Die hässlichen Nachwehen des 11. September


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08.12.02 17:46
Die hässlichen Nachwehen des 11. September

Von Jochen A. Siegle, San Francisco
Nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 haben sich in den USA Aggressionen gegen Muslime deutlich verschärft - auch wenn diesen Trend lange Zeit niemand offiziell bestätigen wollte. Nun belegen FBI-Statistiken jedoch schwarz auf weiß: Die Zahl der religiös motivierten Übergriffe gegen Muslime ist nach dem 11. September sogar um mehr als 1600 Prozent gestiegen.

Hass-Verbrechen stiegen um 21 Prozent
Die seit zehn Jahren jährlich vorgelegte "Hate Crimes"-Statistik für das Jahr 2001 zeigt zudem, dass die Zahl der hassmotivierten Übergriffe in den Vereinigten Staaten gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent zugenommen hat. Mit über 9700 Fällen zählte das FBI vergangenes Jahr fast 1700 Delikte mehr als im Jahr 2000. Knapp jeder zweite Übergriff soll dabei rassistisch motiviert gewesen sein.

481 registrierte Attacken gegen Muslime
Die restlichen polizeilich registrierten Hass-Delikte beruhten auf ethnischen (22 Prozent) oder sexuellen (14 Prozent) Motiven. 19 Prozent der Fälle sind auf religiöse Konflikte zurückzuführen - wobei ein massiver Anstieg in hassmotivierten Gewaltfällen gegen Bürger muslimischen Glaubens zu verzeichnen ist: Zählte das FBI im Jahr 2000 nur 28 solche Delikte, stieg diese Zahl im vergangenen Jahr auf 481 Vorkommnisse.

"Einschüchterungen" sind häufigste Fälle
27 der Verbrechen charakterisiert die amerikanische Bundespolizei hierbei als "schweren" Angriff oder Überfall auf Muslime, 66 Fälle als "leichten" Übergriff. 296 Fälle werden dagegen als hassmotivierte "Einschüchterung" klassifiziert. Immerhin: Der Statistik zufolge wurde in den USA kein Muslim aus Hass auf Menschen islamischen Glaubens ermordet.

Trügerische Statistik?
Kritiker der "Hate Crime"-Statistik sind jedoch skeptisch, ob diese Zahlen tatsächlich repräsentativ sein können. Schließlich sind die Abgrenzungsmerkmale für diese Delikte schwammig. FBI-Vorgaben zufolge gelten Verbrechen als "Hate Crime", sofern sie zumindest teilweise auf einer Voreingenommenheit oder diskriminierenden Haltung des Aggressors basieren. Rein verbale Attacken fallen nicht unter diese Kategorie; allerdings können Beschimpfungen dazu herangezogen werden, einen gewalttätigen Übergriff als "Hate Crime" einzuordnen.

Kriterien sind schwierig abzugrenzen
Die Erhebung der Daten ist so oder so nicht weniger umstritten als die in der Praxis oftmals schwierig abgrenzbaren Kriterien. Zum einen sind die FBI-Statistiken nämlich alles andere als komplett: Obwohl der "Hate Crime"-Index seit 1992 alljährlich erstellt wird, erfassen verschiedene Strafverfolgungsbehörden diese Verbrechen gar nicht gesondert oder leiten Akten nicht an die Bundespolizei weiter.
Zum anderen halten Experten es für fraglich, dass ein derart signifikanter Anstieg zu verzeichnen ist. Vielmehr wird oftmals die Frage laut, ob lediglich im Zuge eines veränderten Sicherheitsbewusstseins nach dem 11. September mehr Bürger und Polizeibehörden potenzielle "Hate Crimes" meldeten.
Muslimische US-Gemeinde von Entwicklung nicht überrascht
Vertreter muslimischer Organisationen gehen allerdings davon aus, dass noch weit mehr Hassattacken gegen Muslime stattgefunden haben, als im FBI-Report verzeichnet. Aus Furcht vor den Behörden oder schlicht aus Angst, irgendwie aufzufallen, seien sehr viele Übergriffe auf Muslime erst gar nicht angezeigt worden. So zeigte sich die muslimische Gemeinde kaum überrascht über die exorbitante Steigerung der statistisch erfassten "Hate Crimes" gegen Glaubensbrüder nach den Terroranschlägen von New York und Washington. "Schließlich kennen wir diese Entwicklung bereits seit Jahren von anderen Ereignissen.

Auch bei früheren Anschlägen stiegen Übergriffe an
Schon nach dem Golf-Krieg 1991, dem ersten Attentat auf das World Trade Center 1993 aber auch nach dem Bombenanschlag auf ein Bundesgebäude in Oklahoma City 1995 war eine deutliche Zunahme der Übergriffe auf Muslime festzustellen", kommentierte etwa Maha ElGenaidi, Direktorin der Islamic Network Group im kalifornischen San Jose, den FBI-Report. "Ich bin nur froh, dass man in den USA damit begonnen hat, diese Prozesse wahrzunehmen, und wir nun gemeinsam versuchen können, das Problem zu lösen."

Medien und Politik mitverantwortlich
Ebrahim Nana, Vorstandsmitglied des Islamic Center of Mill Valley (Kalifornien), das unter anderem auch als Heimat-Moschee des "amerikanischen Taliban" John Walker Lindh gilt, macht insbesondere auch die amerikanischen Medien mitsamt Politikern für den zunehmenden Hass gegen Bürger islamischen Glaubens verantwortlich. Schließlich würden im US-Fernsehen die Begriffe Extremismus, Terrorismus und Islam seit den Terroranschlägen gegen die Vereinigten Staaten fast synonym verwendet, so Nana.


 

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