Deutsche Bank - Die neue Liebling der Börsianer


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Eröffnet am:12.12.04 12:59von: bammieAnzahl Beiträge:1
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12.12.04 12:59
Einst empfand sie ihn als überflüssig, nun setzt die Deutsche Bank (Xetra: 514000.DE - Nachrichten - Forum) wieder auf den Privatkunden. Mit einem Konzernumbau und Einsparungen will Josef Ackermann eine Superrendite von 25 Prozent vor Steuern erwirtschaften. Experten sind beeindruckt – Anleger auch.

Lächeln, immer lächeln! Im Hochziehen der Mundwinkel ist Josef Ackermann Profi. Selbst als er wegen der hohen Abfindungen bei der Mannesmann-Übernahme vor Gericht stand, strahlte der Deutsche-Bank-Chef tapfer in jede Kamera. Derzeit dürfte das Dienstgesicht des Schweizers nicht nur aufgesetzt sein, sondern der tatsächlichen Gemütslage entsprechen. Ackermann hat guten Grund zu grinsen. Seine Spar- und Umbaupläne für die Bank bekommen gute Noten von den Experten, und der Kurs der Aktie hat seit Ende Oktober 15 Prozent zugelegt.

Dabei gab es in den vergangenen Monaten beileibe nicht nur gute Nachrichten aus den Zwillingstürmen der Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt. Vor allem die Deutsche Asset Management (Deam), die Vermögensverwaltung der Bank, begann in eine gefährliche Abwärtsspirale zu trudeln.

Speziell Pensionsfonds in Großbritannien waren von den Geldvermehrungskünsten der Deam-Manager enttäuscht und zogen ihr Geld ab. Elf Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen verlor die Bank im dritten Quartal – nach erst einer und dann acht Milliarden Euro in den beiden ersten Quartalen dieses Jahres.

Ende September machte Ackermann mit der Berufung von Kevin Parker an die Spitze der Vermögensverwaltung bereits deutlich, daß er hart durchgreifen will. Vor wenigen Tagen erklärte Parker, daß die Vermögensverwaltung künftig nach Produkten und nicht mehr nach Regionen gegliedert sein wird. Zugleich werden der Standort Frankfurt und die hauseigene Fondsgesellschaft DWS gegenüber London gestärkt.

Von der Themse aus wird künftig nur noch das britische Geschäft betreut werden. Die erfolgreiche DWS, die in Deutschland einen Marktanteil von 25 Prozent hat und auch europaweit führend ist, soll dagegen zum Modell für andere Regionen werden. Ihre Produkte werden auch in Asien auf den Markt gebracht werden. DWS-Chef Axel Benkner wird folgerichtig europäischer Deam-Chef (ohne Großbritannien) und weltweit Verantwortlicher für die großen Publikumsfonds mit Ausnahme des US-Marktes.

Kräftig umgebaut wird aber auch daheim am Main. Ackermann will das lange vernachlässigte Geschäft im Heimatmarkt ankurbeln. Grund dazu hat er mehr als genug. Denn die Zahlen sind schlichtweg erschreckend: Der Deutschland-Anteil am Vorsteuergewinn des Instituts ist von 94 Prozent im Jahr 2002 auf nur noch acht Prozent im vergangenen Jahr geschrumpft. Dieses Desaster hat Ackermann dazu bewogen, seinem neuen Deutschland-Verantwortlichen Jürgen Fitschen weitreichende Kompetenzen zu geben.

Dieser hat sich vorgenommen, "die Leistungen für unsere Kunden deutlich zu verbessern. Nach diesem Prinzip richten wir jetzt unsere Organisation in Deutschland aus." Gleichzeitig hat Fitschen aber den Auftrag zu sparen. Seine Lösung: Bis Ende 2006 werden 2300 Stellen vor allem bei internen Abläufen in Verwaltung und Abwicklung – für den Kunden nicht wahrnehmbar – gestrichen. In den Filialen hingegen, wo Geld verdient werden soll, fallen keine Stellen weg. Im Gegenteil: In "kunden- und produktnahen Bereichen" sollen 450 neue Mitarbeiter eingesetzt werden.

Die Rückbesinnung auf Deutschland und die Stärkung Frankfurts kommen dennoch einigermaßen überraschend. Lange hatte Ackermann kaum verhohlen London als eigentliche Konzernzentrale gesehen. Schließlich verdienen die Investmentbanker dort den Löwenanteil der Gewinne der Bank.

Bankenexperte Olaf Kayser von der Landesbank Rheinland-Pfalz zieht daraus folgenden Schluß: "Das schwankende Geschäft des Investmentbanking wird immer die stärkste Ertragssäule bleiben. Aber Ackermann will jetzt das Privatkundengeschäft zu einer stabileren Ertragssäule machen. Das einstige Verhältnis von 80:20 gegenüber dem traditionellen Bankgeschäft wird wohl auf Dauer eher zu einem Verhältnis von 60:40 werden."

