Gesellschaft, Ökonomie, Wissenschaft und Kultur
AL: „Die Inflation in der Eurozone liegt bei -0,3 %, d.h. es gibt faktisch Deflation.“
- das ist nicht ganz richtig, da es sich blos um die werte aug 20 bis oktober 20 handelt.
- oktober 19 bis juli 20 pendelt die inflation zwischen +0,1% und +1,4%
- august 20 bis okt 20 zwischen -0,2% und 0,3%.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/...-preise-fuer-gas-
und-heizoel-ziehen-an/25381426.html
AL: „Hinter dem Rückgang im November standen insbesondere die Energiepreise, die zum Vorjahr um 8,4 Prozent nachgaben.“
- für die inflationsberechnung sind nur verbraucherpreise relevant!
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/...-an/25381426.html
AL: „Deshalb dürfte die lockere Christine (EZB) nun bald die nächsten "Maßnahmen" einleiten.“
- das ist zur zeit eher nicht zu erwarten.
https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/...el/26230652.html
AL: „...weil die Aufgabe der Notenbanken darin besteht, Inflation zu verhindern, nicht jedoch, Inflation mit der Brechstange zu erzeugen.“
- das sollte man so nicht stehen lassen. die aufgabe der ezb besteht in der wahrung von
- preisniveau und geldwertstabilität, sowie in der aufsicht über gesamtwirtschaftliche ziele
- wie wirtschaftswachstum, konjunktur- und wechselkursstabilität.
- was zählt sind die verbraucherpreise = lebenserhaltungskosten. großhandelspreise gelten auf einem
- diversen markt.
"Des Weiteren ist es äußerst problematisch, dass die Preisentwicklung der Vermögenswerte bei der Erfassung der Inflation systematisch gänzlich ausgeblendet werden, so als ob z.B. die Preisentwicklung an den Immobilienmärkten für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung keine relevante Größe wäre."
- der inflationsindex reagiert eben nur auf veränderungen der verbraucherpreise bei produkten und dienstleistungen (u.a.mieten und zinsen). preisentwicklungen bei vermögenswerten haben keinen nennenswerten einfluß auf die lebenshaltungskosten und sind daher für den inflationsindex nicht relevant. zudem würden sie auf grund von volatilitäten keine konstante preiserfassung in einem statistischem rahmen ermöglichen.
Es ist zwar richtig, dass sich eine Deflation in der Eurozone noch nicht im ersten Halbjahr abgezeichnet hat, sondern erst ab August.
Aber was für ein Argument soll denn daraus abgeleitet werden?
Die Geldpolitik versucht natürlich, auf Entwicklungen der Gegenwart zu reagieren und nicht auf die Vergangenheit, und so bezieht sich Frau Lagarde dann ja auch auf die Entwicklung, die sich nun in den letzten Monaten abgezeichnet.
Das ist zwar richtig, widerspricht Al's Aussage jedoch in keinster Weise, Die Energiepreise gehen selbstverständlich und auch bekannter Weise in die Verbraucherpreise mit ein, schau Dir die Zusammensetzung des HVPI doch einmal näher an.
Hier unter dem Punkt 04.5:
https://ec.europa.eu/eurostat/ramon/nomenclatures/...tCode=HIERARCHIC
Ich bin ja eher ein Fan der Herangehensweise zu versuchen, zu verstehen was jemand zum Ausdruck bringen möchte, und Einwände im Grunde dort zu bringen, wo sich daraus substanziell im Hinblick auf die eigentliche Argumentation auch tatsächlich etwas anderes ergibt.
Schau mal, es geht doch um den Zusammenhang von geldpolitischen Maßnahmen, die an die Entwicklung der Inflationsrate angepasst werden sollen.
Und bei diesem Zusammenhang gibt es dann natürlich auch übergeordnete systematische Überlegungen, die dazu führen, dass eine maßvolle Inflation um und bei 2% als Ziel formuliert wurde und eine Deflation nach Möglichkeit vermieden werden soll.
