EU-Erweiterung: Slowakei - Das Neue Hongkong ?


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Neuester Beitrag: 13.02.04 20:42
Eröffnet am:07.02.04 21:59von: flamingoeAnzahl Beiträge:10
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07.02.04 21:59
Das neue HongkongMit einer einheitlichen Niedrigsteuer – Flat tax – stellt sich die Slowakei an die Spitze des neoliberalen Rollbackvon Hannes Hofbauer Die slowakische Republik wird der Welt nächstes Hongkong. (...) Ihre Arbeitskraft ist qualifiziert, gebildet und ruhig. (...) Die Löhne sind spottbillig. Und ab 1. Januar 2004 hebt der Fiskus zwischen Bratislava und Kosice nur mehr 19 Prozent Einkommens- und Körperschaftssteuer ein. Zu finden sind derlei Lobeshymnen auf der Homepage der US-Botschaft in der Slowakei, die den von Steve Forbes in der Prague Post mit »Investor’s paradise« betitelten Artikel ins Netz gestellt hat.Am 5. Dezember hat das Parlament in Bratislava endgültig grünes Licht für die von radikalen Neoliberalen propagierte Flat tax gegeben. Ab kommendem Jahr gilt für die wichtigsten Steuereinnahmen des Staates nur mehr ein Satz: 19 Prozent. Sämtliche Einkommens- und Unternehmenssteuern, sofern sie nicht gänzlich beseitigt werden, sowie die Mehrwertsteuer kennen dann keine sozialen oder (betriebs)wirtschaftlichen Unterschiede mehr. Höhere Einkommenssteuersätze von 38 Prozent für Private und 25 Prozent für Unternehmen werden nach unten nivelliert; schlechter Verdienende, die bisher zehn Prozent ihres Einkommens an den Staatssäckel abzuliefern hatten, müssen in Zukunft – einen Sockelbetrag ausgenommen – tiefer in die Tasche greifen. Die slowakische Steuer- und Sozial»reform« des Jahres 2004 ist die größte Umverteilungsmaschine in Osteuropa seit dem Ende des Sowjetblocks. Und sie attackiert frontal die noch vom Gedanken an sozialen Ausgleich geprägte Steuerdiskussion in Westeuropa.Mehrwertsteuer steigtDas Ende der Steuerprogression direkt vor den Toren der alten EU wird von den slowakischen Regierungsparteien enthusiastisch gefeiert. Die Steuerminderung für Betriebe und reiche Private wird freudig in alle Welt hinausposaunt. Die gleichzeitige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Nahrungsmittel, Strom, Gas, Wohnen, Baumaterialien sowie sämtliche anderen Güter des täglichen Bedarfs von 14 Prozent auf 19 Prozent wird hingegen tunlichst verschwiegen. Eine einfache Rechnung macht den großen sozialen Angriff deutlich: Für jene, die umgerechnet 650 Euro und mehr pro Monat verdienen (und das sind in der Slowakei ganze elf Prozent der Bevölkerung), halbieren sich die Abgaben an den Staat; wer unter 200 Euro pro Monat von der Arbeit nach Hause bringt, wird zwar von einem Gutteil der Einkommens- bzw. Lohnsteuer befreit, die beträchtliche Anhebung des Mehrwertsteuersatzes allein kostet ihn jedoch durchschnittlich ein Zehntel seines Einkommens. Über das gesamte Jahr 2003 gerechnet, hat sich die Mehrwertsteuer, die als typische Massenkonsumsteuer per definitionem sozial ungerecht ist, für die täglichen Bedarfsgüter von zehn Prozent (bis 31.12.2002) auf 19 Prozent (ab 1.4.2004) fast verdoppelt.Bereits vor der Wiederwahl Mikulas Dzurindas zum Ministerpräsidenten im Jahr 2002 hatte Finanzminister Ivan Miklos an der Einführung einer Flat tax gebastelt. Während der Wahlkampagne wurde die Sache dann auf Eis gelegt, um im Sommer 2003 von der Koalitionsregierung dem Parlament vorgelegt zu werden. Am 28. Oktober 2003 beschloß dann die Mehrheit der Abgeordneten die bisher am weitesten gehende Liberalisierung einer europäischen Volkswirtschaft. Zehn Abgeordnete der Opposition (darunter die von der HZDS abgespaltene »Volksunion« sowie einzelne Mitstreiter der bürgerlich-populistischen SMER) gaben der Koalition in Sachen Steuerreform ihr Jawort.Doch die liberal-konservative Regierung Dzurinda hatte die Reform ohne die Zustimmung von Präsident Rudolf Schuster gemacht. Der legte sich quer und erhob in der Folge ein offizielles Veto gegen den Schritt nach rechts. »Von der Flat tax profitieren die elf Prozent Besserverdienenden (...), während drei Viertel der slowakischen Bevölkerung keinen Nutzen aus der Reform ziehen können«, argumentierte Schuster gegenüber der Presse. Verfassungsrechtlich bedeutet ein präsidentielles Veto indes keine Blockade, sondern wirft den Gesetzestext nur in die Mühlen des Parlaments zurück. Gegen einen dortigen Beharrungsbeschluss kann der erste Mann im Staat dann nichts mehr machen. Diese zweite parlamentarische Mehrheit fand die Steuer- und Sozial»reform« dann am 5. Dezember 2003. Wiederum schlug sich eine Reihe oppositioneller Abgeordneter auf die Seite der Regierung, die seit dem Juni 2003 keine sichere Koalitionsmehrheit besitzt. Vier Wochen vor Inkrafttreten des Gesetzes war damit das legislative Prozedere abgeschlossen.Die Koalitionsregierung, bestehend aus Christkonservativen, Rechtsliberalen, der Partei »Ano« (»Ja«) und der Ungarnpartei, überrollte in der Frage der neuen Steuer- und Sozialgesetze eine absolute Mehrheit der Slowaken. Neben Präsident Schuster sprachen sich auch Meciars HZDS (kürzlich umbenannt in LSHZDS), die Kommunistische Partei, die Mehrheit der SMER-Abgeordneten und der große Gewerkschaftsverband KOZ – der bereits am 26. September mit einem landesweiten Streik protestiert hatte – gegen die Einführung der Flat tax aus. Positiv über den neoliberalen Wind an der Donau äußerten sich die Vertreter von Währungsfonds und Weltbank, die OECD, Sprecher der großen Banken im Lande und die US-Botschaft.  

