Was von PISA übrig bleibt


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Neuester Beitrag: 02.12.05 16:22
Eröffnet am:25.04.05 08:59von: TaliskerAnzahl Beiträge:44
Neuester Beitrag:02.12.05 16:22von: TaliskerLeser gesamt:1.954
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36845 Postings, 7624 Tage TaliskerWas von PISA übrig bleibt

 
  
    #1
2
25.04.05 08:59
"Wir müssen mehr für die Bildung tun!" Man reiße einen x-beliebigen Politiker mit der Frage nach den drängendsten Problemen Deutschlands aus dem Schlaf, dieser Satz wird fallen. "Zukunftsinvestition! Wettbewerbsfähigkeit/Potenzial für Innovationen erhalten!" usw.

Kein Kommentar:

STATISTISCHES BUNDESAMT
Mehr Geld für Bildung, Forschung und Wissenschaft

Wiesbaden (rpo). Im Jahr 2003 sind die Ausgaben für Bildung, Forschung und Wissenschaft gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte, wurden 193,3 Milliarden Euro dafür aufgewendet. Das ist ein Zuwachs von 300 Millionen Euro oder um 0,2 Prozent. Alle Angaben sind vorläufige Ergebnisse.

Mit 121,5 Milliarden Euro entfiel der größte Teil der Ausgaben auf den Unterricht an Vorschulen, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen (2002: 121,0 Milliarden Euro). Der Lebensunterhalt der Schüler und Studenten wurde mit 13,4 Milliarden Euro gefördert (2002: 14,5 Milliarden Euro). Die Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungsleistungen betrugen 54,3 Milliarden Euro(2002: 53,4 Milliarden Euro).
 

21799 Postings, 9011 Tage Karlchen_INa - also alles hohle Worte.

 
  
    #2
25.04.05 09:12
Wachstum der Wirtschaftsleistung: +1%

Preissteigerung von +1,1&

Ausgaben für Bildung und Forschung: 0,2%.


Kurzum: Die Bildungsausgaben wurden real zurückgefahren.  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerHeute: Österreich

 
  
    #3
11.05.05 09:53
Hammerhart: irgendwie ist es fast schon beruhigend zu sehen, dass andere Länder mit genau denselben Probleme kämpfen wie wir...

Ein angemessener Schulkompromiss
Österreichs Großparteien wollten Schulreformen mal ohne Verfassung schaffen. Übrig bleibt ein Rätsel: Die "angemessene differenzierte" Schule

WIEN taz Nicht einmal banale Veränderungen ihrer Schule schafften die Österreicher bisher. So scheiterte die Umbenennung des Fachs "Leibesübungen" in "Bewegung und Sport". Denn jede Schulreform musste mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden - weil die öffentliche Erziehung die Verfassung schmückt. Das sollte sich nach Pisa ändern. Der zweite weltweite Schultest 2003 sah die Österreicher nur noch gleichauf mit den Deutschen Pisa-Versagern.

Also überrumpelte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer Anfang des Jahres die konservative ÖVP. Er bot an, die Zweidrittelmehrheit für die Schule abzuschaffen. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer zeigte sich von diesem großzügigen Angebot zunächst nur mäßig begeistert. Dann erklärte sie die Initiative schlicht zu ihrer eigenen: "Ich habe jetzt vorgeschlagen, die Zweidrittelmehrheit für Schulsachen aufzuheben." Der Weg schien frei.

Doch nun fielen Alfred Gusenbauer Vorbehalte ein. Die Unentgeltlichkeit des Unterrichts müsse selbstverständlich in der Verfassung verankert bleiben, merkte er zunächst an. Und setzte als ehemaliger Ministrant in den heiligen Tagen vor Ostern nach. Bei einem Treffen mit Kardinal Christoph Schönborn versprach Gusenbauer, sich auch für den Verfassungsrang des Religionsunterrichts einzusetzen.

Grund genug für die genervte Bildungsministerin Gehrer, ihrerseits draufzusatteln. Sie verkündete, man werde der SPÖ entgegenkommen - wenn auch das nach Leistung gegliederte Bildungssystem weiter in der Verfassung stehe. Für die bürgerliche ÖVP ist und bleibt die Gesamtschule Teufelszeug. Zwar lässt sich aus Pisa-Ergebnissen ein Zusammenhang zwischen der frühen Trennung in Hauptschule und Gymnasium und mäßigen Lernerfolgen ablesen. Aber die ÖVP behauptet tapfer, Österreichs System habe sich bewährt. Mit der Monoschule des Pisa-Siegers Finnland lasse sich die Alpenrepublik nicht vergleichen.

Als die Schulfrage vorletzte Woche im zuständigen Parlamentsausschuss auf der Tagesordnung stand, entwickelte sich der Schulstreit zur Politburleske. Die Verhandler von ÖVP und SPÖ zogen sich zum Privatissimum zurück. Stundenlang brachten sie damit zu, eine Kompromissformel für die leidige Schulfrage auszukochen. Was am Ende als großer Durchbruch verkauft wurde, ist für den Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk "erbärmlich".

Neben Schulgeldfreiheit und Religion will der Gesetzgeber tatsächlich auch der Schulform Verfassungsrang verleihen. Es oll heißen: In Österreich sei "ein differenziertes Schulsystem vorzusehen, das zumindest nach Bildungsinhalten in allgemeinbildende und berufsbildende Schulen und nach Bildungshöhe in Primar- und Sekundarschulbereiche gegliedert ist, wobei bei den Sekundarschulen eine weitere angemessene Differenzierung vorzusehen ist". Auf die "angemessene Differenzierung" kommt es an.

Wie nicht anders zu erwarten, sehen die schwarz-roten Partner die Interpretation der Kompromissformel recht unterschiedlich: Die ÖVP sieht damit die Gesamtschule auf ewige Zeiten verhindert. Während Gusenbauer überzeugt ist, dass damit alles möglich sei, was die SPÖ schon lange vorhat. Nur die Grünen machten auf Spielverderber. Letztlich werde der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden haben, was eine "angemessene Differenzierung" ist. Verfassungsrechtler stimmen dem zu: "Das ist in Wahrheit ein Wahnsinn, dass man die schwierigste und umstrittenste Frage einem Gericht überträgt." RALF LEONHARD

taz Nr. 7661 vom 11.5.2005, Seite 18, 116 Zeilen (TAZ-Bericht), RALF LEONHARD  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerHeute: Saarland

 
  
    #4
11.05.05 10:22
Da ist wohl gerade keine Wahl? Denn vor einer Wahl verspricht man viele, viele neue Lehrer - man ist ja für mehr Bildung (s. Hessen, s. Nds., s. NRW). Was nach dem Einstellungsschwung kommt? Egal, bekommt schon keiner mit.
Und Familienfreundlichkeit bzw. Förderung der Rahmenbedingungen für Familien? Liebe Mami, lieber Papi, das Blag täglich zur Schule hin- und zurückzufahren kann auch sehr erfüllend sein...

