Hallo, bei meinen Bemühungen zum Thema Delisting hat sich inzwischen folgendes zugetragen: Die Börse Stuttgart hat die Sache dem Baden-Württembergischen Ministerium für Finanzen und Wirtschaft vorgelegt; von dort habe ich bereits einen Bescheid bekommen, in dem die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Börse Stuttgart bestätigt wird. Nun habe ich heute folgendes Schreiben an den Petitionsausschuss des Baden-Württembergischen Landtags abgeschickt; ich erhebe keinen Copyright-Anspruch, weshalb ich den Raptorianern anrate, so oder so ähnlich ebenfalls an den Landtag zu schreiben (geht auch per Mail an: petitionen@landtag-bw.de). Da sich das Wirtschaftministerium u.a. darauf beruft, dass kein "öffentliches Interesse" vorliegt, wäre es m.E. hilfreich zu zeigen, dass es schon ein paar Interessierte gibt. Bitte den gleichen Betreff eingeben, damit die Eingaben dann auch wirklich zusammenlaufen.... Also hier dar Brief (und sorry, es ist etwas länger geworden): "XY A-Stadt, 7. März 2013 Z-Str. 11111111 A-Stadt Landtag von Baden-Württemberg Petitionsausschuss Konrad-Adenauer-Str. 3 70173 Stuttgart Intransparente Handlungen der Börse Stuttgart, geduldet durch das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg hier: Einstellung der Preisermittlung im Freiverkehr der Raptor Technology AG Sehr geehrte Damen und Herren, die Börse Stuttgart hat im Kursblatt vom 21. Dezember 2012 bekanntgegeben, dass auf Antrag der Baader Bank (Skontroführer) die Preisermittlung im Freiverkehr für die Aktie der Raptor Technology AG, deren Aktionär ich damals war und heute noch bin, mit Ablauf des gleichen Tages eingestellt wird. Ich halte die Entscheidung aus den nachfolgend dargestellten Gründen für intransparent und dem bei der Börse Stuttgart geltenden Regelwerk zuwiderlaufend. Mir liegen inzwischen mehrere Schreiben der Börse Stuttgart (sämtlich ohne Aktenzeichen) sowie ein Schreiben des Baden-Württembergischen Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 5. März 2013 (Az. 8-4203.542-2/138) vor, welche ich im Bedarfsfall hinzuzuziehen bitte. I. Die Raptor Technology AG wurde gem. § 7 Abs. 6 (Satz 2) der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse in den Freiverkehr einbezogen. II. Die Börse Stuttgart hat im Kursblatt vom 21. Dezember 2012 bekanntgegeben, dass auf Antrag der Baader Bank (Skontroführer) die Preisermittlung im Freiverkehr für die Aktie der Raptor Technology AG mit Ablauf des gleichen Tages eingestellt wird. Wenn also eine in den Geschäftsbedingungen geregelte Einbeziehung in den Freiverkehr beendet wird, muss sich dazu ebenfalls in den Geschäftsbedingungen eine Rechtsgrundlage finden lassen. Die Regelung für eine Kündigung der Einbeziehung findet sich vorliegend m.E. abschließend in § 13 der Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr. Demnach ist eine Kündigung der Einbeziehung möglich: a) gem. § 13 Abs. 1 fristlos, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, b) im Übrigen gem. § 13 Abs. 2 mit einer Frist von sechs Wochen, sofern der Schutz der Anleger der Kündigung nicht entgegensteht. Die Börse Stuttgart hat mir schriftlich die Auskunft erteilt, dass vorliegend KEINE Kündigung der Einbeziehung i.S. des § 13 der Geschäftsbedingungen erfolgt sei; hier sei vielmehr eine einvernehmliche Entscheidung zwischen dem Skontroführer und der Börse Stuttgart darüber getroffen worden, dass die Preisermittlung für das betroffene Wertpapier eingestellt werden soll. Der mir erteilte Hinweis auf die Erforderlichkeit einer differenzierten Betrachtung einer Kündigung i.S. des § 13 der