Sophie Dannenberg entlarvt d. Lebenslügen der 68er
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Eröffnet am: | 25.12.04 14:12 | von: Philoktetes | Anzahl Beiträge: | 5 |
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Über Baby-Anarchismus und Macho-Attitüden
Sophie Dannenberg entlarvt die Lebenslügen der 68er
Bonn/Berlin - Die junge Autorin Sophie Dannenberg hat mir ihrem Erstling "Das bleiche Herz der Revolution" Furore gemacht. Es handelt sich bei dem Buch um eine schonungslose Abrechnung mit der Generation der Eltern, den so genannten 68ern. Reifere Rezensenten wie Klaus Harpprecht, dem Kritiker unterstellen, seine Eitelkeit sei noch stärker ausgeprägt als seine unermüdliche Produktivität, haben das bei DVA erschienene Werk mit beißender Wut bedacht. In einem Interview mit Spiegel Online pointiert die Autorin die Vorwürfe an die Generation, die zur Zeit das Land regiert. Journalisten warfen ihr zum Beispiel vor, sie habe grenzenlos übertrieben und keine realen Figuren, sondern bloße Karikaturen gezeichnet. Dannenberg akzeptiert diesen Vorwurf jedoch nicht: "In der Tat arbeite ich in diesem Buch gelegentlich mit Übertreibungen, Verzerrungen und mit Klischees. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Selbstdarstellung vieler 68er seltsam starr und klischeehaft ist, perückenhaft wild. Wenn wir nach 68 fragen, müssen wir also zuerst nach den Klischees fragen, die diese Zeit hervorgebracht hat - und warum. Es hat mich beim Schreiben meines Romans erstaunt, dass manchmal nur zwei bis drei Eigenschaften genügten, um einen 68er zu skizzieren. Das sagt schon einiges aus über den Konformismus dieser Gruppe."
Dannenberg, die in einem 68er-Haushalt sozialisiert wurde, kann der damaligen Zeit keine positiven Seiten abgewinnen. So seien die Protagonist dieser Bewegung insbesondere daran gescheitert, die Bildung zu demokratisieren und alte Zöpfe der Ordinarien-Universitäten abzuschneiden. Dannenberg drastisch: "Neulich bin ich mal durch eine bekannte Berliner Uni gegangen, und es war schrecklich: An den Wänden Graffiti, in den Gängen Müll, und ständig kamen mir verschlurfte Gestalten mit leeren Kuhaugen entgegen. Das Abenteuer Bildung hat sich als Albtraum verwirklicht." Ehemalige Herolde der Jugendbewegung wenden gern ein, die 68er hätten die Bundesrepublik erst zu einer richtigen Demokratie gemacht, sie verwestlicht und den braunen Spuk vertrieben. Alles Unsinn, so Dannenberg, die erhebliche Zweifel hat, ob "68 tatsächlich eine reflektierte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus war oder sie überhaupt angestrebt wurde". Die 68er seien nie wirkliche "Antifaschisten" gewesen.
Die Kommune 1 habe pure Macho-Fantasien beflügelt und mangelnde sexuelle Bereitschaft von Frauen als Spießertum diffamiert. Ähnlich pubertär wie in der Liebe und beim Sex hätten die 68er auf ihrer eigentlichen Baustelle, der Politik, agiert: "Politische Strukturen aufzubrechen, ist kein Wert an sich - wie die 68er offenbar glaubten. Das ist Baby-Anarchismus. Relevanter ist doch heute die Frage, welche politischen und mentalen Strukturen unreflektiert übernommen wurden. Es fällt auf, dass 68er oftmals nach Leitfiguren gesucht haben - Stalin, Mao oder Guevara zum Beispiel. Die Bereitschaft, totalitären Vaterfiguren hinterher zu rennen und diese flammend zu verteidigen, war groß. Insofern verkörperten die 68er die totalitären Werte des Faschismus."
