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Neuester Beitrag: 01.12.04 20:52
Eröffnet am:01.12.04 13:48von: PichelAnzahl Beiträge:5
Neuester Beitrag:01.12.04 20:52von: archi112Leser gesamt:946
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25951 Postings, 8361 Tage Pichellesenswert

 
  
    #1
01.12.04 13:48
Vor uns die Sintflut
Bei einer Korrektur des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits droht Deutschland eine tiefe Rezession
Von Wolfgang Münchau
Die für uns wichtigste Konsequenz der
Wiederwahl von George W. Bush hat
nur indirekt etwas mit dem Krieg oder
dem transatlantischen Verhältnis zu tun,
sondern mit der Wirtschaft. Bush ist auf dem
besten Wege, den Defizitrekord von Ronald
Reagan zu brechen. Das amerikanische Leistungsbilanzdefizit
wird in diesem Jahr einen
Wert von sechs Prozent vom Bruttoinlandsprodukt
(BIP) erreichen. Vor vier Jahren bestand
ein großer Teil dieses Defizits aus Investionen
aus dem Ausland. Heute besteht es fast
nur noch aus Konsum. Die USA leben derart
über ihre Verhältnisse, dass eine harte Korrektur
unausweichlich ist. Keiner kann sagen,
wann sie kommen wird. Dass sie kommen
wird, damit sollte jeder Wirtschaftspolitiker in
Europa rechnen und Vorsorge treffen.
Die Konsequenzen dieser Korrektur sind
gigantisch, und zwar nicht nur für die USA,
sondern für die Weltwirtschaft insgesamt. In
Europa und insbesondere in Deutschland
sind wir darauf nicht vorbereitet. Hier geht es
nicht einfach um einen (wahrscheinlichen)
Verfall des Dollar, den man eventuell sogar
durch Devisenmarktinterventionen so einigermaßen
unter Kontrolle bringen könnte. Es
handelt sich um tektonische Verschiebungen
in der globalen Wirtschaftsnachfrage.
Ende des deutschen Exports
Zwei der berühmtesten internationalen Ökonomen,
Maurice Obstfeld und Kenneth Rogoff*,
haben dieses Thema vor kurzem analysiert
und eine alarmierende Schlussfolgerung
gezogen: Eine Korrektur des amerikanischen
Leistungsbilanzdefizits, ausgelöst etwa durch
eine Finanzkrise oder einen Crash an den Immobilienmärkten,
würde zu einem dramatischen
Verfall des Dollar führen, zwischen 20
und 40 Prozent – eine Größenordnung, bei der
Interventionen nichts mehr bewirken können.
Eine 40-prozentige Abwertung des Dollar
würde, je nachdem ob man die Rechnung
auf der Grundlage des Euro-Dollar- oder des
Dollar-Euro-Wechselkurses tätigt, einen Kurs
von 1,80 € beziehungsweise 2,20 € bedeuten.
Bei derartigen Kursen würde der deutsche Export
nicht einbrechen. Er würde aufhören.
Nach dem viel zu kurzen und schwachen
Aufschwung droht dem Euro-Gebiet, allen voran
Deutschland, eine tiefe Rezession. Wenn
sich das amerikanische Leistungsbilanzdefizit
schließt, kommt es zu einer Kettenreaktion.
Sie fängt damit an, dass die Amerikaner
weniger inländische Güter und vor allem weniger
heimische Dienstleistungen konsumieren.
Es folgen der Verfall des Dollar und eine
Verschiebung der globalen Nachfrage zu
Ungunsten der USA und zu Gunsten Europas
und Asiens. Man könnte meinen, dies sei aus
europäischer Sicht zu begrüßen. Das wäre
aber nur dann der Fall, wenn es den Europäern