Saarland dünnt seine Grundschulen aus
Unionsgeführter Landtag beschließt das Aus von 100 Grundschulen. Trotz aller Proteste - auch aus der eigenen Partei

SAARBRÜCKEN taz Die Proteste von Schülern, Lehrern und Eltern waren vergeblich. Heute wird im Saarbrücker Landtag wohl beschlossen, dass im bettelarmen Land knapp 100 Grundschulen von insgesamt 269 dicht gemacht werden.

Denn Peter Müller (CDU), Ministerpräsident des Saarlands, wird mit der absoluten Mehrheit im Landtag das "Schulordnungsgesetz" durchbringen können. Daran wird dann auch nichts ändern, dass die Oppositionsparteien SPD, FDP und Grüne gemeinsam mit den Lehrergewerkschaften gegen das Gesetz kämpften.

Peter Hans jedenfalls, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, ist sich sicher, dass seine Leute dem von Kultusminister Jürgen Schreier (CDU) vorgelegten Gesetzentwurf heute zustimmen werden. Noch diesen Monat könnte mit der Umsetzung der darin enthaltenen Bestimmungen begonnen werden.

Jährlich rund 17,5 Millionen Euro will die Landesregierung durch die Schließung jener Grundschulen einsparen, in denen aus Mangel an Schülern keine zwei Jahrgangsklassen mehr eingerichtet werden können.

Dabei bringt das Gesetz selbst die Bürgermeister mit schwarzem Parteibuch in den betroffenen Kommunen in Rage. In einer Gemeinde ohne Grundschule, sagen sie, dünne doch nach und nach die Bevölkerung aus. Einige Kommunalpolitiker sind schon aus der Union ausgetreten, wie Müller mittlerweile einräumen musste. Bei 22.000 Mitgliedern der CDU an der Saar sei das aber eine "verschwindende Minderheit", so Müller.

Dennoch steht der Ministerpräsident mit dem Rücken an der Wand. Protestaktionen und Personalversammlungen gab es an fast allen Grundschulen des Landes. Und die "Landesinitiative zur Rettung der Grundschulen" sammelte mehr als 30.000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens gegen das Gesetz - 5.000 hätten schon genügt.

Die Landesregierung prüft derzeit die Unterschriften, will das Schulordnungsgesetz aber trotzdem erst einmal verabschieden. Für Bernhard Strube ist das eine gezielte Provokation. Das Gesetz, so der Sprecher der Initiative, werde so schnell wie möglich verabschiedet, um dann der Umsetzung des Volksbegehrens "formelle Steine in den Weg legen" zu können.

CDU-Fraktionschef Hans deutete indes an, wie das aussehen könnte. "Die Landesregierung hat nach der Verfassung die Verpflichtung, die Einleitung eines Volksbegehrens dann zu versagen, wenn dem Land durch seine Durchführung erhebliche Kosten entstehen würden", sagte er.

Und da mit dem neuen Gesetz jährlich viel Geld eingespart würde, ein eventuell erfolgreiches Volksbegehren dagegen dieses Einsparvolumen aber torpediere, müsse jetzt über die Nichtzulassung des Begehrens aus verfassungsrechtlichen Gründen nachgedacht werden.

Das wiederum empörte die Grünen, die von Müller und der CDU "wenigstens so viel Anstand" verlangten, dem Begehren des Volkes ihren Respekt nicht zu versagen. Die SPD forderte die Union gestern auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen - denn die geplanten Einsparungen im Grundschulbereich retteten das Saarland ohnehin nicht vor der finanziellen Misere. Sie würden allerdings die "Zukunftsperspektiven unserer Kinder" verschlechtern.

Die FDP wiederum sprach von einem "bildungspolitischen Super-GAU". Müller aber zieht sein Gesetz mit dem Verweis auf die "finanzielle Situation des Landes" eisern durch. Die Grundschulschließungen würden schließlich auch den demografischen Entwicklungen Rechnung tragen, sagt er. Und die besagen ja, dass es immer weniger Kinder geben wird.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

taz Nr. 7661 vom 11.5.2005, Seite 7, 122 Zeilen (TAZ-Bericht), KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerLesenswert!

 
  
    #5
21.05.05 16:21
Und mit ein paar interessanten Spitzen drin, die zumindest mir nicht bekannt waren...



"Insgesamt fehlt die klare Linie"

PISA-Forscher Andreas Schleicher über die künftige Schule, die Zukunft des gegliederten Schulsystems, neue Freiräume für die Lehrer und zu frühe Schülersortierung

Bonn. Ein intensives Nachdenken über das gegliederte Schulsystem fordert der Leiter der Bildungsstudie PISA. Mit Andreas Schleicher sprach Stephan Lüke.

GA: Können Sie die Frage, ob PISA etwas verändert hat, noch hören?

Andreas Schleicher: Ja, schließlich passiert in diesem dynamischen Prozess des miteinander Sprechens, des voneinander Lernens, den ich als Globalisierung im positiven Sinne empfinde, derzeit sehr viel.

GA: In Deutschland auch?

Schleicher: In den Köpfen vieler Lehrer hat sich viel geändert. Die Basis ist aufgeschlossener für Veränderungen.

GA: Sie sprechen von der Basis.

Schleicher: Auch in der Bildungspolitik ist viel passiert, und vor allem diskutieren wir über Bildung heute auf einer empirischen Grundlage, die langfristig helfen kann, die noch verbleibenden ideologischen Barrieren zu überwinden. Dennoch glaube ich, dass wir über die Binnenoptimierung des bestehenden Bildungssys~tems hinaus noch viel mehr über die langfristige Transformation der dem bestehenden Bildungssystem zugrunde liegenden Paradigmen und Unterstützungssys~teme nachdenken müssen.

