Soll die Rechtschreibreform wieder rückgängig gemacht werden?
Die Sache mit der Kleinschreibung finde ich als Experiment gut:
Denn dann werden die meisten Leute erkennen, daß lange Texte in Kleinschreibung wesentlich schwerr zu lesen sind als Texte in üblicher Klein- und Großschreibung.
Philologenverband fordert «Rechts-
und Rechtschreibsicherheit»
11. Aug 15:52
Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes hat davor gewarnt, das Ausmaß einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung zu unterschätzen. Er forderte Nachbesserungen an den neuen Regeln.
Thema
Streit um Rechtschreibung
Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes, hat die Aussage des Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, entschieden zurückgewiesen. Kraus hatte «Bild» gesagt, eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung sei weitgehend unproblematisch.
Das Gegenteil sei der Fall, die gesamte Systematik des Rechtschreibunterrichts sei gefährdet, sagte Meidinger. Da der Unterricht in den einzelnen Klassenstufen unterschiedliche Schwerpunkte setze und diese aufeinander aufbauten, würde es durch die Rückkehr zu den alten Regeln unmöglich, die jetzige Schülergeneration kontinuierlich in der Rechtschreibung zu unterrichten.
Die bei einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung notwendige zweite Übergangszeit würde ein Abnehmen der Schreibsicherheit bei den Schülern bedeuten und ermuntere Jugendliche geradezu, sich überhaupt nicht mehr ernsthaft mit irgendwelchen Rechtschreibregeln zu befassen, egal ob alt oder neu.
Eltern müssten die Kosten tragen
Ein weiteres schwerwiegendes Problem sieht Meidinger in den Kosten für neue Unterrichtsmaterialien, die bei Rücknahme der Reform angeschafft werden müssten. Da Kommunen und Länder ihre Bücherzuschüsse ständig reduzierten, müssten die Kosten für neue Bücher entweder den Eltern aufgebürdet oder jahrelang ohne gültige Bücher unterrichtet werden.
Generell befürchtet Meidinger, dass durch das momentane Chaos in der Rechtschreibung «eine ganze Generation von Jugendlichen den Glauben an (...) politische Entscheidungen» verliert.
Große Teile der Reform nicht umstritten
Meidinger wies auch auf die schon erreichte Akzeptanz von Teilen der Reform hin: Zwar fordere auch der Philologenverband ausdrücklich Nachbesserungen an der Zusammen- und Getrenntschreibung. Doch «große Teile der Rechtschreibreform, wie etwa die neue ss/ß-Schreibung», seien unumstritten.
Der Verbandsvorsitzende appellierte an die Konferenz der Ministerpräsidenten, durch einen einheitlichen Beschluss für die nötigen Nachbesserungen und eine endgültige «Rechts- und Rechtschreibsicherheit» zu sorgen. (nz)
Auch auf die Gefahr hin, daß ich mich wiederhole: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Als die neue Rechtschreibung eingeführt wurde, waren die Kosten sooo nebensächlich. Aber jetzt, wo ihre Fehler diskutiert werden, da plötzlich sind die Kosten der Fehlerkorrektur wichtig.
Die Kosten für die Umstellung selbst werden auf etwa 60 Mio. Euro geschätzt. Dazu kommen noch Lagerbestände bei den Schulbuchverlagen in Höhe von etwa 190 Mio Euro, deren Kosten letzten Endes auch bei den Verlagen oder beim Steuerzahler landen, - auf jeden Fall aber nicht nur bei den Eltern.
Selbst der Chef des großen Schulbuchverlages Klett ist trotz der Kosten, die bei einer Fehlerkorrektur auf ihn zukommen, für diese Korrektur.
Als der Unsinn eingeführt wurde, waren die Kosten wesentlich höher. Da hat kaum einer gejammert.
Interessant finde ich, daß die "fortschrittlichen" Vertreter der "neuen Rechtschreibung" sich immer mehr auf das konservative Kostenargument zurückziehen und daß sie das stockkonservative Verunsicherungs-Argument "Nur nichts ändern" geradezu bis zum Exzess benutzen.
Aber immerhin: Dem Statement des Philologenverbandes kann man entnehmen, daß
1. der _Lehrerverband_ nicht viel von der neuen Rechtschreibung hält (das war hier bisher nicht zu lesen) und
2. auch der Philologenverband für Änderungen an der neuen Rechtschreibung ist.
Auf der Ebene wird man sich einigen können - vorausgesetzt, daß diese Änderungen die Grundübel der neuen Rechtschreibung tatsächlich korrigieren.
Und damit sind wir wieder bei Posting # 262.
Einige haben hier offensichtlich noch nicht gerafft, dass es ihnen als der Schule Entwachsenen unbenommen ist, wie sie schreiben. Das ist ne gesellschaftliche Konvention, kein Gesetz. Aber den Schülern wird es eben vorgeschrieben. Die wären die wahren Leidtragenden einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung.
Kurz zum Lehrerverband: Weiß jetzt nicht genau dessen Mitgliederzahlen, aber er vertritt im Leben nicht "die Lehrer".
