Die Ohnmacht des Geldes!


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Eröffnet am:13.06.03 13:49von: mikelandauAnzahl Beiträge:1
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13.06.03 13:49

Die Ohnmacht des Geldes

In Frankfurt sitzt die geballte Macht des Geldes. 

Düsseldorf (RP). Lange Zeit haben Banker in den Aufsichtsräten an vorderster Stelle mitgemischt - mit teils bösen Folgen für die Unternehmen. Jetzt geht ihr Einfluss in den Großunternehmen zurück, wie Aktionärsschützer feststellen.
Es gab Zeiten, da haben sich alle über die Deutsche Bank schlapp gelacht. Das war in den 90er Jahren, als Jürgen Schneider in Mainhattan rote Teppiche ausgelegt wurden und die Banker dem geliebten Großkredit-Kunden aus der Baubranche das Geld hinterhertrugen. Dass Schneider das nicht zurückbrachte, sondern Ostern 1995 lieber die Flucht antrat, war kriminell. Trotzdem amüsierten sich viele - unter anderem im anschließenden Prozess gegen den Baulöwen. Hoch bezahlte Deutsche-Bank-Vorstände standen bei der Frage nach Unternehmenskontrolle sprachlos vor dem Richter - wie Schuljungen, die man beim Schwänzen erwischt hat. Ohnmacht des Geldes.

Das ist lange her. Doch das Schneider-Desaster der Deutschen Bank ist bei vielen ebenso wenig in Vergessenheit geraten wie das Versagen von Bank-Managern als oberste Kontrolleure in deutschen Industrieunternehmen: Ronaldo Schmitz bei der Metallgesellschaft, Hilmar Kopper bei Daimler Benz, Carl Ludwig von Boehm-Bezing beim zusammengebrochenen Baukonzern Philipp Holzmann. Auch über der Metallgesellschaft kreiste schon der Pleitegeier, ehe der Großaktionär Geld zuschoss und die Pleite verhinderte. Den Absturz an den Rand des Ruins hatten die Banker vorher nicht verhindern können. Daimler drohte zwar nicht der Zusammenbruch, doch Edzard Reuters Vision vom großen Technologiekonzern endete in einem Sechs-Milliarden-Mark-Verlust - ohne dass Kopper und Co. auf Strategiewechsel gedrängt hätten. Ohnmacht des Geldes.

"Das ist schon peinlich, wenn Banker im Aufsichtsrat sitzen, und das Unternehmen geht den Bach runter", sagt Ulrich Hocker. Der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sieht das Geldgewerbe auf dem Rückzug aus den Aufsichtsräten: "Die Macht der Banken bröckelt." Dies liegt nicht nur daran, dass die viel zitierte Deutschland AG in Auflösung ist und die Riesen aus der Finanzbranche immer mehr aus ihrem Beteiligungsbesitz verkaufen. Es hat auch damit zu tun, dass Fondsgesellschaften, die früher von den Banken bei Hauptversammlungen vertreten wurden, sich zunehmend abnabeln und selbst beim Aktionärstreffen mitmischen. Gleichzeitig sind die Banken mitunter nicht mehr willens, einen Teil der Unternehmenskredite zu stemmen, weil ihr die eigenen Geldgeber die Rendite-Pistole auf die Brust setzen. Ohnmacht des Geldes.

Völlig verschwunden sind die Banken aus den Aufsichtsräten natürlich nicht. "Das geht schon deswegen nicht, weil jedes Unternehmen einen Finanz-Fachmann im Kontrollgremium braucht", sagt Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) in Frankfurt. Dass die Zahl der Mandate abnimmt, liegt auch daran, dass viele Kontrollgremien ohnehin schrumpfen. Aber das Engagement der Banken geht merklich zurück. Beispiele: Bei VW sitzt überhaupt kein Banker mehr im Aufsichtsrat, beim Düsseldorfer Energiekonzern Eon, wo jahrelang mehrere Finanzgrößen in der Tafelrunde saßen, ist "nur" noch Rolf Breuer, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, mit von der Partie. Kein Vergleich mehr mit früher. Ganz zu schweigen von der Dresdner Bank, die früher über die Aufsichtsratsschiene Industriepolitik in Deutschland machte, mittlerweile aber zum Dauer-Unsicherheitsfaktor für die Allianz geworden ist. Ohnmacht des Geldes.

Auch anderswo ändern sich die Zeiten. Auf die Frage, ob er demnächst beim Reisekonzern TUI Friedel Neuber als Aufsichtsratschef beerben wolle, sagte WestLB-Chef Jürgen Sengera jüngst der "Wirtschaftswoche": "Nein. Bankchefs sollten nicht die Aufsichtsratsvorsitzenden ihrer Beteiligungen sein." Eine weise Entscheidung. Schließlich hat auch Friedel Neuber immer noch jede Menge Ärger am Hals.

Georg Winters


Wenn jetzt noch die Gewerkschafter und die Politiker aus den Aufsichtsräten verschwinden, kann es mit Deutschlands Wirtschaft wieder aufwärts gehen!

 

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