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17.10.03 13:33

Hier was für dich:

SPIEGEL ONLINE - 17. Oktober 2003, 13:20
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,270034,00.html

Friedensnobelpreis
 
Deutscher Islamist hetzt gegen Shirin Ebadi

Von Yassin Musharbash

Es ist nicht das erste Mal, dass der Delmenhorster Islamist Yavuz Özoguz mit radikalen Tönen auffällt. Jetzt hat er sich die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi vorgenommen: In seinem Internetportal wird die Menschenrechtsaktivistin als "verkommene Person" bezeichnet, die den wahren islamischen Staat bekämpft.

Angriff gegen Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi: ''verkommene Person''
AP
GroßbildansichtAngriff gegen Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi: "verkommene Person"
Berlin - Gerade einmal eine gute Stunde war die Nachricht alt, dass der Friedensnobelpreis in diesem Jahr an die iranische Menschenrechtlerin Schirin Ebadi geht, da war auf der Webseite von Yavuz Özoguz www.muslim-markt.de schon ein erster Kommentar zu lesen: SPIEGEL ONLINE habe es richtig gemacht und ein Bild von Schirin, das sie ganz korrekt mit Kopftuch zeigt, auf die Homepage gestellt, wurde da gelobt. Die Webseite der FAZ dagegen fuhr sich einen Tadel ein für ein Foto der unverschleierten Preisträgerin. Das war um 12:17 Uhr am vergangenen Freitag.

Wenige Stunden später, um 19:36 Uhr, folgte dann eine ausführliche Stellungnahme: "Einmal mehr hat der Westen seine Haltung zum Islam in aller Deutlichkeit demonstriert: Islam ja, aber ohne Kopftuch. Islam ja, aber ohne islamisches System. Islam ja, aber mit Kampf gegen die Islamische Republik Iran. Und dafür sind sie bereit, selbst verkommene Personen mit Millionenbeträgen zu überhäufen." Gezeichnet wurde dieser Beitrag mit "Muslim-Markt-Team, dem Kürzel, unter dem Webmaster Yavuz Özoguz und seltener auch sein Bruder Gürhan ihre Meinung kundtun.

Größtes deutsches Internetportal nur für Muslime

Dass Frau Ebadi "Unsummen für Augenbrauengezupfe" ausgebe, findet das Muslim-Markt-Team noch das harmloseste an ihr. Schlimmer sei, dass sie, so glauben die Brüder, mit dem tyrannischen Regime des Schah verflochten gewesen sei, weil sie zu dessen Regierungszeiten zur ersten Richterin im Iran berufen worden war.

Man könnte diese Attacken aus der niedersächsischen Provinz als unerheblich abtun, wenn der Delmenhorster Yavuz Özoguz nicht ein einflussreicher Mann wäre. Denn sein Internetauftritt ist nicht irgendeine kleine Webseite: Vielmehr betreibt er, gemeinsam mit Freunden und Verwandten, unter www.muslim-markt.de das wohl größte deutschsprachige Internetportal für Muslime. Über 100.000 Besuche verzeichnet das Portal nach eigenen Angaben in jedem Monat. Man kann dort einen muslimischen Friseur oder Ehegatten finden, anti-zionistische Propaganda herunterladen ("Ist die Welt denn blind und taub? Israel heißt Mord und Raub!"), auf dem virtuellen Flohmarkt einkaufen, Werbung schalten oder muslimische Kinderlieder kopieren. Man kann aber auch im gut besuchten Forum mitdiskutieren. Spätestens dann führt kaum ein Weg vorbei an Özoguz' gestrengen Auslassungen über Gott und die Welt - und nun auch über Shirin Ebadi.

Islamistisches Internetportal: Hetze gegen die Friedensnobelpreisträgerin
GroßbildansichtIslamistisches Internetportal: Hetze gegen die Friedensnobelpreisträgerin
Seit Jahren schon bewegt sich Yavuz Özoguz, der im Hauptberuf seit 1991 an der Universität Bremen als Umweltverfahrenstechniker angestellt ist, mit seinem Internetportal in einer Grauzone. Auf der einen Seite achtet er peinlich genau darauf, keine Links zu verbotenen Organisationen auf seine Seite zu stellen. In dieser Hinsicht ist Özoguz ein gebranntes Kind: Weil man von seinem Internetportal aus mit nur zwei Klicks direkt bis zur Homepage der radikalislamischen libanesischen Hizbullah gelangte, ging sein Fall im vergangenen Jahr durch die Presse.

