| | | US-Notenbankchef Alan Greenspan | |
|
Die Realzinsen in der weltweit größten Volkswirtschaft bezeichnete Greenspan bei seiner halbjährlichen Anhörung vor dem Bankenausschuss des Senats trotz der jüngsten Zinserhöhungen als "recht niedrig". An den Finanzmärkten wurde dies als Signal für eine baldige weitere Straffung der Geldpolitik interpretiert, nachdem die Fed seit Juni bereits sechs Mal die Zinsen um jeweils 25 Basispunkte angehoben hat. Der Dollar zog an, die Kurse der Staatsanleihen beiderseits des Atlantik gaben nach. Die meisten Volkswirte erwarten, dass die Fed bei ihrem nächsten Treffen am 22. März den Leitzins erneut um einen Viertel Prozentpunkt von derzeit 2,50 Prozent erhöhen wird. "Alles in allem scheint die Wirtschaft Anfang des neuen Jahres ein gutes Wachstumstempo hinzulegen", sagte der einflussreichste Notenbanker der Welt vor den Senatoren. Die Inflation sei unter Kontrolle und die Inflationserwartungen "gut verankert". Er verband seinen Konjunktur-Optimismus aber mit der Warnung, die günstigen wirtschaftlichen Bedingungen nicht für selbstverständlich zu nehmen. Es sei von zentraler Bedeutung, eine disziplinierte Haushaltspolitik zu verfolgen, um eine zu abrupte und damit für die Wirtschaft gefährliche Anpassung zu vermeiden. Greenspan hatte US-Präsident George W. Bush wiederholt aufgefordert, das Rekorddefizit im Budget abzubauen.
"Wir müssen sehr vorsichtig gegenüber jeder Form der Selbstgefälligkeit sein", sagte der Fed-Chef. "Die Geschichte lehrt uns, dass Menschen, die eine lange Phase relativer Stabilität erlebt haben, zum Übermaß neigen." Die USA müssten sich insbesondere darauf einstellen, dass ab 2008 die Kinder der so genannten Baby-Boom-Generation ins Rentenalter kämen. Ohne eine rechtzeitige Vorbereitung darauf, könnte dies schädliche Folgen haben, sagte Greenspan.
BIP-Prognosen vorgestellt
Parallel zur Anhörung ihres Chefs legte die Notenbank auch ihre Konjunkturprognosen vor. Sie erwartet demnach ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr von 3,75 bis 4,0 Prozent und im nächsten Jahr von 3,50 Prozent. Die frühere Prognose für 2005 hatte bei 3,50 bis 4,00 Prozent gelegen. Am Donnerstag wird Greenspan vom Finanzdienstleistungs-Ausschuss des Repräsentantenhauses angehört.
Die optimistischen Aussagen Greenspans lösten am Mittwoch Dollar-Käufe aus und drückten den Euro wieder unter die Marke von 1,30 $. Berichte über eine Explosion nahe der iranischen Stadt Dailam sorgten am Nachmittag kurzzeitig für Nachfrage nach Euro.
Die Gemeinschaftswährung kostete am späten Nachmittag 1,2970 $. Die Europäische Zentralbank (EZB) legte den Referenzwert des Euro vor den Äußerungen Greenspans mit 1,3040 (Dienstag 1,3016) $ fest.
"Greenspan hat mit seinen positiven Aussagen zur Lage der US-Wirtschaft keine Änderung der derzeitigen Zinspolitik der US-Notenbank erkennen lassen. Auch die Inflation bereitet dem Fed-Chef derzeit keine Sorgen. Das sorgt im aktuellen Umfeld für Dollar-Käufe", sagte ein Devisenanalyst.