Drei Strategien für einen irren Börsensommer
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Eröffnet am: | 15.07.07 11:21 | von: tradingfuture. | Anzahl Beiträge: | 1 |
Neuester Beitrag: | 25.04.21 13:03 | von: Anjaoexta | Leser gesamt: | 6.842 |
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Quelle: Euro am Sonntag
15.07.2007 Ausgabe 28/07
Was kommt nach dem DAX-Rekord? Auf jeden Fall ein spannender Sommer. €uro am Sonntag hat drei Depots für jede Wetterlage entwickelt. Mit ihnen sollten Anleger die nächste Zeit nicht im Regen stehen
von Jens Castner
Um 9.04 Uhr brach der Jubel aus. Mit 8138 Punkten markierte der DAX am Freitag ein neues Allzeithoch. Im vierten Anlauf hatte der Index die Rekordmarke von 8136 Punkten aus dem Jahr 2000 endlich geknackt. Getrieben von der Kursrally des Dow Jones – der US-Leitindex hatte am Vorabend mit 13862 Punkten ebenfalls einen historischen Höchststand erreicht –, gab es kein Halten mehr. Innerhalb weniger Minuten stieg das deutsche Börsenbarometer auf 8151,57 Zähler.
Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß. Gut zwei Stunden nach der Rekordfahrt erreichte der DAX bei 8070 Punkten sein Tagestief. Gewinnmitnahmen setzten den Feierlichkeiten ein jähes Ende. „Trotzdem war das neue Verlaufshoch ein gutes Zeichen“, sagt Markttechniker Wieland Staud, Chef des Bad Homburger Analysehauses Staud Research.
Nachdem der höchste Schlusskurs aller Zeiten (8064 Punkte) bereits im Juni überwunden worden war, sei die Intraday-Bestmarke vom Freitag eine weitere Bestätigung des intakten Aufwärtstrends, der aus charttechnischer Sicht weiteres Kurspotenzial bis auf 8950 Punkte eröffne. Staud: „Das Einzige, was für dieses neue Ziel noch fehlt, ist ein Schlusskurs über dem alten Hoch von 8136,16 Punkten.“ Dabei hatte es noch zur Wochenmitte alles andere als rosig ausgesehen. Um mehr als 300 Punkte war der DAX innerhalb von zwei Börsensitzungen eingeknickt. Und alles deutete darauf hin, dass sich das fundamentale Bild deutlich eintrüben würde: Der Euro markierte im Wochenverlauf mit 1,3807 ein neues Rekordhoch zum US-Dollar, was den Finanzvorständen im Land des Exportweltmeisters Magenschmerzen bereitet. Hinzu kam der gestiegene Ölpreis, der nicht mehr weit von seinem Höchststand bei knapp 80 US-Dollar vom August vergangenen Jahres entfernt ist.
Das Fass zum Überlaufen aber brachten schwache Zahlen der US-Baumarktkette Home Depot und des Einrichtungsspezialisten Bed Bath and Beyond, die beide angaben, unter der Schwäche des Immobiliensektors in Nordamerika zu leiden.. Die hohen Zinsen in den Vereinigten Staaten fordern ihren Tribut. Die gestiegenen Finanzierungskosten dämpfen die Nachfrage nach Eigenheimen. Auch bestehende Finanzierungen, die in der Niedrigzinsphase abgeschlossen wurden, verteuern sich nach dem Auslaufen der Zinsbindungsfrist. Im Endeffekt bedeutet das: US-Haushalte haben unterm Strich weniger Geld in der Tasche, was wiederum den Konsumsektor lähmt. „Wenn der US-Immobilienmarkt weiter so schwächelt, droht über kurz oder lang eine Rezession“, warnt Peter Dreide, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft TBF Global Asset Management im badischen Singen. Dass US-Notenbankpräsident Ben Bernanke bisher keine Anstalten macht, die Zinsen zu senken, könnte zum Problem werden. Sollten wackelige Immobilienfinanzierungen in den USA reihenweise platzen, könnte der gesamte Bankensektor ins Wanken geraten. Seit Wochen schon stehen die Aktien der Hypothekenbanken unter Druck. Die Ankündigung der Ratingagentur Standard & Poor’s, zweitklassige Hypothekendarlehen wegen der schlechten Zahlungsmoral der Kreditnehmer möglicherweise herabzustufen, schürt zusätzliche Ängste. Da es inzwischen gängige Praxis ist, qualitativ minderwertige Kredite zu verbriefen und an Hedgefonds weiterzuverkaufen, droht weiteres Ungemach. „Sollte wie 1998 mit LTCM ein größerer Player in Schwierigkeiten geraten, könnte das einen Dominoeffekt auslösen“, warnt der Düsseldorfer Vermögensverwalter und Fondsmanager Frank Lingohr. „Investmentbanken schätzen den möglichen Schaden auf 50 bis 250 Milliarden Dollar. Unter Umständen ist der Immobilienmarkt in den USA viel gefährlicher als man glaubt.“ Trotz aller Risiken hält es Lingohr aber durchaus für möglich, dass die Übernahme- und Fusionsfantasie die Börsen vorerst am Laufen halte. Letztlich war es die 38 Milliarden Dollar teure Übernahme des kanadischen Aluminiumgiganten Alcan durch den britisch-australischen Bergwerkskonzern Rio Tinto (siehe Seite 24), die den Dow am Donnerstag überraschend auf einen neuen Rekordstand hievte, nachdem tags zuvor alles noch auf eine verpatzte Börsenwoche hingedeutet hatte.
