Der Antizykliker-Thread
ein wie ich finde sehr gelungener Artikel im aktuellen Marktkommentar von R.Gehrt. Herrliche Ironie
"Ich sage ja: Mann muss einfach nur lernen, richtig zu denken. Dann stören auch keine Fakten. Fakten sind hässlich, irritierend und sowieso immer viel zu viel zu lesen. „Bip Bip hurra“, wie es letzte Woche auf n-tv hieß, das nenne ich doch mal eine saubere, fundierte Information. Kurz, knapp und nicht mit genauem Hinsehen auf die Realität belastet. Recht so. Ich meine, haben wir denn nicht alle jetzt gelernt, dass die Fakten für die Börse keine Rolle spielen? Eben. Stellen wir doch bitte keine Fragen nach dem warum! Das belastet nur." ...
"Mir tun die armen Analysten und Börsenmoderatoren immer leid, wenn sie sich so quälen müssen, um klar bullishe Fakten für diese unbelehrbaren Miesepeter trotzdem so aufzuarbeiten, damit die endlich kapieren, wo der Barthel den Most holt. Aber sie machen es hervorragend. So haben wir am Freitagabend durch den durchgeistigten CNBC-Moderator Bob Pisani gelernt, dass die US-Börsen am Freitagabend ihre Verluste in der letzten halben Stunde deshalb teilweise aufgeholt hatten, weil man (erst kurz vor Handelsende, man muss ja erst mal nachdenken) erkannte: Die Daten zum US-Verbrauchervertrauen, erhoben von der Universität Michigan, sind überhaupt nicht repräsentativ. Der Grund, weshalb die Zahlen völlig entgegen der (natürlich) bullishen Erwartung eines Anstiegs ein Minus auswiesen, liegt in der viel zu geringen Zahl der befragten Verbraucher. So isses. Das muss es gewesen sein." ...
"Und da sind wir beim Kern der Sache. Wer immer noch nicht geschnallt hat, dass die Aktien jetzt, 50% über den Tiefs, ein Schnäppchen sind, während sie vor einem knappen halben Jahr an den Tiefs noch viel zu teuer waren, hat einfach nicht gelernt, richtig bullish zu denken. "
Klingt schon ordentlich frustriert, der Gute. Im Kern hat er aber Recht:
- Die Rallye hat kein echtes Fundament. Eine Erholung, die auf Hoffnung basiert ist nicht von Dauer
- Es ist sinnlos Kursentwicklungen mit externen Ereignissen zu kommentieren.
- Die Risiken Up sind nun erheblich höher als Down
ABER: Weil jemand die Entwicklung für falsch hält heißt das noch lange nicht, dass es runter gehen muss, im Gegenteil. Damit es steigt braucht anders denkende. Wer als Spaßbremse auf eine Party geht, wird dafür bestraft. Punkt. Entweder lasse ich es bleiben oder ich mache mit. Ich sehe ähnlich wie Gehrt erhebliches Potential auf der short-Seite, aber so lange die Musik spielt, spielt sie. Das vergisst er leider
http://www.ariva.de/news/...x-signalisiert-Ende-der-Rezession-3055544
ME verwechseln Leute wie MC Gehrt, aber auch gewisse Dauerposter auf Ariva eine Sache: Börse hat nichts mit dem IST- oder noch besser WAR-Zustand zu tun, sondern nur mit dem WIRD-Zustand. Wenn die Nachrichten schlecht sind, dann entweder nur in selektierten Bereichen oder eben eben auf die vergangenen/gegenwärtigen Quartale bezogen. Was die Zukunft betrifft sieht es nicht schlecht aus. Sicher auch durch eine Rückkopplung mit der Börse, denn steigende Kurse sorgen nun mal für steigende Laune.
Aber letztlich ist der Grund egal: Der Aufschwung/Haussezug verläßt bereits den Bahnhof. Noch ist es Zeit, aufzuspringen. Aber nicht mehr lange...
...Beistand von mir, aber weil ich mich in Erwartung des nächsten Börsenabschwungs derzeit sowieso langweile, und weil es hier um eine recht fundamentale Sichtweise geht, muss ich doch noch einmal energisch widersprechen:
"Börse hat nichts mit dem IST- oder noch besser WAR-Zustand zu tun, sondern nur mit dem WIRD-Zustand."
Das ist definitiv falsch. Börse hat ausschliesslich mit dem IST-Zustand zu tun, nämlich dem Ist-Zustand im Kopf der Börsianer.