Sophie Dannenberg wirft aber auch einen neuen Blick auf die Geschichte. Für damalige politische Protagonisten wie "Dany" Cohn-Bendit dürfte es heute peinlich sein, den früheren Standpunkt zur frühkindlichen Sexualität zu erläutern. Die junge Berliner Autorin schildert den Umgang von Erwachsenen mit der Sexualität von Kindern in deutlichen Worten, die bei manchem Ekel hervorrufen mögen, aber der wahrheitsgetreuen Darstellung dieses verdrängten Aspekts von 68 dienen. Criticón-Autor Nicolaus Gläsner hält diese Szenen für die aussagekräftigsten des Romans. In der Winterausgabe von Criticón schreibt Gläsner: "Sich mit Joschkas Steinewerfereien zu beschäftigen oder die langen Märsche durch die Institutionen nachzugehen, lohnt sich nicht. Das Thema der sexuellen Ausbeutung von Kindern - in welcher Form auch immer - durch manche Protagonisten der Protestgeneration sollte noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt werden. Sophie Dannenberg hat dazu einen Anstoß geliefert. Dass sie darüber hinaus ein witziges und scharfes, insgesamt gelungenes Debut hingelegt hat, sei hier nur am Rande erwähnt."
erst wenn sie aus dem bundestag entfernt werden, kann deutschland wieder frei aufatmen!
sie sind das krebsgeschwür, an dem der deutsche michel derzeit krankt.
gruß
grünelüge
"Ich habe nie geglaubt, dass die 68er Antifaschisten waren"
In ihrem Roman "Das bleiche Herz der Revolution" rechnet Sophie Dannenberg schonungslos mit der Generation ihrer Eltern ab. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE sprach die 33-Jährige über sexuelle Befreiung und Unterdrückung und die Auseinandersetzung der 68er mit dem Nationalsozialismus.
Stefan Ulrich Meyer
Autorin Sophie Dannenberg: "Das ist Baby-Anarchismus!"
SPIEGEL ONLINE: Frau Dannenberg, Sie wurden 1971 geboren und schreiben über die 68er. Wollen Sie sich mit ihrem Buch an der Generation Ihrer Eltern rächen?
Dannenberg: Wenn die Wahrheit Rache an der Lüge ist - dann ist es so. Es geht mir darum, den verschwiegenen Teil der Wahrheit zur Sprache zu bringen. Schon in meinem linken Kinderladen habe ich gelernt, dass man die Wahrheit sagen muss, auch wenn es unangenehm ist. Übrigens habe ich gar nicht mit dem Vorsatz begonnen, über '68 zu schreiben. Ich habe angefangen, eine Familiengeschichte zu schreiben, in der es um den Verlust des Glaubens ging, den Gottesverlust innerhalb einer Gesellschaft. Ich habe versucht, diese Spur zurückzuverfolgen. Im Laufe des Schreibens ging mir mehr und mehr auf, welche politischen Implikationen das Thema hat. Und ich fing an, über '68 nachzudenken und zu recherchieren. Und so wurde aus meinem Buch unter anderem ein Buch über 1968.
SPIEGEL ONLINE: Es war also nicht etwas, was Ihnen seit langem auf der Seele brannte?
Dannenberg: Das Thema hat sich angepirscht. Dass daraus ein Roman wird, wurde erst ziemlich spät klar. Obwohl '68 eigentlich das große Thema meiner Generation ist. Wir sind ja in diesem Zeitgeist geradezu gebadet worden. Nun müssen wir ihn ausbaden. Was liegt also näher, als darüber zu schreiben?
SPIEGEL ONLINE: Der Name Sophie Dannenberg ist nicht Ihr richtiger Name. Es wurde gemunkelt, dass Sie die Tochter eines prominenten Politikers sind. Haben Sie etwas zu verbergen?
Dannenberg: Natürlich nicht. Ich bin scheu und möchte vermeiden, dass Leser und Journalisten gleich in meinem Wohnzimmer stehen. Ich wollte eine zweite Tür einbauen. Der nom de plume ist so etwas wie eine Büroadresse. Ich komme auch nicht aus einer prominenten Familie, mich kennt keiner.