Da die Alcan-Übernahme wohl nicht der letzte Mega-Deal in der Rohstoffbranche gewesen sein dürfte, sieht Fondsmanager Lingohr dort weiteres Potenzial – sogar im Stahlbereich, den viele seiner Kollegen auf historisch teurem Niveauwähnen. „Vielleicht blättern sie in den Geschichtsbüchern nicht weit genug zurück“, sagt der Vermögensverwalter. „In den 50er-Jahren galt Stahl als Wachstumsbranche und war entsprechend bewertet.“ Diese Situation könne sich derzeit durch die immense Nachfrage aus China und anderen fernöstlichen Ländern durchaus wiederholen.
Die robuste Weltkonjunktur – vor allem Folge des Aufschwungs in Asien – sieht auch TBF-Fondsmanager Peter Dreide als möglichen Treibsatz für die Börsen an. Für ihn halten sich Chancen und Risiken in etwa die Waage: „Die Wahrscheinlichkeit, dass der DAX auf 9000 Punkte steigt, ist genauso groß wie die für einen Rückschlag auf 7000 Punkte.“ Und selbst letzteres Szenario wäre kein Weltuntergang, sondern allenfalls eine ganz normale Korrektur. Den Hauptgrund für die derzeitige Unentschlossenheit der Börsianer sieht Dreide in den allgemeinen Aktienbewertungen, die „zwar nicht mehr billig, aber auch nicht zu teuer“ seien. Die eben begonnene Quartalsberichtssaison in den USA könne deshalb – je nachdem, wie die Ergebnisse und Ausblicke der Wall-Street-Schwergewichte ausfallen – zu heftigen Kursausschlägen an den Weltbörsen führen. Die Volatilität werde zunehmen, sagt nicht nur Dreide.. Die zurückliegende Woche mit dem heftigen Kurseinbruch am Dienstag und Mittwoch, der am Freitag bereits vergessen war, könnte somit bereits ein Vorgeschmack auf die kommenden Monate sein.
Die Ursache möglicher Kurskapriolen sei nicht, so Dreide, „dass die Unternehmensgewinne nicht mehr steigen, sondern dass die Erwartungen im Verlauf der mehr als vierjährigen Hausse deutlich gestiegen sind“. Nicht alle Unternehmen werden deshalb in der Lage sein, die ambitionierten Prognosen der Analysten zu erfüllen, was immer wieder zu Rückschlägen führen kann. Dreide: „Die Zahl der Gewinnwarnungen ist bereits gestiegen, nachdem es in den zurückliegenden Jahren kaum welche gegeben hatte.“
Ein psychologischer Effekt also, der die Schwankungsbreite an den Aktienmärkten steigen lassen könnte: Je öfter die Schätzungen der Analysten übertroffen werden, umso stärker steigen deren Erwartungen. Sollten dann Faktoren wie hohe Energiekosten oder – besonders in exportabhängigen Regionen wie Europa und Asien – der schwache Dollar auf die Unternehmensgewinne drücken, nimmt das Enttäuschungspotenzial zu.
Anlegern, die nicht mit heftigen Kursschwankungen leben können oder wollen, empfiehlt Dreide deshalb, die Aktienquote etwas zu reduzieren („auch Staatsanleihen werfen mit 4,5 Prozent pro Jahr inzwischen wieder anständige Renditen ab“) und verstärkt auf konjunkturresistente Qualitätstitel, etwa aus der Nahrungsmittel- oder der Pharmabranche, zu setzen. „Coca-Cola, Nestlé oder Sanofi werden auch noch gute Geschäfte machen, wenn die Konjunktur in den USA kippt.“ Im Unterschied zum Gros der Experten rät er keineswegs, US-Aktien unterzugewichten, sondern sie sogar aufzustocken – allerdings schwerpunktmäßig mit Papieren von global aufgestellten Konzernen, die nicht von der Konjunktur im eigenen Land abhängig sind, sondern viel exportieren.. „Da knallen die Champagnerkorken mit jedem Euro-Cent, den der Dollar verliert.“ Denn im Unterschied zu Europa hebt ein schwacher Dollar die Margen der US-Firmen.