Das mag sich witzig anhören, ist aber gleichzeitig eine ebenso schlichte wie von den meisten (sogar Bären :-) verkannte Tatsache... ;-)
Die einzige Brücke, die ich hier für die Höherqualifizierten unter den Zyklikern noch bauen kann, ist, dass der wirtschaftliche Wird-Zustand einen Einfluss auf den dann wiederum geltenden Ist-Zustand im Kopf des Börsianers haben wird. Welchen, das finden allerdings nur sehr wenige vorab heraus...
Kann ich mit leben
Ich lese ihn gerne, da er einen guten literarischen Stil an den Tag legt. Die Dinge die bei ihm die letzten Wochen durchklangen sehe ich wie folgt:
1) Fundierte Analyse
2) Shortpositionierung
3) Unsicherheit
4) Ungläubigkeit
5) Zynismus
Fehlt also noch der Punkt 6, nämlich die Kapitulation.
Da sich mit Sicherheit viele Shortis zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie Gehrt positioniert haben und kein SL setzten, könnte/sollte/müßte in Kürze ein kräftiger Shortsquezze drin sein.
Einzige Möglichkeit für eine Scheitern der weiteren Rally wäre eine deutliche Verschlechterung in der Realwirtschaft. Doch von woher soll die kommen? Die Realdaten sind durch die Bank besser als erwartet. Häuserverkäufe, Arbeitslose, Konsum, Export. Alles stabilisiert sich. Also gibt es in meinen Augen keinen Grund mehr für diese Schwarzmalerei zur Zeit, im Gegenteil, die "Wall of worry" ist voll intakt und treibt die Kurse immer höher.
Und kommt mir jetzt nicht mit "Daten sind geschönt", "FED lügt" oder sonstigen Verschwörungstheorien. Mein Nachbar der Handwerker keult schon wieder und im Hafen läufts auch rund...
"Ich würde es für zwar nicht unmöglich, de facto aber ausserhalb relevanten Risikos stehend sehen, dass der Dax im nächsten Frühjahr über - sagen wir einfach mal - 6'500 steht. Falls ich heute einen frischen Short-Einstieg machen würde, dann würde ich
- heute eine Menge x an ODAX-Calls März 2010 mit Strike 5'700 schreiben und dafür je 300 Euro bekommen.
- falls der Dax 6'000 erreicht, dann würde ich noch einmal die gleiche Menge x an ODAX-Calls schreiben, aber zum Strike 6'250.
- falls der Dax bis Frühjahr 6'250 erreicht, dann würde ich noch einmal x ODAX-Calls zum Strike 6'500 schreiben.
- erst wenn der Dax per März 2010 über 6'575 steht, käme ich allmählich in den Verlust. Alles dadrunter bringt Gewinn."
Du schreibst also Calls als Stillhalter im Geld und setzt damit auf fallende oder stagnierende Kurse. Ich persönlich hab eine ähnlich Strategie 1998-2002 gefahren, damals aber Puts geschrieben und ebenso wie du bei Fehlspekulation immer weiter gerollt. 2002 platzte dann die Bombe und mein Margin war am Ende. Seitdem: Nie wieder! Zumindest nicht ohne regrieden Stopkurs.
Der Fehler im System ist nämlich folgender: Es gibt kein "perpetuum mobile" oder "free lunch" an der Börse. Eine risikolose Rendite über Geldmarktsatz ebenfalls nicht. Eine Strategie, die gegen den Markt läuft, ist auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Und wenn das Scheitern durch Rollen oder "Verbilligen" lange Zeit kaschiert wird, ja, dann platz die Bombe am Ende umso heftiger, genauso wie ein Kessel unter Druck wenn man den Dampf nicht zwischendurch mal abläßt.
Wo ist nun der konkrete Haken an deiner Strategie? Erstmal ist sie gegen die aktuelle Marktrichtung, was zur Zeit noch spekulativ ist. Dann ist deine Rechnung eine Milchmädchenrechnung, denn die Prämie für einen Call errechnet sich nicht 1:1 aus dem Abstand des Underlyings zum Strike. Konkret: Erwartet der Markt eine Abschwung, dann bekommst du für einen Call weniger, ansonsten mehr. Jedoch steigt dein Risiko dabei auch an. Gleiches gilt für den Rückkauf den Calls, wenn der Margin platzen sollte.
