Gewinner der Krise: PeopleSoft


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05.01.02 15:30

PeopleSofts Politik der ruhigen Hand


Das Ende des Booms war für die Hersteller von Unternehmenssoftware gleichbedeutend mit dem Beginn einer neuen Eiszeit. Während die Konkurrenz panisch wurde, hielt ein Unternehmen an seiner Strategie fest - und schreibt weiter schwarze Zahlen.  

Hamburg/Pleasanton - Bevor Larry Ellison mal den Mund hält, muss eine Menge passieren. Der Oracle-Chef ist normalerweise ständig unterwegs, um für sein Unternehmen die Werbetrommel zu rühren und gegen die Konkurrenz zu stänkern. Dem Erzrivalen SAP hatte Ellison einst prophezeit, den Walldorfern stehe ein "nuklearer Winter" bevor.
In letzter Zeit ist der Oracle-CEO allerdings auffällig still. Was daran liegen mag, dass es nicht nur für SAP eisig geworden ist, sondern für alle Unternehmen, die Unternehmenssoftware herstellen. Oracle musste im vergangenen Jahr gleich zwei Gewinnwarnungen herausgeben. Der Börsenwert des Unternehmens hat sich 2001 mehr als halbiert. Ähnlich grässlich war das Geschäftsjahr für Siebel Systems, deren Kurs um fast 60 Prozent einbrach.

Keine Investitionen, kein Geschäft

Mit der Rezession kam die Eiszeit für alle, die Software für die Planung von Unternehmensressourcen (ERP) oder zum Management von Kundenbeziehung (CRM) anbieten. "Als die Unternehmen merkten, dass es abwärts geht", erklärt Thomas Topolinski, Vizepräsident beim renommierten Marktforschungsunternehmen Gartner Research, "haben sie sofort in den Überlebensmodus geschaltet." Geld sparen und zwar sofort, lautet plötzlich die Devise - kein Unternehmen war mehr willens, Millionen in eine neue CRM-Software zu investieren, die frühestens in 18 Monaten Kostenersparnisse bringt.

Umso mehr wirkt es wie ein Wunder, dass es PeopleSoft als einziges Unternehmen geschafft hat, deutlich über Wasser zu bleiben. "Die dürften die Einzigen im Bereich Unternehmenssoftware sein, die ihre Prognosen nicht zurückschrauben mussten", so Analyst Neil Herman von Lehman Brothers. Im dritten Quartal wuchs der Anbieter von CRM-, ERP- und Personalmanagementsoftware um satte 60 Prozent. Als einzige Aktie der großen Vier lag PeopleSoft am Ende des Jahres im Plus: Um 4,4 Prozent stieg der Kurs, während die Nasdaq im gleichen Zeitraum um fast 25 Prozent abschmierte.

Der Familienbetrieb des Valleys

Eigentlich war das Unternehmen aus Pleasanton, Kalifornien, bereits von allen abgeschrieben worden. Das von dem Ex-IBM Mann David A. Duffield gegründete Unternehmen hatte früher den Ruf, eine Art Hippie-Kommune des Silicon Valley zu sein. Die große Familie der Angestellten, die "Peoplespeople" verzehrte in den Pausen "Peoplessnacks", erledigte ihre Einkäufe im firmeneigenen "Peoplesstore" und bezeichnete den Nachwuchs als "Peoplesbabies". Über allem thronte Papa Duffield, der seine internen Mails gerne mit "D.A.D." unterschrieb.

Ende 1998 begann das Geschäft zu stocken. Der Markt für PeopleSofts ERP- und Personalmanagement-Software galt als weitgehend saturiert, das Unternehmen hatte es zudem versäumt, seine Produkte rechtzeitig fit für das Internet zu machen. Mit dem Kuschel-Klima war es plötzlich vorbei. Duffield musste einen Großteil seines Volkes auf die Straße setzen und verabschiedete sich in den Ruhestand.