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07.02.04 22:06

Das neue Hongkong

Mit einer einheitlichen Niedrigsteuer – Flat tax – stellt sich die Slowakei an die Spitze des neoliberalen Rollback


Hannes Hofbauer
 

Die slowakische Republik wird der Welt nächstes Hongkong. (...) Ihre Arbeitskraft ist qualifiziert, gebildet und ruhig. (...) Die Löhne sind spottbillig. Und ab 1. Januar 2004 hebt der Fiskus zwischen Bratislava und Kosice nur mehr 19 Prozent Einkommens- und Körperschaftssteuer ein. Zu finden sind derlei Lobeshymnen auf der Homepage der US-Botschaft in der Slowakei, die den von Steve Forbes in der Prague Post mit »Investor’s paradise« betitelten Artikel ins Netz gestellt hat.

Am 5. Dezember hat das Parlament in Bratislava endgültig grünes Licht für die von radikalen Neoliberalen propagierte Flat tax gegeben. Ab kommendem Jahr gilt für die wichtigsten Steuereinnahmen des Staates nur mehr ein Satz: 19 Prozent. Sämtliche Einkommens- und Unternehmenssteuern, sofern sie nicht gänzlich beseitigt werden, sowie die Mehrwertsteuer kennen dann keine sozialen oder (betriebs)wirtschaftlichen Unterschiede mehr. Höhere Einkommenssteuersätze von 38 Prozent für Private und 25 Prozent für Unternehmen werden nach unten nivelliert; schlechter Verdienende, die bisher zehn Prozent ihres Einkommens an den Staatssäckel abzuliefern hatten, müssen in Zukunft – einen Sockelbetrag ausgenommen – tiefer in die Tasche greifen. Die slowakische Steuer- und Sozial»reform« des Jahres 2004 ist die größte Umverteilungsmaschine in Osteuropa seit dem Ende des Sowjetblocks. Und sie attackiert frontal die noch vom Gedanken an sozialen Ausgleich geprägte Steuerdiskussion in Westeuropa.