Sagen wir jedoch vereinfacht: Dax heute 5400. Du verkaufst einen Call auf den Dax 5700, März 10. Prämie 300. Steigt der Dax bis März auf 6000, ist die Prämie futsch und dein Verlust ist 300. Du schreibst wieder einen Call auf den Dax 6300, wodurch du plusminus Null kommst. Der Dax steigt aber weiter auf 6600. Jetzt bist du schon 600 im Verlust. Damit musst du zwei (!) Calls auf Dax 6900 schreiben, usw.
Normalerweise würde man die Callverkäufe enger staffeln und wie du hoffen, dass durch die Mischkalkulation am Ende ein Gewinn rauskommt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass du gegen den Markt spekulierst und du ein immer höherers Risiko anhäufst, was - wie in meinem Fall - irgendwann zu groß wird. Konkret bei dir: Errreicht der Dax bis März 6600, dann rutscht du in den Verlust. Aber shr schnell in sehr hohen! Von den entgangenen Longgewinnen wollen wir da garnicht reden...
Und jetzt kommst du: Woher willst du wissen, dass der Dax NICHT 6600 bis März erreicht? Siehe oben: "There is no free lunch" bzw: "Irgendwann erwischt es jeden". Kleiner Hinweis: Es gibt Stoppkurse. Natürlich nur für die Trader mit wenig Arroganz aber dafür mehr Köpfchen und Erfahrung.
Bsp: Du legst dich heute, August 08 fest, dass der Dax NICHT bis März 10 auf 6600 steigt. Nehmen wir an, er tut es doch und du hast kein Stop (wodurch die Speku einen Glücksspiel gleicht, denn wenn man nicht weiß was bis Oktober passiert, wie dann was bis März?).
Im März steht der Dax über 6600, du schließt mit Verlust. Wenn ich dich richtig verstanden habe, wirst du nun den nächsten Call schreiben. Doch somit gerätst du wahrscheinlich in eine Verlustspirale ohne Ende. Rein logisch müßtest du nämlich jetzt einen Put schreiben, um an der Hausse teilzunehmen.
Der Fehler ist also, dass man sich als Callschreiber ohne Stop 1) sehr langfristig auf eine Marktrichtung festlegt und 2) dabei im Gegensatz zu einem Callkäufer ein theoretisch unendlich hohes Verlustrisiko trägt.
Wenn bei DAX 5400 ein ODAX Call 5700 300 Euro Prämie enthält, dann muss der DAX erst bis 6000 steigen, bis sich Prämie und Schlussbelastung ausgleichen.
Außerdem sollte man Calls nur gedeckt schreiben, als Hedge. Beispiel: Man hat einen DAX-ETF. Davon sichert man 50% ab, indem man Calls schreibt, d.h. für 2 gestiegene Indexpunkte und entsprechenden Anstieg im ETF zahlt man einen Indexpunkt gegen den Call oberhalb des Strikes, wenn dieser Fall denn eintritt. Die vereinnahmte Prämie bleibt in jedem Fall im Gewinn :) . Das wichtigste zur Renditebewahrung ist dann, gestaffelte SL für den Long-ETF vorzusehen, damit einem nicht dieses Kapital verloren geht, wenns dann doch nach unten zieht (da ist einem der schöne Call-Gewinn wohl erst mal egal) Im Uptrend geht sowieso nichts verloren. Nur bei stark linearem Anstieg über längeren Zeitraum ohne Rücksetzer fährt man weniger Gewinn ein als wenn man über Verkauf von Long-Calls covert.
Und was das Puts-Schreiben angeht (also hattest du auf steigende Kurse gesetzt...) das kann ja zwischen 1998 und 2000 unmöglich schief gegangen sein!
Dass der 11.9.2001 für die Puts-Schreiber kein guter Tag war, ist klar. Ich denke, da sind viele auf dem ganz falschen Fuß erwischt worden.
... dann würde ich vermutlich weiter mit 300km/h auf den Abgrund zurasen :-[
Aber dank deiner Aufklärungen, die ich gerade auf der Autobahn in mein Mobiltelefon gezogen habe, bin ich jetzt gerade mal in den Fussraum gekrochen und suche die Bremse :-]
P.S.: "Du schreibst also Calls als Stillhalter im Geld"
Aus dem Geld. Aber das ist natürlich genau so unbedeutend, wie ob ich bei 300km/h auf der linken oder rechten Spur auf den Abgrund zurase...
Verdammt! Wo ist denn nun die Bremse??
http://www.mmnews.de/index.php/200908213609/...fen-eigene-Aktien.html
Mein Putgeschreibe war 1998-2000 so lukrativ, dass ich davon leben konnte. Anschließend rollte ich ohne Ende bis das Ding platzte.