Geschäftsbedingungen einerseits und den Konsequenzen aus einer "Einstellung der Preisermittlung" andererseits, geht m.E. fehl. Grundlage für die Handlungen der Börse Stuttgart können ausschließlich die existenten Regelwerke sein. Diese bieten in § 13 der "Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr" die Möglichkeit, den Handel eines Papiers einzustellen; Regelungen, die bestätigen, dass "selbstverständlich die Möglichkeit, dass es zu einer einvernehmlichen Entscheidung bezüglich eines taggleichen Delisting zwischen Antragsteller (Baader Bank AG) und der Börse kommt" sind zumindest mir noch immer unbekannt; sie sind aber auch nicht notwendig, da eine "Regelungslücke" ganz offensichtlich nicht besteht. Warum es zur Abarbeitung eines Sachverhalts (hier: Delisting eines Unternehmens) zwei rechtliche Möglichkeiten geben soll, die - teils normiert und teils unnormiert - rechtlich gleichbedeutend nebeneinander existieren sollen, erschließt sich mir nicht. Wenn es tatsächlich die Möglichkeit gäbe, im Rahmen einer unreglementierten Absprache zwischen Skontroführer und Börse den Handel einzustellen, wäre das Ergebnis in jedem Fall intransparent. Auch nach mehrmaligem Lesen der mir zugegangenen Antworten bleibt mir verborgen, wo die Abgrenzung zwischen einer Kündigung gem. § 13 und einem "taggleichen Delisting im Rahmen einer einvernehmlichen Entscheidung" liegen soll. In welchem Fall wird von der Börse Stuttgart aus welchem Grund welche der beiden Möglichkeiten gewählt ? Warum wird von der in den Geschäftsbedingung niedergeschriebenen transparenten Möglichkeit kein Gebrauch gemacht ? Auch die Frage, worin im konkreten Fall das Erfordernis gelegen haben soll, die Preisermittlung derart eilig (nämlich noch am Tage der Veröffentlichung und damit praktisch fristlos) einzustellen, ist bisher unbeantwortet geblieben. Insoweit könnte m.E. von Bedeutung sein, die Anzahl der Einstellungen der Preisermittlung im Wege der einvernehmlichen Entscheidung einerseits und die Anzahl der regulären Kündigung i.S. des § 13 Abs. 2 der Geschäftsbedingungen andererseits in Erfahrung zu bringen. Nach meiner Beobachtung handelt es sich bei der im konkreten Fall praktizierten Verfahrensweise nämlich keinesfalls um einen Einzelfall. III. Auch der mir von der Börse Stuttgart erteilte Hinweis, dass der Schutz von Anlegern vorliegend der Entscheidung nicht entgegengestanden haben will, ist für mich nicht nachvollziehbar. Denn Aktionäre von betroffenen Unternehmen können sich - ob zu Recht oder Unrecht kann zunächst dahinstehen – durch ein Delisting in ihren Rechten verletzt fühlen. Ihnen muss deswegen die Möglichkeit eröffnet sein, den Fall objektivierbar prüfen zu lassen. Dies ergibt sich zwangsläufig aus dem Justizgewährungsanspruch, Art. 19 Abs. IV GG. Während sich bei einer Kündigung i.S. des § 13 Abs. 2 eine entsprechende rechtliche Handhabe in den Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr finden ließe, und zudem durch die eigentlich vorgeschriebene Frist – notfalls im Wege eines gerichtlichen Eilverfahrens – eine anderslautende gerichtliche Entscheidung vor dem Wirksamwerden der Einstellung des Handels herbeigeführt werden kann, ist dies bei einer "einvernehmlichen Entscheidung" zwischen Skontroführer und Börse über ein taggleiches Delisting faktisch unmöglich. Schon aus diesem Gesichtspunkt können bei Umsetzung der "einvernehmlichen Entscheidung" die objektiven Schutzrechte der Aktionäre nicht ausreichend gewürdigt worden sein. Es entspricht nicht der öffentlichen Vorstellung, dass "die Börse" selbst aufgestellte Regelungen, hier § 13 der Geschäftsbedingungen, umgeht oder missachtet, insbesondere führt dies entgegen dem allgemein angestrebten Bild von Transparenz und Vertrauen zum genauen Gegenteil. Die Behauptung, dass vorliegend der Schutz der Anleger beachtet worden sein soll, ist praktisch durch das reale Geschehen widerlegt worden. Weil in der Veröffentlichung kein Grund für die Einstellung der Preisermittlung angegeben worden ist (obwohl ein entsprechendes Feld vorgesehen, jedoch "unausgefüllt" geblieben ist) wurde bei den Anlegern ein tiefes Misstrauen gegen das Unternehmen hervorgerufen; es wurde vermutet, dass es sich um eine Einstellung gem. § 13 Abs. 1 aus wichtigem Grund gehandelt hat. Eine andere Interpretation war den Anlegern in Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten nicht möglich. Dann aber wäre zu vermuten gewesen, dass der "wichtige Grund" im Verhalten des Unternehmens, z.B. weil es betrügerische Absichten verfolgt, liegt. Daher wurde ein Kurseinbruch um etwa 70 % verursacht. In der Folge haben einige mir bekannte Kleinanleger erkleckliche Geldbeträge eingebüßt; das Unternehmen hat einen – bisher nicht durch den Skontroführer oder die Börse korrigierten – Rufschaden erlitten. Schon dies zeigt m.E. deutlichst, dass den Konsequenzen der Entscheidung auf den Kurs und damit auch auf die Rechte der Anleger eben nicht das erforderliche Augenmerk gewidmet worden ist. Das Misstrauen ist bis heute bedauerlicherweise nicht beseitigt, weshalb eine nachhaltige Kurserholung auch nicht eingetreten ist. Besonders bedauerlich für die Anleger ist dies, weil das Unternehmen kurz vor dem Delisting am Börsenplatz Stuttgart erstmals in der Unternehmensgeschichte einen Gewinn ausweisen konnte und grundsätzlich - auch kurstechnisch – im Aufsteigen begriffen war. Dies wurde durch die gemeinsame intransparente Entscheidung des Skontroführers sowie der Börse Stuttgart zunichte gemacht. IV. Die Argumentation der Börse Stuttgart ist nicht durchgängig. So wird zum Einen darauf hingewiesen, dass die "einvernehmliche Entscheidung" zur Einstellung der Preisermittlung nicht auf den Geschäftsbedingungen beruhe und ausschließlich privatrechtlicher Natur sei. Zum Anderen wird jedoch im gleichen Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die vorgeschriebene Veröffentlichung (§ 6 der Geschäftsbedingungen) erfolgt sei. Tatsächlich jedoch ist § 6 der Geschäftsbedingungen ausschließlich bei Veröffentlichungen einschlägig, welche auf der Grundlage der Geschäftsbedingungen selbst vorzunehmen sind. Diese haben jedoch tatsächlich bei der Einstellung der Preisermittlung keine Rolle gespielt. Ähnlich liegt der Fall beim "Schutz der Anleger". Hier betont die Börse Stuttgart, dass dieser beachtet worden sei; tatsächlich ist er dann beachtlich, wenn eine Kündigung gemäß § 13 Abs. 2 ausgesprochen worden ist. Genau um eine solche soll es sich hier jedoch nach den Ausführungen der Börse Stuttgart gar nicht gehandelt haben. V. Abschließend möchte ich noch auf folgendes durch die von der Börse Stuttgart gewählte Verfahrensweise verursachte "Kuriosum" hinweisen: Zwar wurde die Raptor Technology in den Freiverkehr einbezogen, jedoch findet nunmehr deswegen keine Preisermittlung mehr statt, weil die Börse Stuttgart und der Skontroführer Einvernehmen hierüber erzielt haben. Eine Kündigung der Einbeziehung ist aber – wie die Börse Stuttgart wiederholt mitgeteilt hat – weder gem. § 13 Abs. 1 noch § 13 Abs. 2 der Geschäftsbedingungen erfolgt. Somit ist das Wertpapier nunmehr mangels Kündigung nach wie vor in den Freiverkehr einbezogen, ohne dass jedoch