Hier geht es dann um die Idee, dass eine Deflation die (Volks)Wirtschaft schädigt, da Konsumenten von weiter fallenden Preisen ausgingen und den Konsum dann immer weiter in die Zukunft verschöben.
So lautet zumindest das allgemeine Argument. Von dessen Richtigkeit einmal abgesehen,
kann dieses Argument bei niedrigeren Energiepreisen jedoch gar nicht greifen.
Der Konsument wird nicht weniger konsumieren, bloß weil er weniger für Strom, Gas, Benzin oder Öl ausgeben muss, er hat im Gegenteil sogar mehr Geld für den Konsum anderer Waren übrig.
Wenn eine ermittelte Deflation also vorwiegend durch niedrigere Energiepreise als solche erscheint, wäre es also sachlich unsinnig, geldpolitische Maßnahmen nach obigen Leitgedanken zu verfolgen, da dessen übergeordneten Argumente in diesem Fall gar nicht zum tragen kommen.
Ich meine allerdings, dass dieser Gedanke oben an sich verständlich genug zum Ausdruck gekommen sein sollte. Etwas eigenständiges Mitdenken würde ich dann gerne schon voraussetzen dürfen.
Es sollen hier letztlich lebendige Diskussionen entstehen, und keine 17 Punkte Definitionen ausgetauscht werden, schon gar nicht wenn dies ohnehin nur dazu dient, bewußte Missverständnisse zu erzeugen, um einfach mal widersprechen zu können...
;-)
daß der index aus ein paar wenigen monaten nur wenig aussagekräftig ist, und die ezb zudem mehr flexibilität angekündigt hat, was bedeutet, unmittelbare maßnahmen nicht vorgesehen. (siehe link).
wir haben zur zeit eine leicht deflationäre tendenz, nicht aber auf das jahr 2020 bezogen. die tendenz ist eine reaktion auf die pandemie und wird sich wie ich meine nicht mehr lange halten.
betreffend energiepreise ist gemeint, dass die verbraucherpreise eher gestiegen als gefallen sind,
ganz zum unterschied zu den rohstoffpreisen, daher absolut kein beitrag zur deflationären tendenz.
betreffend vermögenswerte mußte ich deiner kritik widersprechen, da diese in einem inflationsindex aus geldpolitischer sicht nichts verloren haben. man stelle sich vor aktien, anleihen, währungen, immobilien, edelmetalle, kunst etc würden indexrelevant gehandhabt werden...!? der geldwert verändert sich nicht, wenn vermögenswerte sich im wert verändern.
deine vermutung ich schreibe nur um zu schreiben, möchte ich lieber nicht kommentieren.
Ja, das ist nun aber ja auch gerade meine Kritik, lieber Gnomon.
Für die Lebenshaltungskosten dürfte die Entwicklung der Vermögenspreise sicher nicht unmittelbar relevant sein. (Mittelbar m.E. allerdings durchaus, da sich z.B. steigende Immobilienpreise längerfristig betrachtet in der Praxis auch durchaus auf das Niveau der Mieten auswirkt.)
Aber warum sollten sich Inflationsbetrachtungen alleine auf die Lebenshaltungskosten fixieren?
Die Geldwertstabilität, um dies es ja geht, wäre doch sinnvoller Weise sehr viel weiter zu fassen, als die Stabilität der Lebenshaltungskosten.
Der Verbraucher und seine Lebenshaltungskosten lassen sich dann außerdem auch nicht im Vakuum denken. So muss jeder Verbraucher z.B. auch was für seine Altersvorsorge tun, die bei einer hohen Inflation der Preise von Vermögenswerten immer teurer für ihn wird.
