Alle durcheinander Tread
Herr Sonneborn, der 9-Euro-Fonds wird zum 0-Euro-Fonds, bevor er dann endgültig ausläuft. War er ein Erfolg? Wenn ja – warum geht es nicht weiter?
Auf jeden Fall, wir haben ungezählte Schwarzfahrer vor dem Gefängnis bewahrt – und die Diskussion befeuert. Städte wie Potsdam oder Düsseldorf zeigen mittlerweile nicht mehr an. Die Gründer des Fonds wollen ihn lieber einstellen, ich würde ihn gern unter dem PARTEI-Dach weiter anbieten. Wir schauen mal.
Die Kampagne richtet sich gegen die Strafbarkeit des Schwarzfahrens. Warum muss sich die aktuelle Regelung ändern?
Wir fordern seit Jahren, Schwarzfahren nicht mehr als Straftat einzustufen, sondern zur Ordnungswidrigkeit zu degradieren. Jedes Jahr gehen rund 7.000 Bundesbürger wegen „Beförderungserschleichung“ ins Gefängnis, zum Teil zu Fuß. Mittellose Menschen, die die ihnen auferlegte Geldstrafe nicht bezahlen können, und deshalb eine sogenannte „Ersatzfreiheitsstrafe“ verbüßen. Die rund 200.000 Verfahren jährlich halten unsere Gerichte von Wichtigerem ab (Bestechlichkeit von CDU-Politikern, Schwarzgeldaffären von CDU-Politikern, illegaler Waffenbesitz von CDU-Politikern).
Welchen ÖPNV wünschen Sie sich?
Einen, der ohne Fahrscheine funktioniert, kostenfrei. Wenn 35 französische Städte das anbieten, könnten wir das auch schaffen.
Bis zur Bundestagswahl übernimmt der Fonds noch 1000 erhöhte Beförderungsentgelte von Schwarzfahrern. Erreicht so eine Aktion überhaupt die Schwächsten der Schwachen, um die es in der Kampagne geht – Obdachlose zum Beispiel, psychisch Kranke?
Ich hoffe es. Wir können nicht mehr tun, als das 0-Euro-Ticket anbieten. Und möglichst viel Wirbel darum machen, damit die Leute davon erfahren. Alternativ empfehlen wir übrigens die Gleichbehandlung von Schwarzparkern. Falschparken bzw. eine Erschleichung von Parkraum wird von nun an zur Straftat hochgestuft. Nach dem dritten Strafmandat geht’s ab hinter Gitter.
Dahinter steckt eine Kampagne, mit der Aktivisten unter dem Dach der „PARTEI“ auf das Auslaufen des 9-Euro-Tickets reagiert haben. Das Konzept: Wer sich registriert, zahlt weiterhin monatlich 9 Euro, nun aber in eine Solidaritätskasse. Busse und S- und U-Bahnen nutzen die Teilnehmer dann wie gewohnt weiter – als Schwarzfahrer. Wenn man erwischt wird, wird die Strafzahlung aus dem Fonds erstattet.
Die Aktion versteht sich als Appell für einen bezahlbaren ÖPNV. Zugleich richtet sie sich gegen die geltende Rechtslage, die das Schwarzfahren nicht als Ordnungswidrigkeit verfolgt, sondern als Straftat. Die Beförderungserschleichung – so der amtsdeutsche Terminus – kann nach § 265a StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden.
Über 4000 Schwarzfahrer bekamen ihr Geld zurück
Über 200.000 Euro gingen den Aktivisten zufolge in rund zwei Jahren ein. In mehr als 4000 Fällen wurden die Strafgebühren erstattet. Ende Februar läuft die Aktion aus, das allerdings mit einem Paukenschlag. Während das Deutschlandticket zum Jahreswechsel um neun Euro teurer wird und dann 58 statt 49 Euro kostet, wird der 9-Euro-Fonds im Gegenzug billiger. Und das ebenfalls um neun Euro. Bis zur Bundestagswahl ist die Mitgliedschaft im neuen 0-Euro-Fonds also kostenlos.
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