... einem Kartell sprach, das man „eher bei Silvio Berlusconi und seinen Hintermännern“ vermuten würde. Das ist selbstverständlich übertrieben, weil es in Stuttgart keine Mafia geben kann. Man spricht hier lieber von einer Maultaschen- oder Spätzle-Connection, die sich in jahrzehntelanger CDU-Herrschaft zusammen gefunden hat. Zu ihr gehören die jeweiligen Ministerpräsidenten, Landräte, Oberbürgermeister, Bankdirektoren und Unternehmer, die sich allesamt, wie zufällig, im Unterstützerkreis von Stuttgart 21 wieder treffen. Oder, wie der Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll, im Beirat jenes Bauunternehmens, das den Zuschlag für den Abriss des Nordflügels erhalten hat. (Der Ordnung halber: Nach Bekanntwerden der delikaten Personalie war der Nebenjob erledigt.)
Alles nur zum Wohl des Bürgers, der halt noch nicht kapiert hat, dass mit S 21 die Zukunft seiner Enkel gesichert wird. Das muss dem Steuerzahler den Aufwand wert sein, dessen Höhe, je nach Standpunkt, mit 4,5 Milliarden Euro (Befürworter) oder zehn Milliarden Euro (Gegner) beziffert wird. Und weil das so ist, muss Drexler mantramäßig verkünden, dass der Bau unumstößlich, unumkehrbar und nicht mehr kompromissfähig ist. Selbst dann noch, wenn 30 000 auf den Beinen sind. Kein Wunder, dass sie das „Milliardengrab“ längst nicht mehr als bloßes Verkehrsprojekt betrachten. Es ist für sie zu einer Metapher für eine kaltschnäuzige Cliquenwirtschaft geworden, zum Inbegriff einer abgehobenen, arroganten Klasse, die ihren Mythos einer Gesellschaft pflegt, in der nur Schnelligkeit, Fortschritt, Wachstum und die Bezwingbarkeit der Natur zählen – und die nicht mehr darüber redet. Sie hat sich in ihren Büros eingebunkert, kein Ministerpräsident, kein Bahnchef, kein Oberbürgermeister sucht mehr den Dialog. Doch Achtung: Bei so viel Borniertheit kann der Schwabe grundsätzlich und fuchsteufelswild werden – und am Ende den Marbacher Friedrich Schiller zitieren: „Der Schein regiert die Welt, und die Gerechtigkeit ist nur auf der Bühne.“ Ist es einmal so weit, wird er bockig. ...
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