SPIEGEL ONLINE: Sie sind 1971 geboren. Große Teile ihres Romans spielen aber Ende der sechziger Jahre an der Universität in Frankfurt. Was haben Sie denn wirklich selbst mitbekommen?
Dannenberg: Im Roman finden sich Splitter und Spuren aus meinem Leben, aber nichts ist deckungsgleich abgebildet. Grundsätzlich ist es so, dass autobiografische Elemente sich während des Schreibens verändert haben. Ich komme gleichwohl aus einem linken Umfeld. Das ideologische Programm habe ich durchaus mitbekommen. Und ich kenne die Atmosphäre der Zeit. Ich kenne die Typen. Außerdem habe ich viel mit Archivmaterial, Dokumentationen und Selbstzeugnissen von 68ern gearbeitet. Meine eigene Familie habe ich ausdrücklich nicht porträtiert. Das hätte mir die Freiheit genommen, auf die konkreten Probleme meines Themas einzugehen.
SPIEGEL ONLINE: Ihnen wird vorgeworfen, mit billigen Klischees gearbeitet und vollkommen übertrieben zu haben.
AP
Kommunarden Langhans, Teufel, r.: "Die 68er waren groß im Zerstören von Institutionen und Werten"
Dannenberg: Das ist nicht ganz falsch. In der Tat arbeite ich in diesem Buch gelegentlich mit Übertreibungen, Verzerrungen und mit Klischees. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Selbstdarstellung vieler 68er seltsam starr und klischeehaft ist, perückenhaft wild. Wenn wir nach '68 fragen, müssen wir also zuerst nach den Klischees fragen, die diese Zeit hervorgebracht hat - und warum. Es hat mich beim Schreiben meines Romans erstaunt, dass manchmal nur zwei bis drei Eigenschaften genügten, um einen 68er zu skizzieren. Das sagt schon einiges aus über den Konformismus dieser Gruppe. Was die Satire anbelangt - sie ist von jeher ein Mittel der Aufklärung gewesen. Ihr Vorteil ist, dass sie für eine Verfremdung sorgt und auf diese Weise einen Neuzugang zum Thema schafft. Meine Figuren sind bis zur Kenntlichkeit entstellt.
SPIEGEL ONLINE: In ihrem Buch stellen Sie die Auswirkungen von '68 - sexuelle Befreiung, antiautoritäre Erziehung - vorwiegend auf der persönlichen Ebene dar. Kitty Caspari, Kind von 68er-Eltern und eine der beiden Hauptpersonen des Romans, wird von ihren Eltern vorgeführt, bloßgestellt, gedemütigt. Inwieweit gehen die negativen Auswirkungen von 1968 über die persönliche Lebenswelt hinaus?
Dannenberg: Mich interessiert ja eher, wie weit die Auswirkungen von 1968 in die persönliche Lebenswelt hineinreichen und wie sich das literarisch verarbeiten lässt. Aber wenn Sie so fragen: Die 68er waren groß im Zerstören von Institutionen und Werten: die deutsche Universität haben sie auf dem Gewissen, die Familie, das Leistungsprinzip, Etikette und Anstand, Verlässlichkeit und Geborgenheit. Um ein Beispiel zu nennen: In den Stücken des Berliner Grips-Theaters findet man immer wieder Plädoyers für die Zerstörung von familiären Hierarchien und Strukturen, von Respekt, jenem Respekt, den Richard Sennett in seinem neuesten Buch so dringend einklagt. Und im "Kursbuch 17" wird geschildert, wie die Bindung zwischen Eltern und Kindern systematisch zerbrochen werden muss - weil die Kinder sonst angeblich autoritäre Persönlichkeiten werden. Was die 68er damals ideologisch legitimierten, hat sich gesellschaftlich vollzogen, aber nicht als Utopie, sondern als Verwahrlosung.
