Der öffentliche Friedhof
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Eröffnet am: | 25.03.03 17:33 | von: Spitfire33 | Anzahl Beiträge: | 6 |
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www.mod.uk
Der öffentliche Friedhof
Von Severin Weiland
Täglich werden auf den Homepages des amerikanischen und britischen Verteidigungsministeriums die Verluste der eigenen Truppen bekannt gegeben. Das ist nicht ohne Risiko. Die Moral in der Heimat könnte auf Dauer darunter leiden.
AP
Verletzter US-Soldat in Ramstein: Bilder, die die Heimat erschüttern
Berlin - Noch leidet die Zustimmung in den USA und Großbritannien für den Krieg nicht. Noch sind die Zahlen der eigenen Verluste vergleichsweise gering. Das könnte sich ändern, wenn die Zahl der eigenen Gefallenen zunimmt. Und die steigen - nachzulesen täglich auf der Homepage des Pentagon (www.defenselink.mil). So meldete das US-Verteidigungsministerium sechs Tage nach Kriegsbeginn die bislang höchste Verlustziffer: Gleich sieben Marines wurden beim Kampf in der Umgebung von Nasirijah am 23. März getötet. Hier ist, nach übereinstimmenden Angaben von Reportern, der irakische Widerstand besonders stark. Die Kleinstadt liegt auf dem Weg nach Bagdad.
Die Veröffentlichung solcher Listen ist für das Pentagon im Psychokrieg nicht ungefährlich. Todesanzeigen in Kriegszeiten sind - für jede politische und militärische Führung und unabhängig vom politischen System - immer auch eine Gefahr. Ihre symbolische Wirkung auf die Moral der Heimatfront ist nicht zu unterschätzen. Sie sind nicht nur Gradmesser für den Kriegsverlauf. Je länger die Todeslisten ausfallen, umso stärker gräbt sich in das öffentliche Bewusstsein das Gefühl der eigenen Verwundbarkeit ein.
Zudem lösen sie für den Leser das weitgehend anonymisierte Kriegsgeschehen in namentliche Einzelschicksale auf. Auf diese Weise entsteht ein öffentlicher Internet-Friedhof. Und das berührt. Hinter den Namen entstehen Bilder im Kopf des Lesers - was ist mit seiner Familie, was hätte noch aus ihm werden können. Vor allem: Was blieb von ihm übrig? Der jüngste Soldat, der auf dem Weg nach Bagdad am 23. März getötet wurde, war erst 21 Jahre alt. Sein Name: Jorge A. Gonzalez aus Los Angeles, Kalifornien - offenkundig ein Hispano-Amerikaner. Der älteste der 42-jährige Philipp A. Jordan aus Texas.
Während das Pentagon sich auf Rang, Name, Alter und Herkunftsort sowie militärische Einheit der Gefallenen beschränkt, geht das britische Verteidigungsministerium auf der eigenen Homepage (www.mod.uk) ein Stück weiter. Hier wird der familiäre Stand der Toten mit angegeben. Bislang wurde ein Brite im Gefecht getötet: Steven Mark Roberts. Der 33-jährige, so meldet London, war verheiratet und Vater eines aus einer früheren Ehe stammenden Kindes. Der letzte Satz unter der Todesanzeige ist ein Appell, der angesichts der hartleibigen britischen Zeitungslandschaft kaum in Erfüllung gehen dürfte. "Die Medien", heißt es da, " werden gebeten, die Privatsphäre der Familienangehörigen in diesen schwierigen Zeiten zu respektieren."
So pervers es ist, aber wie gelingt es, diese Seiten einer breiten Öffentlichkeit täglich vor Augen zu führen ?
Sind ja nur Kollateralschäden
US-Flugzeuge sollen beim Angriff auf Bagdad eine Geburtsklinik der Hilfsorganisation Roter Halbmond sowie andere zivile Einrichtungen getroffen haben. Das berichten eine Reuters-Reporterin und Krankenhausvertreter. Mehrere Menschen sollen getötet und mindestens 25 verletzt worden sein.
Irak: Mindestens 300 Tote
Nach irakischer Darstellung waren bei dem Hubschrauberangriff auf Hillah am Dienstag 33 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden. Das amerikanische Oberkommando Mitte erklärte, es prüfe die Vorwürfe.
Irak hat bislang keine Angaben über die Verluste unter den Streitkräften gemacht, jedoch fast 400 Tote und 4.000 Verletzte in der Zivilbevölkerung gemeldet.