Gangster in Nadelstreifen zocken Milliarden ab


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Neuester Beitrag: 28.01.03 10:37
Eröffnet am:28.01.03 10:37von: chrismitzAnzahl Beiträge:1
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16834 Postings, 8562 Tage chrismitzGangster in Nadelstreifen zocken Milliarden ab

 
  
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28.01.03 10:37
Düsseldorf (dpa) Die Verdächtigen gehören zu den besten Kreisen der Gesellschaft: Ob Reemtsma, Refugium, Babcock, Trienekens oder EM.TV – wenn Polizisten und Staatsanwälte im Morgengrauen an Türen klopfen, zählen diese immer häufiger zu bekannten Namen aus der Wirtschaft.

  Die Zahl der Wirtschafts-Straftaten ist im Jahr 2001 im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent gestiegen. Zwar beträgt ihr Anteil an der gesamten Kriminalität mit 110 000 Fällen nur 1,7 Prozent , aber der Anteil an den Gesamtschäden durch Verbrechen liegt mit mehr als 60 Prozent oder 6,6 Milliarden Euro um ein Vielfaches darüber.

  Gangster im Nadelstreifen richten in Deutschland Jahr für Jahr mehr Schaden an als alle Ladendiebe, Einbrecher und Bankräuber zusammen.

  Dennoch warnen Experten vor einer Überbewertung der Polizeistatistik. Ein Komplex mit mehreren tausend Einzelfällen kann die bundesweite Bilanz verzerren und: „Es ist wie beim Rauschgift – je mehr Personal ich einsetze und ermittle, desto mehr finde ich auch“, berichtet Norbert Reckers von der Polizei-Führungsakademie in Münster. Vor einigen Jahren seien spezielle Polizei-Dienststellen für Wirtschaftskriminalität geschaffen worden.

  Der Bund Deutscher Kriminalbeamter vermutet dennoch weiterhin eine hohe Dunkelziffer und schätzt den tatsächlichen Schaden auf 36 Milliarden Euro jährlich. Hinzu kommt der nicht in Summen bezifferbare Vertrauensschaden bei Anlegern. Die Ermittler wollen ihren Verfolgungsdruck nun erhöhen: Seit Jahresbeginn beraten Experten des Bundeskriminalamtes und der Länder über Ansätze zur gezielten Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption.

  „Das sind jetzt zum Teil die Auswirkungen des Goldfiebers am Neuen Markt“, sagt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, über die Ermittlungswelle. „Da hat mancher das Unrechtsbewusstsein verloren.“ Aber auch die Wirtschaftsflaute selbst sorgt für Strafverfahren, etwa durch Insolvenzdelikte. „Einige haben vielleicht nicht geglaubt, dass es soweit kommt.“ Andererseits sei das Aktienrecht mit dem Transparenz- und Publizitätsgebot deutlich verschärft worden. Somit sei es leichter, im Gesetzesdickicht zu straucheln.

  Des Anlegers Leid ist des Rechtsanwalts Freud: Die Geschäfte von Advokaten mit Spezialgebiet Wirtschaftsstrafrecht laufen glänzend. Der Düsseldorfer Verteidiger Sven Thomas hat derzeit viel zu tun. Er führt dies zu einem Teil auf „die Ausweitung von Strafbarkeitsvorschriften“ an. Hinzu komme eine Art Sündenbock-Mentalität nach dem Verlust der Anlegergelder: „Wenn die Spekulationsblase platzt, wie im Bereich der Telekommunikation, wird nach Schuldigen gesucht.“ Auch wenn zuvor beim Feuerwerk der Aktienkurse alle kräftig mitgemischt hätten.

 

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