GA: Sie fordern eine Abkehr vom gegliederten Schulsystem?

Schleicher: Ja, ich glaube, dass man über dieses defizitär orientierte System intensiv nachdenken muss. Dieses System setzt auf frühe Auslese und, damit verbunden, auf einförmigen Unterricht in möglichst leistungshomogenen Lerngruppen. Die Zukunft braucht einen konstruktiven und individuellen Umgang mit Leistungsunterschieden und Begabungen, offene und integrierte Lernangebote, die unterschiedlichen Interessen, Fähigkeiten und Lebenssituationen gerecht werden. In einer Zeit, in der lebensbegleitendes Lernen zum Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit geworden ist, kann es sich niemand leisten, Schüler früh auf festgefügte Bildungsstrukturen festzulegen, sondern es gilt, ihnen durch individuelle Förderung Perspektiven für die Gestaltung ihrer eigenen Zukunft zu eröffnen.

GA: Was Sie umschreiben, nennen CDU und FDP Einheitsschule.

Schleicher: Der Begriff "Einheitsschule" signaliert völlige Ignoranz darüber, was in Ländern wie Finnland wirklich passiert. Die Schulen dort sind das Urbild von Liberalität, in denen Lehrer und Schulen Verantwortung für alle Schüler übernehmen, und wo es ihnen gelingt, sowohl Schwächen und Benachteiligungen auszugleichen, als auch Talente zu finden und zu fördern. Im Gegensatz dazu werden bei uns Schubladen und homogene Leistungsgruppen geschaffen. Damit schafft man Gleichmacherei. Mit der fatalen Folge, dass es Schülern sowohl peinlich ist, schlecht als auch gut zu sein.

GA: Das wird die Gymnasien ärgern.

Schleicher: Dort herrscht häufig die Denkweise, man sei per se gut. Auch deshalb haben wir keine Leistungsspitze.

GA: Also bringen die zahlreichen Reformen und Reförmchen nichts?

Schleicher: Es gibt viele gute Ansätze - frühe Förderung, Ganztag, klare Zielsetzung. Aber insgesamt fehlt die klare Linie, die festlegt, wo wir in 20 Jahren sein wollen. Nur wer strategische Bildungsziele hat, kann sinnvoll darüber entscheiden, was kurzfristig, mittelfristig und langfristig wie zu erreichen ist.

GA: Viele Pädagogen haben die Nase von permanent neuen Erlassen voll.

Schleicher: Wenn wir den Lehrern und Schulen keine strategische Perspektive vermitteln können, läuft eine Reformwelle nach der anderen über ihre Köpfe hinweg, ohne letztlich etwas zu bewirken.

GA: Und nach der nächsten Wahl werden die Reformen zurückgenommen.

Schleicher: Schulen, Lehrer und Schüler brauchen Verlässlichkeit. Mit Ankündigungen wie "morgen ist alles anders" verunsichert und demotiviert man. Dass es auch anders geht, hat uns Großbritannien vorgemacht. Als Margaret Thatcher abtreten musste, hat die Nachfolgeregierung nicht alles, was sie auf den Weg gebracht hatte, verdammt, sondern im Interesse der Kinder geschaut, wie man den eingeschlagenen Kurs fortführen und sinnvoll erweitern kann.

GA: Verhindert der Föderalismus eine länderübergreifende Kontinuität?

Schleicher: Ich glaube die Frage, ob administrative Entscheidungen auf Bundes- oder Länderebene gefällt werden, ist weniger entscheidend - es gibt unter den OECD-Staaten sowohl zentral- als auch föderal organisierte Bildungssysteme mit guten Bildungsergebnissen.

GA: Was ist entscheidend?

Schleicher: Wichtiger sind die Handlungsfreiräume der in der direkten Verantwortung stehenden Bildungsträger. So haben die Schulen in den im PISA-Vergleich erfolgreichen OECD-Staaten oft deutlich größere Freiräume als Schulen in Deutschland, ihre Lernumgebung und das Bildungsangebot zu gestalten und auf ihre Schülerschaft abzustimmen, sowie über die ihnen zugewiesenen Ressourcen zu entscheiden. Auch die Stärkung der einzelnen Schule als pädagogische Handlungseinheit ist in vielen Staaten mit guten PISA-Ergebnissen fest verankert.

GA: Zeichnen Sie doch einmal ein Bild vom derzeitigen deutschen Lehrer.

Schleicher: Es steht mir nicht zu, die Arbeit der Lehrer zu kritisieren, und ich glaube auch, dass das Problem nicht in den Köpfen der Lehrer, sondern in dem perspektivlosen Berufsfeld liegt, das wir für sie geschaffen haben. Denken Sie mal an einen Chirurgen und an einen Lehrer in den 50er Jahren. Beide konnten damals allein verantwortlich mit dem im Studium erworbenen Wissensschatz arbeiten. Aber versetzen sie beide jetzt in einer Zeitreise in die Gegenwart: Der Chirurg würde seinen Beruf wohl kaum wieder erkennen. Er, der früher die meisten Arbeiten selber ausführen könnte, sieht sich heute einer Profession gegenüber, deren Wissensstand exponentiell gewachsen ist, in der viele Experten eng vernetzt im Team arbeiten und beständig miteinander und voneinander lernen, und deren Arbeitsumgebung modern und hoch technologisiert ist.

GA: Gilt das auch für die Schule?

Schleicher: Der Lehrer aus den 50er Jahren findet sich in so mancher Schule wohl auch noch heute ganz gut zurecht. Es gibt kaum ein Unternehmen, das einen so hohen Anteil hoch qualifizierter Menschen beschäftigt wie das Bildungssystem. Aber oft nutzen Bildungssysteme das Potenzial, das in qualifizierten und motivierten Lehrern steckt, bloß zur Vermittlung von Wissen, nicht aber als zentrale gestaltende Kraft im Bildungssystem.

GA: Wie müsste das Arbeitsumfeld der Lehrer aussehen?

Schleicher: Es gibt unter den Lehrern viele hoch motivierte Menschen, die ein Arbeitsumfeld brauchen, das Perspektiven für Entwicklung und Kreativität bietet. Ein Arbeitsumfeld, in dem die Schule Lernorganisation wird, mit einem professionellen Management, das sich durch interne Kooperation und Kommunikation, etwa in den Feldern strategische Planung, Qualitätsmanagement, Selbstevaluation und Weiterbildung auszeichnet, aber auch durch Dialog nach außen mit den verschiedenen Interessengruppen, vor allem mit den Eltern.

