Nationalmannschaft: Confed-Cup-Einzelkritik
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 01.07.05 13:46 | ||||
Eröffnet am: | 01.07.05 13:46 | von: MaxCohen | Anzahl Beiträge: | 1 |
Neuester Beitrag: | 01.07.05 13:46 | von: MaxCohen | Leser gesamt: | 3.360 |
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Oliver Kahn: Spielte das ganze Turnier durch. Es sei denn, Lehmann spielte. Oder Hildebrand. Kassierte im ganzen Turnier nur sechs Tore und steigerte sich immerweiterimmerweiterimmerweiter. Gegen Australien waren von drei Schüssen nur drei drin, gegen Mexiko sogar nur drei von vier. Als Typ unverzichtbar fürs Team: Ist sie nicht Herz erfrischend, diese Grantellaune? Könnte sonst ja keiner aushalten, immer nur diese Euphorie. Empfahl sich mit wilden Abschlägen ins Aus für die Robert-Huth-Position.
Jens Lehmann: Spielte das ganze Turnier durch. Es sei denn, Kahn spielte. Oder Hildebrand. Spielte gut, konnte Kahn als Typ aber nie ersetzen. War selten imstande, die Abwehr zu unterhaltsamen Pannen zu inspirieren. Höhepunkt der Langeweile: Blieb gegen Tunesien gegentorlos, worauf Klinsmann Kahn endgültig zur Nummer 1 erklärte. Machte das aber mit drei Gegentoren gegen Brasilien wieder gut, worauf Klinsmann die Rotation bis Mai 2006 verlängerte. Empfahl sich mit exakten Abschlägen für die Per-Mertesacker-Position.
Timo Hildebrand: Spielte das ganze Turnier durch, außer gegen Australien, Tunesien, Brasilien und Mexiko. Zeigte gegen Argentinien, wie nah er schon an Kahn dran ist: Fünf Schuss, zwei Treffer, keine schlechte Quote. Kleiner Minuspunkt, weil er einen Rückgabe-Kopfball von Publikumsliebling Huth parierte.
Die Abwehr
Arne Friedrich: „Herr Friedrich, finden Sie nicht, dass Sie ausnahmsweise mal aus sich herausgehen könnten, weil Sie kesse Spiele als Rechtsverteidiger gemacht haben und einer der Gewinner des Turniers sind?“ – „Ob ich ein Gewinner oder Verlierer bin, muss allein der Bundestrainer entscheiden.“ Ach, Arne.
Andreas Hinkel: Reiste mit einer seltenen Krankheit an. Hatte sich während der Saison Morbus Sammer eingefangen, einen Defensiverreger, der zu chronischer Verunsicherung führen kann. Durfte als Therapie gegen Argentinien und Mexiko spielen, mit ersten Heilungserfolgen in Form von mutigen Flügelläufen und einer Torvorlage. Gute Besserung.
Patrick Owomoyela: Hat eine coole Frisur. Musste sie nicht verschwitzen.
Robert Huth: Ist kein Brasilianer, hat aber trotzdem einen Künstlernamen. Huth heißt jetzt Huuuuuuth. Verkörpert die deutschen Tugenden, sofern deutsche Tugenden bedeuten, wie ein Bär auszusehen, um am Ende doch ausgespielt zu werden. Hat aber auch englische Tugenden: Kann das Schicksal mit ein paar Bodychecks auf seine Seite zwingen. Hat sich tapfer ins Turnier zurückgekämpft, zur Belohnung ein Tor gegen Mexiko.
Per Mertesacker: Hat keinen Künstlernamen. Merte klingt nach nix, und Acker ist schon durch einen ehemaligen Fußballer aus dem Großraum Hannover belegt, der später Kanzler wurde. Mertesacker muss aber bestimmt nie eine Vertrauensfrage stellen. Er bekommt schon jetzt so viel Vertrauen, dass ihm Angst und Bange werden müsste. Wird es ihm aber nicht. Er ist von Furcht erregender Souveränität und so cool, dass es sogar noch für ein anständiges Aufbauspiel reicht. Muss einem so ein Zwanzigjähriger nicht unheimlich werden? Hat gegen Mexiko ein Gegentor verschuldet, Gottseidank.
Thomas Hitzlsperger: Hat einen gefürchteten linken Fuß, was in Deutschland immer ein Nachteil ist. Man muss dann immer Linksverteidiger spielen, auch wenn man keiner ist. Hat sich stark verbessert, ist aber trotzdem keiner. Deutschland wünscht Philipp Lahm eine baldige Rückkehr und dem armen Hitzlsperger einen Platz im Mittelfeld.
Bernd Schneider: Hat vier verschiedene Positionen gespielt, u.a. linker (!) Verteidiger (!!) und macht sich bei den Kollegen so langsam unbeliebt. Kann so herausragend Fußball spielen, dass er zur Bedrohung für alle geworden ist. Wann will er Huths Posten? Wann greift er in die Torwartrotation ein? Heimlich plant Klinsmann seine Taktik für 2006: Torwart Schneider spielt den Ball zum Verteidiger Schneider, der den Ball an den Mittelfeldspieler Schneider weiterreicht, der hinauspasst auf den Rechtsaußen Schneider, dessen Flanke der Stürmer Schneider volley ins Tor schießt. Natürlich ist diese Taktik etwas anstrengend, deshalb wird Schneider später ausgewechselt. Für ihn kommt Schneider.
