozent pro Jahr. Auf eine Nettorendite von 19 Prozent kamen hingegen Anleger, die monatlich nur 0,2 Prozent hinzukauften und verkauften.
Falscher Rhythmus
Von dramatischer Bedeutung ist der sogenannte Dispositionseffekt. Danach verkaufen Anleger gewinnbringende Wertpapiere zu früh und halten Verlustbringer zu lange.
Erste Gewinne werden rasch realisiert, um sich ein Glücksgefühl zu verschaffen, bei den Nieten im Depot überwiegt die Hoffnung, dass diese sich wieder erholen.
Das vertraute Zuhause
Besonders absurd in der aktuellen globalisierten Welt erscheint der Heimatfokus, auch Home Bias genannt.
Danach sind nicht nur deutsche Anleger zu sehr auf inländische Aktien fixiert und teilen ihr Vermögen nicht sinnvoll international auf. Sie glauben, die Kursentwicklung heimischer Unternehmen besser beurteilen zu können. Dieser Heimatfokus, so das Ergebnis einer Studie der RWTH Aachen, schmälert die Rendite um mehr als einen Prozentpunkt pro Jahr.
(SZ vom 2./3.10.2007) www.sueddeutsche.de/finanzen/artikel/196/135930/9/
Wir haben beim Dollar jetzt die Lage, die wir bei Aktien hätten, wenn die letzten Bären ins Bullenlager gewechselt sind.
Fazit: Minderheiten-Trade, der aufgeht ;-)) [Kursziel: 1,3860, danach raus]
Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock, dass nun ein Boden erreicht ist, obgi!
Bei den S&P/Case-Shiller Home Price Indices lagen nur die Wachstumsraten von fünfzehn der Metropolitan Areas per Juli 2007 im roten Bereich.
Ehem, es gibt allerdings nur zwanzig. Bei den restlichen fünf - Atlanta, Charlotte, Dallas, Portland und Seattle - hat sich das Wachstum in den letzten Monaten erheblich abgeschwächt, und insbesondere Dallas und Seattle drohen ebenfalls in den roten Bereich abzugleiten.
Der letzte Kommentar von Prof. Robert J. Shiller von Ende September stellt keine positive Veränderung in Aussicht.
Ändern wird sich die langfristige Lage des Dollars nur durch einen Poltikwechsel der Regierung/FED (z.b. keine Kriege a la Vietnam mehr) und mit dem ist nicht vor Ende 2008 zu rechnen. Sorry, aber so sieht's aus.
Bzw. wenn ja, dann doch nur im Norden (Colorado ...)
Also müssten die Kurse im Norden der USA stärker fallen als im Süden, oder =
Also puts an Nordbörse kaufen, oder ???
Wenn eine Analyse schon so anfängt... Daueroptimisten sind per definition DAUERND optimitisch und kennen keine Phasen, in denen sich sich verstecken müssen.
"Let’s buy stocks. Better yet, let’s initiate buy programs and buy baskets of stocks. Better yet, let’s kick-start the new quarter with massive buy programs."
Anbei noch ein Link zu einem Artikel des Mises-Instituts, welcher von einem ähnlichen Szenario ausgeht.
The Worst Recession in 25 years?
From 2001–2004, the Fed kept (real) rates at the lowest they've been since the late 1970s. One of the consequences that has already manifested itself is the housing bubble. But a more severe liquidation seems unavoidable. The recent Fed cut may postpone the day of reckoning, but it will only make the adjustment that much harsher.
http://www.mises.org/story/2728
Der S&P 500 ist gerade noch einmal 10 Punkte von seinem historischen Höchststand entfernt und notiert bei einem aktuellen KGV von 18. Eine Anmerkung noch zur Gewinnkomposition in diesem Index: 30% der eskomptierten Gewinne kommen aus dem Finanzsektor, 16% steuert der Energiesektor bei, weitere 10% kommen vom Konsum.
Die aktuelle Kursentwicklung beantwortet eine einfache Frage: Sinkt in den Bewertungsmodellen (DCFs (Discount Cashflow Modelle)) der Analysten der Zähler (Gewinne der Unternehmen) schneller als der Nenner (risikoloser Zins) oder nicht?
