Sind die Deutschen faul?
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 02.09.03 09:00 | ||||
Eröffnet am: | 02.09.03 08:52 | von: Poseidon | Anzahl Beiträge: | 3 |
Neuester Beitrag: | 02.09.03 09:00 | von: Poseidon | Leser gesamt: | 369 |
Forum: | Talk | Leser heute: | 0 | |
Bewertet mit: | ||||

Sind die Deutschen faul? Deutschland diskutiert über den Vorstoß von CDU-Chefin Angela
Merkel für längere Arbeitszeiten (BILD berichtete). Auch der angesehene Publizist Henryk M. Broder hat sich in die Debatte eingeschaltet. In einem Beitrag für die angesehene Schweizer „Weltwoche“ schreibt Broder: „Die Deutschen haben das Arbeiten verlernt.“ BILD druckt die wichtigsten Auszüge:
„Ein Jahrzehnt, nachdem Helmut Kohl Deutschland einen ‚Freizeitpark‘ genannt hatte, wird klar, wie richtig der Ex-Kanzler mit seiner Feststellung lag. Man muss sich nur die Berichte von der Streikfront in Ostdeutschland ansehen, wo vier Wochen lang erfolglos für die Einführung der 35-Stunden-Woche gekämpft wurde...
Ein Bild aus der Vergangenheit? Ein Bergmann in einer Zeche von Krupp im Ruhrgebiet
Man muss schon aus den ganz neuen Ländern im Osten kommen, um das Absurde hinter dem Albernen zu erkennen. Er staune nicht darüber, dass die Ostdeutschen für die 35-Stunden-Woche auf die Barrikaden gingen, meint ein polnischer Facharbeiter, die hätten schon zu DDR-Zeiten nicht mehr gearbeitet. Erstaunlich sei nur, dass die 35-Stunden-Woche im Westen der arbeitstechnische Normalfall sei. ‚Die Deutschen haben das Arbeiten verlernt.‘
Eine schlichte Einsicht mit weitreichenden Konsequenzen. Der Freizeitpark bietet viele Als-ob-Jobs, vom Türsteher bis zum Moderator; immer mehr junge Menschen antworten auf die Frage, was sie am liebsten für den Lebensunterhalt machen würden, mit dem Wort ‚Eventmanager‘.
Top-Themen
• Deutsche Promi-Frauen beim Nach-Knutschen erwischt
• Dieter Thomas Heck - Sein Wolfshund zerfleischte Politiker
• 835 Euro für
99 Sekunden Boxen – Werden wir Fans abgezockt?
• Walfänger erzählt: „Wir metzelten in einem Meer von Blut“
Die alte und bewährte Grundregel, dass Reichtum geronnene Arbeit bei gleichzeitigem Konsumverzicht ist, dass man übermorgen nur das ausgeben sollte, was man vorgestern verdient hat, ist längst außer Kraft gesetzt, zugunsten einer ganz neuen Ökonomie, die von der Illusion genährt wird, dass jede Hobbytunte über Nacht zum Superstar werden kann, wenn sie eine Hand voll Adjektive auswendig gelernt hat: geil, schrill, super, cool und hammerhart.
In manchen Fällen scheint das auch zu funktionieren. Man kann die vielen Talentwettbewerbe, die derzeit überall stattfinden, auch als eine Art Arbeitsbeschaffungspolitik im kulturellen Überbau verstehen, die zur Entstehung von Ich-AGs Anstoß gibt.
Jetzt müssten nur noch die schon sprichwörtlichen ‚Lohnnebenkosten‘ gesenkt werden, damit ‚die Arbeit wieder bezahlbar‘ wird. Leute, die beim Einkaufen brutto von netto nicht unterscheiden können, wissen dafür ganz genau, wie die Sache mit den Lohnnebenkosten funktioniert.
Nicht die Arbeitslosen sind das Problem, sondern die Arbeitsunwilligen. Wo die Arbeit als der Zeitvertreib der Dummen gilt und man am liebsten arbeiten lässt, da existiert nicht einmal mehr der gute alte Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit.
Dabei gäbe es einen Weg, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Arbeitsmoral zu verbessern. Bundeskanzler Gerhard Schröder war bei seiner letzten Asienreise so sehr von der wirtschaftlichen Dynamik der von ihm besuchten Länder angetan, dass er im privaten Kreis gesagt haben soll, wenn die Deutschen sich die Asiaten zum Vorbild nehmen würden, sähe die Lage in Deutschland anders aus.
Leider hat er etwas übersehen, nämlich dass Fleiß, Disziplin, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit in Deutschland als verwerfliche ‚Sekundärtugenden‘ gelten, mit denen man ein KZ organisieren kann, und eben nicht als notwendige Vorraussetzung für privaten Erfolg und allgemeine Prosperität.“