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Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 06.11.08 22:22 | ||||
Eröffnet am: | 06.11.08 22:04 | von: Beasthunter | Anzahl Beiträge: | 6 |
Neuester Beitrag: | 06.11.08 22:22 | von: Beasthunter | Leser gesamt: | 3.198 |
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Der Weltwirtschaft droht die Rezession. Stahlhersteller wie ArcelorMittal fahren ihre Produktion zurück, die Rohstoffnachfrage bricht ein: Unter all dem leidet vor allem die Schifffahrtsbranche. Viele Frachter dümpeln in den Häfen, die Insolvenzgefahr wächst.
Lange Zeit achtete die Welt vor allem auf den Londoner Interbankensatz Libor. Doch inzwischen gewinnt ein anderes Barometer an Bedeutung: Der Baltic Dry Index. Er gibt Frachtraten wider und gilt als wichtiger Frühindikator für die Weltwirtschaft. Momentan verheißt er nicht Gutes. Er liegt bei 815 Zählern, der tiefste Stand seit 1999. Eine Branche leidet besonders darunter: Die Schifffahrt.
In der Shipping-Industrie herrscht Endzeitstimmung. Auf den wichtigen Routen zwischen Asien und Europa sowie den USA ist die Nachfrage nach Schiffsraum förmlich eingebrochen. "Im Augenblick subventionieren die Schifffahrtslinien jeden Container von Asien nach Europa mit 1000 $", sagte Eivind Kolding, Chef der weltgrößten Linienreederei Maersk, Ende Oktober vor Branchenvertretern in Berlin.
Dazu kommt, dass die Vertrauenskrise unter den Banken inzwischen auch direkte Auswirkungen auf die Schifffahrt hat. Die Banken zögern, Akkreditive auszustellen und anzuerkennen, mit denen sie dem Versender garantieren, dass seine Ware vom Empfänger bezahlt wird. Als Folge bleibt Ladung in den Häfen liegen.
Schon jetzt liegen zahlreiche Schiffe ungenutzt im atlantischen und pazifischen Ozean. Das Grundproblem: Die Frachtraten sind so tief, dass sie die Betriebskosten nicht länger decken. Laut der indischen Beratungsgesellschaft I-Maritime betragen die täglichen Kosten eines Panamax-Schiffes - das ist ein Frachter, der gerade noch durch den Panama-Kanal passt - 7000 $. Momentan lägen die Raten aber nur bei durchschnittlich 5000 $. "Wenn sich das in den nächsten drei bis sechs Monaten so fortsetzt, werden 10 bis 20 Prozent der Flotte leer auf den Weltmeeren treiben", sagte Ramesh Singhal, Vorstandsvorsitzender von I-Maritime.
Die ersten Reeder haben sogar damit begonnen, Schiffe stillzulegen. Die Lage könnte sich noch verschärfen, wenn im nächsten Jahr die ersten der neuen Riesenschiffe abgeliefert werden, die auf dem Höhepunkt des Booms bestellt wurden. Als eine der ersten Reedereien beorderte Neptun Oriental Lines (NOL) in Singapur Containerriese zurück an die Piers. Konkret geht es dabei um 40 Containerschiffe, die NOL gemeinsam mit den Partnerunternehmen MOL und Hyundai Merchant Marine zurückzieht.
Nach Angaben von NOL-Vorstandsvorsitzenden Ron Widdows sollen so 200 Mio. $ jährlich gespart werden. Im dritten Quartal musste das Unternehmen einen Gewinnrückgang von 82 Prozent gegenüber dem Vorjahr verkraften. Für das vierte Quartal drohe sogar der erste Verlust seit 2002, sagte Widdows. "Für das, was für momentan beobachten, gibt es keine Erfahrungswerte. Die gesamte Situation auf dem Weltmarkt hat sich fundamental geändert", sagte Widdows.
