BROKAT: Ein Mann im Webwahn
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 13.02.02 21:26 | ||||
Eröffnet am: | 11.02.02 23:34 | von: Happy End | Anzahl Beiträge: | 4 |
Neuester Beitrag: | 13.02.02 21:26 | von: Dan17 | Leser gesamt: | 2.639 |
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Der Boss: Stefan Röver ist die zentrale Figur, in guten wie in schlechten Zeiten. Den persönlichen Wohlstand hat er nachhaltig gemehrt.
Der junge Mann blickt nachdenklich aus dem Hotelfenster. "Wenn du die Chance bekommst, etwas zu tun, von dem du immer geträumt hast", sagt er zu seiner Frau, die sich für den Abend hübsch macht, "etwas, das so viel größer ist, als du selbst je sein kannst - dann tu es."
Mit dieser Szene aus einem Firmenvideo sollten die Mitarbeiter noch einmal auf das Ziel eingeschworen werden: Brokat zur globalen Nummer eins bei Finanzsoftware zu machen.
Aus Österreich, Schweden, den USA, Australien und sogar aus Kuwait schwebten die Vertriebsleute im Frühjahr 2001 zum "Worldwide Sales Meeting" auf den Bahamas ein. Im Nobelresort "Atlantis" in Nassau, inmitten einer künstlichen Lagunenlandschaft mit echten Haien, bei Zimmerpreisen bis zu 980 Euro, vergnügten sich die Internet-Jünger in 38 Restaurants, Bars und Kasinos.
Der Stätte kam ungewollt Symbolcharakter zu. Wie das sagenumwobene Atlantis versank auch das einstige Vorzeigeunternehmen der New Economy, ohne große Spuren zu hinterlassen. Am 23. November 2001, neun Monate nach der karibischen Party, musste Finanzvorstand Michael Janßen beim Amtsgericht Stuttgart Insolvenzantrag einreichen.
Betriebsausflug 2001: Mit einem Treffen in einem der teuersten Hotels auf den Bahamas wurden Brokat-Vertriebsleute für ihren Einsatz belohnt
Ausgerechnet Brokat. Die Firma, deren Produkte bei Banken und Versicherungen weltweit einen guten Ruf genossen und deren Gründer stets betonten, einmal so groß werden zu wollen wie SAP.
Das unrühmliche Ende des selbst ernannten Weltmarktführers bei Verschlüsselungssoftware für Finanztransaktionen ist ein typisches Beispiel für die blinde Expansionswut in der New Economy. Mit den Millionen aus dem Börsengang ging eine Hand voll unerfahrener Manager auf Einkaufstour – und verzockte das Geld der Aktionäre.
Im kometenhaften Aufstieg und rasanten Fall von Brokat spiegelt sich der Wahnwitz eines gesamten Marktsegments wider. Nur in der Internet-Wirtschaft konnten Firmen wie Brokat aus dem Nichts die Börsenkapitalisierung des Autobauers Porsche übertreffen - um kurze Zeit später von der Bildfläche zu verschwinden.
Brokat, das ist die Geschichte von fünf Freunden, die auszogen, die Internet-Welt zu erobern, aber am Größenwahn ihres Mitstreiters Stefan Röver scheiterten.
Brokat Pleitiers schwelgen im Luxus
Prior Börse
Nach Aussagen der Analysten vom Börsenbrief "Prior Börse" schwelgen die Brokat (WKN 522190)-Pleitiers im Luxus.
Nach der Insolvenz der Gesellschaft ließen die ehemaligen Vorstände fürstliche Bauten erstellen. Demnach solle Brokat-Lenker Stefan Röver angeblich über vier Millionen Euro für eine Luxus-Villa ausgegeben haben. Der Firmenmitbegründer und Ex-Aufsichtsrat Boris Anderer solle ebenfalls mehrere Millionen Euro für eine neue Residenz ausgegeben haben. Die Aktionäre säßen auf wertlosen Papieren, während die gescheiterten Manager auf großem Fuß leben würden.
Schon beim Gang an die Börse im Jahr 1998 hätten Familienangehörige der Führungscrew Kasse gemacht. So hätten sich Altaktionäre ungefähr 27 Millionen Euro in die eigene Tasche gesteckt. Auch die Vorstände hätten in der Blütezeit Aktienpakete veräußert. Seit Bestehen des Unternehmens habe die Softwarefirma einen horrenden Verlust von ungefähr 1,2 Milliarden Euro angehäuft.
Und solange wir in Deutschland oder Europa keine Gesetze haben, die ein solches Tun wirkungsvoll verhindern, müssen wir alle damit leben. Aber vielleicht können wir hiervon auch etwas lernen?!