Culture Club
Seite 1582 von 2362 Neuester Beitrag: 20.04.24 11:45 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.12 21:13 | von: Fillorkill | Anzahl Beiträge: | 60.035 |
Neuester Beitrag: | 20.04.24 11:45 | von: Fillorkill | Leser gesamt: | 5.812.259 |
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Du befasst dich eigentlich mit eben diesen Monumenten und stellst dabei die Relevanzfrage. Klassische Oper wäre da für dich irrelevant, weil Echo einer längst untergangenen feudalen Welt und heute anti-egalitäres Genuss- wie Refeferenzobjekt einer bourgeoisen Elite. Soweit die Oper und die Musik der Klassik lediglich stur reproduziert wird, ganz so als hätte sich in den letzten Jahrhunderten nichts wesentliches ereignet, würde ich dir sogar zustimmen. In dem Fall würde ich von gehobenen Handwerk sprechen, keinesfalls von Kunst. An relevanten Bühnen kommt dergleichen allerdings kaum vor, stattdessen bemüht man sich um Adaption, sprich um ein Crossover aus den der Klassik abgelauschten zeitlosen Leidenschaften und ihrer zeitgenössischen Lebensumgebung.
Persönlich verfolge ich ein anderes Konzept, das ich 'Hochkultur' nenne, als einen kontinuierlichen Faden im kulturellen Überbau der Menschheit seit Beginn der Zivilisation. Verkürzt beschreibt dieser Überbau jenen ideellen Raum, in dem 'die Qual' oder 'das Unheil' aufgehoben wird, aus dem das empirische Leben nicht selten besteht. Eine temporär autonome Zone, die immer existiert und immer erreichbar bleiben wird, ganz gleich, wie bitter die Schläge im empirischen auch ausfallen mögen. Dieser (globalen) Zone fühle ich mich verbunden und allen, die sie heute bewohnen sowie allen, die sie vor Urzeiten bewohnt haben. Ich bin nicht allein und kann es auch gar nicht sein. Hochkultur wird heute weitestgehend in der popkulturellen Avantgarde repräsentiert, aber ihre Leitmotive hatten schon die Vorväter aus der polyphonen Renaissance (sog 'pre-ambient')bewegt.
Georg Herolds „Ziegelneger“ sorgt im Städel-Museum für Aufregung. Auf die Kritik antwortet das Städel, dass das Werk durch und durch antirassistisch sei. Doch ist dem wirklich so?
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/kultur/...herold-16838859.html
Jaja, Kultur ist ein "weites Feld", man mag sich gar nicht mehr vorstellen, wie es war, als man auf die "Anweisungen" von Galerist*innen + Kritiker*innen angewiesen war, die "uns" den rechten Weg wiesen.
Hochkultur, ist eine interessante Idee.
Ich kam erst überhaupt nicht klar damit. Es war ein Schock für mich. Ich hatte aber noch kaum eine Ahnung von "Gegenwartskunst" und hielt Picasso und Klee für moderne Kunst und die Malerei für die logische Fortsetzung der "Moderne". Doch mit Installationen hatte ich sehr Mühe.
Diese Ansammlung von Gegenständen, Materialien und Tafeln nervte mich nur. So sehr, dass ich in die Bibliothek ging und über diesen Künstler Nachforschung betrieb. Ich wurde fast süchtig. Das war ein Genie.
Das Kapital sei die künstlerische Kraft in jedem selbst, meinte der. Also nicht primär die wirtschaftliche und kulturelle (Bildung und Erziehung).
Jeder ist ein Künstler, der etwas aus sich bildet. War eines seiner berühmten Zitate, doch wurde es verkürzt auf, jeder ist ein Künstler, was dann der konsumistische Teil der Aussage ist, man muss ja dann gar nix machen und es ist Kunst, doch eben aus sich etwas bilden, was nicht gegeben ist von Aussen oder Innen, denn das muss man ja nicht bilden. Etwas bilden, bedeutet doch, man weiss noch gar nicht was das ist, bevor es gebildet ist. So können Dinge entstehen, auch Weltanschauungen und Ideen, welche man sich gar nicht ausdenken kann, da das Denken sich nur auf Vorhandenes (Wissen, Kultur) stützen kann.
Hier ein Fill-Favorit, der Post-Minimalist Sean Scully ('Talent comes from Need') :
Die Besternung ist ja vielleicht hier in diesem Faden auch nur ein Zeichen, dass überhaupt jemand das Gepostete angeschaut hat.
Ist es wichtig? Also um bei Beuys zu bleiben, wohl : nein ?, denn es geht ja um das Bilden aus sich selbst, nicht um das Einbilden aus anderen und da muss es keine Rolle spielen, ob es jemandem gefällt was man tut, da ja auch niemand die eigentliche Motive kennt, weshalb es jemand tut und der innere Prozess, der dabei stattfindet.
Doch aus sich selbst kann man eben auch nur beschränkt bilden, da man ja nur aus bereits vorhandenem umbildet, nicht was selbstständiges und unabhängiges bilden kann, wenn man nicht Umwelt, Kultur, Geschichte und Mitmenschen einbezieht als Elemente der eigenen Realität.
So ist Kultur vielleicht ein sich selbst bauendes Gebäude, wenn man es zulässt und sich nicht abkapselt gegen Dinge, die einem erst mal nicht verständlich sind oder nicht gefallen oder provozieren. Bildet man nur aus solchen Dingen was in sich selbst, die man kennt und gut oder schlecht findet, würde man ja gar nix bilden, nur einbilden und umbilden, doch der Kern bliebe der Selbe, beschränkt auf sich. Deshalb habe ich mir auch schon eine Oper angeschaut und sogar ein Musical, das war dann aber noch um ein Grad schlimmer für mich als die Oper, obwohl die Darsteller aus meiner Sicht um einige Grade attraktiver waren. Doch das Musical tut nicht so, als wäre es "Hochkultur", sondern ist Unterhaltung und will gar nix anderes sein. Unterhaltung ist auch Kultur, aber sie ist nicht Kunst, weil sie vorhandene Erwartungen erfüllen will und nicht sabotieren, somit der Anspruch nach Auseinandersetzung auf die oberflächliche Ebene beschränkt bleibt, (erfüllte oder unerfüllte Erwartungen, bestimmen den Grad der Befriedigung (besternung)).
Hier noch ein kulturelles Schockerlebnis, Allzu viele hatte ich nicht davon, der Film von Michael Haneke: Funny Games (97). Er spielt mit den Elementen eines Hollywood Trillers mit sehr bösen Leuten und sehr armen und unschuldigen Opfern und man hofft und bangt mit den Opfern, und wartet, dass sie sich aus der Not befreien und die Täter erledigen, man will geradezu sie brutal verrecken sehen. Doch das passiert nicht, sie bringen alle um. Darunter ein Junge, der in einer Szene dargestellt ist, wie ich es noch nie in einem Film gesehen habe, voller Not und Panik und Angst. Es nutz ihm aber nix, wie fest man als Zuschauer auch hofft, es wird ihm das Hirn aus dem Kopf geschossen und spritz an die Wand und die Bösen gehen am Ende des Filmes zur nächsten Familie. Ich bin völlig geschockt aus diesem Film gelaufen und hasste den Regisseur, heute finde ich ihn einen der besten in Europa, weil ich dem nachgesehen musste, was das sollte.