Für Investoren, die selektiv vorgehen, ist es deshalb trotz der Rekordjagd noch immer nicht zu spät, in den Markt einzusteigen. Überhaupt ist die psychologische Scheu, zu Höchstkursen zu kaufen, für Charttechniker Staud völlig unbegründet. Der verbreitete Ratschlag, vor dem Einstieg einen zehnprozentigen Rückschlag abzuwarten, führe dazu, „dass Anleger viel Geld liegen lassen“. Kommt es nämlich tatsächlich zu einem heftigen Rückschlag, regiert plötzlich die Angst vor einer Trendwende, was Investoren zumeist davon abhält, ihren einst gefassten Entschluss in die Tat umzusetzen: „In solchen Situationen tut man sich naturgemäß schwer zu kaufen.“ Ein neuer Höchstkurs sei deshalb kein Grund, Käufe zurückzustellen, sondern, im Gegenteil, ein trendbestätigendes Signal, „ein neues Allzeithoch sogar das bestmögliche.“ Auch einen möglichen Anstieg der Volatilität sieht Staud nicht als Problem an: „Wenn der Markt stark schwankt, etabliert sich meist nach kurzer Zeit ein neuer Trend“, erklärt der Experte. Da DAX, Dow und Co trotz aller Sorgen und Ängste zur Wochenmitte ihre Rekordjagd unbeirrt fortsetzten, stehen die Chancen, dass dieser nach oben weist, so Staud, „bei etwa 80:20“.
Depot von Jens Castner
Defensives Depot: Sicher durch den Sommer
Der Sommer gilt nicht als die beste Börsenzeit. Auch wenn die Experten nicht viel auf Saisoneffekte geben: Wer beruhigt in den Urlaub fahren will, tut gut daran, seine Anlagen breit zu diversifizieren und Vorsicht walten zu lassen. Im defensiven Depot kommen deshalb keine Einzelaktien vor, sondern solide Fonds und Zertifikate. Für etwas risikobereitere Anleger stellen wir auf der nächsten Seite dynamischere Portfolios vor.
Am Jahresende wird die Performance der drei Depots verglichen, wobei es steigende Aktienmärkte vorausgesetzt nicht Ziel des defensiven Portfolios sein kann, mit den anderen mitzuhalten, sondern bei größtmöglicher Sicherheit eine ordentliche Rendite zu erzielen.
Im Sinn der Wertentwicklung sollten Anleger bei den Fonds darauf achten, sie über eine Plattform zu erwerben (z.B. www.fondsdiscount.de), bei der keine oder reduzierte Ausgabeaufschläge anfallen. Das Herzstück des defensiven Depots bildet ein innovativer Mischfonds, der neben Aktien und Renten auch Wandelanleihen und Zertifikate (vor allem mit dicken Risikopuffern) einsetzt. Fondsmanager Peter E. Huber schaffte mit dem Portfolio Dynamic trotz der defensiven Ausrichtung seit Mai 2005 über 50 Prozent Plus. Weitere Basisinvestments sind zwei weltweit anlegende Value-Aktienfonds, die mit der FondsNote 1 ausgezeichnet sind und sich vor allem in einem Punkt unterscheiden: Der von Peter Dreide gemanagte 4Q-Value behält sich vor, im Fall der Fälle 100 Prozent Liquidität zu halten, während Frank Lingohr mit seinem Systematic-Fonds nach Möglichkeit voll investiert ist. Als Beimischungen dienen ein VCH-Rohstoffzertifikat (falls der Ölpreis durch die Decke gehen sollte) mit teilweiser Kapitalgarantie und das BHF-Zinsquartett-Zertifikat, um den Bereich Währungen abzudecken, der in den meisten Depots fehlt.
Drei Fonds, zwei Zertifikate
Huber Portfolio Dynamic LU 012 930 075 2 40,00 % 1510,72
4Q-Value DE 000 978 163 3 20,00 % 43,90
Lingohr Systematic-LBB DE 000 977 479 4 20,00 % 107,73
VCH Rohstoffe Zertifikat DE 000 ABN 8AH 8 10,00 % 131,45
BHF Zinsquartett DE 000 BHF 8BN 7 10,00 % 102,35
Depot von Sven Parplies
Neutrales Depot: Fakten statt Fiktion
Es war eine schöne Zeit, aber sie ist vorbei. Der DAX wird in den kommenden Monaten nicht die Kraft für spektakuläre Kurssprünge aufbringen. Durchwachsene Quartalsberichte aus den USA, steigender Ölpreis, anziehende Zinsen und schwächelnder Dollar sind klare Alarmsignale. Bei Aktien wie TUI, die durch luftige Übernahmevisionen nach oben gepeitscht wurde, sind Rückschläge unvermeidlich. Auch werden sich Investoren fragen, ob es wirklich realistisch ist, dass die Gewinne bis ins Jahr 2009 weiter in dem bisherigen Tempo zulegen können. Eine höhere Bewertung wird die Börse dem DAX in diesem Umfeld nicht zugestehen. Auffallend: Das Kurs/Gewinn-Verhältnis ist seit Jahresbeginn nur einmal signifikant über den Wert von 14,5 hinausgeschossen.