GA: Schöne Aussichten.

Schleicher: Wir könnten ein Arbeitsumfeld schaffen, dessen Attraktivität und Ansehen nicht allein auf dem Beamtenstatus beruht, sondern auf Kreativität, Innovation und Verantwortung, ein Arbeitsumfeld, das sich durch mehr Differenzierung im Aufgabenbereich, bessere Karriereaussichten, eine Stärkung der Verbindungen zu anderen Berufsfeldern, mehr Verantwortung für Lernergebnisse und bessere Unterstützungssysteme auszeichnet.

GA: Welche Unterstützung benötigen Lehrer für diese Form der Freiheit?

Schleicher: Punkt 1 wird nicht gerne gehört werden. Die Arbeitszeit der Lehrer darf sich nicht an ihren Unterrichtszeiten, sondern an der Anwesenheit in der Schule orientieren. Nur durch eine längere Anwesenheit kann der Kontakt zu den Schülern verbessert werden. Nur so kann auch die Teamarbeit im Kollegium wachsen. Sie findet derzeit nicht statt, dabei könnten sich Lehrer so gut unterstützen.

GA: Reichen die Arbeitsplatzbedingungen in den Schulen dafür aus?

Schleicher: Da sind wir wieder bei den Ausreden.

GA: Weitere Unterstützungen?

Schleicher: Wir brauchen externe Beratung. Um Ihrem Einwand, es fehle am Geld vorzubeugen: Bei uns wird endlos viel Geld in die Schulaufsicht gesteckt und so verwalten wir uns nur. Diese Schulaufsichtsleute wissen so viel, können aber nicht wirksam helfen, weil sie nur kontrollieren. Sie sollten als Berater tätig sein.

GA: Aufsicht und Kontrolle dokumentieren Ängste.

Schleicher: Unser System ist von Ängs~ten geprägt. Das gilt auch für die Lehrer. Ängste entwickeln sich, wenn man allein gelassen wird. Lehrer sind allein, Einzelkämpfer im Klassenzimmer. Es mangelt an Kommunikation und so weiß ein Lehrer nichts vom anderen, geschweige denn eine Schule etwas von der anderen.

GA: Ist Angst auch die Ursache, warum Deutschland sich im Sommer nicht an der internationalen Bildungskonferenz beteiligt, auf der Bilanz über die Entwicklungen der letzten Jahre gezogen wird?

Schleicher: Diese Frage können nur die dafür Verantwortlichen beantworten.

GA: Ärgert Sie der Umgang der Kultusministerkonferenz mit den Fakten, etwa, wenn Sie erleben, dass die Passagen der OECD-Studie, die sich kritisch mit dem gegliederten Schulsystem auseinandersetzen, gestrichen wurden?

Schleicher: Es bestätigt meinen Eindruck, dass andere Länder Fakten verkaufen, wir aber Interpretationen. In Dänemark zum Beispiel war das anders. Dort sollten wir Wissenschaftler 25 Empfehlungen erarbeiten. Anschließend hat die Bildungsministerin viele Ideen begrüßt und gesagt: "Das machen wir." Andere hat sie abgelehnt, manchmal mit der Begründung, das wolle sie politisch nicht. So etwas nenne ich souverän.

(20.05.2005)

http://www.general-anzeiger-bonn.de/...tml?/news/artikel.php?id=89845  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerDie ultimative Lösung kommt - aus der Schweiz!

 
  
    #6
1
08.06.05 10:09
SPARPROGRAMM

Lernen ohne Lehrer

Eine Schweizer Schule hat das ultimative Sparprogramm umgesetzt und beim Unterricht einfach die Lehrer weggelassen. Das Modell des eigenverantwortlichen Lernens funktioniert: Die Schüler schnitten bei Prüfungen genauso gut ab wie ihre herkömmlich unterrichteten Kameraden.

Gedacht war das Ganze als Sparmaßnahme, geworden ist daraus ein erfolgreicher Schulversuch: An einer Schweizer Schule haben rund 60 Schüler ein halbes Jahr lang das Lernen ohne Lehrer erprobt. In den Fächern Mathematik, Deutsch, Englisch, Französisch und Sport erhielten die Schüler zum Schuljahresbeginn lediglich einen Auftrag mit Aufgaben und Lernzielen - die Schüler konnten dann wahlweise zu Hause, in der Mediothek oder in leerstehenden Klassenräumen arbeiten.

Die Fachlehrer kamen nur einmal in der Woche zur Sprechstunde, darüber hinaus waren sie per E-Mail erreichbar. Am sogenannten Selbstlernsemester der Kantonsschule Zürcher Oberland nahmen Schüler teil, die zwei Jahre vor ihrem Abitur stehen - den 17-Jährigen könne man die nötige Selbstdisziplin bereits zutrauen, sagt der Prorektor der Schule, Martin Zimmermann. Die Versuchsschüler hätten bei Prüfungen genauso gut abgeschnitten wie ihre herkömmlich unterrichteten Kameraden.

Die Schule hatte den lehrerlosen Unterricht ursprünglich eingeführt, um die strengen Sparvorgaben des Kantons erfüllen zu können - das ist bisher allerdings nicht gelungen. Erst im nächsten Schuljahr, wenn noch mehr Schüler lehrerlos lernen, wird auch der Spareffekt einsetzen.


http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,359073,00.html


 

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerEndlich! Deutschlands beste Schulen!

 
  
    #7
09.06.05 10:29
Gerüchten zufolge haben beim Focus schon diverse Redakteure in den Tisch gebissen - warum sind die da bloß nicht drauf gekommen?



Gute PR, gefälschte PR
Alle gieren nach dem neuen Heft von "Capital". In Deutschland kommt nun Post-Pisa-Freude auf

Die Sache funktioniert perfekt. Das Heft stellt die "Exklusivstudie: 100 besten Schulen Deutschlands" vor. Endlich good news für die Bildung, verrät Chefcapitalist Kai Stepp die PR-Strategie, die ihn mit Microsoft in eine prima Medienpartnerschaft zusammengebracht hat. Der Softwareriese und das Wirtschaftsmagazin haben die vermeintlich besten deutschen Schulen herausgefunden - und prämieren nun drei Gewinner. Die sind hübsch paritätisch: Ein Gymnasium aus dem Westen (Achern, Baden-Württemberg), eins aus dem Osten (Käthe Kollwitz, Halberstadt, Sachsen-Anhalt) und eine Gesamtschule (Bonn-Beuel, NRW).