Mehrwertsteuer steigt

Das Ende der Steuerprogression direkt vor den Toren der alten EU wird von den slowakischen Regierungsparteien enthusiastisch gefeiert. Die Steuerminderung für Betriebe und reiche Private wird freudig in alle Welt hinausposaunt. Die gleichzeitige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Nahrungsmittel, Strom, Gas, Wohnen, Baumaterialien sowie sämtliche anderen Güter des täglichen Bedarfs von 14 Prozent auf 19 Prozent wird hingegen tunlichst verschwiegen. Eine einfache Rechnung macht den großen sozialen Angriff deutlich: Für jene, die umgerechnet 650 Euro und mehr pro Monat verdienen (und das sind in der Slowakei ganze elf Prozent der Bevölkerung), halbieren sich die Abgaben an den Staat; wer unter 200 Euro pro Monat von der Arbeit nach Hause bringt, wird zwar von einem Gutteil der Einkommens- bzw. Lohnsteuer befreit, die beträchtliche Anhebung des Mehrwertsteuersatzes allein kostet ihn jedoch durchschnittlich ein Zehntel seines Einkommens. Über das gesamte Jahr 2003 gerechnet, hat sich die Mehrwertsteuer, die als typische Massenkonsumsteuer per definitionem sozial ungerecht ist, für die täglichen Bedarfsgüter von zehn Prozent (bis 31.12.2002) auf 19 Prozent (ab 1.4.2004) fast verdoppelt.

Bereits vor der Wiederwahl Mikulas Dzurindas zum Ministerpräsidenten im Jahr 2002 hatte Finanzminister Ivan Miklos an der Einführung einer Flat tax gebastelt. Während der Wahlkampagne wurde die Sache dann auf Eis gelegt, um im Sommer 2003 von der Koalitionsregierung dem Parlament vorgelegt zu werden. Am 28. Oktober 2003 beschloß dann die Mehrheit der Abgeordneten die bisher am weitesten gehende Liberalisierung einer europäischen Volkswirtschaft. Zehn Abgeordnete der Opposition (darunter die von der HZDS abgespaltene »Volksunion« sowie einzelne Mitstreiter der bürgerlich-populistischen SMER) gaben der Koalition in Sachen Steuerreform ihr Jawort.

Doch die liberal-konservative Regierung Dzurinda hatte die Reform ohne die Zustimmung von Präsident Rudolf Schuster gemacht. Der legte sich quer und erhob in der Folge ein offizielles Veto gegen den Schritt nach rechts. »Von der Flat tax profitieren die elf Prozent Besserverdienenden (...), während drei Viertel der slowakischen Bevölkerung keinen Nutzen aus der Reform ziehen können«, argumentierte Schuster gegenüber der Presse. Verfassungsrechtlich bedeutet ein präsidentielles Veto indes keine Blockade, sondern wirft den Gesetzestext nur in die Mühlen des Parlaments zurück. Gegen einen dortigen Beharrungsbeschluss kann der erste Mann im Staat dann nichts mehr machen. Diese zweite parlamentarische Mehrheit fand die Steuer- und Sozial»reform« dann am 5. Dezember 2003. Wiederum schlug sich eine Reihe oppositioneller Abgeordneter auf die Seite der Regierung, die seit dem Juni 2003 keine sichere Koalitionsmehrheit besitzt. Vier Wochen vor Inkrafttreten des Gesetzes war damit das legislative Prozedere abgeschlossen.

Die Koalitionsregierung, bestehend aus Christkonservativen, Rechtsliberalen, der Partei »Ano« (»Ja«) und der Ungarnpartei, überrollte in der Frage der neuen Steuer- und Sozialgesetze eine absolute Mehrheit der Slowaken. Neben Präsident Schuster sprachen sich auch Meciars HZDS (kürzlich umbenannt in LSHZDS), die Kommunistische Partei, die Mehrheit der SMER-Abgeordneten und der große Gewerkschaftsverband KOZ – der bereits am 26. September mit einem landesweiten Streik protestiert hatte – gegen die Einführung der Flat tax aus. Positiv über den neoliberalen Wind an der Donau äußerten sich die Vertreter von Währungsfonds und Weltbank, die OECD, Sprecher der großen Banken im Lande und die US-Botschaft.