und den Asiaten gelänge, im heimischen
Dienstleistungssektor Nachfrage zu erzeugen,
denn die Europäer werden nicht mehr amerikanisch
produzierte Waren kaufen. Das hat
etwas mit Präferenz zu tun, aber auch damit,
dass die Amerikaner nicht mehr so viele Exportgüter
wie einst produzieren.
Nur sind die Dienstleistungssektoren in
Europa, und vor allem in Deutschland, dermaßen
sklerotisch, dass man sich hier nicht
zu viel versprechen sollte. Die Sektoren, auf
die es ankommt, sind der Einzelhandel und
die Finanzdienstleister. Den deutschen Einzelhandel
plagt eine ganze Reihe von uralten
Strukturproblemen. Die Karstadt-Krise zeigt,
dass sich der deutsche Einzelhandel seit den
70er Jahren nicht weiterentwickelt hat. Im Internet-
Shopping ist Deutschland ein Entwicklungsland.
Nicht nur die Ladenschlusszeiten
sind ein Problem, auch die oligopolistische
Struktur eines Marktes, den die Einkaufsgenossenschaften
fest im Griff haben. Die
Sanierung des deutschen Einzelhandels wird
nur durch einen Prozess der kreativen Zerstörung
funktionieren, ganz im Sinne Schumpeters.
Die deutschen Finanzdienstleister sind
ähnlich ineffizient. Wieso nehmen so wenige
Geschäfte Kreditkarten an? Warum erhalten
22-jährige Berufsanfänger keine hundertprozentigen
Hypotheken? Auch im Finanzsektor
ist Deutschland in der Entwicklung irgendwann
in den 70er Jahren stehen geblieben.
Im Bann der Industrie
Was haben Einzelhandel und Finanzdienstleister
mit dem Dollar zu tun? Wenn der Dollar
einbricht, wären wir nicht in der Lage, den
Verlust an Arbeitsplätzen im Exportbereich zu
kompensieren, indem sich die Nachfrage in
den Dienstleistungssektor kanalisiert. Es
stimmt sicherlich, dass in Deutschland die
Industrie eine größere Rolle spielt als in den
USA. Aber selbst in Deutschland macht die Industrie
nur ein Viertel des BIP aus (15 Prozent
in den USA), mit sinkender Tendenz. In der
modernen Wirtschaftsforschung spielt dieser
so genannte „non-traded goods sector“ im
Gegensatz zum klassischen Warenhandel eine
immer wichtigere Rolle. In der deutschen Debatte
ist dieser Sektor nahezu nicht existent.
Dort geht es immer nur um die Auto- oder
Chemieindustrie in der irrigen Annahme,
Volkswagen stünde repräsentativ für die
Volkswirtschaft insgesamt.
Mit einem vorsintflutlichen Dienstleistungssektor
und einer vorsintflutlichen Wirtschaftspolitik
ist Deutschland für die Sintflut
nicht gerüstet. Dabei braucht Deutschland
das Rad nicht neu zu erfinden. Die Bemühungen
der Europäischen Kommission zur
Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte,
insbesondere der Finanzdienstleister, sind
ein Schritt in die richtige Richtung und sollten
von der Bundesregierung unterstützt werden.
Stattdessen starrt der Bundeskanzler wie gebannt
auf die Industrie. Hier ist eine Politikwende
dringend geboten.
*The unsustainable US current account position
revisited, Maurice Obstfeld and Kenneth Rogoff,
NBER Working Paper 10869
E-MAIL: wolfgang.munchau@ft.com
Wolfgang Münchau ist Kolumnist der Financial
Times und der FTD. Er schreibt jeden Mittwoch
an dieser Stelle.