Die Prämienberechnung ist übrigens ein Thema für sich. Da man eigentlich nur Zeit verkauft lohnt sich das Geschreibe nur dann, wenn die implizierte Vola hoch ist. Wenn sie sinkt, kann man sich mit Rollen über Wasser halten, auch gegen den Markt. Steigt sie jedoch, ist diese Methode Harakiri und man sollte eher Puts kaufen als Calls verkaufen. Daher ist auch von Dreiklangs Methode abzuraten, denn man weiß nie wie sich die Vola in Zukunft entwickelt. (Ausnahme VDAX im Extrembereich, zB VDax 10 wie 2005 -> Niemals Schreiben, VDAX 80 wie 2008 -> Nur Schreiben)
Falk, ich drück dir die Daumen. Mit meinen Postings wollte ich dich nicht bekehren (ist bei deinem Ego auch unmöglich), aber den Mitlesern hier die enormen Risiken den Optionsgeschreibes auf der Short- und Longseite aufzeigen. Im Prinzip ist das nur was für Profis (Fonds etc.), die entsprechenden Aktienbestand haben, damit alles gecovert ist, und nur eine kleine Extrarendite einfahren wollen. Profis werden übrigens eine "konservative" Strategie fahren (Straddel etc.), um die möglichen Verluste zu begrenzen.
Der Grund ist folgender: Dem normalen Insider werden ständig günstige Optionen in den Popo geblasen. Da der Insider von Welt einen entsprechenden lebensstil hat und manchmal
- die Ehefrau nach einem neuen Pelz verlangt
- oder die Freundin nach einer neuen Eigentumswohnung für Schäferstündchen lechtzt
- oder schlicht die Farbe des Rolls nicht mehr gefällt
braucht er ab und zu Kohle/Schotter/Euros um diese Wünsche zu befriedigen. Geht natürlich nicht mit einem normalen Manager-Hunger-Lohn. Daher werden Optionen ab und zu ausgeübt und versilbert. Fragt man den Insider nach dem Warum, dann nennt er natürlich nicht obige Gründe, sondern "Vermögensdiversifikation" oder ähnliches als Grund.
Fazit: Verkäufe passieren ständig, auch ohne börsenimplizierten Grund. Käufe jedoch sind ein starkes Zeichen von Vertrauen in eine Aktie und sollten daher stark beachtet werden.
Wenn Du deine Prämie in Aktien erhälst, wirst du auch schlecht nach Einstiegszeitpunkten suchen, viel eher nach guten Ausstiegen. Aber mal ganz davon ab, ohne jede Neiddebatte anfeuern zu wollen:
Was zum Henker muss man alles richtig machen um an ein solches Akteinvermögen zu kommen?!? Ich finde das höchst verwerflich, dass jemand - wie gut er auch immer sein sollte - so fürstlich entlohnt wird. Das ist doch ein Paralleluniversum und zeigt nur, dass sich an den Strukturen nichts verändert hat.
Ich verstehe langsam auch warum sich ein HRE- oder Commerzbank-Chef vor einer 500k Deckelung des Jahreseinkommens fürchtet wenn zwei oder drei Hirarchien drunter solche Beträge fließen.
Du willst damit sagen: Ein Manager bei einer Bank versteht was von Börse und Wirtschaft? Es freut mich, wenn dein "Glaube an die deutsche Bank" so ungetrübt ist, aber verzeih: Meiner ist es irgendwie nicht mehr. Für mich sind das alles Nieten in Nadelstreifen.
Natürlich versilbert man seinen Optionen nicht im Kurstief, zumindest nicht wenn es sein muss. Ob der Insider den genauen Verkaufszeitpunkt per Bauch oder MACD usw. bestimmt wissen wir nicht, aber es sieht mir nicht unbedingt nach extrem gutem Trading aus, denn die wichtigen Tops werden nicht genau getroffen.
Trotzdem wird der Insider natürlich mehr verkaufen, wenn er den Kurs für überbewertet hält. Die Frage für uns Outsider ist jedoch: Was IST "mehr", sprich viel hat der Mann noch so im Depot? Und in bar? Alles sehr unwägbar, wenn du mich fragst. Daher liest man ja auch überall, dass hauptsächlich InsiderKÄUFE eine hohe Aussagekraft besitzen, denn bei denen schießt jemand defintiv eigenes Geld nach.