Christian Schulz: Reiste an, verletzte sich, reiste wieder ab. Hätte linker Verteidiger spielen sollen. Siehe auch unter Hitzlsperger und Schneider.
Das Mittelfeld
Torsten Frings: Begann das Turnier damit, dass er in der Mauer hochsprang und den Freistoß des Australiers Skoko durchließ. Spielte manchmal (gegen Brasilien) wie die von Klinsmann geforderte moderne Nummer Sechs. Spielte manchmal aber auch wie Ramelow. Entschiedenes Fazit: Er kann es manchmal ziemlich gut, manchmal aber auch nicht.
Fabian Ernst: Sein Geheimnis ist es, unsichtbar dominant zu sein. War diesmal eher unsichtbar als dominant, was aber nicht gegen ihn zu verwenden ist. Spielte gut und elegant, aber zu selten, um sich als stilprägende Figur im defensiven Mittelfeld zu empfehlen. Liefert sich ein offenes Rennen mit Frings, wobei er einen Rückschlag erlitt. In einer Umfrage „Wer ist der schönste Nationalspieler?“ wurde er auf Rang 23 gewählt, hinter Thomas Brdaric. Nett ist das nicht.
Tim Borowski: Spielte ein paar Minuten gegen Brasilien, verbesserte dabei den Schönheitsquotienten der Mannschaft entscheidend. Kam für Ernst.
Marco Engelhardt: Wurde gegen Argentinien in der 70. Minute eingewechselt, beim Stand von 2:1 für Deutschland. Vier Minuten später stand es 2:2. Das muss aber nicht an ihm liegen.
Michael Ballack: Steht ebenfalls kurz davor, einen Künstlernamen anzunehmen: Nennt sich vielleicht bald Man of the match. Prüft aber noch eine zweite Möglichkeit, nämlich: Der Mann, der beim Confed-Cup drei Elfmeter und einen Freistoß verwandelte und am Saisonende immer noch so viel Kraft hat wie alle anderen zusammen. Wäre aber womöglich etwas kompliziert für Stadionsprecher, deshalb ist Möglichkeit drei am wahrscheinlichsten: Der Unersetzliche.
Sebastian Deisler: Ach, wenn doch der Deisler wieder da wäre! Wenn er doch wieder Freistöße schösse! Wenn er doch wieder flankte! Deisler ist immer Deutschlands Konjunktiv gewesen in den letzten Jahren, aber jetzt ist Deisler wieder wahr. Er ist wieder da. Er schießt wieder Freistöße. Er flankt wieder. Er ist noch ein bisschen übereifrig, aber ansonsten auf dem besten Wege, in jene viel versprechende Karriere zurückzukehren, die er einst verlassen hat. Und das mit dem Bart kriegen wir auch noch hin.
Bastian Schweinsteiger: Muss ebenfalls dringend über seinen Namen nachdenken. Brasiliens Trainer Parreira nennt ihn nur The number seven, im amerikanischen TV heißt er Schweinzigger. Vielleicht heiratet er aber auch bald Lukas Podolski und führt dann einen Doppelnamen. Hat der Welt bewiesen, dass deutscher Fußball Spaß macht und Deutsche Haken schlagen können wie Brasilianer. Hat das Potenzial, ein Star der WM 2006 zu werden, einerseits...
Der Sturm
Lukas Podolski: ...andererseits ist die Konkurrenz groß. Sicher ist nur, dass es nicht leicht wird für die Dolmetscher bei der WM, wenn sie Interviews mit dem Star des Turniers übersetzen müssen. Vielleicht sollten sie zwei Sätze schon mal üben: Isch bin dä Lukas. Isch mach dä Ball rein und Ende. Wahrscheinlich weiß der Poldi noch gar nicht, wie gut er wirklich ist. Nach der WM wechselt er übrigens nach München, wegen Schweini. Schade bloß, dass der Schweini zeitgleich nach Köln wechselt, wegen Poldi.
Kevin Kuranyi: Litt ebenfalls an Morbus Sammer und war offenbar noch so geschwächt, dass er ein Double zum Confed-Cup schickte. Oder war das etwa der hochbegabte Zartfuß Kuranyi selbst, dem die Bälle zeitweise so vom Fuß sprangen, als wären sie Fernschüsse? Immerhin, das Double hielt zweimal den Fuß in die Schussbahn und konnte sich so zwei Tore anrechnen lassen.
Gerald Asamoah: Hatte er etwa auch ein Double geschickt? Oder hatte sich Kuranyi als Asamoah getarnt? Asamoah gelangen reihenweise feinste Pässchen, von denen man dachte, dass nur Kuranyi sie kann. Künftig spielen die beiden gemeinsam auf Schalke, das kann ja heiter werden mit den Verwechslungsspielchen.
Mike Hanke: Wird von Joachim Löw gerne „Keilstürmer“ genannt. Hat deshalb gegen Tunesien ein Keilkopfballtor erzielt und gegen Mexiko im Zweikampf ausgekeilt. Der Referee hat ihm Rot gezeigt, der hat das falsch verstanden.
Thomas Brdaric: Machte im gesamten Turnier keinen Fehler. Außer seiner Frisur natürlich.
(SZ vom 1.7.2005)
Grüße Max