...be happy and smile

Gruß Pichel

 

6164 Postings, 7664 Tage albertoPichel, wir wollen witze von Dir! ;-) o. T.

 
  
    #2
01.12.04 13:54

25951 Postings, 8361 Tage PichelBist Du in den 50-, 60- oder 70-ern aufgewachsen ?

 
  
    #3
01.12.04 19:34
Bist Du in den 50-, 60- oder 70-ern aufgewachsen .. ¿Wie hast Du bloss überlebt?  




1.- Die Autos hatten keine Sicherheitsgurte, Kopfstützen und erst recht keine Airbags  



2.- Auf dem Rücksitz wars lustig und nicht gefährlich.  



3.- Die Gitterbetten und Spielzeuge waren bunt oder zumindest mit bleihältigen oder anderweitig giftigen oder bedenklichen Lacken gestrichen.  



4- Es gab keine Kindersicherungen an Steckdosen, Autotüren, Arzneiflaschen und chemischen Haushaltsreinigern.            

5.- Man konnte ohne Helm Fahrradfahren.  



6.- Man trank aus dem Gartenschlauch oder sonstigen Quellen und nicht Mineralwasser  aus sterilen  Flaschen...  



7.- Wir bauten Seifenkisten,  und diejenigen, die das Glück hatten, an einer abschüssigen Asphaltstrasse zu wohnen, konnten versuchen Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen und eventuell auf halbem Weg feststellen, dass man an der Bremse gespart hatte  . Nach einigen Unfällen   war auch meistens auch dieses Problem gelöst !.  

8.- Man durfte zum Spielen     mit der einzigen Kondition, dass man vor dem finsterwerden wieder nach Hause kam.    

Es gab kein Handy...    und niemand wusste, wo wir uns rumtrieben. Unglaublich .

9- Die Schule dauerte bis Mittag  , man kam zum Mittagessen nach Hause  .

10.- Wir hatten Schürfwunden  , gebrochene Knochen  , auch eingeschlagene Zähne  , aber niemals wurde jemand deswegen verklagt - auch wenn eine kleine Rauferei im Spiel war. Niemand hatte Schuld - nur wir selbst.  

11.- Wir konnten Süssigkeiten verdrücken   und Butterbrote   , Getränke mit richtigem Zucker trinken   und niemals hatten wir Gewichtsprobleme -  weil wir immer draussen spielen und aktiv war...      



12.- Wir konnten uns zu viert eine Limonade (später Doppelliter) teilen... aus derselben Flasche/Krug trinken, ohne dass jemand davon gestorben wäre.  



13.- Wir hatten keine Playstations, Nintendo 64, X boxes, Vídeospiele  , 99 Kabelkanäle  , Videorecorder  , Dolby surround , Handy's  , Computer  , chatrooms im Internet  ... Sondern Freunde.    



14.- Wir konnten raus, zu Fuss oder mit dem Fahrrad Freunde besuchen auch wenn sie mehrere km weit entfernt wohnten,   anklopfen oder einfach ohne anzuklopfen ins Haus gehen und ihn zum Spielen abholen.  



15.- ¡Ja draussen, in der grausamen Welt! ¡Ganz ohne Aufpasser! ¿wie war das nur möglich?. Wir spielten Fussball auf ein Tor und wenn mal einer nicht in die "Selektion" aufgenommen wurde, gabs kein psychisches Trauma und keinen Weltuntergang.  

16.- Einige Schüler waren vielleicht nicht so gut wie andere, und wenn sie sitzenblieben musste das Jahr wiederholt werden. Niemand wurde deswegen zum Psychologen, oder Psychopädagogen geschickt. Niemand hatte Dislexia,  Konzentrationsprobleme oder war Hyperaktiv, es wurde einfach das Jahr wiederholt und jeder bekam seine Chance.    

17.- Wir hatten Freiheit  , Rückschläge  , Erfolge  , Aufgaben       ...und lernten damit umzugehen.

Die Preisfrage ist nur:  wie schafften wir's all dies zu überleben???   Und vor allem wie konnten wir nur unsere Persönlichkeiten entfalten .





Sicher werden sie sagen, wir lebten langweilig - aber -



Wir waren glücklich!!!!!! oder????




...be happy and smile

Gruß Pichel

 

24 Postings, 7572 Tage minerslesenswert

 
  
    #4
01.12.04 20:09
Keine Spur von Langeweile ,war ne tolle Zeit. Auf den Punkt getroffen.
Gruß miners  

22 Postings, 7130 Tage archi112Pichel, welche 50- 60- 70er meinst du?

 
  
    #5
01.12.04 20:52
Scheint auch in anderen Jahrhunderten beliebt
gewesen zu sein, die gute alte Jugend und sogar
ganz ohne Auto´s ;-)

Dort in moosumrankten Klüften,
Wo der Kühlung Weste wehn,
Und den Kranz um Schläf und Hüften
Elfen sich im Tanz ergehn.
Dort harr ich des lieben Mädchens,
Wenn durchs Grau der Morgen bricht
Und das grüne Rosenpfädchen
Sanft bestreut mit mattem Licht.
Dort harr ich, wenn sich die Sonne
In des Sees Fluten taucht,
Und der Abend neue Wonne
In des Müden Seele haucht.
Denn nur wenig Jahr durchglühet
Uns der Jugend Götterhauch
Und, ach - nur zu früh verblühet
Uns des Lebens Blütenstrauch.

Joseph von Eichendorff (geb. 1788)  

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