Kompletter Kommentar einsehbar bei markt-daten.de
Saudi Arabia appears poised to make a major break with the United States by moving the riyal away from the United States dollar.
Saudi Arabia has refused to cut interest rates in lockstep with the US Federal Reserve for the first time, signaling that the oil-rich Gulf kingdom is preparing to break the dollar currency peg in a move that risks setting off a stampede out of the dollar across the Middle East.
“This is a very dangerous situation for the dollar,” said Hans Redeker, currency chief at BNP Paribas.
“Saudi Arabia has $800bn (£400bn) in their future generation fund, and the entire region has $3,500bn under management. They face an inflationary threat and do not want to import an interest rate policy set for the recessionary conditions in the United States,” he said.
The Telegraph focsues on a very serious threat to the Saudi and US Economy. Saudi Arabia seems poised to re-peg (currently 1 USD = 3.75 Riyal) its currency to avoid inflationary pressure caused by the weakening American Dollar. This move would have serious effects on the United States.
Any change in the Riyal to the Dollar would significantly impact the cost of oil. By increasing the value of the Riyal relative to the value of the dollar, the cost to produce and transport oil within Saudi Arabia would increase (from the US perspective) overnight. Nearly all of the oil traded in the Middle East is done so using the Riyal pegged to the dollar. Naturally when the cost of production increase we can anticipate significant market movement.
The second consequence is that Saudi Arabia, our close friend and ally, holds a significant number of US Bonds and other public and private securities. As the dollar weakens against other international markets, investing in the United States becomes less attractive. The only way to make US Treasuries more attractive is to increase the interest rate, the anthisis of the Fed’s recent decision to cut interest rates to spur the stagnating economy.
The international monetary market is far from glamorous, however the dollars continued slide will have drastic efects on the United States and should be monitored. I hope Bernanke is up to the challange of guiding the dollar through this time of concern.
http://mvdg.wordpress.com/2007/09/25/...-the-dollars-continued-slide/
Krisenherd Detroit
Vor dem Kollaps
Von Markus Ziener
Leben auf Pump und hoffen auf bessere Zeiten – nirgendwo wird die Misere des „American Way“ deutlicher als in Detroit. Das Industriezentrum, das fest mit der Automobilbranche verwachsen ist, hat seine goldenen Zeiten längst hinter sich...
DETROIT. Eddie Peters lenkt seinen Geländewagen in die Blackstone Street. „Ihr solltet jetzt besser nicht aussteigen“, sagt Eddie. Dabei ist es erst zwei Uhr nachmittags. Aber wir sind in Brightmoor, gut zwei Blocks südlich der West 8 Mile Road. Südlich der unsichtbaren Mauer, die sich durch Detroit zieht und die der Rapper Eminem in einem Film vor ein paar Jahren unsterblich gemacht hat. 8 Mile trennt Schwarz von Weiß, Reich von Arm, Gut von Böse. Wer heute hier wohnt, hat das übelste Ende von Detroit erwischt. Das Viertel Brightmoor ist Darwinismus pur. Ohnehin schon wegen des Kollaps der amerikanischen Autoindustrie, wegen des Verfalls der Städte – und jetzt auch noch wegen der Immobilienkrise.
Zwölf Morde gab es hier in den letzten zwei Wochen. Nachmittags ziehen Drogengangs durch Straßen, nachts sind Schüsse zu hören. Die Einbrüche lassen sich nicht mehr zählen, und an jeder zweiten Ecke steht ein ausgebranntes Haus. In der Blackstone Street sind gerade noch vier von zehn Häusern bewohnt. Der Rest ist verlassen. Eddies Job ist es, diese Häuser zu verkaufen. Doch was er macht, ist manchmal eher ein Verschenken. Schlappe 4 000 Dollar wollte er neulich für ein Haus in Brightmoor, das einst das 30- oder 40-fache wert gewesen war. Doch auch zu diesem Preis wollte es niemand. Manchmal kommt in der freiesten Marktwirtschaft der Welt selbst das Spekulieren an ein Ende.