SPIEGEL ONLINE: Wie meinen Sie das?
Dannenberg: Wir haben die Schlüsselkinder, allein erziehende Frauen, Patchworkfamilien und mit der Bildung ging es bergab. Die 68er sind ja mit der Idee angetreten, Schulen und Universitäten zu demokratisieren. PISA zeigt uns, dass da etwas schief lief. Neulich bin ich mal durch eine bekannte Berliner Uni gegangen, und es war schrecklich: An den Wänden Graffiti, in den Gängen Müll, und ständig kamen mir verschlurfte Gestalten mit leeren Kuhaugen entgegen. Das Abenteuer Bildung hat sich als Albtraum verwirklicht.
GENERATIONENKONFLIKT
"Ich habe nie geglaubt, dass die 68er Antifaschisten waren" (2)
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SPIEGEL ONLINE: Aber es gibt Dinge, die Sie sicher nicht ganz von der Hand weisen können: Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus wäre ohne '68 nie so geschehen.
AP
68er-Idol Mao: "Politische Strukturen aufzubrechen, ist kein Wert an sich"
Dannenberg: Ich habe Zweifel, ob '68 tatsächlich eine reflektierte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus war oder sie überhaupt angestrebt wurde. Oder ob es nicht vielmehr ein Generationenkonflikt war, wie er sich auch in Frankreich, China und USA abspielte. Eine verkürzte Auseinandersetzung, die auf Vorwurf und Anklage und letztlich auch Machtstreben basierte. Die 68er haben ihre Eltern ja schon früh entmachtet und sind jene Herrschenden geworden, vor denen sie uns, als wir Kinder waren, immer gewarnt haben. Ich habe übrigens nie geglaubt, dass die 68er wirklich Antifaschisten waren.
SPIEGEL ONLINE: Warum nicht?
Dannenberg: Es reicht nicht, seinen Kindern Filme von Auschwitz zu zeigen und dabei ein heroisches Gesicht zu machen. Antifa ist ein sowjetisches Bündniskonzept, eine Kampfparole, mehr nicht.
SPIEGEL ONLINE: Aber wie hätte die Auseinandersetzung anders stattfinden sollen, in einer Zeit, in der man persönlich noch sehr nah an den Trägern des Nationalsozialismus dran war?
Dannenberg: Ich weiß gar nicht, ob sie anders hätte stattfinden können. Im Nachhinein lässt sich das immer leicht sagen. Mich interessiert viel mehr zu analysieren, was 1968 passiert ist und warum und wie wir durch einen Perspektivwechsel einige Fehlentwicklungen korrigieren können. Eine tief greifende historische und politische Analyse des Nationalsozialismus steht in der Tat noch an. Die Bücher von Jörg Friedrich und Joachim Fest und anderen scheinen dazu einzuladen. Es geht mir nicht um Schuld und Scham, sondern um Verstehen. Die 68er waren eine Generation von traumatisierten Kriegskindern, eine vaterlose Generation, wie Mitscherlich es ja auch deutlich gemacht hat. Es waren Kinder, die erlebten, dass ihre Väter weggingen, um gebrochen zurückzukehren, und die bei oftmals überforderten Müttern aufwuchsen. Die Erfahrung von Geborgenheit haben viele nie gemacht. Das war die Ausgangsituation.
SPIEGEL ONLINE: Das ist eine sehr psychoanalytische Sicht der Dinge. Ist es aber nicht wichtig, dass politische Strukturen aufgebrochen wurden?
Dannenberg: Politische Strukturen aufzubrechen, ist kein Wert an sich - wie die 68er offenbar glaubten. Das ist Baby-Anarchismus. Relevanter ist doch heute die Frage, welche politischen und mentalen Strukturen unreflektiert übernommen wurden. Es fällt ja auf, dass 68er oftmals nach Leitfiguren gesucht haben - Stalin, Mao oder Che Guevara zum Beispiel. Die Bereitschaft, totalitären Vaterfiguren hinterher zu rennen und diese flammend zu verteidigen, war groß. Insofern verkörperten die 68er die totalitären Werte des Faschismus. Vielleicht war ein Hauptanliegen vieler 68er, mächtige Ersatzeltern zu finden. Deshalb war auch der unausgesprochene Vorwurf an die eigenen Eltern nicht unbedingt der, dass sie Nazis waren, sondern dass sie Geschlagene waren.