Die so genannte Studie, durchgeführt von einer Medienagentur in Bonn, hat weniger mit Lernen, sondern viel mehr mit PR zu tun. Eine verschachtelter Mediencluster erzeugt sich selbst das wohlige Gefühl, wonach die frustrierte Dichternation nach zwei miserablen Pisa-Studien lechzt. Und jeder bekommt sein Ergebnis: Microsoft verkündet, die deutschen Schulen seien untercomputerisiert. Capital ist stolz, Uni-Rankings von Stern, Spiegel oder Focus etwas entgegensetzen zu können. Und die RektorInnen der Schulen sind puterrot vor Stolz.

Dabei können Machart und Ergebnisse nur Kopfschütteln hervorrufen. Ausgerechnet beim individuellen Fördern, also da, wo Deutschlands Schulen vollkommen unterbelichtet sind, weil sie weder mit schlechten noch mit besonders guten Schülern umzugehen wissen, sollen die Pennen also gut sein? 80 Prozent der rund 600 befragten Schulen sollen nach Angaben der PR-Agentur Europressedienst speziellen Förderunterricht im Angebot haben - Längen vor den europäischen Vergleichsschulen, die ebenfalls per Mail und Telefon befragt wurden.

Die Bonner PR-Leute, die praktischerweise eine eigene "Forschungsabteilung" haben, wundert das Ergebnis wenig. Aber das seriöse Institut für Schulentwicklungsforschung (IfS) in Dortmund, der angebliche Koproduzent der Forschung, ist über noch viel mehr erstaunt. "Wir haben damit nichts zu tun", sagt Heinz Günter Holtappels, Chef des Dortmunder IfS. Das Werk von Capital, Microsoft und Europressedienst, so verrät Holtappels, "ist keine Studie im wissenschaftlichen Sinn. Dafür ist sie methodisch und inhaltlich gar nicht geeignet."

Was ist da passiert? Capital hat die good news schlicht mit dem Signet der Schulentwicklungsforscher veredelt. Nach Abschluss der Studie hatte Europressedienst dem IfS die Qualitätsparameter der Studie vorgelegt - und Capital machte ein Interview. Das war's, und das ist die eigentliche Nachricht: Die beteiligten Firmen machen ein prima PR-Geschäft mit den Sorgen der Pisa-frustrierten Nation.

CHRISTIAN FÜLLER

taz Nr. 7685 vom 9.6.2005, Seite 14, 91 Zeilen (TAZ-Bericht), CHRISTIAN FÜLLER


Und da gehts zum Capital-Artikel, der einen voll voran bringt:
http://www.capital.de/sk/art/265565.html

Alles wird gut!
Gruß
Talisker  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerOb Capital hier auch mal vorbeigeschaut hat?

 
  
    #8
09.06.05 10:51
Berliner Schule ohne Deutsche

BERLIN dpa Die Eberhard-Klein-Oberschule in Berlin-Kreuzberg ist die erste Schule, die nur von Schülern aus Migrantenfamilien besucht wird. Das bestätigte Rektor Bernd Böttig. Die letzten fünf Schüler deutscher Herkunft haben die Schule in diesem Schuljahr verlassen. "Wir sind wohl die einzige Schule dieser Art in Deutschland", so Böttig. In einer Antwort auf eine Parlamentsanfrage der Grünen sagte Berlins Schulsenator Klaus Böger (SPD): "Es ist weder der Schule noch der Schulaufsicht möglich, eine verträgliche Zusammensetzung der Schülerschaft herbeizuführen." Joachim Klein, der Vizedirektor, hält fest: "Die Probleme rühren nicht von der Herkunft, sondern von der mangelnden Beherrschung der deutschen Sprache her." Deutsch ist nur Unterrichts-, aber so gut wie nie Umgangssprache.

taz Nr. 7685 vom 9.6.2005, Seite 6, 28 Zeilen (Agentur)  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerDer Ösi is wie der Piefke

 
  
    #9
12.07.05 19:41

Bildungspolitisches Zeugnis zum Schulschluss
GASTKOMMENTAR VON KARL HEINZ GRUBER (Die Presse) 09.07.2005
Österreich ist nicht das erste Land, das sein traditionelles Schulsystem umstrukturieren muss.

Würde man die Abgeordneten zum Nationalrat fragen, was sie im so eben zu Ende gehenden Schul- und Parlamentsjahr bildungspolitisch weitergebracht haben, würden die meisten von ihnen wahrscheinlich mit Stolz auf die "Abschaffung der 2/3-Mehrheit für Schulgesetze" verweisen. Eigentlich müssten die Abgeordneten Gerhard Polt zitieren.

Im Film "Man spricht Deutsh" spielt Polt einen Touristen in Italien, der von seiner Kartengrüße schreibenden Frau gefragt wird, was die Postleitzahl von Fürstenfeldbruck ist. Zu ihrem Ärger antwortet er "Irgendwas mit 8". Die Mandatare von ÖVP und SPÖ haben (präziser kann man es leider nicht sagen) "Irgendwas mit Differenzierung" beschlossen.

Wie konnte es dazu kommen, dass man sich in einer so wichtigen Materie, nämlich ob es in Österreich eine Reform der Sekundarstufe I geben soll, auf einen Orakelspruch einigte, der Formulierungen wie "Gliederung des Schulsystems zumindest nach Bildungsinhalten und Bildungshöhe" und "eine weitere angemessene Differenzierung der Sekundarschulen" enthält, die nicht bloß verfassungsrechtlich unhaltbar, sondern in ihrer logischen, pädagogischen Dürftigkeit eher peinlich sind?

Als Forscher des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung vor 30 Jahren eine internationale Analyse der Schulreformen in einigen europäischen Ländern durchführten, konstatierten sie als Spezifikum der österreichischen Bildungspolitik eine "außerordentlich starke Polarisierung in zwei Lager, deren Feindseligkeit und gegenseitiges Misstrauen bis an die Grenzen der Gesprächsfähigkeit geht". Wie es scheint, können die Bildungsbürger und die "roten Hausmeister" (Wolfgang Schüssel) noch immer nicht miteinander reden.