 

3243 Postings, 8703 Tage flamingoe2. Asoziale Ökonomie

 
  
    #3
07.02.04 22:08

»Die Reform schafft das konkurrenzfähigste Steuersystem in der Europäischen Union und der OECD«, heißt es in dem vom »Adam-Smith-Seminar« in Paris erstellten Werbefolders, der einem im Finanzministerium von Bratislava übergeben wird. Martin Bruncko, Chefberater von Finanzminister Ivan Miklos, gerät ins Schwärmen über das »konkurrenzfähigste Marktumfeld«, wenn er über die Flat tax berichtet. Sie sei »niedrig, transparent und geradlinig«, räume mit den vielen Ausnahme- und Abschreiberegelungen auf und läute ganz generell eine neue Zeit in Europa ein. Auch würde sie den Unsinn beenden, mittels Steuergesetzgebung Sozialpolitik zu machen, weil nun eben »alle gleich« seien. Den extrem auf neoliberal gebrieften Chefberater schockt der Umverteilungseffekt, den die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der Einkommens- und Unternehmersteuern hat, keineswegs. Im Gegenteil: Denn erstens, so Bruncko, würden es sich die Reichen verdienen, mehr zu haben als andere und zweitens seien es ohnedies nur wenige. Der 27jährige Havard-Absolvent besticht geradezu durch seine gesellschaftliche Ahnungslosigkeit. Mit 18 war er nach dem Abitur in die USA zum Studium gegangen und hat anschließend kurz für die Weltbank gearbeitet, um vor einem Jahr nach Bratislava zurückzukehren. Im Umfeld der Friedrich-Hayek-Stiftung, einem slowakischen Thinktank des Neoliberalismus, entwickeln seinesgleichen politische Programme, die den Staat aus der gesellschaftlichen Verantwortung hinausdefinieren. Am Rande von EU-Europa, wo jahrzehntelang Menschen mit staatlicher Obsorge aufgewachsen sind, bedeutet dieser Ansatz auch eine Kampfansage an die ältere Generation. »Nur junge, dynamische Leute können Reformen von solcher Tragweite umsetzen«, schließt der Chefberater des Finanzministers selbstbewusst.

Die Bibel der Flat tax, ein von Robert Hall und Alvin Rabushka verfasstes Büchlein, muß man nicht gelesen haben, um den asozialen Charakter dieser Ökonomie zu begreifen. Ein Argument aus Osteuropas Wirklichkeit wirkt zusätzlich besonders hilflos: Weil die Reichen es in den Jahren der Transformation verstanden haben, Abgaben an den Staat prinzipiell zu umgehen, kommt ihnen nun das Gemeinwesen entgegen und fordert eben weniger Prozente; in der Hoffnung, dass sie wenigstens diesen geringen Steuersatz von 19 Prozent bezahlen werden. Dass damit mehr Geld eingenommen wird, glaubt nicht einmal der Finanzminister. Aus der nun kräftig reduzierten Einkommenssteuer erwartet er 25 Prozent weniger Einkünfte, die er über die höhere Mehrwertsteuer bzw. andere Verbrauchssteuern kompensieren will.

Noch nicht abschätzbar sind die Folgen der slowakischen Steuerreform für die Nachbarländer. Klar ist nur: Der Steuerwettbewerb ist damit auf EU-europäischer Ebene – die Slowakei tritt wie neun weitere Länder am 1. Mai 2005 der Brüsseler Union bei – eröffnet. Im Ringen um Investitionen bietet die Slowakei Unternehmern vor allem auch gegenüber Standorten in Tschechien, Polen oder Ungarn einen Kostenvorteil an, der auch Brüssel recht sein muss. »Steuerpsychologisch sind die 19 Prozent ein Hammer«, meint Peter Zacherl, Fachmann für internationales Steuerrecht in der österreichischen Wirtschaftskammer. »In der EU ist es ja völlig egal, ob ich meinen Betrieb in St. Pölten (60 Kilometer westlich von Wien) oder in Bratislava (60 Kilometer östlich von Wien) aufbaue.« Die Einführung der Flat tax in der Slowakei ist für Zacherl ein eindringliches Signal für Länder wie Österreich oder Deutschland, mit den Unternehmersteuern runterzugehen. »Das wird unweigerlich passieren«, ist sich der Steuerfachmann sicher.

Die Flat tax selbst scheint jedoch eher ein Instrument für osteuropäische Länder zu sein als für die Kernländer der EU. Denn das hier bestehende komplizierte Steuerregelwerk mit seinen Abschreibungsmöglichkeiten und Verlustfortschreibungen bietet für Betriebe genügend Möglichkeiten, Gewinnsteuern – die in Deutschland zwischen 32 Prozent und 38 Prozent liegen – zu reduzieren. Deshalb darf das Flat-tax-Modell auch eher als Möglichkeit für rasches Geldverdienen bzw. zum Waschen von Transformationsgewinnen verstanden werden als zur Nachahmung im Zentrum. Bisher haben Länder wie Estland und Russland (13 Prozent nur für die Einkommenssteuer) zumindest teilweise die Flat tax eingeführt, nirgends wird sie so radikal eingesetzt wie ab 2004 in der Slowakei.