Einer der wichtigsten Gründe für die Krise der Schiffahrtbranche ist der Abschwung der Weltkonjunktur. Der Internationale Währungsfonds geht 2009 für die Industriestaaten vom langsamsten Wachstum seit 1982 aus. Die US-Wirtschaft schrumpfte bereits im dritten Quartal um auf das Jahr hochgerechnet 0,3 Prozent. Als Folge davon geht auch die Rohstoffnachfrage von Ländern wie China oder Brasilien zurück, deren Großteil der Exporte an die Industrieländer geht. Besonders betroffen sind Eisenerz und Kohle, die wichtig für die Stahlindustrie sind. Nicht zuletzt wegen den Absatzeinbrüchen der Automobilindustrie gingen die Stahlnachfrage und damit die Stahlpreise zuletzt deutlich zurück.
Die Stahlhersteller reagieren auf die Krise. Der weltgrößte Produzent China wird nach aktuellen Schätzungen des Central Iron & Steel Institute den Ausstoß im vierten Quartal um 20 Prozent verringern. In Japan fahren die Schmelzen ihre Produktion so stark zurück wie seit fünf Jahren nicht mehr. UBS-Analyst Atsushi Yamaguchi rechnet für die Branche auch 2009 mit einem Rückgang der Stahlherstellung um 8,3 Prozent gegenüber 2008.
ArcelorMittal fährt Produktion zurück
Fährt die Produktion zurück: ArcelorMittal-Chef Lakshmi Mittal
Weltmarktführer ArcelorMittal kündigte am Mittwoch an, die Produktion vorübergehend um 30 Prozent zu drosseln und seine Wachstumspläne ersteinmal auf Eis zu legen. "Der wichtigte Faktor für die Stahlindustrie ist Weltwirtschaft", sagte ArcelorMittal-Finanzchef Aditya Mittal anlässlich der Ergebnisse im dritten Quartal. In den Monaten von Juli bis September erwirtschaftete das Unternehmen einen Gewinn von 8,5 Mrd. $, 76 Prozent mehr als im Vorjahr.
Existenziell bedrohlich ist die Situation für viele Schrotthändler. Altmetall - "Scrap Metal" genannt - war über Monate als Ersatz für neuen Stahl stark gefragt. Doch jetzt brechen die Preise ein. Zuletzt habe sich die Tonne von 730 $ auf 120 $ verbilligt, sagte Jeff Allman, Managing Director beim Metallhändler Kataman Metals in St. Louis. Die australische Sims Group, der weltgrößte Recycler von Altmetall, kündigte im Oktober an, dass der Absatz sinkt und Abschreibungen auf das Lager wahrscheinlich seien. "In China, Indien und Europa kämpfen die Altmetall-Käufer ums Überleben. Viele haben einfach nicht das Geld, ihren Verpflichtungen nachzukommen", sagte Bob Garino, Leiter Rohstoffe am Institute of Scrap Recycling in Washington.
Hedge-Fonds freuen sich über Preisverfall
Für die Schiffahrtindustrie ist diese Entwicklung katastrophal. "Um es deutlich zu sagen: Da findet momentan ein Blutbad statt. Die Schiffe treiben ungenutzt auf den Ozeanen umher", sagte ein Broker, der ungenannt bleiben möchte, dem "Metall Bulletin". Mehrere Unternehmen mussten bereits Insolvenz anmelden. Dazu zählen der ukrainische Anbieter Industrial Carriers und Britannia Bulk Holdings. Der britische Schiffseigentümer schlitterte Ende Oktober in die Zahlungsunfähigkeit.
Doch es gibt auch einige wenige, die sich über den Verfall der Frachtraten freuen. Wie beispielsweise der Hedge-Fonds Castalia Springs auf den Cayman-Islands. Im September legte der 160 Mio. $ schwere Fonds um 6,8 Prozent zu, im Oktober trotzte erneut den Turbulenzen auf den Kapitalmärkten und verbesserte sich um 0,8 Prozent. Der Grund: Castalia hatte auf fallende Frachtraten gewettet. "Wir hatten das Gefühl, dass es Probleme auf den Finanzmärkten gibt und die Jungs aus der Schifffahrt es deutlich übertrieben hatten", sagte Philipe van den Abeele in einem Interview.