Dem neuen Vorstandsvorsitzenden Craig Conway, einem Zögling von Oracle-Chef Larry Ellison, traute kaum jemand zu, das Unternehmen herumzureißen. Conway verdoppelte das Budget für Forschung und Entwicklung, verdreifachte die Werbeausgaben und produzierte damit zunächst weitere Kosten. Sein Ziel: alle Software-Produkte der Firma zu reinrassigen Internetanwendungen zu machen. Diese sollte der Kunde vom Arbeitsplatz direkt über einen Webbrowser nutzen können, ohne weitere Programme aufspielen zu müssen.

Für seinen Plan erntete Conway zunächst nur Spott. "Warum soll ausgerechnet derjenige, der zu dumm war, rechtzeitig zum Internet zu kommen, nun der Kluge sein", ätzte damals etwa Analyst Helmuth Gümbel von Strategy Partners. PeopleSoft, so der allgemeine Tenor, sei ein verschnarchter Dinosaurier.

Power to the people

Inzwischen spottet keiner mehr. Conways aktuelles Produkt, das Business-Software-Paket PeopleSoft 8, "ist ein richtig gutes Produkt", meint Topolinski. PeopleSoft sei seinen Konkurrenten um Längen voraus, so der Gartner-Analyst. Denn PeopleSofts voll internetfähige Produkte gelten zum einen als relativ preiswert, da sie über den Webbrowser bedient werden können. Zum anderen bringen die Applikationen schon nach kurzer Zeit deutliche Einsparungen - schneller als jene der Konkurrenz. "PeopleSoft ist der einzige Anbieter von Unternehmenssoftware, der die Vorteile der Internetarchitektur ausnutzt", glaubt Analyst Tim Dolan von Deutsche Banc Alex. Brown, "wir glauben, dass sie sich deshalb auch in diesem schlechten Umfeld weiter so gut halten." Conway behauptet, SAP und vor allem Oracle hätten in Sachen Internet noch Nachholbedarf. "Oracles neue Software 11i ist auf dem Stand von PeopleSoft 7.5", höhnt er.

Ein weiterer Punkt, in dem sich PeopleSoft von der Konkurrenz abhebt: Die Software des Unternehmens gilt als ausgereift und relativ frei von Programmierfehlern, so genannten Bugs. Dass die Firma so lange an PeopleSoft 8 herumgebastelt hat, erweist sich jetzt als Vorteil. Das krasse Gegenbeispiel bietet derzeit Oracle. Ellisons Business-Software 11i gilt in der Branche als "Earlyware". Das Produkt wurde nach Ansicht von Kritikern viel zu früh ausgeliefert. "Es hatte Tausende und Abertausende von Bugs", ärgert sich etwa Mickey McBride, IT-Manager bei der texanischen IMCO Recycling Inc., "und immer, wenn wir mit unseren Tests durch waren, schickten sie (Oracle) uns den nächsten Patch und Upgrade, woraufhin wir wieder von vorne beginnen konnten."

Das neue Erfolgsunternehmen PeopleSoft ist nicht mehr der familiäre Schuppen von Papa Duffield, dem viele alte Angestellte nachtrauern. Dennoch orientiert sich Conway eher an "D.A.D." als an seinem Mentor Larry Ellison, den er einen "Betriebsexhibitionisten" nennt. Der Oracle-Chef hält nicht viel davon, seine Kunden zu verhätscheln, seine Marketingtaktik ist brachial: "Unsere Kunden können es vielleicht ein, zwei Quartale hinauszögern. Aber am Ende müssen sie (unsere Software) trotzdem kaufen." PeopleSoft hingegen, so Conway habe immer noch viel von Duffields "Anti-Oracle-Wertesystem: Behandle deine Leute und die Kunden anständig, dann kommt auch das Geld".

onvista.de

Gruß
Happy End
spiegel.de
 

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