VTG das Schienenlogistikunternehmen
Angesichts der Börsenturbulenzen hält sich der Kurs der VTG AG ja erfreulich gut.
Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die AAE übernommen wurde. Aber für einen Außenstehenden ist es eher schwierig genau zu beurteilen, ob die Übernahme kurzfristig eher positiv oder negativ zu sehen ist (was den strategischen "Benefit" der Übernahme angeht, kann ich als "Nicht-Insider" im Logistikgeschäft erst recht nix sagen.
Ich habe mir die Präsentation der VTG zur Übernahme mal etwas genauer angeschaut. Der Kaufpreis ist schon nicht ohne und beträgt 358 Millionen Euro- davon werden ca. 111 Mio Euro durch die Ausgabe von knapp 7,4 Mio Aktien an den Veräußerer finanziert, 15 Millionen Euro gehen bar an den Veräußerer und ca. 230 Mio Euro werden letztlich über eine Hybrid-Anleihe finanziert.
Dadurch erwirbt VTG zu den vorhandenen knapp 53.000 Waggons weitere 29.300 hinzu und diese sind auch im Schnitt neuer als die VTG Waggons (15 Jahre zu 23 Jahre). Die gesamte Bilanzsumme der AAE beträgt wohl ca. 1,1 Mrd Euro, davon 1,0 Mrd Euro Sachanlagevermögen.
Mit der Firma werden aber auch die Schulden der Firma übernommen und die Nettoverschuldung der AAE liegt bei 890 Mio Euro (zum Vergleich: VTG alt hatte Nettoschulden von 804 Mio Euro); mithin sind die Bilanzrelationen der AAE um einiges schlechter als die bei der VTG.
Die Nettofinanzschuld der "neuen VTG" dürfte sich also auf gut 1,9 Mrd Euro belaufen- falls ich keinen Fehler eingebaut habe (890 Mio von AAE alt, 804 Mio Euro von VTG alt und 230 Mio Euro neue Schulden durch die Anleihe).
Dem steht ein Sachanlagenvermögen von knapp 2,1 Mrd Euro gegenüber, die Bilanzsumme müsste bei 2,65 Mrd Euro liegen.
Ergebnisseitig ist das EBITDA der AAE schon bemerkenswert. Bei einem Umsatz von 200 Mio Euro lag das EBITDA bei 150 Mio Euro (VTG alt: Umsatz 784 Mio Euro und EBITDA 184 Mio Euro, wobei zu bemerken ist, dass bei VTG fast das gesamte EBITDA aus dem Bereich Waggonvermietung stammt, der einen Umsatz von 333 Mio Euro erreichte). Was auffällt, ist dass die Waggonvermietung sehr profitabel ist- bei VTG betrug die EBITDA-Quote ca. 54% bei AAE sogar ca. 70%.
Natürlich kommen bei der Waggonvermietung die großen Ausgabenpositionen unterhalb des EBITDA (bei den Abschreibungen und erst recht bei den Finanzierungskosten).
Vorliegend erhöht sich das EBITDA um die Übernahme der AAE für die VTG neu rechnerisch von 184 Mio Euro um 150 Mio Euro auf 334 Mio Euro.
Allerdings erhöhen sich natürlich auch die Finanzierungskosten. Bisher betrugen diese bei einer Nettoverschuldung von 804 Mio Euro gut 50 Mio. Bei einer neuen Nettoverschuldung von 1,9 Mrd Euro erhöhen sich diese rein rechnerisch auf 118 Mio Euro (natürlich ist das eine rein spekulative Berechnung, die voraussetzt, dass die Finanzierungskosten der AAE prozentual in etwa denen der VTG entsprechen und dass auch die neue Hybridanleihe in etwa die gleiche Kosten- sprich Zinsstruktur aufweist, wie der Durchschnitt der bisherigen VTG-Verschuldung).
Aber es geht ja hier vorliegend auch um eine Spekulation bzw. Annäherung an die Wirklichkeit, nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung.
Hinzu kommen als wesentliche Kostenposition noch die Abschreibungen. VTG alt hat in 2013 Abschreibungen in Höhe von 106 Mio Euro vorgenommen- bei einem Buchwert von 1,070 Mrd Euro.
An sich müsste man nun vermuten, dass auch AAE ca. 100 Mio Euro Abschreibungen vornehmen müsste, da deren Waggonbestand ca. 1 Mrd Euro beträgt (ist natürlich wieder spekulativ).
Das würde dann aber dazu führen, dass AAE ein negatives EBT hätte.
150 Mio EBITDA abzüglich rechnerischer 55 Mio Zinszahlungen abzüglich rechnerischer 100 Mio Euro Abschreibungen macht ein negatives EBT.
Hinsichtlich EBT oder Ebit finden sich in der Meldung der VTG leider keine Angaben.
Möglicherweise habe ich aber auch einen logischen oder rechnerischen Fehler gemacht (und nochmal gesagt: Da ich die Finanzierungs- und Abschreibungshöhe der AAE nicht wirklich kenne, handelt es sich hier nur um Spekulationen). Aber an sich müsste es hinkommen, wenn ich sehe das VTG alt aus einem EBITDA von 183 Mio Euro bei einer Nettoverschuldung von 804 Mio Euro und einem abzuschreibenden Sachanlagevermögen von 1,1 Mrd Euro am Schluss ein EBT von 27,4 Mio Euro überbehält und AAE ein EBITDA von 33 Mio Euro weniger hatte (bei einer um 85 Mio Euro höheren Nettoverschuldung und einem Sachanlagevermögen von lediglich 70 Mio Euro weniger).