Ich hoffe, du hast folgendes in der Philologenverbandmeldung (Philologenverband vertritt einen Teil der (konservativen) Gymnasiallehrer, der andere Teil, so organisiert, ist in der GEW; von diesem Lehrerverband habe ich bisher so gut wie nix gehört) gelesen:
"Meidinger wies auch auf die schon erreichte Akzeptanz von Teilen der Reform hin: Zwar fordere auch der Philologenverband ausdrücklich Nachbesserungen an der Zusammen- und Getrenntschreibung. Doch «große Teile der Rechtschreibreform, wie etwa die neue ss/ß-Schreibung», seien unumstritten. [!!!]"
Sowie
"Das Gegenteil sei der Fall, die gesamte Systematik des Rechtschreibunterrichts sei gefährdet, sagte Meidinger. Da der Unterricht in den einzelnen Klassenstufen unterschiedliche Schwerpunkte setze und diese aufeinander aufbauten, würde es durch die Rückkehr zu den alten Regeln unmöglich, die jetzige Schülergeneration kontinuierlich in der Rechtschreibung zu unterrichten.
Die bei einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung notwendige zweite Übergangszeit würde ein Abnehmen der Schreibsicherheit bei den Schülern bedeuten und ermuntere Jugendliche geradezu, sich überhaupt nicht mehr ernsthaft mit irgendwelchen Rechtschreibregeln zu befassen, egal ob alt oder neu."
Also nix mit Betonung des Kostenarguments.
Gruß
Talisker
P.S.: Hast du meinen letzten Beitrag im Geschichtsthread (nicht die "Bringschuld"!) nicht gelesen oder willst du darauf nicht mehr eingehen?
Die Kosten werden in dem Statement des Philologenverbandes durchaus erwähnt:
"Ein weiteres schwerwiegendes Problem sieht Meidinger in den Kosten für neue Unterrichtsmaterialien, die bei Rücknahme der Reform angeschafft werden müssten. Da Kommunen und Länder ihre Bücherzuschüsse ständig reduzierten, müssten die Kosten für neue Bücher entweder den Eltern aufgebürdet oder jahrelang ohne gültige Bücher unterrichtet werden."
Ich meinet allerdings tatsächlich mehr die anderen Leute, die immer mit den Kosten argumentieren, so auch hier in diem inzwischen recht langen Thread, aber nicht nur hier.
Der Lehrerverband vertritt die organisierten Lehrer der Gund- und Hauptschulen und der Realschulen, soweit sie nicht in der GEW sind. Teilweise ist er (soweit ich weiß) Dachverband (z.B. bzgl. VDR). Er vertritt nicht _die_ (wer tut das schon), aber doch eine Menge Lehrer (ich glaube mehr als die GEW, bin mir da aber nicht sicher).
Die GEW ist für die Beibehaltung der verkorksten Rechtschreibreform. Ich kenne allerdings auch GEW-Mitglieder, die das völlig anders sehen. So wie ich auch eine Lehrerin kenne, die sicherlich nicht in der GEW ist, aber für die Rechtschreibreform eintrat. Allerdings wurde sie dann im Laufe des Gesprächs einsichtiger, als ich sie fragte, wie denn die lieben Kleinen mit der Getrennt- und Zusammenschreibung klar kämen.
Die Schüler sind bisher die Opfer der Rechtschreib_reform_. Es gibt keine richtigen Statistiken über die Fehlerhäufigkeit, aber nach dem, was ich so von Deutschlehrern höre, deutet alles darauf hin, daß die Fehlerzahl deutlich gestiegen ist. Vor allem aber ist das Bestreben, richtig zu schreiben, durch ein "ist-doch-egal" ersetzt worden. Und diese Mentalität hat die Rechtschreibreform ungeheuer gefördert.
Eine Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung oder wenigstens eine eindeutige Klärung verbunden mit einer Korrektur der Fehler der neuen Rechtschreibung würde den Schülern wieder mehr Motivation zur Rechtschreibung geben.
Inzwischen ist es schon so, daß manche Lehramtsanwärter vor der Klasse falsch (nach beiden Regelwerken) an die Tafel schreiben und später, wenn man sie darauf hinweist, argumentieren "Ist das nach der neuen Rechtschreibung nicht egal"?
Zu dem "ist doch egal" gibt es gerade einen interessanten Artikel auf faz.net von einem Celler Studienrat.
Zwar ist die Rechtschreibung kein Gesetz. Jeder darf nach der Schule beliebig schreiben. Und Arno Schmidt hat gezeigt, daß man das sogar als Literatur verkaufen kann ;). Dennoch: Eine Gesellschaft ist auf Kommunikation angewiesen. Und wenn ich anderen etwas mitteilen will, dann schreibe ich das so, daß die anderen das (nach meiner Meinung) möglichst gut und leicht erfassen können (na ja, was das Lesen angeht, wenn es einer nicht _versteht_, kann ich das nur eingeschränkt ändern). Deshalb werde ich dann in der allgemein üblichen Rechtschreibung schreiben. Das ist zur Zeit immer noch die "alte". Und da sie _im ganzen_ logischer ist als die neue, finde ich das gut. Dort, wo die alte schlechter ist, habe ich aber auch nichts gegen Änderungen.
