Moskau: Die erste Geisel ist tot


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Neuester Beitrag: 24.10.02 16:32
Eröffnet am:24.10.02 16:15von: BRAD PITAnzahl Beiträge:5
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5937 Postings, 7996 Tage BRAD PITMoskau: Die erste Geisel ist tot

 
  
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24.10.02 16:15
Moskau

Die erste Geisel ist tot

Die Rebellen, die im Moskauer Musical-Theater Hunderte von Menschen in ihrer Gewalt haben, haben offenbar eine ihrer Geiseln erschossen. Andere Quellen sprechen jedoch von einem natürlichen Tod. Gleichzeitig kündigten die Geiselnehmer an, niemanden mehr freizulassen.

 
DPA

Eine schwangere Frau verlässt nach ihrer Freilassung das Theater


Moskau - Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie eine abgedeckte Leiche aus dem Theater getragen wurde. Laut Itar-Tass soll es sich dabei um eine Frau gehandelt haben. Möglicherweise sei sie jedoch schon am Vorabend beim Eindringen der Rebellen in den Konzertsaal im Südosten der Stadt getötet worden. Eine offizielle Bestätigung dazu gab es zunächst nicht.

Bereits am Morgen hatten die Rebellen mitgeteilt, sie hätten eine Agentin des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB und einen Polizisten beim Eindringen in das Gebäude erschossen. Eine offizielle Bestätigung lag auch hier nicht vor.

Die Rebellen teilten unterdessen mit, sie wollten künftig nur noch direkt mit Vertretern der russischen Führung verhandeln. Das erklärte die liberale Duma-Abgeordnete Irina Chakamada, die zuvor mit den Geiselnehmern gesprochen hatte. Ein anderer Duma-Abgeordneter, Iosif Kobzon, sagte, er habe vergeblich versucht, die Rebellen zu überzeugen, weitere Geiseln freizulassen. "Als ich sie bat, noch andere freizulassen, sagten sie mir, sie hätten die Jüngsten freigelassen. Sonst würden sie niemanden mehr freilassen."

Die Meldungen über das Schicksal der festgehaltenen westlichen Geiseln sind noch nicht ganz eindeutig. Klar scheint jedoch zu sein, dass sie entgegen erster Ankündigungen weiter mit ihren Leidensgenossen in dem Theater in Moskau ausharren müssen. Der österreichische Botschafter Franz Cede hatte heute morgen erklärt, die westlichen Geiseln sollten ihren jeweiligen diplomatischen Vertretern übergeben werden. Offenbar sollten sich diplomatische Vertreter aus den betroffenen Ländern bis neun Uhr Moskauer Zeit vor dem Theater eingefunden haben, um ihre Landsleute in Empfang zu nehmen. Als das nicht allen gelang, zogen die Terroristen ihr Angebot offenbar zurück.

Allerdings konnten mindestens fünf weitere Geiseln das Theater am Donnerstagmittag verlassen. Dabei soll es sich Agenturberichten zufolge um einen Briten, eine Frau und drei Kinder handeln.

Möglicherweise sind unter den Geiseln mehr Deutsche als zunächst angenommen. Eine russische Geisel gab der Agentur Interfax detaillierte Angaben zur Nationalität der festgehaltenen Musical-Besucher an. Demnach befinden sich unter ihnen sieben Deutsche, vier US-Bürger, vier Kanadier, zwei Schweizer, zwei Österreicher, zwei Jugoslawen, drei Franzosen, zwei Dänen, ein Bulgare und einige Dutzend Bürger aus ehemaligen Sowjetrepubliken. Das Auswärtige Amt kann die neue Zahl bislang nicht bestätigen. "Wir haben weiterhin Kenntnis von drei deutschen Geiseln, können aber nicht ausschließen, dass es möglicherweise auch mehr sind", sagte ein Sprecher des Ministeriums.Nach der deutschen Botschaft richtete nun auch das Auswärtige Amt in Berlin einen Krisenstab ein. Geleitet werde das Gremium von Staatssekretär Gunter Pleuger, sagte ein AA-Sprecher am Donnerstag in Berlin auf Anfrage.

 
REUTERS

Rote-Kreuz-Mitarbeiter betreten als Mittler das Theater


Insgesamt scheint die Lage rund 17 Stunden nach Beginn der Geiselnahme dennoch relativ ruhig zu sein. Ein Vertreter des Roten Kreuzes ist inzwischen vor der Konzerthalle eingetroffen, um Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln zu führen. Die Rebellen hatten zuvor um eine Vermittlung durch internationale Hilfsorganisationen gebeten. Schützenpanzer blockieren alle Straßen rund um das besetzte Theater. Damit soll offenbar ein Ausbruch der Terroristen verhindert werden. Nach Agenturberichten ließen die Rebellen einige liberale russische Politiker, die sich in der Vergangenheit für Friedensverhandlungen in Tschetschenien ausgesprochen hatten, in das Gebäude.