SPIEGEL ONLINE: Das ist ein sehr pauschales Urteil.
DPA
Studentenführer Dutschke (1968): "Einerseits Mörder wie Mao, Che, Ho-Chi-Min oder Stalin anzuhimmeln und andererseits die eigenen Eltern in Bausch und Bogen schuldig zu sprechen"
Dannenberg: Nein, das ist eine Beobachtung. Mag ja sein, dass sich einige bemüht haben, die Naziverbrechen aufzuklären, aber viele waren gleichzeitig blind - insbesondere was Führergestalten anging. Das ist ein Widerspruch. Einerseits Mörder wie Mao, Che, Ho-Chi-Min oder Stalin anzuhimmeln und andererseits die eigenen Eltern in Bausch und Bogen schuldig zu sprechen.
SPIEGEL ONLINE: In einer Rezension heißt es, Ihr Buch vertrete die These: Nach 1968 ist nach 1933.
Dannenberg: Sie meinen wohl jene Rezension vom 15. August 2004 in der "Welt am Sonntag", in der "die Zeit nach 1968 als Farce auf die Zeit nach 1933" verstanden wird. Ich sehe das anders. Trotzdem ist es interessant zu fragen, welche Machtstrategien der Nazis die 68er übernommen haben. Zum Beispiel Autoritätskult, Terror oder Denunziation. Bekanntlich hat der - zumindest damals marxistische - Philosoph Jürgen Habermas die 68er Bewegung schon frühzeitig als linksfaschistisch entlarvt. Das sagt doch einiges.
SPIEGEL ONLINE: Wie sehen Sie Ergebnisse von 1968 wie Emanzipation, sexuelle Befreiung?
Dannenberg: Die Idee, die hinter der sexuellen Befreiung stand, war die, dass durch die Veränderung des Individuums auch die Gesellschaft verändert wird. Dabei wurde auch die sexuelle Befreiung des Kindes propagiert. Vor kurzem habe ich das Buch "Lisa und Jan. Ein Aufklärungsbuch für Kinder und ihre Eltern", in den Händen gehabt, von Frank Herrath und Uwe Sielert, erschienen erst 1991 bei Beltz. Auf fast jeder Seite sind sexuelle Handlungen zu sehen: Fünfjährige, die sich gegenseitig masturbieren, sich nackt an einem Baumstamm reiben, ihren Eltern beim Geschlechtverkehr zu schauen. Das alles ist mit ermunternden Sprüchen unterlegt. Im Informationsheft wird den Eltern auf alle erdenkliche Weise Mut gemacht, ihre Kinder "sexuell zu begleiten". Was als sexuelle Befreiung anfing, ist zum sexuellen Missbrauch von Kindern geraten, zur Pornografisierung der Kindheit und der Gesellschaft. Inzwischen verstehen wir wieder besser, dass die Einhegung der Sexualität einen zivilisatorischen Gewinn darstellt. Dass die 68er das einfach alles mal irgendwie entfesseln wollten, um einen neuen Menschen zu schaffen, ist nicht nur naiv, sondern auch fahrlässig.
SPIEGEL ONLINE: Was ist mit der Emanzipation der Frau?
Dannenberg: Auch sie ist in dieser Hinsicht die Verliererin. Was etwa die Kommune I vorlebte, ist doch ein Machotraum: Sex ohne Bindung und ohne Verantwortung. Frauen, die sich weigerten, gerieten sofort unter Spießerverdacht. Diese angeblich sexuelle Befreiung ist in Wahrheit eine Befreiung von Vertrauen und Geborgenheit, letztendlich von Zukunft. Natürlich freue ich mich über die Gleichberechtigung, die wir heute genießen. Gleichwohl kann Emanzipation auch - und das versucht mein Roman zu zeigen - als Unterdrückungsinstrument eingesetzt werden. Aufklärung ist ja wie man weiß dialektisch.