Die Frage ist halt "nur", wo das der Fall ist. Das zu klären, ist natürlich mehr als ein abendfüllendes Programm. Aber ein paar Ansätze dazu habe ich in diesem Thread gebracht. Aber oft, wenn es um diese Einzelheiten geht, gehen die Befürworter schnell wieder auf allgemeine schwammige Argumente (Kosten, warum denn schon wieder ändern, die armen Kinder, etc.) über. Entscheidend sollte aber sein, was _langfristig_ am besten ist.
Eine Rückkehr oder Modifikation würde sicherlich auch Probleme bringen. Das ist die Strafe für die leichtfertige Zwangseinführung der neuen Rechtschreibung. Aber ein Bestehen auf der neuen Rechtschreibung würde die jetzigen Probleme auf Dauer verfestigen.
Wenn wir vor der Alternative "alt oder neu" stehen, dann bin ich eindeutig für "alt". Aber wie gesagt, ich habe kein Problem mit sinnvollen Korrekturen. Aber dann müssen die Herrschaften in den Ministerien und Kommissionen endlich damit anfangen. Und sie sollten bei der Besetzung der Kommisionen auch kritischen Sachverstand stärker akzeptieren. Nebenbei: Kosten entstehen bei solchen Modifikationen auch. Um die werden wir nicht herumkommen. Das ist der Preis für die Fehler von 1996.
Jeder durfte neu oder alt oder gemixt schreiben. Sicher, das war ein schwerer Schlag gegen die Kultur, den D kaum überlebt hat, und jede Menge Justizirrtümer, dass man die Hände über dem Kopf zusammen( )schlagen könnte... Aber irgendwie haben wir es doch knapp überlebt.
Warum lassen wir es nicht einfach so weiter laufen? Wenn alle in der Schule irgendwann die neue Schereibe gelernt haben, erledigt sich das eh von selbst. Und dann wenden wir uns wieder den realen Problemen dieser Welt zu ,,,
Gruß BarCode
Waleshark.
Ach so! Ihr seid Deutsche und laßt das Wichtige im Land zuerst einmal liegen - um euch über Kinkerlitzchen endlos zu verstreiten!
Was habt ihr aber dann andauernd etwas an euren Politikern auszusetzen?
Die machen es doch auch nicht anders!
Pacelli
Und die Kinder brauchen eine Sprache weniger zu lernen.
Stattdessen könnten sie je eine Stunde Mathe, Physik, Chemie und Bio mehr kriegen.
(Selbst die Schweizer mit ihren vier Sprachgebieten sprechen mittlerweile am liebsten Englisch miteinander; es ist die einzige Sprache, die a l l e in der Schule lernen müssen).
Geh in die Ecke und schäm dich, daß du deine kostbare Zeit mit diesem Blödsinn hier vertrödelst.
Pacelli
PS Ich bete für deine Erleuchtung ;)
Willkommen, Lagerdenken!
Guten Morgen wünscht
Talisker
also dieser Hickhack um die Rechtschreibreform ist ja schon langsam lächerlich als ob Deutschland nicht größere Probleme hat.
Das Thema ist doch nur wieder hochgeholt worden weil mal wieder einige Wahlen anstehen,
unsere Politiker sind doch so berechenbar und zwar jeder coleur...
SL, um von dir noch etwas zu lernen, da ich ja in Sachen Politik offensichtlich unterbelichtet bin (und das kratzt enorm an meinem Bewusstsein eines besseren Menschen): Was wolltest du denn mit #318 sagen?
Zitate auch als Bsp.:
- "Die SPD ist mit ihrem in Weimar beschlossenen Innovationsprogramm, das Bildung zum Spitzenthema macht, auf dem richtigen Weg. Jetzt müssen den Worten Taten folgen", erklärte Eva-Maria Stange, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am Mittwoch in Frankfurt a.M." Quelle: http://www.gew.de/..._mit_Vorrang_fuer_Bildung_auf_richtigem_Weg.html
- Im Vorfeld der Beratungen von Schulausschuss und Rat über die Schadstoffbelastungen in den Bonner Schulen trafen sich der Stadtverbandsvorsitzende der Bildungsgewerkschaft, Joachim v. Maydell, und GEW-Personalratsmitglieder mit der Schulausschussfraktion der SPD. Quelle: http://www.gew-bonn.de/pr020923.html
- "Unser Land braucht hervorragend ausgebildete Menschen, will es die
Herausforderungen bewältigen, die die Globalisierung und der demographische
Wandel mit sich bringen. Mit einer Politik des Weiter-so ist man diesen
Herausforderungen nicht gewachsen. Die Zustimmung der GEW zum
SPD-Konzept zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind", so Reiner Braun abschließend.
Quelle: http://www.spd-saar.de/...?id=113&backPID=10&begin_at=20&tt_news=2308
Usw. ...
Und was du so alles als persönlichen Angriff wertest, finde ich erstaunlich. Und wo ich dir ausgewichen bin, ebenfalls. Vielleicht sollte man die Beiträge im Kontext betrachten, bevor man zu einer solchen Aussage kommt.