Der Niedergang der „Big Three“ im Automobilmarkt, GM, Ford und Chrysler, und damit der Niedergang von Detroit ist nicht neu. Doch neu ist der Tiefschlag, den die gebeutelte Stadt jetzt einstecken muss: Mit der Krise auf dem amerikanischen Immobilienmarkt sind in keiner anderen US-Großstadt die Preise für Grund und Boden so radikal abgestürzt wie in der einst stolzen „Motorcity“. Der S&P/Case-Shiller Index meldete vor wenigen Wochen ein Minus von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Detroit liegt damit beim Wertverlust mit weitem Abstand an der Spitze im Ranking der US-Metropolen. Zu tun hat dies aber nicht nur mit der Dauerkrise der Autoindustrie. Zu tun hat dies heute vor allem mit dem hohen Anteil an Subprime-Krediten, an Risikokrediten, die in Detroit unters Volk gebracht wurden.
So wie an Gary und Cathy. Die beiden sitzen an diesem Nachmittag zu Hause um einen eckigen Holztisch und zählen Geld. Es sind Münzen, Centstücke, Nickels, Dimes, Quarters. Es sieht nach viel aus, aber mehr als 20, 30 Dollar kommen nicht zusammen. Jedes Mal, wenn Gary eine ausladende Handbewegung macht, streift er einen der Centtürme. Und jedes Mal fallen dann ein paar der Kupferplättchen vom Stapel. Aber Gary kümmert das nicht.
Denn schon lange geht es bei den beiden nicht mehr um Cents und Quarters. Schon lange rechnet das Ehepaar aus Detroit in Tausenden von Dollar, die sie nicht haben. Cathy und Gary sind tief in die Hypothekenkrise geschlittert. So tief, dass aus einem Kredit von einst 100 000 Dollar heute Schulden von 240 000 Dollar geworden sind. Wieder einmal schwebt über ihrem hübschen Haus am Hatherly Place die drohende Zwangsvollstreckung. Und diesmal könnte es richtig eng werden. Was dann sein wird, hat sich Gary schon mal überlegt. „Wenn du Roulette spielst, immer wieder verlierst und irgendwann einmal kein Geld mehr hast“, sagt der 52-Jährige, „dann stehst du auf und gehst.“ Und nach einer Pause sagte er: „Und das ist möglicherweise das, was wir bald machen.“ Aufstehen, die Autos voll packen, Strom und Wasser abdrehen und gehen. Noch sind die beiden nicht so weit. Aber sie denken daran.
Als Gary und Cathy Mitte der 90er-Jahre einen Kredit über 100 000 Dollar aufnehmen, um ihr Haus in Sterling Heights zu kaufen, geht es ihnen finanziell noch gut. Cathy hat einen exzellent bezahlten Job als Autodesignerin und Gary verkauft mit ordentlichem Gewinn Autoschrott. Zwar haben sie kaum Reserven, doch so lange die Schecks regelmäßig im Briefkasten landen, schöpften die beiden aus dem Vollen. Die Kinder gehen auf die beste Privatschule des Viertels, vor der Tür steht stets mehr als nur ein Auto. Der Hauskredit bleibt stehen, nur die Zinsen werden regelmäßig bezahlt. Es ist ganz der „American Way“: Niemand denkt ernsthaft daran, den Kredit eines Tages zu tilgen, aber jeder setzt auf eine Wertsteigerung seines Hauses.
Doch es kommt ganz anders. 2002 verliert Cathy ihren Job als Autodesignerin, weil ihr Arbeitgeber diese Leistungen nach Fernost auslagert. Gleichzeitig rauscht der Schrottpreis in den Keller. Innerhalb weniger Monate sehen sich Gary und Cathy in ihrer Existenz bedroht. Als sie die Zinsen nicht mehr zahlen können und die Zwangsversteigerung droht, nehmen sie Zuflucht bei einem vermeintlichen Retter. Der bietet ihnen folgenden Deal an: Er kauft das Haus, Gary und Cathy bleiben darin wohnen und später können sie es zurückkaufen. Die beiden schlagen ein – mit fatalen Folgen. Denn ihr „Retter“ will vor allem Geld sehen: Eine satte Provision für seine Großzügigkeit, die schöne Chevrolet Corvette aus dem Jahr 1959 als „Anzahlung“, 17 Prozent Zinsen für das Geld, das er vorgestreckt hat. Nach einem Jahr holen sie sich ihr Haus tatsächlich wieder zurück. Doch jetzt haben sie noch mehr Schulden.