SPIEGEL ONLINE: Das müssen Sie uns näher erklären.
DPA
Denker Adorno: "Ich arbeite zwar mit Versatzstücken, aber es geht mir nicht um die Darstellung konkreter Personen"
Dannenberg: Gabriele, die Mutter von Kitty Caspari in meinem Buch hat sich die Emanzipation zum Lebensinhalt gemacht. Irgendwann merkt sie, dass ihre Tochter sie dabei behindert, weil ein Kind eben Ansprüche stellt und Opfer fordert. Gabriele beginnt dann, ihre Tochter zu unterdrücken und verschiebt damit den Machtkampf zwischen Mann und Frau auf die Ebene von Mutter und Kind, wo sie ihn dann in aller Ruhe gewinnen kann. Am Ende muss ihr Kind den Haushalt schmeißen. Die Emanzipation hat neben ihren hellen Seiten auch eine Schattenseite.
SPIEGEL ONLINE: Literaturkritiker haben Ihr Buch in den Medien zerrissen. Verletzt Sie das?
Dannenberg: Mein Buch scheint zu polarisieren. Offenbar habe ich einige Zeitgenossen ins rote Herz getroffen - sie reagieren zum Teil extrem emotional, fast hysterisch. Das kann ich verstehen, schließlich tut es weh, 30 Jahre lang am Mythos '68 zu kleben und dann erkennen zu müssen, dass vieles daran repressiv, böse und verlogen ist. Manche Rezensenten scheinen zu glauben, sie könnten das Thema vom Tisch zu fegen, indem sie die Autorin diffamieren. Dieses Strategie ist weniger kränkend als lästig, weil sie einen vernünftigen Diskurs behindert.
SPIEGEL ONLINE: Zwar schreiben Sie, in ihrem Buch seien weder reale Personen gemeint noch abgebildet. Aber ihr Professor Wisent erinnert stark an Adorno, die RAF-Anwälte Streicher und von Baguette durch den Namen an Mahler und Croissant.
Dannenberg: Wisent ist als Variation auf Adorno gelesen worden, das weiß ich, er ist aber eine ganz und gar eigenständig konzipierte Figur - mit einem anderen Werdegang, einer eigenen Philosophie und besseren Anzügen. Ich arbeite zwar mit Versatzstücken, aber es geht mir nicht um die Darstellung konkreter Personen, sondern um Entfaltung des Zeitgeistes. Mit Baguette und Croissant habe ich mir einen Spaß erlaubt. Sie haben nur gemeinsam, dass sie das täglich Brot der 68er waren. Und schon schreien alle, mein Roman sei ein Schlüsselroman. Es ist trotzdem möglich, dass sich der eine oder andere wieder erkennt. Es haben sich sogar Leute bei mir gemeldet, die vorgaben, ich hätte über sie geschrieben - dabei habe ich nie von ihnen gehört. Da schimpfen sie über die vermeintlichen Klischees, und dann behaupten sie selbst, diese Klischees zu sein. Ich sag's doch: im Klischee findet der 68er zu seinem wahren Ich.
Das Interview führte Anna Reimann
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,327028,00.html
diese tätergeneration die raf-morde insgeheim gutheißt und ikonisiert.
weg mit den "grünen" lügnern und menschenverdummern.
12% würden solche lügner wählen, ich frage mich nur warum emnid nicht die angewiesene wunschzahl aus berlin, veröffentlicht hat. dort hatte fischer und kumpane eine zahl von 20% angewiesen, der emnid-verantwortliche wird doch nicht etwa in ein chinesisches GULAG gesteckt???????
gruß
grünrlüge