Zusammen mit der drastischen Erhöhung der Mehrwertsteuer stehen dem durchschnittlichen Slowaken ab 1. Januar 2004 eine Reihe weiterer Preiserhöhungen ins Haus. Strom und Gas werden sich um 35 Prozent verteuern, Wasser und Kanalisation um 40 Prozent, Benzin, Diesel und Heizöl legen preislich um 15 Prozent bis 20 Prozent zu. Bereits zum 1. August dieses Jahres griff der Finanzminister den Konsumenten von Tabak und Alkohol tiefer in die Taschen. In vielem folgt er einer Richtlinie der Europäischen Union, die alle Neumitglieder zwingt, Mindeststeuersätze auf Konsumwaren einzuführen. Laut Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 müssen alle EU-Mitgliedstaaten »Anforderungen hinsichtlich der Mindeststeuerbeträge erfüllen«, das gilt freilich nur für indirekte (Konsum)Steuern. In Punkt zwölf heißt es lapidar: »Die Energiepreise sind Schlüsselelemente der Energie-, Verkehrs- und Umweltpolitik der Gemeinschaft«, was nichts anderes bedeutet, als dass sich die nationalen Budgets überwiegend aus Massensteuern und nicht aus Unternehmensbesteuerungen speisen dürfen. Es ist nur folgerichtig, wenn in der Slowakei gleichzeitig mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer die gänzliche Eliminierung von Erbschafts-, Geschenk- und (ab 2005) auch Grundsteuer beschlossen worden ist.


 

2683 Postings, 7524 Tage Müder JoeTja, und ist dann auch die Schwundquote

 
  
    #4
07.02.04 22:08
eingerechnet?

Ihr wißt ja, was natürlicher Schwund ist, oder? Andere nennen es Diebstahl, Teilnahmslosigkeit oder einfach Dummheit.

Die Schwundquoten im Osten bewegen sich zwischen 15 und 30%.

Kein ernstzunehmender Unternehmer investiert im Osten (außer Ungarn, aber dort spricht und denkt man deutsch).

Fazit: Schwachsinn. Die Slowaken werden auf Jahrhunderte hinaus nach wie vor Bären melken und Disteln auspressen.  

3243 Postings, 8703 Tage flamingoeEuphorie in den USA

 
  
    #5
07.02.04 22:25

Noch scheinen die Chefökonomen von politischen Parteien, Industriellenverbänden und Gewerkschaften im Westen Europas unter Schock zu stehen. Die Herausforderung aus Bratislava ist bis zur endgültigen parlamentarischen Absegnung nicht besonders ernst genommen worden. Die Flat tax in dieser radikalen Form macht mit dem europäischen Selbstverständnis von Politik Schluss, wonach es sich der Staat im Kapitalismus vorbehält, über Steuerrechte (zugegeben schlechte) Sozialpolitik zu machen. Auch fußen sämtliche Doppelbesteuerungsabkommen, die den Kern transnationalen Unternehmertums darstellen, auf der Vergleichbarkeit der Steuergesetzgebung. Zwischen dem in Europa üblichen Steuersystem und der Flat tax sind Vergleiche nicht mehr möglich, unterliegen doch bei einer allgemeingültigen Flat tax Abschreibungen einer gänzlich anderen Rationalität, Verlustvorträge dürften überhaupt nicht existieren. »Die reine Flat tax hat mit einer Bilanz, wie sie jedes Unternehmen in Westeuropa braucht, nichts mehr zu tun«, äußert sich Peter Zacherl von der österreichischen Wirtschaftskammer skeptisch zur betriebswirtschaftlichen Umsetzbarkeit des neuen slowakischen Systems.

Die slowakische Flat tax ist demnach nicht nur gegen die Philosophie des (möglichen) sozialen Ausgleichs via Steuergesetzgebung gerichtet, sondern sie stellt auch einen Angriff auf die Kompatibilität der nationalen Budgeterstellungen in Europa dar. Extrem vorteilhaft scheint sie für jene Investoren zu sein, deren Muttergesellschaften nicht in einem EU-Kernland liegen, also für US-amerikanische oder ostasiatische Unternehmen. Sie, die einen steuerlichen Ausgleich mit dem komplizierten Regelwerk in Deutschland oder Frankreich nicht benötigen, dürfen sich über die niedrigen Steuersätze am meisten freuen. Bei näherer Betrachtung kommt der Einführung der Flat tax in der Slowakei also auch eine geopolitische Bedeutung zu. Sie treibt einen Keil in das sich erweiternde EU-Europa. So ist auch Steve Forbes’ Kommentar, der auf der Webseite der US-Botschaft in Bratislava erschienen ist, zu verstehen: »Wenn die Slowakei auf diesem Weg der Reformen bleibt, könnte sie der Dominostein werden, der den Rest von Europa, insbesondere das ›alte Europa‹ wie Deutschland und Frankreich, zu einer Ära freieren Unternehmertums drängt.«