Nur falls ich diese Spekulationen einmal ansetze, dann erscheint mir das Geschäft rein von den Zahlen her nicht so furchtbar attraktiv, weil man ein Unternehmen erwirbt, das kein positives Ergebnis erwirtschaften würde und zusätzlich durch die Anleihe noch die eigenen Finanzierungskosten erhöht und das verbleibende Ergebnis auch noch auf 1/3 mehr Aktien verteilen müsste.
Ich hoffe, es gibt hier noch einige Teilnehmer, die sich auch mit der Materie befasst haben und gerne ihre Sicht der Dinge darstellen können. Würde mich ehrlich interessieren, ob es abweichende Meinungen gibt bzw. ob meine Berechnungen nachvollziehbar sind (immer im Rahmen dessen was man als Außenstehender wissen kann).
Ich finde die VTG Aktie grundsätzlich interessant- das Unternehmen wurde bisher lediglich mit dem Buchwert gehandelt wird, der Cashflow des Unternehmens sehr beeindruckend ist (operativer Cashflow liegt bei ca 7 Euro je Aktie)und das Unternehmen in den letzten Jahren über den Abschreibungsbetrag hinaus investiert, also seine Betriebsmittel modern hält (in 2013 Investitionen von 166 Mio Euro gegenüber Abschreibungen von 106 Mio Euro), für mich ein wichtiges Indiz dafür, dass man gute Geschäfte erwartet.
Einen schönen Tag und einen guten Wochenstart allerseits
Huta
Hast Du mal das Durchschnittsalter der VTG-Flotte angeschaut? Der Durchschnitt dürfte schon lange nur mit einem Euro noch zu Buche stehen und nach einem viertel Jahrhundert ist jedes Fahrwerk auch mal irreparabel ermüdet. Da sich die Zahl der Einheiten durch Ausmusterungen reduziert hat, während die Auslastungsquote nur minimal gestiegen ist, teile ich Deine Meinung in dieser Beziehung nicht. Zumindest ziehst Du einen falschen Schluß aus den Daten. Der Schluß an sich mag ja durchaus zutreffen.
Insofern ist nicht davon auszugehen, dass die Waggons schon abgeschrieben in den Büchern stehen und deshalb nicht abgeschrieben werden und aus diesem Grund die Investitionen über den Abschreibungen liegen!
danke für die umfangreichen Überlegungen und Ausführungen. Bei der Bewertung der Fusion bin ich mir auch noch nicht sicher, was da am Ende rauskommt. Grundsätzlich finde ich die VTG auch interessant, habe aber aufgrund der Unsicherheiten für mich entschlossen, erst einmal die nächste Bilanz abzuwarten und erst auf Basis dieser Daten über ein Engagement zu entscheiden. Insbesondere bleibt abzuwarten, was hier wirklich an Sachanlagen und Eigenmitteln in die neue VTG wandert oder inwieweit am Ende nur wieder Firmenwerte in der Bilanz landen.
http://www.dgap.de/dgap/News/corporate/...nyID=1974&newsID=834561
Zu den mehr als 50.000 Waggons der VTG kommen etwa 30.000 Wagen der AAE hinzu. Mit einem großen Angebot an Kesselwagen, Intermodalwagen, Standardgüterwagen und Schiebewandwagen bietet die VTG Verladern, Bahnen und Eisenbahnlogistikunternehmen zukünftig ein Komplettangebot an Waggontypen mit einer umfassenden Servicepalette. Das Durchschnittsalter der AAE-Wagen liegt bei circa 15 Jahren und damit deutlich unter dem Altersdurchschnitt der VTG-Flotte von 23 Jahren. Die Gesamtflotte verjüngt sich damit auf ein Durchschnittsalter von 20 Jahren.
s. auch: http://www.dgap.de/dgap/News/corporate/...nyID=1974&newsID=817699 :
Andreas Goer [AAE-Gruppe, http://www.aae.ch/] zeichnet 7,4 Mio. neue Aktien und erwirbt damit 26 Prozent am erhöhten Kapital der VTG. Das Verkäuferdarlehen beläuft sich auf circa 230 Mio. Euro, die Barkomponente beträgt 15 Mio. Euro ...
Hauptsitz der AAE ist Baar in der Schweiz. Etwa 135 Mitarbeiter erwirtschafteten 2013 einen Umsatz von über 200 Mio. Euro und ein EBITDA von knapp 150 Mio. Euro. Das Unternehmen hatte zum 31.12.2013 eine Nettoverschuldung von 890 Mio. Euro. ...
und oben #148:
sachkapitalerhöhung durch einbringung der AEE im gegenwert einer 26%-beteiligung an VTG a b z ü g l i c h des "Verkäuferdarlehens" von ca.230mio (= darlehensverbinfdlichkeit der VTG)
wenn ich richtig gerechnet habe, erhält Andreas Goer, inhaber von AAE, als gegenleistung für die einbringung der AAE in die VTG:
7,4 Mio. neue VTG-aktien (= 139mio bei aktuellem kurs 18,75) + 230mio darlehensanspruch (verkäuferdarlehen Goer) + 15mio in bar
= 384mio
= 71% des aktuellen börsenwerts*** der VTG
*** börsenwert der VTG: kurs 18,75 x 28,8mio aktien [nach sachkapitalerhöhung] = 539,8mio
das heißt: in der "neuen" VTG ist wertmäßig mehr AAE drin als VTG