Nachgefragt wurde bei den Ex-Vorstandsmitgliedern Thomas Fischer und Ulrich Cartellieri. Der Streit wurde durch den geplanten Börsengang der Postbank offenkundig. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank plädiert für den Kauf der Postbank, Ackermann war lange dagegen.
Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr, hat der Aufsichtsrat der Deutschen Bank den früheren Bank-Vorstand Thomas Fischer, der heute Chef der West LB ist, das Amt des Vorstandssprechers bei der Deutschen Bank angeboten.
Der 57–Jährige habe aber abgelehnt. Fischer war lange bei der Deutschen Bank und vor zwei Jahren im Streit mit Ackermann aus dem Vorstand des größten deutschen Kreditinstituts ausgeschieden.
Privatkunden vernachlässigtMit der Personalsuche wird offenkundig, dass der Aufsichtsrat der Bank mit dem Kurs Josef Ackermanns unzufrieden ist. Als Übergangschef für die Bank ist auch Ulrich Cartellieri im Gespräch. Der 66-Jährige war von 1981 bis 1997 Vorstandsmitglied der Deutschen Bank.
Zuletzt wurden die Meinungsverschiedenheiten in der Bankspitze in der Frage der Übernahme der Postbank deutlich, die am 21. Juni an die Börse gebracht werden soll.
Während sich der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Rolf E. Breuer für den Kauf des staatlichen Instituts aussprach, hieß es von Ackermann, er lehne diesen Kauf ab. Am Dienstag tagte der Vorstand der Bank und debattierte über die Übernahme. Bis zum späten Nachmittag drang kein Ergebnis nach draußen. Die Deutsche Bank hat den Wert der Post-Tochter auf gut sechs Milliarden Euro veranschlagt. Die Preisvorstellungen des hochverschuldeten Bundes, der die Mehrheit an der Deutschen Post hält, seien zuletzt aber höher gewesen, hieß es in Finanzkreisen.
Die Anteilseigner der Deutschen Bank betrachten den Verkauf der Postbank als einmalige Gelegenheit, den Marktanteil der Bank voranzubringen. Sie hätte damit in Deutschland 20 Millionen Kunden und käme nach den Sparkassen auf den zweiten Platz im Privatkundengeschäft.
Die Geschäfte mit den Privatkunden, die die Deutsche Bank lange vernachlässigt hatte, gelten inzwischen wieder als stabile Ertragsquelle. Die Bank will so offenbar den Anteil des Investmentbankings an den Gesamterträgen von derzeit 75 Prozent auf 60 Prozent senken.
Die Debatte über die Strategie der Deutschen Bank macht das Problem des Geldhauses deutlich, dessen internationale Bedeutung stetig sinkt. Die Bank war noch 1988 gemessen am Börsenwert das zweitgrößte Kreditinstitut der Welt (außerhalb Japans) und rangierte nur knapp hinter der US-Bank Citicorp. Heute steht die Bank auf Platz 16.
Der gebürtige Schweizer Ackermann ist in der Deutschen Bank umstritten, seit er 1996 in deren Vorstand kam, wo er als Nachfolger Rolf Breuers im Mai 2002 das Amt des Vorstandssprechers übernahm. Ackermann gab der Bank eine neue Führungsstruktur und stärkte den Investment-Banking-Zweig, der in London seinen Sitz hat.
Ackermann geriet aber auch deshalb in die Schlagzeilen, weil er in Düsseldorf vor Gericht steht. In seiner früheren Rolle als Aufsichtsrat des Mannesmann-Konzerns soll er sich der Untreue schuldig gemacht haben.
Industrie in SorgeDie Unterstützung für den Bankchef schwand nach seinem Versuch, die Deutsche Bank an die amerikanische Citigroup zu verkaufen. Damit löste er im Aufsichtsrat und bei den Anteilseignern Widerstand aus.
Führende deutsche Industrie-Manager von Konzernen wie Siemens, Allianz oder Thyssen Krupp wurden beim Kanzler und beim Aufsichtsrat der Bank vorstellig, um die Sorge der deutschen Industrie vorzutragen, sie könnte in Zukunft von ausländischen Banken abhängig sein. „Wir brauchen mindestens eine nationale Großbank“, zitierte das Hamburger Magazin Der Spiegel den Aufsichtsratschef eines Konzerns.
Als auch Kanzler Gerhard Schröder in der vergangenen Woche gefordert hatte, die deutschen Banken sollten sich verstärkt zusammentun, kam Bewegung in die Szene. Seitdem zeigt die Deutsche Bank Interesse an der Postbank.
Dieses Interesse steht aber noch vor großen Hürden. So ist die Deutsche Bank Konsortialführer für den geplanten Börsengang der Postbank. Fachleute sehen in der Doppelrolle als Konsortialführer und Übernehmer einen Interessenkonflikt. Unklar ist auch, ob es überhaupt noch zu dem Börsengang kommt.
Ungeklärt ist ebenfalls die Frage, wie die Interessen anderer Banken berücksichtigt werden sollen. So ist von der HypoVereinsbank wie von der Commerzbank bekannt, dass sie ebenfalls an einer Übernahme der Postbank interessiert wäre.
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