SEB (Paris: FR0000121709 - Nachrichten) -Experte Manfred Jakob sieht noch einen anderen Aspekt: "Die Stärkung Frankfurts hat wohl auch damit zu tun, daß man präsent sein will, wenn es bald zu einer Veränderung der Bankenlandschaft durch ein Aufbrechen des Drei-Säulen-Modells kommt." Damit ist gemeint, daß die drei Bankengruppen private Banken, öffentlich-rechtliche Sparkassen und Genossenschaftsbanken künftig nicht nur intern fusionieren können sollen, sondern spartenübergreifend. Schon lange fordern beispielsweise die Privatbanken (Oslo: PRI.OL - Nachrichten) , große Sparkassen übernehmen zu können.

Noch hat Ackermann nicht alle Umbauschritte bekanntgegeben. Spätestens bis zur Jahresbilanz Anfang Februar dürfte aber auch die letzte Katze aus dem Sack sein. Experten rechnen damit, daß der Schweizer nun auch beim Investmentbanking, aus dem er selbst kommt, den Rotstift ansetzen wird. 6000 Mitarbeiter weltweit könnten der aktuellen Sparrunde im Investmentbanking und bei der Vermögensverwaltung zum Opfer fallen, so wird gemunkelt.

So hart die Maßnahmen für Betroffene sind, Experten begrüßen sie fast einhellig. Denn nach wie vor hinkt die Deutsche Bank – obwohl mittlerweile deutlich profitabler als ihre deutschen Konkurrenten – im internationalen Vergleich hinterher. Was Ackermann als Zielrendite vor Steuern anpeilt, erwirtschaften andere sogar nach (!) Abzug der Steuern: So kommt die niederländische Fortis (Brüssel: FOR.BR - Nachrichten) auf eine Eigenkapitalrendite von 26,2 Prozent, die Schweizer UBS auf 23,2 Prozent – die Deutsche Bank nur auf 10,9 Prozent.

"Was zählt, ist die Tatsache, daß der Markt jetzt an einen erfolgreichen Umbau der Deutschen Bank glaubt – egal, ob Ackermann nun die 25 Prozent vor Steuern exakt erreicht", urteilt Sebastian Reuter von Helaba Trust. Er selbst hält eine Vorsteuerrendite von knapp 20 Prozent eher für realistisch – "wenn die Bank dann wirklich 25 Prozent schafft, würde darin ein positives Überraschungspotential liegen".

In einem schwierigeren Marktumfeld, in dem die Bank vor allem im margenstarken Anleihegeschäft nicht mehr so gut verdient wie noch in den beiden ersten Quartalen, bleibe nur die Kostenschraube, um die Rentabilität zu steigern, meint auch Olaf Kayser

von der Landesbank Rheinland-Pfalz. Ackermann tue genau das Richtige, denn: "An der Börse wurde die Deutsche Bank wegen ihres Kostenproblems mit einem Abschlag gehandelt."

Dieser Abschlag könnte mit den weitergehenden Reformen der Vergangenheit angehören. Anlegern dürfte auch zunehmend die attraktive Bewertung der Deutschen Bank ins Auge fallen. "Als Marktführer hierzulande ist die Deutsche Bank mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von elf für das Jahr 2005 günstig bewertet", sagt etwa Manfred Jakob von der SEB Bank. Sein Kollege Reuter von Helaba Trust glaubt, "daß der Umbau zu einer gewaltigen Gewinndynamik und einem steilen Aufwärtstrend führen wird".

Die Deutsche Bank verströmt also einen verführerischen Dreiklang: Da ist zum einen der reale Konzernumbau, der die Bank effizienter macht. Zum anderen weckt sie damit Phantasien darüber, wo überall noch Einsparungen möglich sind. "Ackermann hat dem Markt eine Mohrrübe hingelegt, und der hat angebissen", formuliert es Analyst Kayser. Tatsächlich ist die Kostenstruktur noch nicht so schlank wie bei anderen internationalen Großbanken. Zum Dritten fällt ihre vergleichweise niedrige Bewertung Anlegern ins Auge.

Nach dem Kursanstieg seit Ende Oktober kämpft die Aktie der Deutschen Bank charttechnisch mit einer Barriere bei 66 Euro, die noch überwunden werden muß. Fundamental ist sie für die meisten Experten deutlich unterbewertet. "Da ist noch einiges an Luft nach oben", sagt Bankenanalyst Reuter von Helaba Trust. Zum Jahresschluß, meint er, könnten die Banken – allen voran die Deutsche Bank – "eine treibende Funktion haben".

Olaf Kayser von der Landesbank Rheinland-Pfalz ist sich sicher: "Wenn wir eine Jahresendrally sehen, wird sie über die großen Finanzwerte laufen. Und da wird die Deutsche Bank vorne dabei sein." Auch Manfred Jakob von der SEB glaubt an das Potential der Aktie, für die er ein Kursziel von 81 Euro sieht. Bei diesen Perspektiven kann Josef Ackermann weiterhin ganz unangestrengt lächeln.  

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