Dein Volatilitätsargument finde ich dann auch nicht wirklich überzeugend. Solche Berechnungen und Bewertungen liegen bei den einzelnen Vermögenswertklassen ja durchaus vor, sie werden allerdings bei der Erfassung der Inflation eben nicht mit berücksichtigt ;-)
Man sollte diese einzelnen Bereiche natürlich kaum in einer einzelnen Inflationsziffer zusammenfassen. Daraus ließe sich nun gar keine sinnvolle Informationen mehr gewinnen.
Vermögenspreise und Verbraucherpreise sollten bei Inflationsbetrachtungen jedoch nebeneinander betrachtet werden, die Rohstoffe sollte man m.E. auch ruhig als eigenständige Größe zusammenfassen, wobei die Energiepreise nochmal eine gesonderete Positionen einnehmen sollten.
Weshalb? Weil diese unterschiedlichen Preisdynamiken in einer Volkswirtschaft gleichsam relevante Größen sind, allerdings im einzelnen ganz anderere Wirkungen entfalten.
Ausschlaggebend für die schwache Inflation sind vor allem die stark fallenden Energiepreise. Sie lagen fast 12 Prozent tiefer als ein Jahr zuvor. Hier macht sich vor allem der Einbruch der Rohölpreise bemerkbar. Bei Lebensmitteln gab es ein anderes Bild, diese waren zum Teil deutlich teurer als vor einem Jahr. Die Preise von Industriewaren veränderten sich dagegen kaum. Ohne Energie, Lebens- und Genussmittel betrug die Kerninflation 0,9 Prozent.
https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/...16/25923790.html
Ein kleiner aber feiner Unterschied.
XD
Dass Du bei Deinem Zitat das Element des "Widersprechens" durch das bloße "Schreiben" ersetzt hast finde ich übrigens durchaus interessant.
;-)
Die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken sowie die fiskalpolitischen Maßnahmen der Nationalstaaten, dürften m.E. jedoch gerade erheblich dazu beitragen.
So sind die Zentralbankgelder seit der Finanzkrise nun ja auch vorangig in die Finanzmärkte und eben nicht in die Realwirtschaft geflossen.
Die Inflationsrate gilt dabei als einer der wichtigsten Maßstäbe von geldpolitischen Maßnahmen und natürlich muss man das dann als problematisch ansehen, wenn ausgerechnet der Bereich in denen diese Maßnahmen am stärksten wirken, bei den Maßstäben an denen sie sich orientieren systematisch unberücksichtigt bleibt.
Nebnen der Geldwertstabilität geht es dann ja auch noch um die Finanzmarktstabilität.
Der Grund weshalb die Entwicklung der Vermögenspreise immer noch ausgeklammert wird, könnte sich m.E. darin finden, dass die Zentralbanken sich in diesem Falle dazu gedrängt sähen könnten, die Zinsen zu erhöhen, was jedoch mit ihrem (zumindest in Europa) inoffiziellem Ziel kollidierte, den hoch verschuldeten Staaten eine günstige Refinanzierung zu ermöglichen.
Das ist m.E. das eigentliche Problemfeld, und nicht etwa die kuriose Auffassung, dass Vermögenspreise für die Geldwertstabilität keine Rolle spielten.
Moderation
Zeitpunkt: 04.12.20 09:57
Aktion: Löschung des Beitrages
Kommentar: Moderation auf Wunsch des Verfassers
Zeitpunkt: 04.12.20 09:57
Aktion: Löschung des Beitrages
Kommentar: Moderation auf Wunsch des Verfassers
"Da unzweifelhaft Vermögenspreise einen enormen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft haben können, muss man sich die Frage stellen, wie eine Berücksichtigung von Vermögenspreisen in der geldpolitischen Praxis aussehen könnte.
Die bereits dargelegte Rolle der Vermögenspreise hat vermehrt zu Überlegungen geführt, Vermögenspreise in die Inflationsmessung miteinzubeziehen.
Zentralbanken führen zunächst einen Maßstab ein, um ihre Geldpolitik formulieren zu können. Dies dient dann dazu, ihr Ziel - eben eine bestimmte Inflationsrate - bzw. ihre Zielerreichung messen zu können.