Als Gary seine Geschichte zu Ende erzählt hat, sagt Cathy leise: „Wir haben uns zu sehr auf unsere Jobs verlassen.“ Und dann sagt sie noch: „Wir hätten das Kleingedruckte im Vertrag lesen sollen.“ Der „fine-print“ ist die Falle, in die die Schuldner reihenweise tappen. Dort, auf Seite 4 unten rechts steht, was wirklich wichtig ist. Etwa, dass die Kreditzinsen nach den ersten Jahren deutlich steigen, dass aus den verführerischen Lockraten von sieben Prozent ganz schnell zwölf Prozent werden können. Gary und Cathy zahlen heute monatlich 1 700 Dollar an die Bank. „Das sind etwa drei Viertel unseres Einkommens,“ sagt Gary, und es fällt ihm sichtlich schwer, darüber zu reden.
„Diese Story könnt ihr 10 000-mal hören in Michigan“, sagt Eddie. Die Geschichte von Menschen, die sich nie auf einen größeren Kredit hätten einlassen dürfen, die vergessen haben, wo ihre Kragenweite endet, und die von Geldverleihern skrupellos aufs Glatteis geführt wurden. Eddie kommt immer erst dann ins Spiel, wenn die Misere nicht mehr aufzuhalten ist. Eddie makelt für den fünftgrößten amerikanischen Subprime-Geldverleiher GMAC, der indirekt zu General Motors gehört. Fällt ein Haus nach einer Zwangsversteigerung zurück an die Bank, dann versucht Eddie, das Objekt an einen Investor zu verkaufen. Eddie sieht, wie Menschen ihre Existenz verlieren – und wie andere daran verdienen.
Etwa, wenn mit gefälschten Gutachten gearbeitet wird. Einer der Tricks, um an Geld zu kommen, besteht darin, den Wert eines Hauses zu überdrehen. Das geht so: Der Eigentümer oder Investor engagiert einen Schätzer, der ein Haus zum Beispiel statt auf 70 000 auf 140 000 Dollar taxiert. Auf dieser Basis geht das Haus dann auf den Markt. Findet sich ein Käufer für diesen Preis, dann wandert in der Regel ein Umschlag des Verkäufers in die Jackentasche des Schätzers – mit mindestens 20 000 Dollar. Sollte der Schätzer dabei auffliegen, verabschiedet er sich ohne Risiko in einen anderen Bundesstaat. „Die Staaten sind nicht in der Lage, die Daten abzugleichen“, sagt Eddie. Spätestens wenn der neue Eigentümer versucht, sein Haus zu verkaufen, kommt das böse Erwachen.
Seit Jahren haben die Verleiher auf dem Subprime-Markt die Grenzen immer weiter verschoben. Galt einst ein Verschuldungsgrad von 25 Prozent als das Maximum für eine noch seriöse Kreditvergabe, so hatte sich dieser Quotient zuletzt verdoppelt. Die Verleiher haben in den vergangenen Jahren auch dann Geld gegeben, wenn der Schuldner schon bei Abschluss des Vertrags die Hälfte seines Einkommens für den Schuldendienst aufbringen musste. Warum? „Gier, reine Gier“, sagt Eddie. Als Wertpapiere gebündelt, ließen sich die Kreditverträge mit hohen Zinserträgen an die Wall Street verkaufen. Und dort hat niemanden gekümmert, ob die Schuldner auch tatsächlich die Verträge bedienen konnten. Fielen sie aus, dann wurde eben umgeschuldet. Solange die Immobilienblase nicht platzte, konnte nicht allzu viel schiefgehen.