 

2683 Postings, 7524 Tage Müder JoeSchwachsinn

 
  
    #6
07.02.04 22:30
Ich habe diese maroden Länder gesehen, mein Fazit: keine Gefahr. Alles Müll.  

3243 Postings, 8703 Tage flamingoeVW ist da, PSA kommt

 
  
    #7
08.02.04 08:53

VW ist da, PSA kommt – die Autoindustrie ist die Schlüsselbranche der Slowakei.

Sie ist das Zugpferd der slowakischen Wirtschaft. Ihr Jahresumsatz stieg in den vergangenen Jahren stetig auf 5,2 Milliarden Euro (2002). Sie gibt mehr als 60 000 Menschen Arbeit und zeichnet für ein Viertel aller Exporte aus der Slowakei verantwortlich. Ihre Bedeutung für das mitteleuropäische Land ist enorm – was man in Bratislava freilich schon lange weiß. „In der Autoindustrie liegt die Zukunft unseres Landes“, erklärte Wirtschaftsminister Pavel Rusko vergangene Woche zum wiederholten Male.

VW dominiert die Branche

Bislang wird die Schlüsselindustrie von einem Unternehmen nahezu im Alleingang getragen: Volkswagen Slovakia, dem bis dato einzigen Fahrzeughersteller in der Slowakei. Die Tochterfirma des Wolfsburger Autokonzerns erwirtschaftete nach Angaben des Industrieverbandes ZAP (Združene automobilového priemyslu) im Jahr 2002 rund 60 Prozent aller Branchenerlöse. 17 Prozent der slowakischen Exporte gehen auf ihr Konto. Der Rest verteilt sich auf die 120 Zuliefererfirmen, die sich im Schatten von VW angesiedelt haben. Damit haben die Deutschen einen erheblichen Einfluss auf das Wohlergehen der slowakischen Wirtschaft – bislang einen guten.

„Das Geschäft in der Slowakei hat sich prächtig entwickelt“, erklärt VW-Sprecher Peter Schlelein. Über eine Milliarde Euro seien seit 1991 inves-tiert worden, dadurch sind über 9000 Arbeitsplätze entstanden. Die Produktion wurde kontinuierlich hochgefahren: 280 000 Fahrzeuge unter anderem der Modelle Tuareg und Polo rollten 2003 von den Montagebändern in Bratislava. Im Vorjahr waren es nur 225 000 gewesen. Gleichzeitig bauten die Arbeiter in der zweiten slowakischen VW-Fabrik bei Martin über 300 000 Getriebe und 18,2 Millionen Komponenten zusammen.

In gut zwei Jahren allerdings ist es mit der VW-Herrschaft über die slowakische Automobilindustrie vorbei. Mit PSA Peugeot Citroen wird dann ein zweiter Stern am Branchenhimmel aufgehen. Ab Sommer 2006 soll in der westslowakischen Kleinstadt Trnava die Serienproduktion französischer Kleinwagen starten. 300 000 Autos pro Jahr sollen dort nach Unternehmensangaben montiert werden. Der Grundstein für das Werk ist schon gelegt, die Bauarbeiten laufen.

Rund 700 Millionen Euro lässt sich PSA, Europas zweitgrößter Autobauer das Engagement kosten. 3500 Arbeitsplätze sollen im Werk und rund 6000 in Zuliefererbetrieben entstehen. Gute Nachrichten für die Slowakei, die mit einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von knapp 16 Prozent zu kämpfen hat. Experten schätzen, dass das kleine Land in die Liga der 15 größten Automobilnationen aufsteigen wird. Entsprechend groß war die Freude, als die Franzosen vor rund einem Jahr verkündeten, dass sie das  Werk in der Slowakei bauen würden – und nicht in Polen oder Tschechien, die auch mit PSA anbandeln wollten. „Das ist die Investition des Jahrzehnts”, jubelte damals die Regierung von Premierminister Mikulás Dzurinda.