Schon Stunden nach dem Kompromiss offerierten ÖVP und SPÖ völlig konträre Interpretationen dessen, was sie gemeinsam beschlossen hatten. Juristen haben erklärt, dass dem Verfassungsgerichtshof nichts übrig bleiben wird, als diese legistische Seifenblase wegen Untauglichkeit des schillernden Begriffs "angemessene Differenzierung" zum Platzen zu bringen. Wie kann es dann in der schulpolitischen causa prima, der Sekundarstufe I, weitergehen?

ÖVP und SPÖ wird nichts anderes übrigbleiben, als ihre mit Befürchtungen und Unterstellungen befestigten ideologischen Wagenburgen zu verlassen und sich gemeinsam an die Reform der Sekundarstufe I zu machen, deren Mängel (unverlässliche Auslese, soziale Segregation, Verschwendung von "Begabungsreserven" durch unzureichende Förderung) für das schlechte Abschneiden beim internationalen Schulleistungsvergleich Pisa verantwortlich sind. Österreich ist nicht das erste Land, das vor der Notwendigkeit steht, sein traditionelles Schulsystem umzustrukturieren.

Im Gegenteil, es hätte als "Nachzügler" den Vorteil, von den Reformerfahrungen anderer Länder lernen zu können. Die Erfahrung zeigt, dass erfolgreiche Schulreformen dreierlei erfordern: ein klares Ziel, eine wohlüberlegte Reformstrategie und Zeit. Apropos Zeit: Das österreichische "Jahrhundertgesetz" war das Produkt einer zweistündigen Sitzungsunterbrechung; die schwedische Gesamtschulreform hat mehr als zwei Jahrzehnte gedauert.

Um der Verkrampfung entgegenzuwirken und um eine rationale Gesprächskultur aufzubauen, könnte man sich die Vorgangsweise in skandinavischen Länder zum Vorbild nehmen; sie umfasst Bildungsforschung, praktische Reformerfahrungen an Versuchsschulen und Aufklärung von Lehrern, Eltern und Öffentlichkeit. So wurden etwa in Schweden die ursprünglich reformskeptischen Interessensvertretungen der Bauern und der Landbevölkerung im Laufe der Reform zu Befürwortern der Gesamtschule, als offensichtlich wurde, dass Gesamtschulen die Bildungschancen der ländlichen Jugend erhöhten, und die Pflichtschullehrerschaft begann durch "teilnehmende Beobachtung" einzusehen, dass die am neuen Schulmodell praktizierte innere Differenzierung ihre Situation verbesserte.

Für viele österreichische Katholiken mag es als Überraschung kommen, dass die Gesamtschule weder des Teufels noch des Gusenbauers ist, sondern dass es in Frankreich, in Italien und in England zahlreiche private katholische Gesamtschulen gibt und der Schirmherr einer der bekanntesten deutschen Gesamtschulen, der "Friedensschule", der Bischof von Münster ist.

Bildungsministerin Gehrer hat zweimal die Einsetzung einer Expertenkommission angekündigt, die "ohne Scheuklappen" die Befunde der Bildungsforschung und die internationale Erfahrungen mit Reformen aufarbeiten und die Frage nach der künftigen Struktur der Sekundarstufe I klären soll. Wie steht es mit dieser Kommission?

Schüler, deren Leistungen in diesem Schuljahr mangelhaft waren, müssen im Herbst eine Nachprüfung ablegen. Droht der Ministerin ein bildungspolitischer Nachzipf? Oder genügt die "verbale Beurteilung", die auf vielen englischen Zeugnisse zu lesen ist: "Must try harder"?

          meinung@diepresse.com
§
Dr. Karl Heinz Gruber ist Professor für Vergleichende Erziehungswissenschaft an
der Universität Wien und wird im kommenden Studienjahr 2005/06 an die Universität Oxford gehen.

http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=m&ressort=g&id=493786  

2752 Postings, 7205 Tage niebaumTalisker

 
  
    #10
12.07.05 20:28
Was bringen einem Lehrer diese geistigen Ergüsse in einem stinknormalen Talkboard (nicht gerade gehobener Ansprüche)?

Traurig

Wie soll das mit Deutschland nur weitergehen?  

69033 Postings, 7576 Tage BarCodeSag mal Taklisker

 
  
    #11
12.07.05 20:29
trägst du zufällig Banane?

Gruß BarCode  

69033 Postings, 7576 Tage BarCodeTak! o. T.

 
  
    #12
12.07.05 20:32

10041 Postings, 8080 Tage BeMiVielleicht sollte man mal

 
  
    #13
12.07.05 22:25
auf mehr Qualität der Bildung und nicht auf mehr
Geld für Bildung setzen.
Z.B. die Unis stehen an 5 Monaten im Jahr leer
und die Profs haben i.d.R. eine Lehrverpflichtung
von 4 Wochenstunden in ca. 7 Monaten.
Daneben wird an Schule und Uni sehr viel unnützer
Quatsch gelehrt.
Aber das alles bedeutet ja mehr Arbeit und das Kratzen
an liebgewonnenen Privilegien.

Ciao
BeMi
 

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerSach ma ClarBoot,

 
  
    #14
13.07.05 04:27
meinst du Banane im Sinne von Schnitzel? Muss wohl so sein, habe nen neuen Fanclub.

BeMi, sollte man vielleicht tun. Da sollte mal ein echter Ökonom den ganzen Didaktikern zeigen wo der Hammer hängt und die Lehrpläne durchforsten, jeglichen Wildwuchs ratzekahl wegschneiden. Abba genau.

Gruß
Talisker

 

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerHeute: Niedersachsen

 
  
    #15
30.07.05 18:51
Die einen nennen es Ganztagsschule. Die anderen nennen es Etikettenschwindel. Ein Witz. Bildung is uns echt wichtig, ey.



"Das riecht nach Vetternwirtschaft"

Von Julia Maria Bönisch

130 neue Ganztagsschulen will Niedersachsen einrichten, so die frohe Botschaft des Kultusministers Bernd Busemann. Das Land winkt allerdings nur Bundes-Millionen durch und steuert keinen Cent bei. Besonders pikant: Der größte Einzelbatzen geht nach Dörpen - Busemanns Heimatort und Wahlkreis.

