Was wird aus Mielkes Büro?
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Eröffnet am: | 15.01.05 15:59 | von: hackedicht | Anzahl Beiträge: | 1 |
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Die Erstürmung der Stasi-Zentrale wird gefeiert - Doch alltags verfällt das alte MfS-Gebäude
Vor genau 15 Jahren brachen couragierte Ost-Berliner der SED endgültig das Genick: Mit der Erstürmung der Stasi-Zentrale an der Normannenstraße in Lichtenberg verlor die Partei ihr wichtigstes Herrschaftsinstrument. Mit einem Tag der offenen Tür im ehemaligen MfS-Hauptarchiv in Lichtenberg und einem großen Programm mit Diskussionen, Lesungen und einem Wolf-Biermann-Konzert wird an die Ereignisse von damals erinnert. (siehe Kasten) Die zuständige Kulturstaatsministerin Christina Weiss (SPD) würdigte kürzlich die Verdienste der DDR-Bürgerrechtsbewegung und erklärte, der 15. Januar sei "für die Demokratie in der wieder vereinigten Bundesrepublik ein bedeutsamer Tag".
Doch im Alltag kümmerte sich die Politik bisher kaum um die einzigartigen Stasi-Hinterlassenschaften an der Normannenstraße. Während das Archivgebäude von der Birthler-Behörde erhalten wird, verfällt die eigentliche Machtzentrale, das Haus 1, zusehends. Dort residierte Erich Mielke seit den sechziger Jahren. Sein Arbeitszimmer, Sekretariat und Privatgemächer sind original erhalten, nirgendwo sonst ist die Mischung aus gardinenbehängter Spießigkeit der DDR und politischer Bösartigkeit der SED so kompakt zu erleben. Doch von den Wänden bröckelt der Putz, Wasser- und Abwasserleitungen sind marode. Wegen der schadhaften Elektrik brach vor einigen Jahren ein Brand aus, unwiederbringliche Ausstellungsstücke gingen verloren.
Das Land Berlin, dem das Haus gehört, hat kein Geld für eine Sanierung, die mehrere Millionen Euro kosten wird. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) will, dass der Bund das Haus, das von nationaler Bedeutung sei, für einen symbolischen Euro ganz übernimmt. Die Kulturministerin hat sich im Dezember zwar bereit erklärt, das Mielke-Haus in "Überlegungen" über ein Gedenkkonzept zur SED-Diktatur "einzubeziehen". Weiss will aber nur die Hälfte der Kosten tragen.
Angesichts des Streits über die Zukunft der Birthler-Behörde (die Berliner Zeitung berichtete) ist derzeit völlig unklar, ob die Stasi-Akten-Behörde das Haus übernimmt, in dem der Herr aller Akten saß. Oder ob die ebenfalls im Hause der Kulturministerin angesiedelte Stiftung Aufarbeitung der DDR-Geschichte das Heft in die Hand bekäme.
Für Marianne Birthler ergibt sich eine klare Zuständigkeit aus dem Stasi-Unterlagengesetz. Für Markus Meckel, Vorstand der Stiftung und SPD-Bundestagsabgeordneter, wäre dies jedoch "keine sehr glückliche Lösung. Denn politische Bildung gehört nicht zum Kerngeschäft der Birthler-Behörde", sagt Meckel. Entscheidend wird aber sein, die jetzigen Betreiber des Mielke-Hauses für eine neue Lösung zu begeistern. Dass das Haus heute überhaupt als Museum existiert, ist dem Bürgerkomitee und der "Antistalinistischen Aktion Berlin" (Astak e.V.) zu verdanken, die 1990 die Initiative ergriff und die Erinnerungsstätte mit spärlichem Landes- und Bundesgeld sowie den Einnahmen von 70 000 Besuchern jährlich betreibt. Astak-Chef Jörg Drieselmann lehnt eine Übernahme ab. Die dezentralen Initiativen, die bisher die Arbeit geleistet hätten, müssten sie auch weiter tun. "Wir brauchen keine zentrale staatliche Aufarbeitungsmaschine", sagt er. Und die Arbeit der Astak und der anderen Initiativen könne sich "trotz des knappen Geldes sehen lassen". Wer sich davon ein Bild machen will: Am Sonnabend hat das Mielke-Museum von 10 bis 17 Uhr geöffnet.