Vor allem das slowakische Wirtschaftsministerium kann sich den Erfolg auf die Fahnen schreiben, da es ideale Investitions-Bedingungen schuf. So sicherte man PSA zu, 155 Millionen Euro in die Infrastruktur rund um die künftige Produktionsstätte zu investieren. Zudem stellte man mit einem 190 Hektar großen Gelände einen geeigneten Standort zur Verfügung. Und damit sich die Manager in Trnava auch wohlfühlen, wurden bereits Luxuswohnungen in der Altstadt reserviert.
Auch andere Faktoren dürften der Entscheidung von PSA für die Slowakei zuträglich gewesen sein. Zum einen der seit 1. Januar gültige, auf 19 Prozent abgesenkte Satz der Körperschaftssteuer. Ebenso die geringen Lohnkosten, die ein Fünftel des deutschen Niveaus betragen und gar noch unter denen der meisten osteuropäischen Länder liegen. Gleichzeitig macht qualifiziertes Personal die Slowakei für Investoren attraktiv, wie Peter Schlelein von VW bestätigt: „Wir haben eine sehr junge, motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiterschaft.”

Wie entscheidet Hyundai?

Wirtschaftsminister Pavel Rusko hofft nun, dass die Argumente schlagkräftig genug sind, einen weiteren Clou zu landen: Hyundai als dritten Automobilhersteller ins Land zu holen. Der Marktführer aus Korea sucht  schon seit langem einen Standort in Ostmitteleuropa. Ungarn und Tschechien sind bereits aus dem Rennen. In den kommenden Wochen entscheidet sich, ob Polen oder eben die Slowakei den Zuschlag erhalten. Es geht um 1,1 Milliarden Euro. Wie PSA wollen die Asiaten 300 000 Fahrzeuge pro Jahr bauen.

Bei Volkswagen Slovakia gibt man sich ob des Markteintritts von PSA und möglicherweise Hyundai locker. „Konkurrenz belebt das Geschäft”, meint Peter Schlelein. Außerdem würde durch die Investitionen die Kaufkraft steigen. Die Slowakei wäre dann auch als Absatzmarkt interessant. Bislang ist das nämlich nicht der Fall: Die meisten Slowaken können sich keinen Wagen leisten, VWs Ausfuhrrate liegt bei 99 Prozent. Dabei wäre Bedarf vorhanden: So besitzen nur 240 von 1000 Slowaken ein Auto. Und die haben im Schnitt schon über 13 Jahre auf dem Buckel. Vielleicht reicht es aber schon bald für einen neuen Koreaner oder Franzosen.



Von Florian Ernst

 

3243 Postings, 8703 Tage flamingoeEU-Erweiterung: Dienstleistungsfirmen wandern nach

 
  
    #8
08.02.04 08:58

ftd.de, Fr, 24.10.2003, 12:21

EU-Erweiterung: Dienstleistungsfirmen wandern nach Osten

Große Dienstleistungsunternehmen nutzen die EU-Beitrittsländer Mitteleuropas immer häufiger, um andere Teile ihres Europa-Geschäfts zu unterstützen. Vor allem die Tschechische Republik spielt eine zentrale Rolle für Unternehmensberater, Callcenter und Logistikunternehmen.

Im laufenden Monat wurden zwei neue Großprojekte in Prag angekündigt. Die Logistiktochter der Deutschen Post , DHL, will in den kommenden fünf Jahren 500 Mio. Euro investieren und voraussichtlich 1000 Mitarbeiter einstellen. Geplant ist ein Zentrum für Datenverarbeitung, in dem Kundenaufträge und die Rechnungslegung für ganz Europa verwaltet werden. DHL verlagert damit einen Teil seiner Aktivitäten von Großbritannien nach Tschechien.

Der Grund: Die Löhne für IT-Experten liegen in dem Beitrittsland nur bei einem Drittel dessen, was britische Kollegen verdienen. "In Tschechien wird eines unserer modernsten Servicezentren entstehen", sagt James Harvey, Programmdirektor bei DHL. "Es könnte beispielhaft für andere Standorte in Europa werden."

Ebenfalls in Prag will die Unternehmensberatung Accenture die Zahl ihrer Mitarbeiter in den kommenden fünf Jahren verfünffachen. In den Abteilungen Finanzen und Unternehmensprüfung würden insgesamt 1500 Jobs geschaffen.