Der Schock saß tief nach der Veröffentlichung der ersten Pisa-Studie. Als eine der Reaktionen auf das schlechte Abschneiden deutscher Schüler startete Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) ein Programm zur Ganztagsbetreuung in der Schule. Für die Förderung von Ganztagsschulen stellt der Bund bis Ende 2007 insgesamt vier Milliarden Euro zur Verfügung. Damit - so der Plan - sollen in allen 16 Bundesländern zusammen etwa 10.000 neue Angebote entstehen.

Der Haken an der Sache: Bildungspolitik ist Ländersache, vor allem die unionsregierten Länder verbitten sich jede Einmischung des Bundes und wehrten sich zunächst gegen das Geldgeschenk des Bundes, das sie letztlich aber doch nicht ablehnen wollten. Die Mittel aus Berlin dürfen aber nur für Renovierungen, den Aus- oder Neubau von Ganztagsschulen verwendet werden. Alles weitere, also auch die Entscheidung darüber, ob neue Lehrer für den Nachmittagsbetrieb eingestellt werden, liegt in der Hand der Länder.

Die Finanzspritze war als Anreiz gedacht: Der Bund zahlt für Gebäude, die Länder legen noch ein bisschen drauf für neue Stellen. Doch Niedersachsen zieht nicht mit. "Eine vollständig vom Land mit zusätzlichen Lehrerstunden oder dem entsprechenden finanziellen Budget ausgestatte Ganztagsschule würde das Land rund 200.000 Euro zusätzlich kosten", so Kultusminister Bernd Busemann (CDU). Diesen Betrag müsse man hochrechnen auf alle Ganztagsschulen des Landes. "Das macht insgesamt 35,6 Millionen Euro, die bei der derzeitigen Haushaltssituation nicht zu finanzieren wären."

Busemann hat zwar zu den 323 bereits bestehenden Ganztagsschulen jetzt Anträge von 130 weiteren genehmigt, doch Niedersachsen winkt lediglich das Geld des Bundes durch und steuert keinen Cent selbst bei. Die zusätzliche Arbeit sollen beispielsweise gemeinnützige Vereine, die Kirchen oder der Landessportbund übernehmen. Busemann verweist auf Kooperationsvereinbarungen der Verbände mit den Kommunen. "Das sind keine Billigangebote", so der Minister.

"Ehrentitel" Ganztagsschule - ein Etikettenschwindel?

Für die Finanzierung der zusätzlichen Nachmittags-Stunden würden die Kommunen in die Pflicht genommen, befürchtet die SPD-Landtagsabgeordnete Karin Stief-Kreihe. "Herr Minister Busemann sollte nicht nur Projekte entwickeln, sondern dafür auch das notwendige Personal und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen."

Zudem seien in Niedersachsen zwar einige Schulen als Ganztagsschulen anerkannt worden, erhielten aber trotzdem keine finanzielle Unterstützung, kritisiert die Grünen-Abgeordnete Ina Korter. Davon betroffen sind in Niedersachsen 31 Schulen, wie der Büroleiter des Kultusministers, Heiner Hoffmeister, bestätigt.

"Diese Schulen dürfen sich jetzt zwar ein Schild mit der Aufschrift 'Ganztagsschule' an ihre Türen hängen. Realisieren sollen sie das aber ohne zusätzliches Geld", so Korter. Ob die Schulen diesen "Ehrentitel" überhaupt annähmen, sei nun fraglich.

Für Diskussionen in Niedersachsen sorgt ein weiteres pikantes Detail: "Es ist schon auffällig, dass 16 von 17 neu in Busemanns Heimatkreis Emsland genehmigten Ganztagsschulen Investitionsmittel bekommen", sagt Korter. Genauso würden zehn von elf Schulen in Osnabrück - der Heimatregion von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) - bedacht. "Zum Vergleich: In Hannover bekommen von sieben neu genehmigten Ganztagsschulen nur zwei Investitionsmittel."

Sechs Millionen für den Wahlkreis

Und der höchste Einzelbetrag geht ausgerechnet an Busemanns Heimatgemeinde Dörpen. Fast sechs Millionen Euro sollen an das dortige Gymnasium, an eine Haupt- und Realschule fließen. "Das riecht geradezu nach Vetternwirtschaft", so Korter. Andere Schulen fühlten sich "verschaukelt". Busemann habe bisher nicht offen gelegt, nach welchen Kriterien die Mittel des Bundes verteilt wurden.

Die CDU wehrt sich gegen den Verdacht der Opposition: Von "bösartigen Unterstellungen" sprach der Bildungsexperte Karl-Heinz Klare. Und auch Busemanns Büroleiter Heiner Hoffmeister kann die Aufregung der Grünen nicht nachvollziehen. Erstens würden von den sechs Millionen in Dörpen nicht nur eine, sondern zwei Schulen profitieren. "Wenn man den Betrag also splittet, sind die Einzelsummen gar nicht mehr so hoch", so Hoffmeister. Zweitens seien die Ansprüche Dörpens aus den allgemein bekannten Vergaberichtlinien abgeleitet worden. Und diese Richtlinien seien schon länger bekannt - auch den Grünen.


Hoffmeister verbittet sich daher jegliche Debatte. "Eine politische Auseinandersetzung mit den Vergaberichtlinien ist von Seiten der Grünen nicht erfolgt, als sie beschlossen wurden." Für eine Grundsatzdiskussion, auf welcher Rechtsgrundlage die Vergabe nach Dörpen erfolgt sei oder warum ausgerechnet Dörpen gefördert wird, sei es jetzt zu spät.

Außerdem entbehre der Vorwurf der Vetternwirtschaft jeder Grundlage. "Frau Korter steht es frei, dazu ihre Meinung zu sagen. Aber mit dem Vorwurf, Herr Busemann verteile die Mittel nach Gutsherrenart, sollte die Dame sehr vorsichtig sein."

Noch ist die Prüfung des Antrags aus Dörpen nicht abgeschlossen. Dass sich der Betrag, der in Busemanns Wahlkreis fließen soll, aber noch ändert, hält Hoffmeister für ausgeschlossen. Er dreht den Spieß um: "Wo kämen wir denn da hin, wenn Dörpen benachteiligt würde, nur weil es die Heimat unseres Kultusministers ist?"

http://www.spiegel.de/unispiegel/geld/0,1518,367324,00.html
 

13475 Postings, 9158 Tage SchwarzerLordNichts zu sagen zu PISA

 
  
    #16
1
30.07.05 19:07
Bevor wir uns ernsthaft über Bildungschancen, neue Lernformen usw. unterhalten können, muß eine Voraussetzung erfüllt sein: Ein Freund, der das Referendariat absolviert, erzählte mir, daß in seinen Klassen mittlerweile 34 Schüler sitzen. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Kleinere Klassen = bessere Bildung!