„Die Leute haben die Häuser wie Kreditkarten benutzt“, sagt Claire. „Sie haben damit ihr Auto finanziert, die Ausbildung der Kinder, Anschaffungen – immer in der Erwartung, dass die Immobilienpreise steigen.“ Claire berät in Not geratene Hausbesitzer. An diesem Abend sitzt sie im riesigen Audimax des Wayne County Community College Centers an der Greenfield Road in Detroit und wartet auf ihre Klientel. Auf Leute wie Margaret, der ungebremst die Tränen über die Backen rollen, als sie in Bruchstücken von ihrer Lebenskatastrophe erzählt. Kann sie nicht bis zum sogenannten „Sheriff’s Sale“ am 12. Oktober ihre Rückstände bezahlen, dann geht ihr Haus in die Zwangsversteigerung. Und ist der Termin einmal überschritten, dann schuldet sie alles, den gesamten Kredit plus Zinsen. Kann nicht bezahlt werden, kommt das Haus spätestens nach weiteren sechs Monaten unter den Hammer. Margaret schluchzt, und erst nach einer Weile wird das ganze Ausmaß der Misere klar. Margaret ist nicht nur bei einem Kredit in Verzug, sondern mindestens bei zweien. Die Berater machen ihr Mut. Hinter ihrem Rücken aber wechseln sie besorgte Blicke.
„In den USA will jeder Hausbesitzer sein“, sagt Claire. „Aber nicht alle sind dazu geeignet.“ Und: „Wer eben nur 40 000 Dollar im Jahr verdient, der kann sich kein Haus im Wert von 700 000 Dollar leisten“, sagt die langjährige Beraterin. Rastlos ist Claire in diesen Wochen in den USA unterwegs, um die schlimmste Not zu lindern. Bezahlt wird sie von Mortgage-Unternehmen, die den Imageschaden fürchten, den die Krise ausgelöst hat. Auf Jahre hinaus, so prophezeien Experten, werde der amerikanische Subprime-Markt nicht mehr auf die Beine kommen. Denn kein Kreditinstitut werde einem schwachen Schuldner noch Geld leihen. „Dabei gibt es durchaus ein Bedürfnis für dieses Angebot“, glaubt Claire – allerdings nur in bestimmten Grenzen.
Grenzen, von denen Cynthia und ihr Mann Tracey eigentlich dachten, dass sie sie eingehalten hätten. Beide sind Lehrer an öffentlichen Schulen, haben ein regelmäßiges Einkommen, drei Kinder und haben sich 1999 ein Haus in New Center, einem hübschen Viertel in Detroit, gekauft. Zehn Prozent haben sie auf den 225 000 Dollar-Kredit angezahlt, Zins und Tilgung sollten mit den beiden Gehältern finanzierbar sein, glaubten sie. Doch was sie nicht bedachten: Sie hatten nicht nur ihre Unterschrift unter einen Vertrag mit flexiblem Zins gesetzt. Vor allem wurden sie von einem sprunghaften Anstieg der Grundsteuer und der Prämien für die Hausversicherung überrascht. Statt auf knapp 2 000 Dollar kletterten die Rechnungen auf monatlich fast 3 000 Dollar.
Dann griff eins ins andere: „Bezahlten wir die Steuern, konnten wir die Heizkosten nicht mehr überweisen, und bezahlten wir die Heizung, hatten wir kein Geld für die Versicherung“, sagt Cynthia. „Unsere Kreditwürdigkeit war nach einiger Zeit absolut am Ende.“ In den USA ist aber kaum etwas so schlimm wie das. Denn ohne halbwegs vernünftigen „credit record“ geht nichts mehr – zumindest nichts mehr auf Pump. Mit Unterstützung der Schuldnerhilfe „Southwest Solutions“ wollen Cynthia und Tracey nun ein neues Paket schnüren, eines, das diesen Teufelskreis durchbricht. Dass eine solche Lösung überhaupt möglich ist, erfuhren sie erst, als sie von einem ähnlichen Fall in der Zeitung lasen. „Die Banken“, sagt Cynthia, „haben uns nicht geholfen.“
Als wir wieder herausfahren aus Brightmoor, kreuzt Eddie noch einmal die 8-Mile-Tangente. „Ich habe keine Angst mehr, ich bin frei wie ein Vogel..."
(die letzten zwei Sätze - entbehrlich - findet Ihr hier auf S. 3
http://www.handelsblatt.com/News/Politik/International
/_pv/_p/200051/_t/ft/_b/1331291/default.aspx/vor-dem-kollaps.html)