Firmen nutzen Lohngefälle

Die Ausweitung der Dienstleistungsaktivitäten leitet eine neue Phase der Auslagerung von Teilen westlicher Unternehmen nach Osten ein. Waren die Beitrittskandidaten in den ersten Jahren nach dem Systemwechsel vor allem als verlängerte Werkbänke für Industrieunternehmen gefragt, so werden nun vermehrt auch besser ausgebildete Arbeitskräfte nachgefragt. Diese Entwicklung könnte sich im Zuge des EU-Beitritts noch verstärken, da die Mitteleuropäer ihre Standards für Telekommunikation sowie ihre Infrastruktur denen der alten EU-Mitglieder anpassen. Zugleich werden die Lohndifferenzen auf Jahre bleiben.

Zwar stehen die Beitrittsländer in Konkurrenz zu noch billigeren Staaten wie Indien, Russland oder den Philippinen, doch haben sie einen entscheidenden Vorteil: Sie sind den europäischen Konzernzentralen räumlich und zeitlich wesentlich näher. Für die Länder Mitteleuropas ist die Verlagerung aber auch eine wichtige Investition in die Zukunft: Länder wie Ungarn oder Polen haben wegen Lohnsteigerungen bereits unter Abwanderung nach Rumänien oder in die Ukraine zu leiden.

Schnell wachsenden Märkte

Hach Aussage des Marktforschungsunternehmens Datamonitor sind Ost- und Südeuropa die am schnellsten wachsenden Märkte für Callcenter. Auch in diesem Bereich hält Tschechien die Spitze, wo bis 2007 ein Anstieg der Zahl von Callcentern um 70 Prozent erwartet wird.

In Ungarn, Polen und der Slowakei nehmen vor allem die Investitionen bei Informationsdienstleistungen zu. Der US-Elektronikkonzern General Electric eröffnete im vergangenen Jahr ein IT-Zentrum in Budapest, in dem in Kürze 500 Arbeitsplätze entstehen sollen. In der polnischen Stadt Lodz errichtet Philips ein Servicezentrum, in dem für ganz Europa Personal, Einkauf, Finanzen und Buchführung des Konzerns verwaltet werden sollen. Die Citibank beschäftigt bereits 300 Mitarbeiter in der nordpolnischen Stadt Olsztyn. Im dortigen Zentrum werden Transaktionen in allen Beitrittsländern abgewickelt.

In der Slowakei hat Siemens ein Softwarehaus mit 200 Programmierern aufgebaut. Der französische Konzern Alcatel produziert Software in Bratislava. Und auch IBM hat sich beim Outsourcing von IT-Dienstleistungen für das kleine Land an der Donau entschieden.

 

3243 Postings, 8703 Tage flamingoeTRW verlagert 440 Jobs nach Tschechien

 
  
    #9
13.02.04 18:27

TRW verlagert 440 Jobs nach Tschechien

Gelsenkirchener Autozulieferer will Kosten senken

Logo von TRW Automotive; Rechte: TRW Automotive
TRW verlagert Jobs nach Tschechien

Der Gelsenkirchener Automobilzulieferer TRW Automotive will Teile seiner Produktion nach Tschechien verlagern. Entsprechende Pläne gab die Geschäftführung auf einer Betriebsversammlung am Donnerstag (22.01.04) nach Angaben der IG Metall bekannt. Die Fertigung von Kugelgelenken solle in das bereits bestehende TRW-Werk im tschechischen Dacice verlagert werden. Eine endgültige Entscheidung stehe aber noch aus, sagte Werksleiter Heinz Stupp. Die Verlagerung solle im September 2004 beginnen und 2005 abgeschlossen sein.

Derzeit sind am Standort Gelsenkirchen knapp 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Das US-Unternehmen gehört zu den führenden Zulieferern für Sicherheitssysteme wie Airbags oder Servolenkungen und setzte 2002 etwa 10 Milliarden Dollar um. In Deutschland beschäftigt TRW an 19 Standorten etwa 12.000 Mitarbeiter.

Mehr zum Thema
TRW Automotive
Informationen über das Unternehmen und die Standorte

http://wdr.de/themen/wirtschaft/wirtschaftsbranche/trw/index.jhtml

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157 Postings, 7406 Tage Happy HunterDas waren wohl nicht die letzten. Zum Glück

 
  
    #10
13.02.04 20:42
beeindruckt das hier niemand, besonders nicht die IG Metall.
Weiter so!

Janosz Czech  

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