eine Preisfestellung erfolgen würde. Welchen konkreten "Status" hat denn das Wertpapier nun ? VI. Im Schreiben des Baden-Württembergischen Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 5. März 2013 (8-4203.542-2/138) wird die Auffassung der Börse Stuttgart vollinhaltlich bestätigt. Neben einigen unschönen orthographischen Mängeln bleibt das Geschriebene m.E. auch inhaltlich sehr an der Oberfläche. Der Hinweis darauf, dass hier neben den Geschäftsbedingungen weitere individuelle privatrechtliche Vereinbarungen geschlossen werden können, mag für sich genommen richtig sein. Dies kann aber nur in Fällen gelten, in denen Rechte Dritter (wie vorliegend die der Aktionäre) unberührt bleiben. Die Aktionäre sind Marktteilnehmer, die sich idealerweise mit den an der jeweiligen Börse geltenden Bedingungen auseinandersetzen. Insoweit genießen diese Vertrauensschutz dahingehend, dass aufgestellte Regelungen auch eingehalten werden. Auch die Auskunft, dass vorliegend ein "öffentliches Interesse" zu verneinen ist, ist zu kurz gegriffen. Das wahre Problem geht über den hier thematisierten Einzelfall deutlich hinaus. Alleine der Umstand, dass bisher wenige Aktionäre, ggf. in Unkenntnis der Vorschriften, rechtswidriges Handeln anprangern, kann m.E. nicht dazu führen, dass die Existenz eines "öffentlichen Interesses" abgesprochen wird. Momentan habe ich die Hoffnung, dass diese Auffassung im MdFW überdacht wird, ohne dass vorher über einen entsprechenden Pressebericht "öffentliches Interesse" generiert werden muss. Es ist Aufgabe des MdFW Fehlentwicklungen, wie sie in dem konkreten Einzelfall offenbar werden, deutlich entgegenzuwirken. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Praxis der Aussetzung der Preisfeststellung von Wertpapieren über das MdFW bei der Börse Stuttgart überprüfen und ggf. dafür Sorge tragen könnten, dass künftig transparente Entscheidungen auf der Grundlage der eigenen Geschäftsbedingen getroffen werden. Hierzu wird m.E. die Börsenaufsichtsbehörde anzuhalten sein, künftig ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Immerhin wird in § 84 Abs. 2 der Börsenordnung der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse festgelegt, dass die Teilnahme am Handel im Freiverkehr durch die "Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse" geregelt wird; welchen Wert diese Geschäftsbedingungen noch haben können, wenn die Börse Stuttgart selbst sich der Einhaltung nicht verpflichtet fühlt, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen; jedenfalls wären die Bedingungen in Gänze überflüssig, wenn dort nicht konkrete und zwingend zu beachtende Festlegungen für alle Marktteilnehmer normiert wären. Da eine Kündigung der Einbeziehung in den Freiverkehr hinsichtlich der Raptor Technology AG m.E. bis heute nicht ausgesprochen worden ist, sähe ich für den konkreten Fall grundsätzlich die Möglichkeit, die einvernehmlich eingestellte Preisermittlung kurzfristig wieder aufzunehmen. Dann allerdings sollten sich Skontroführer und Geschäftsführung der Börse Stuttgart verpflichten, eine Kündigung gem. § 13 Abs. 2 der für den Freiverkehr maßgeblichen Vorschrift nicht vor Ablauf von mindestens drei Jahren auszusprechen. Eine Kündigung aus wichtigem Grund (§ 13 Abs. 1 der Geschäftsbedingungen) wäre dann, wenn der Fall danach ist, zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Handels gleichwohl jederzeit möglich. Für etwaige telefonische Rückfragen stehe ich tagsüber im Büro (444/555) zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen (XY)" Also Raptorianer, ran an den Speck.... |