Druck auf das Öl


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Neuester Beitrag: 25.04.21 10:05
Eröffnet am:10.01.07 11:06von: MaxGreenAnzahl Beiträge:1
Neuester Beitrag:25.04.21 10:05von: Angelikajznu.Leser gesamt:1.889
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8298 Postings, 8347 Tage MaxGreenDruck auf das Öl

 
  
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10.01.07 11:06
aus Spiegel-online

Demokraten nehmen US-Ölmultis ins Visier

Amerikas Energiekonzerne stellen sich auf rauere Zeiten ein: Nach der Mehrheitsübernahme im Kongress wollen die Demokraten den Ölmultis Steuergeschenke und Privilegien im Wert von mehreren Milliarden Dollar abnehmen - möglichst schon in den kommenden Wochen.

Der neue Senatschef Harry Reid wählte einen markigen Spruch, um das Programm seiner Partei zu umschreiben. "Die Energiepolitik dieses Landes ist zu lange von einem einzigen Ziel bestimmt worden - den Profiten der Ölfirmen", donnerte der Demokrat nach der gewonnenen Kongresswahl. "Wir haben zugelassen, dass die Gewinnrechnung bei Exxon wichtiger war als die Familien, die an der Tankstelle leiden."

So wie Reid reden in diesen Tagen viele Politiker der Demokraten. Nachdem sie im amerikanischen Kongress die Mehrheit zurückerobern konnten, hat sich in Washington die Tonlage geändert, auch in Sachen Energiepolitik. Zu den Republikanern um George W. Bush pflegten Konzerne wie ExxonMobil , Chevron und ConocoPhillips stets ein enges Verhältnis, das Kritiker an Kungelei erinnerte.

Umso erpichter sind die Demokraten nun darauf, die Macht der Mineralöl-Lobby öffentlichkeitswirksam zurückzudrängen. Bush-Widersacherin Nancy Pelosi, die neue Sprecherin im Repräsentantenhaus, hat die Trendwende in der Energiepolitik zu einem Kernstück des "100 Stunden"-Programms für die Zeit direkt nach ihrer Amtsübernahme erklärt.

Weniger Geld für Öl - lasst die Sonne rein

Bereits am 18. Januar, so Pelosis Plan, soll es eine erste Abstimmung im Repräsentantenhaus geben, um ein Steuergesetz aus dem Jahr 2004 aufzuheben. Für die Öl- und Gaskonzerne wirkt dieses Gesetz wie ein Steuerrabatt. Bliebe es in Kraft, würde der Unternehmensteuersatz für sie bis zum Jahr 2009 schrittweise von 35 auf 32 Prozent sinken. Die Demokraten verspotten das als corporate welfare - "Sozialhilfe für Konzerne".

Auf der To-Do-Liste der Demokraten stehen außerdem folgende Punkte:

   * Pelosi & Co. möchten fehlerhafte Verträge aus den Jahren 1998 und 1999 korrigieren, die die Ölförderung in tiefen Meeresregionen des Golfes von Mexiko regeln. Konzerne wie Exxon und Chevron gewinnen dort auf US-eigenem Grund Öl und Gas, zahlen dem Staat aber keinerlei Lizenzgebühren - das zuständige Ministerium vergaß seinerzeit, eine entsprechende Klausel auszuhandeln. Einige Unternehmen wie BP haben inzwischen vereinbart, zumindest für zukünftige Förderungen zu zahlen. Andere wie ExxonMobil lehnen aber jegliche Änderung der alten Verträge ab.
   * Künftig soll es für die Konzerne schwieriger werden, bestimmte Kosten für die Erschließung neuer Rohstoff-Vorkommen von der Steuer abzusetzen.
   * Die Demokraten im Senat wollen "übertriebene" Steigerungen der Benzinpreise einschränken und den Ausstoß klimaschädlicher Abgase einschränken.

Insgesamt, rechnen die Demokraten vor, könnten die Maßnahmen dem Staat 15 Milliarden Dollar an zusätzlichen Einnahmen bescheren - mindestens.

Zugleich verspricht die neue Mehrheitssprecherin, Solartechniken und andere alternative Energiequellen staatlich zu fördern. "Wir wollen die Subventionen für 'Big Oil' zurückschrauben, und die Ressourcen nutzen, um in die Erforschung alternativer Energiequellen zu investieren", erklärt sie. Ziel der neuen Energiepolitik sei es, Amerika von ausländischen Öl-Lieferanten unabhängiger zu machen und "den Klimawandel zu bekämpfen".

Trotz solcher wohlklingenden Absichtserklärungen: Die US-Medien begegnen den Energieplänen der Demokraten bisher mit Skepsis. Die Gesetzesvorhaben würden "den Wunsch befriedigen, 'Big Oil' abzustrafen, aber sehr viel mehr erreichen sie nicht", spottet etwa "USA Today". Ein wirklicher energiepolitischer Kurswechsel sei, trotz aller radikalen Rhetorik, nicht zu erwarten.

Problematisch auch: Über viele Details ihres Energieprogramms sind die Demokraten selbst noch nicht einig. So gibt es noch keine Übereinkunft, wie die auf Kosten der Öl- und Gasindustrie eingesparten Dollar-Milliarden künftig verwendet werden sollen.

Wohin mit den Öko-Mitteln?

Vieles deutet darauf hin, dass die Lösung des Problems erst einmal vertagt wird. Vermutlich werden die Demokraten zunächst für die Einführung eines Fonds stimmen, mit dessen Mitteln dann später "grüne" Energieprojekte gefördert werden sollen. Der genaue Verteilungsschlüssel dafür muss noch gefunden werden. Schon bringen sich Fürsprecher der verschiedensten Alternativ-Energien - von Solar über Bioethanol bis zur Geothermie - in Stellung, damit sie möglichst viel von dem erhofften Multimillionensegen abbekommen.

Kritiker fürchten, dass ein großer Teil der Einnahmen für die Förderung von Bio-Kraftstoffen ausgegeben wird - das würde die Landwirtschaftslobby und Bauern in den Wahlkreisen zufriedenzustellen. Für Solartechnik und andere Energieformen könnte entsprechend wenig übrig bleiben.

Das American Petroleum Institute (API), das von den Ölkonzernen getragen wird, hat unterdessen eine PR-Kampagne gegen die Demokraten-Pläne begonnen. API-Chefökonom John Felmy etwa fordert, die Steuervorteile der Energieunternehmen auf jeden Fall zu erhalten. Höhere Erschließungskosten würden ihnen den Anreiz rauben, neue Rohstoffvorkommen zu suchen und auszubeuten, so seine Argumentation. Motto: Was gut ist für Exxon & Co., das ist gut für Amerika. "Wie kann man denn behaupten, dass es den Verbrauchern hilft, die Kosten für die Konzerne zu erhöhen?", gibt sich Felmy indigniert.

Zumindest ein bisschen nervös sind die Lobbyisten der großen US-Ölkonzerne geworden. Sie sind es nicht gewohnt, in der Defensive zu spielen.
 

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