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Die Wahrheit vor der Wahl – "das hätten Sie wohl gerne gehabt.“
(Sigmar Gabriel auf die Frage, warum er seinen Vorstoß für Steuererhöhungen nicht vor der Wahl präsentiert habe, Ostthüringer Zeitung, 28.9.02)

 

21799 Postings, 9011 Tage Karlchen_IDer unterrichtet bestimmt in Bayern o. T.

 
  
    #17
30.07.05 19:09

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerNee, Karlchen

 
  
    #18
30.07.05 19:14
Kann dir z.B. in Nds. auch passieren. Hoch lebe die individuelle Förderung. Und nu noch nachmittags durch die freiwillige Feuerwehr.  

21799 Postings, 9011 Tage Karlchen_ISach ich nur: absolute Sauerei. o. T.

 
  
    #19
30.07.05 19:25

24273 Postings, 8969 Tage 007BondUmso mehr wundert,

 
  
    #20
30.07.05 19:47
dass, obwohl wir doch einen so geringen "Nachwuchs" haben, sich die Anzahl der Schüler pro Klasse in den letzten Jahren deutlich erhöht haben.  

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerNee, 007Bond

 
  
    #21
30.07.05 20:34
Im Moment rollt ein Schülerberg. Darum funktionieren ja auch nicht alle Tricks (die natürlich weidlich ausgenutzt werden, z.B. Erhöhung der Klassenfrequenz, gibts aber noch einiges mehr), müssen ein paar Lehrer eingestellt werden.
Andererseits, muss man zugestehen, ab 2010 oder so gehts wieder runter und da will man nicht auf zu vielen neueingestellten Lehrern sitzen bleiben - die Gefahr bei der derzeitigen Unterversorgung (und da denke ich noch gar nicht an die "Ganztagsschule") ist aber noch lange nicht in Sicht.
Gruß
Talisker  

13475 Postings, 9158 Tage SchwarzerLordKarlchen, das dürfte bundeslandübergreifend gelten

 
  
    #22
30.07.05 22:04
Der Kumpel "dient" übrigens im Studienseminar Frankfurt (II oder III?).

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Die Wahrheit vor der Wahl – "das hätten Sie wohl gerne gehabt.“
(Sigmar Gabriel auf die Frage, warum er seinen Vorstoß für Steuererhöhungen nicht vor der Wahl präsentiert habe, Ostthüringer Zeitung, 28.9.02)

 

36845 Postings, 7624 Tage TaliskerDer dt. Sonderweg is der Beste

 
  
    #23
30.10.05 17:15
bei der sozialen Selektion... Sind wir immerhin in einem Bereich führend.
Toll.


Pisa-Ländervergleich
Chancenungleichheit in Schulen wächst

30. Oktober 2005 Die soziale Herkunft entscheidet in Deutschlands Schulen stärker als früher über den Schulerfolg eines Kindes. Das geht aus dem zweiten Pisa-Bundesländer-Vergleich hervor, den die Kultusminister an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen wollen.

Selbst bei gleicher Intelligenz und gleichem Wissensstand hat ein 15 Jahre alter Schüler aus reichem Elternhaus eine viermal so große Chance, das Gymnasium zu besuchen und damit das Abitur zu erlangen, als ein Gleichaltriger aus einer ärmeren Familie.

Schulsystem versagt bei Förderung

Insgesamt ist der Wissensvorsprung der 15 Jahre alten Schüler aus der Oberschicht (Akademiker, Führungskräfte) laut der neuen Pisa-Untersuchung gegenüber dem ersten Test im Jahr 2000 noch deutlich gewachsen. In Mathematik und Naturwissenschaften sind diese Schüler inzwischen Gleichaltrigen aus Arbeiterfamilien im Bundesdurchschnitt mehr als 100-Pisa-Punkte voraus - was einem Lernfortschritt von deutlich mehr als zwei Schuljahren entspricht.

Bereits der erste Pisa-Test hatte belegt, daß in keinem anderen Industriestaat der Welt das Schulsystem bei der Förderung von Arbeiter- und auch Migrantenkindern so sehr versagt wie in Deutschland. In Bayern ist die Chancenungleichheit auf dem Weg zum Abitur besonders stark ausgeprägt. Kinder aus der Oberschicht haben dort eine 6,65 Mal größere Chance, das Gymnasium zu besuchen und die Reifeprüfung abzulegen, als Schüler aus einem Facharbeiterhaushalt.

Text: FAZ.NET mit Material von dpa
Bildmaterial: AP

http://www.faz.net/s/...C3B02F1E83C9A31AB9~ATpl~Ecommon~Scontent.html  

21799 Postings, 9011 Tage Karlchen_ITalisker - der Statistik nennt man das

 
  
    #24
30.10.05 18:39
"latent structure"


Man konnte früher mühelos einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Geburtenhäufigkeit und der Zahl der Störche zeigen. Dahinter stand aber: Das Störche im wesentlichen auf dem Land vorkommen, und es eben auf dem Land mehr Kinder gab als in der Stadt.


Wird bei Pisa ähnlich sein hier stecken hinter den Arbeitern im wesentlichen die Ausländer, die eben die 100 Punkte hinter den heimischen Kindern zurückliegen. Wobei ich nicht sage, dass es auch unter den Deutschen Leistungsunterschiede je nach Herkunft gibt.  

10041 Postings, 8080 Tage BeMiSchon würde man in die Nazi-Ecke gestellt werden,

 
  
    #25
30.10.05 20:18
wenn man die These aufstellen würde,
daß mit der gescheiterten Integration der
Ausländer
Deutschland viele, viele Probleme bekam,
z.B. großer Anteil der Immigrantenkinder an den
ca. 20 % eines jeden Jahrgangs, die weder einen
Schulabschluß noch Ähnliches haben,
die keiner in unserer Gesellschaft gebrauchen kann,
usw., usw.
Aber wen wundert es, ein Ehrenmord wird ja auch unter dem Aspekt
des ursprünglichen nationalen Umfelds gesehen und
milder beurteilt.
Usw., usw.
Blauäugigkeit läßt grüßen!  

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