Peitschenhiebe statt Gefängnis

Auf der anderen Seite bringt Özoguz im Forum regelmäßig seine eindeutig islamistische Haltung zum Ausdruck. Ein Beispiel: Die Unterschiede zwischen dem islamischen Rechtssystem der Scharia und der deutschen Gesetzgebung hält das Özoguz-Team für "möglicherweise gar nicht so groß". Deutsche Strafgefangene wären vermutlich froh, wenn sie ihre Gefängnisstrafe gegen Peitschenhiebe tauschen könnten, wird da gemutmaßt.

Mit den Behörden hat Özoguz wegen seiner islamistischen Veröffentlichungen bislang noch keine ernsthaften Probleme gehabt, denn seine Aktivitäten sind rechtlich schwer fassbar. Am ehesten droht ihm wohl Gefahr wegen des möglichen Tatbestands der Volksverhetzung. Seine "starke anti-israelische Position" sei derjenigen der Hizbullah vergleichbar, sagte ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz im August dieses Jahres dem Delmenhorster Kreisblatt. Die Polizei habe deswegen seine Internetseiten technisch gesichert, um sie gegebenenfalls gerichtlich verwerten zu können. Özoguz' Arbeitgeber, die Universität Bremen, distanzierte sich zwar von den Freizeitaktivitäten ihres Angestellten, erklärte aber zugleich, es gebe "keine Handhabe, dienstrechtlich gegen ihn vorzugehen".

Yavuz Özoguz selbst plagen indes niemals Zweifel daran, was richtig oder falsch, gut oder verwerflich ist. Er beurteilt alles Handeln, alle Taten allein nach den Vorschriften seines Glaubens. Und gibt in seinem Internetforum auf entsprechende Anfragen auch ausführlich Auskunft. Lügen? Verboten! Das Kopftuch? Eine Pflicht! Die Todesstrafe? Rundheraus ablehnen kann man sie nicht! Alkohol? Verboten! Die westlichen Medien? Ein steter Quell anti-islamischer Propaganda!

Und auf den Iran, den schiitischen Staatsklerus und die Islamische Revolution des Ayatollah Khomeini im Jahre 1979 lässt Özoguz schon gar nichts kommen. Da zerpflückt er auch, wenn es sein muss, Beiträge seiner Forumsteilnehmer, Satz für Satz, in langatmigen Antworten. Einer mit Namen Amin beispielsweise schrieb im Forum über seine enttäuschende Iran-Reise: "Das einzig gute was mir an IranAir gefallen hat, war das Essen." Die Antwort des "Muslim-Markt-Teams" folgte prompt: "Sicher gefällt Dir auch, dass man während des Fluges problemlos seine Pflichtgebete ausführen kann!! Nur hast Du das aus Deiner Bescheidenheit heraus nicht erwähnt. Außerdem hast Du Dich sicher darüber gefreut, dass die Stewardessen Hidschab (Schleier) trugen."

Verehrung für die Mullahkratie

Seine Ansichten spiegeln sich auch in einem schwärmerischen Buch über den Ayatollah Chamenei, den konservativen Gegenspielers des iranischen Präsidenten Mohammed Khatami, das Özoguz verfasst hat. "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass Imam Chamenei mein Führer ist", zitiert ihn der FAZ-Autor Udo Ulfkotte. Es ist diese durch nichts zu erschütternde Verehrung der schiitisch-iranischen Mullahkratie, die Özoguz' wilde Angriffe auf Schirin Ebadi und die iranische Opposition im Allgemeinen erklärt.

Allerdings scheint zwischen den Zeilen seiner Polemik mitunter auch die Angst mitzuschwingen, dass es eines nicht mehr allzu fernen Tages mit diesem theokratischen Regime zu Ende gehen könnte - so zum Beispiel, wenn er den "Widerstand" der oppositionellen iranischen Studentenbewegung abwertend und verharmlosend zwischen zwei Apostrophe setzt und als "eingeschlafen" bezeichnet. Oder wenn er über Shirin Ebadi trotzig behauptet, diese habe in der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung mehr Anhänger als im gesamten Iran.

Da schreibt einer, der sich selbst als ewig Verfolgten sieht, der gegen ein Meer von Unwissenheit, Intoleranz und eine "Journalisten-Hetz-Front" anzukämpfen hat. In Yavuz Özoguz Welt sind Gut und Böse sehr einfach auseinander zu halten. Und letztlich ist es immer der Westen, von dem das Übel ausgeht. Denn was die "Westideologen" einfach nicht verstehen oder nicht verstehen wollen: Dass doch der Dialog der einzige Weg ist - und zwar der Dialog mit denen, die "wirklich die Gegenseite repräsentieren". Der Dialog mit ihm, mit Yavuz Özoguz.


 


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