Aus Telefonaten mit einzelnen Geiseln lässt sich schließen, dass es innerhalb des Theaters bislang weder Gewalttaten der Geiselnehmer noch Panik unter den Gefangenen gibt. Allerdings seien einigen Theaterbesuchern Granten an den Körper gebunden worden. Die Menschen in dem zum Konzertsaal umgebauten Kulturheim eines früheren Kugellagerwerks im Südosten Moskaus wurden mit Lebensmitteln und Wasser versorgt, wie ein tschetschenischer Duma-Abgeordneter nach einem Telefonat mit den Geiselnehmern sagte.

 
REUTERS

Straßensperre in der Nähe des Theaters


Die Verhandlungen mit den Rebellen seien sehr schwierig, sagte ein Mitarbeiter des russischen Einsatzstabes der Agentur Itar-Tass. Die Geiselnehmer änderten ständig ihre Forderungen. Nach Berichten von Unterhändlern wurden die Geiselnehmer vermutlich vom Feldkommandeur Mowsad Barajew angeführt, dessen Bruder Arbi im Vorjahr in Tschetschenien im Kampf mit russischen Truppen getötet worden war. Russische Geheimdienstquellen bezeichneten Mowsad Barajew als äußerst brutal und gewissenlos. Polizei, Geheimdienst und Spezialtruppen hielten sich bis zum frühen Nachmittag (Ortszeit) in deutlichem Abstand zum Gebäude.

Die tschetschenischen Rebellen stürmten das Theater gestern Abend um 21 Uhr Moskauer Zeit und forderten das Ende des Tschetschenienkriegs. Sie drohen mit der Erschießung ihrer Geiseln und der Sprengung des Theaters, sollten russische Sicherheitskräfte eine Stürmung des Gebäudes versuchen. Die Geiselnehmer haben der russischen Führung eine siebentägige Frist zur Erfüllung ihrer Forderungen gesetzt. Innerhalb dieser Zeit müsse die Frage des Abzugs der russischen Streitkräfte aus der abtrünnigen Kaukasus-Republik gelöst werden, oder das Gebäude werde gesprengt. Die Forderung wurde auf der Internet-Seite der tschetschenischen Rebellen veröffentlicht. Die Geiselnehmer sollen "Smertniki" sein, Selbstmord-Attentäter. Die Frauen unter ihnen Witwen tschetschenischer Kämpfer.

Granaten und Sprengstoffgürtel

 
SPIEGEL ONLINE


Mehrere Geiseln baten in Anrufen über ihr Mobiltelefon bei russischen Fernsehsendern und Nachrichtenagenturen, die Sicherheitskräfte sollten auf Gewalt verzichten. "Hier sind Frauen, Kinder und Ausländer", sagte ein Anruferin, Maria Schkolnikowa. "Wir wollen nicht, dass das Gebäude gestürmt wird." Die Geiselnehmer, die Familienmitglieder in dem Krieg verloren hätten, seien sehr entschlossen. "Wir verurteilen, was in Tschetschenien passiert", sagte Schkolnikowa. Bei vielen der Anrufer gingen am Donnerstagmorgen die Batterien der Handys zur Neige. Mehr als hundert Frauen, darunter auch zwei Schwangere, und Kinder waren kurz nach der Stürmung des Theaters freigelassen worden.

"Plan Gewitter" in Kraft

Die Nachrichtenagentur ITAR-TASS meldete unter Berufung auf einen Zuschauer, der die Polizei angerufen habe, dass die Bewaffneten im Inneren des Gebäudes damit begonnen hätten, Minen zu legen. Polizisten und Angehörige der Alpha-Spezialeinheit begaben sich sofort nach dem Alarm zu dem Theater, das in einem Arbeiterviertel im Südosten Moskaus steht. Das Innenministerium setzte den "Plan Gewitter" in Kraft, der allen Mitgliedern der Sicherheitskräfte befiehlt, sich sofort bei ihren Einheiten zu melden.

Das Musical "Nordost", das in dem Theater aufgeführt wurde, ist eine der populärsten Produktionen der letzten Jahre in Russland. Es basiert auf Wenjamin Kawerins romantischem Roman "Zwei Kapitäne" und schildert die Geschichte und das Schicksal zweier Studenten zur Zeit der Sowjetunion. Nach Angaben der Produktion haben bislang mehr als 350.000 Menschen das Musical besucht.




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5937 Postings, 7996 Tage BRAD PITHier erfährt man mehr, als im

 
  
    #2
24.10.02 16:27
Konkurrenz-thread  

16763 Postings, 8278 Tage ThomastradamusWar aber zuerst da, braucht weniger

 
  
    #3
24.10.02 16:30
Zeit zum gelesen werden und hat somit mehr davon für andere Threads! ;-)

Gruß,
T.  

4934 Postings, 8873 Tage n1608Wer hätte das gedacht?

 
  
    #4
24.10.02 16:30
Eine schwangere Frau verlässt nach ihrer Freilassung das Theater  

16763 Postings, 8278 Tage ThomastradamusHätte ja auch trotzdem dort bleiben können! o. T.

 
  
    #5
24.10.02 16:32

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