Dabei kann unter anderem ein Preismaß auf der Einzelhandelsebene herangezogen werden wie beispielsweise der Konsumentenpreis-index. Aber auch Großhandelspreise oder Produzentenpreise könnten als Maßstab die-nen, da die Inflationsrate zwar als geeigneter Indikator gilt, es aber keine universell gerechtfertigte Messung für Inflation gibt.
Denn für verschiedene Problemstellungen werden verschiedene Indices notwendig, so dass die Angemessenheit eines Preisindex von seiner Verwendung im jeweiligen Zusammenhang abhängt."
...bekomme den link dazu leider nicht richtig hineinkopiert, aber immerhin zum Buch als solches:
https://www.lehmanns.de/shop/wirtschaft/...itik-und-vermoegensmaerkte
Die Leute konsumieren und investieren in der Pandemie dramatisch weniger, auch ganz ohne dass dies eine Coronadikatur angeordnet hätte. Ensprechend macht die Sparquote den Abflug. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Börsen mitten 'in der schlimmsten Krise seit dem WK II' einfach nicht mehr fallen wollen. Das kommt erst dann, wenn Konsumieren und Investieren ('productive' ist hier gemeint) sich wieder Richtung der precrisis Niveaus bewegen können ( der Tip ist for free)
Hier halte ich sogar gegenteiliges für zutreffend.
Bei der Inflation der Realgüterpreise würde ich dann als weiteren Einfluss jedoch auch die Staatsausgaben hinzufügen, was sich im Zuge der Coronaprogramme durchaus künftig als nicht ganz unmaßgeblicher Treiber erweisen könnte.
Deine Überlegungen im letzten Absatz, dass ein Corona bedingter Rückgang von Konsum und Investition logisch mit einem Rückgang der Sparquote verbunden wäre, erscheint mir dann allerdings als etwas widersinnig.
Die kraftvolle Erholung an den Finanzmärkten dürfte m.E. hingegen wie so oft in erster Linie auf die Institutionellen zurückgehen. Hier spielt dann das niedrige Zinsumfeld, das durch die Zentralbanken masgeblich mit beeinflusst wird, doch schon eine entscheidende Rolle.
Wenn man sich dazu die Preisentwicklung bei den Edelmetallen sowie den coins anschaut, dann kommt darin erfahrungsgemäß durchaus die Erwartung einer künftig deutlich höheren Inflation zum Ausdruck.
Dass die Börsen in solch einer heftigen Rezession derart stabil bleiben und insbesondere die Tech-Werte sogar eine richtige Rally hingelegt haben, könnte man dann auch als Flucht in Sachwerte lesen.
Und so sind dann derzeit nicht nur die niedrigen Zinsen, sondern auch die Angst vor Inflation, m.E. einer der großen Treiber an den Finanzmärkten.
Sätze wie "das Schlechteste, was man mit seinem Geld derzeit machen kann, ist es auf dem Konto zu parken" hört man jedenfalls doch gerade immer wieder.
Aus Deinem Text heraus hatte ich "macht die Sparquote einen Ablug" mit dem anschließenden Hinweis auf die "nicht mehr fallen wollenden Börsen" gerade so herum verstanden, dass Du der Auffasung wärest, dass die Sparquote fiele und die Privathaushalt vollgas an den Börsen gäben.
XD
Preisbereinigt ist das Bip nun im Vergleich zum Vorjahresquartal um 4,1% gefallen.
Wenn bei den fallenden Haushaltseinkommen die Sparquote nun tatsächlich derart nach oben gegangen ist, hätte ich allerdings an sich einen noch heftigeren Rückgang von Konsum und Investition erwartet.
Deine Statistik finde ich insofern durchaus bemerkenswert!
Hier wäre dann bei einem Wegfall der wirtschaftlichen Unsicherheiten durch Corona u.U. mit einem enstprechend nachholenden Konsum und Investition zu rechnen.