Gleichwohl droht kein Crash, weil die meisten Aktien aktuell nicht überteuert sind. Im großen Umfang Positionen aufzulösen, wäre daher verfrüht. Eine Depotanpassung aber ist ratsam, da die Börse in den kommenden Wochen stärker auf Fakten als auf Fiktion setzen wird. Überdurchschnittliche Chancen bieten Nachzügler wie BMW, dividendenstarke Werte wie E.on sowie Unternehmen, die eine eigene Investmentstory bieten: Bei Adidas verdichten sich die Anzeichen für einen Turnaround bei Reebok. Der Solarwert Ersol ist durch seine ehrgeizigen Wachstumspläne eine Wette wert.
Ideal für einen Seitwärtsmarkt ist ein Korridor-Bonuszertifikat. Es bietet Anlegern einen Aufschlag, sofern der Kurs nicht aus einer bestimmten Bandbreite ausbricht. Das Produkt der Société Générale (ISIN: DE 000 SG0 2ZC3) setzt die untere Grenze für den DAX großzügig bei 5428,50 Punkten, die obere bei 9971,50. Bleibt der Index innerhalb dieses Korridors, wird zum Laufzeitende im Dezember 2008 ein Fixpreis von 125 Euro ausgezahlt. Andernfalls drohen Verluste.
Adidas DE 000 500 340 4 20 % 46,41
BMW DE 000 519 000 3 20 % 48,75
E.on DE 000 761 440 6 20 % 124,09
Ersol DE 000 662 753 2 10 % 65,36
DAX Korridor Bonus DE 000 SG0 2ZC 3 30 % 93,25
Depot von Joachim Spiering
Offensives Depot: Keine Angst vor Aktien
Die Stimmungsschwankungen an der Börse – mal Verkaufspanik, mal Euphorie – sind schlechte Berater. Nüchternheit und Sachlichkeit, darauf kommt es an. Sicher, die Risiken haben zugenommen. Doch gute Investmentchancen gibt es immer noch. Zu Verzagtheit besteht also kein Anlass.
Entscheidend für ein gutes Investment sind letztlich ein paar Punkte: Ein gut funktionierendes und bewährtes Geschäftsmodell, gute Marktstellung, gutes Management, eine attraktive Bewertung der Aktie – und manchmal etwas Geduld. Am besten ist es, wenn das Geschäftsmodell der Firma nahezu unabhängig ist von der konjunkturellen Großwetterlage. Bestes Beispiel dafür ist Wirecard, der Spezialist für Internetbezahlsysteme. Die Branche weist zweistellige Wachstumsraten auf, ebenso Wirecard. Daran dürfte sich auch in konjunkturell schwächeren Zeiten nicht viel ändern. Unternehmen aus der Solarindustrie wie Ersol profitieren von der weltweit zunehmenden Förderung der Sonnenenergie. Da diese auch politisch unterstützt wird, ergibt sich eine Art künstliche Sonderkonjunktur. Das ist zwar – aufgrund der Unberechenbarkeit der Politiker – auch riskant. Dennoch: Wer an den Ausbau der Solarindustrie glaubt, kommt an Firmen wie Ersol nicht vorbei. Rational, Hersteller von vollautomatischen Gar- und Schmorgeräten für Großküchen, hat sich mit einem Weltmarktanteil von über 50 Prozent fast seinen eigenen Markt geschaffen und wächst seit Jahren stattlich. Hinzu kommt die hohe Dividendenrendite.
Und aus dem DAX? Da sind BASF und VW attraktiv. Der Autobauer wird derzeit von fähigen Leuten auf Vordermann gebracht, der Chemieriese verdient prächtig an der weltweit hohen Nachfrage nach chemischen Produkten.
Wirecard DE 000 747 206 0 20,00 % 10,12
Ersol DE 000 662 753 2 25,00 % 65,23
Rational DE 000 701 080 3 25,00 % 155,12
BASF DE 000 515 100 5 15,00 % 100,65
Volkswagen DE 000 766 400 5 15,00 % 118,54