Ein Nachruf


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Neuester Beitrag: 25.04.21 13:12
Eröffnet am:10.03.07 16:12von: J.B.Anzahl Beiträge:1
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10.03.07 16:12

HINTERGRUND: Neuer Markt würde 10 Jahre alt - Spuren hinterlassen

FRANKFURT (dpa-AFX) - Er würde an diesem Samstag 10 Jahre alt: Am 10. März 1997 ging in Frankfurt der Neue Markt an den Start. Doch dem rasanten Aufstieg folgte bald ein tiefer Fall - bereits im Sommer 2003 wurde das skandalträchtige Börsensegment geschlossen. Heute scheint das Platzen der große 'New Economy'-Blase lange Vergangenheit, neue Internetunternehmen der Generation Web 2.0 sind aktiv. Doch Privatanlegern, die ihre oft ersten Schritte an der Börse schnell bereuten, haben sich die turbulenten Zeiten des Neuen Marktes ins Gedächtnis gebrannt - viele lassen noch immer die Finger von Aktien, die Kursgewinne der vergangen Jahre haben sie verpasst. Die Unternehmer von damals sind unterschiedliche Wege gegangen.

Wenige Jahre nach dem Ende des Neuen Markts finden sich wieder mehr Internet-Unternehmen auf den Kurszetteln der Börsen. Den Boden bereitete vor allem der erfolgreiche Börsengang des amerikanischen Suchmaschinen-Betreibers Google . 'Internetfirmen müssen heute Geld verdienen, wenn sie an die Börse kommen', sagt ein Experte. Die teure Übernahme des Video-Archivs MyTube und der geglückte Börsengang des profitablen deutschen Internetportal-Betreibers openBC sorgten für eine neue Euphorie in der Branche. Experten warnen indes vor einer neuen Blase: Die Preise für Internetfirmen seien drastisch gestiegen, sagt ein Analyst. „Die Anleger sollten nun aufpassen, dass der Markt nicht überhitzt.“

VIELE PROTAGONISTEN VON DER BILDFLÄCHE VERSCHWUNDEN

Die meisten Protagonisten aus den Zeiten des Neuen Markts wie Mobilcom-Chef Gerhard Schmid oder die Haffa-Brüder von EM.TV sind längst von der Bildfläche verschwunden, auch wenn es die Unternehmen noch gibt. Wenige Unternehmen wie zum Beispiel IDS Scheer , AIXTRON oder MorphoSys schafften es, die Pleitewelle Anfang des Jahrtausends zu überstehen. Doch deren Aktienkurse sind derzeit weit von den einstigen Höchstständen entfernt. Von den damaligen Stars der Szene schaffte es nur Ralph Dommermuth mit seinem Internetdienstleister United Internet , den Börsenwert von damals zu überbieten.

Andere Unternehmer haben einen zweiten Versuch in neuer Umgebung gewagt. So hat etwa Rolf Hansen, ehemals Vorstand von LetsBuyIt.com, mit E-Plus den Mobilfunk-Billiganbieter Simyo gegründet. Seine Erfahrungen mit dem Internethändler - von der Expansion, über den Börsengang bis zur Restrukturierung - seien eine Grundlage für das erneute Unternehmerengagement gewesen, sagt er. Erst das Internet habe - auch nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes - Geschäftsmodelle wie das des Mobilfunkanbieters ermöglicht. 'Durch den unternehmerischen Erfolg mit Simyo fühle ich mich darin bestätigt, dass es sich lohnt, nach Rückschlägen weiterzumachen', sagt Hansen. Börsenpläne hegt das Unternehmen derzeit aber nicht.

ERFOLGSGESCHICHTE DAUERTE DREI JAHRE

Die Erfolggeschichte des Neuen Marktes, entstanden als Segment für junge Unternehmen nach dem Vorbild der US-Technologiebörse NASDAQ, dauerte nur drei Jahre: Am 10. März 2000 erklimmt der Auswahlindex Nemax 50 den historischen Höchststand von 9.666 Punkten - nach einem rechnerischen Start bei 1.000 Ende 1997. Besonders Internetfirmen treiben das Segment an und damit die Kurse in luftige Höhen. Einige Unternehmen erreichen zeitweise einen höheren Börsenwert als Industriekonzerne. Börsenbriefe und TV-Sendungen heizen die Stimmung an.

Mitte 2000 kommen 'Todeslisten' mit möglichen Pleitekandidaten in Umlauf, die Gier der Anleger schlägt in Panik um. Der Ausverkauf beginnt, die Kurse purzeln. Der Börsenwert des Neuen Marktes, im Mai 2000 auf dem Papier bei 250 Milliarden Euro, schrumpft bis zum Jahresende auf etwa 100 Milliarden Euro zusammen. Pleiten und Skandalen häufen sich: Gigabell beantragt als erstes die Insolvenz. Für Pleitekandidat Brokat nennt eine Bank das Kursziel '0 Euro'. Noch größeres Aufsehen erregen Firmen wie der Telematikanbieter ComROAD, dessen Gründer Umsätze im großen Stil erfindet.

SCHOCK HAT SPUREN HINTERLASSEN

Bei Privatanlegern hat der Schock von damals Spuren hinterlassen, den kontinuierlichen Anstieg der Aktienmärkte in den vergangen fünf Jahren verpassten viele. Waren laut Deutschem Aktieninstitut (DAI) 2001 noch 12,85 Millionen Menschen in Deutschland in Aktien oder Aktienfonds investiert, so sank die Zahl bis zum vergangenen Jahr auf 10,31 Millionen. Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) spricht von einem Abschmelzungsprozess. 'Anleger warteten ab, bis sie mit ihren Investments wieder auf null sind, um dann zu verkaufen' sagt er. Jene, die am Neuen Markt erste Erfahrungen gesammelt hätten, blieben heute fern. Andere, die schon lange dabei waren, seien der Aktie dagegen treu geblieben.

'Die Deutschen haben sich nicht von der Börse an sich verabschiedet', sagt Kurz, 'es ist die Aktie, die sie scheuen.' Indirekte Anlageformen wie Zertifikate oder Dachfonds seien beliebter. 'Anleger wollen alles, was das Risiko abzufedern scheint. Dieser Gedanke ist ein klarer Ausfluss aus den Erfahrungen des Neuen Marktes', resümiert Kurz. Das Freiverkehrssegment Entry Standard mit geringen Transparenzanforderungen für kleinere Unternehmen sei ein Nachfolger des Neuen Marktes. 'Dort kommen Geschäftsideen auf den Markt, die - ohne gleich unseriös zu sein - auch mal nicht funktionieren.' Das Segment sei nichts für risikoaverse Kleinanleger, was die Deutsche Börse aber auch betone. 'Einen neuen Imageschaden braucht sie nicht', sagt Kurz./sc/zb/sk

--- Von Nadine Schwede, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-AFX

 

Servus, J.B.
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"If any man seeks for greatness, let him forget greatness and ask for truth, and he will find both." (Horace Mann)

 

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